Sturmwind in der Retrospektive

In 6 Tagen erscheint die neue Erweiterung … und damit dämmert das Ende der aktuellen herauf. Wir haben eine der polarisierendsten Metas hinter uns gebracht. Ob sich das Alteractal als Fortsetzung oder Abwechslung erweisen wird, ist abzuwarten, aber die jetzige Phase ist eine gute Gelegenheit, um innezuhalten und über die letzten 4 Monate nachzudenken. Natürlich seid auch ihr herzlich dazu eingeladen, eure Eindrücke dieser Erweiterung mitzuteilen.

Und jetzt fange ich mit meinen eigenen an und spreche davor noch die übliche Warnung vor einer um unzählige Zeilen gewundenen Textmauer feuerrabischer Machart aus. Für Schäden an physischer (man könnte schließlich vergessen, zu trinken, während man meinen Text liest und deswegen verdursten und dergleichen) oder geistiger Gesundheit wird keine Haftung übernommen :rofl:

Fangen wir ganz brav chronologisch am 1. Tag der Erweiterung an. Während andere da schon traumatisiert wurden und gefühlt noch immer geistig dort feststecken, hatte ich eigentlich eine Menge Spaß. Mit meinen selbsterstellten Hunterdecks, die alle in irgendeiner Weise die Quest beinhielten und von denen sich eines als der spätere Metaschrecken namens Odd Quest Hunter entpuppte, gegen seine Decks. Ich habe mich erst ziemlich spät am Abend in den wilden Rankedmodus gewagt und dort einen Heidenspaß daran gehabt, Razakuspriestern mit schlagkräftigen Argumenten zu demonstrieren, wer die bessere Heldenfähigkeit hat.

Tja, die Realisation, wie stark die Questlinien sind und wie sehr sie das Spiel umgebaut haben, hat bei mir erst an Tag 2 eingesetzt. Dann habe ich mich schon leicht genervt gefühlt. Und nach einer Woche ist mir das Spiel schon zum Hals rausgehangen. Die Terrorherrschaft des Quest-WLs in Wild und Standard war einfach fürchterlich. Am Anfang war es zwar irgendwie ganz nett, weil es halt eine Abwechslung war, aber dieses Gefühl ist sehr schnell verschwunden.

Dahingehend wäre es traumhaft gewesen, wenn die Questlinien a la dem Event damals zu Uldum, als gewisse Wildkarten nach Standard gebracht wurden, nur ein temporärer Spuk gewesen wären, der nach einer Weile ohne jegliche Konsequenz für die Zukunft wieder verschwindet. Stattdessen müssen wir mit ihnen leben und die zahlreichen Nerfs in der Zwischenzeit sprechen auch Bände. Im Grunde waren wir alle nur die Alphatester von einem grotesk unausgereiften Produkt.

Der Quest-WL wurde in Wild gebannt und in Standard mehrmals generft und ist noch immer (!) gut
Quest-Schami wurde generft
Quest-Mage wurde generft
Quest-DH wurde generft (sowohl OTK als auch die Brutes)

Der Quest-Warri und Quest-Hunter sind bislang ungeschoren davongekommen, aber bei denen schätze ich die Wahrscheinlichkeit eines Nerfs in der Zukunft als sehr hoch ein.

Und irgendwo in dieser Baggage hat der Garrote-Rogue auch kräftig mitgemischt und obwohl das jetzt technisch gesehen kein Quest-Deck war, hat es sich doch ziemlich wie eines angefühlt, wenn man dagegen gespielt hat. Angesichts des massenhaften Draws hat er mit ähnlicher Garantie wie die Quests mit ihren Belohnungen seinen Spielplan durchdrücken können.

Einen Face Hunter spielen, um solche Decks in den Boden zu stampfen, wollte ich auch nicht, weil ich das im Prinzip schon während der Phase der Overpowertheit des Spell Mages im Brachland getan habe. Und jedes Mal das gleiche Deck, und in dem Fall sogar nur um eine Karte (Gezielter Schuss) ergänzt, auszupacken, ist halt :yawning_face:

Leider war von meinem Lieblingsarchetypen, Midrange, bis auf Handbuff, das aber vor dem Nerf an Conviction und Battlemaster auch irgendwie ein halbes OTK-Deck war, und dem DR-DH, den ich allerdings schon in der letzten Erweiterung gespielt habe, weit und breit nichts zu sehen. Etwaige Experimente meinerseits haben in Winrates von unterhalb 30% resultiert.

Damit habe ich mich geistig von HS verabschiedet und mich in den reinen Questabarbeitmodus zurückgezogen. Das Wort Arbeit sagt hier schon alles. Wenn es sich nicht mehr wie ein Spiel anfühlt, sondern wie die reinste Plackerei, dann liegt etwas im Argen. Das Einzige, was mich zum Weitermachen bewegt hat, ist die Hoffnung auf bessere Zeiten in der Zukunft und natürlich möchte man dafür auch Ressourcen auf Lager haben, um diese genießen zu können. Komplett weg war ich also nicht, aber dafür genug andere Leute. Einige Streamer, die ich ganz gerne geschaut habe, haben eine Pause eingelegt oder sind ganz weg :cry:

Mein Deck der Wahl war in dieser Zeit der Quest-Rogue. Soweit es ging, habe ich damit brav meine 3 Spiele am Tag oder andere Dailys und Weeklys abgehakt. Von allen Quests ist diese noch die Unproblematischste, aber das sagt auch schon eine Menge aus, wenn es in Form von den Spareparts Karten gibt, welche die Lackeys an Stärke nochmal übertreffen. Der Quest-Rogue mag zwar Sachen aufs Board legen, allerdings haben diese sehr oft Stealth und sind somit jetzt auch kein Musterbeispiel für ein Deck, mit dem man interagieren kann.

Apropos Interaktion: Aggromirrors sind das neue Control geworden. Wenn sich zwei Aggrodecks begegnen und beide ungefähr gleich guten Draw haben, können sich Spiele tatsächlich ziemlich ziehen. Dies sagt aber auch schon alles darüber aus, in welcher Meta wir uns befinden.

Irgendwann nach dem Nerf an Flesh Giant habe ich mir den Handbuff Paladin gecraftet und zu diesem Zeitpunkt war auch schon die Conviction+Battlemaster-Combo entschärft und das Deck somit kein Doppelagent mehr. Leider finde ich den Handbuff-Paladin etwas einseitig, weil außer großen Stats nicht viel passiert. Die andere Alternative, die später beim Paladin aufgekommen ist, der Libram-Pala, hat mich auch nicht so wirklich reizen können, weil das Deck immerhin schon fast 2 Jahre alt ist. Mittels des Paladins habe ich diese Erweiterung zwar überlebt, aber der Funke ist nicht übergesprungen. Statt einer Liebesheirat war das eine Zweckheirat.

Naja, und dann ist Mercenaries erschienen und das ist ein Kapitel für sich: Die Präsentation im Vorfeld hat Blizzard verpatzt, weil alles extrem kompliziert erschienen ist. Als sie später besser koordinierte PR nachgeliefert haben, hat sich dieser Eindruck bei mir genau ins Gegenteil verkehrt und ich habe eine Mischung aus Pay2Win und extrem simplem Spiel befürchtet.

Während man beim P2W sagen kann, dass das so nicht eingetroffen ist, hat es der neue Modus anderweitig nicht geschafft, mich positiv zu überraschen. Ich habe mich direkt gelangweilt, aber anstatt gleich aufzugeben und im Internet meine Wuttränen zu vergießen, habe ich mich dazu gezwungen, alle Kopfgelder bis Ragnaros zu machen. Wenn man ein Spiel schon hassen muss, dann nicht grundlos. Schon Sun Tzu sagte: „Kenne deinen Feind.“ :stuck_out_tongue:

In dieser Inkarnation werden die Söldner und ich jedenfalls keine Freunde mehr. Für mich ist der Mercenariesmodus ein absoluter Flop und verschwendete Entwicklungszeit, die im restlichen HS besser investiert wäre. Dass es nun im Gasthauspass auch Goodies dafür gibt und neue Quests, die mit dem Modus kompatibel sind, ist für mich nur unerwünschte Erinnerung an eine Zeit, die besser unter den Teppich gekehrt gehört. Aber wie man aus dem generellen Ton meines Berichts schließen kann, gilt das für ganz Sturmwind. Das Beste wäre, wenn in der Zukunft nie wieder auch nur das kleinste Detail auf diese Periode hindeutet. Jeder schriftliche und bildliche Beweis muss verbrannt werden, frei nach dem von den Seevölkern ausgelösten dunklen Zeitalter im Mittelmeerraum :fire:

Kommen wir zum normalen HS zurück. Ein anderes Deck, das ich „oft“ (im Sinne von Quests erledigen und dann ist Schicht im Schacht) gespielt habe, war der Elementarschamane. Dessen Inkarnation zu Un’goro fand ich einfach viel cooler. Jetzt ist es halt in den meisten Fällen ein Smorcdeck. Es gibt zwar einige Listen, die midrangig sind, aber grundsätzlich kann ich dazu eigentlich nichts sagen, außer dass scalende 1/3er etwas sind, aus dem Blizzard mit dem Manawyrm eigentlich gelernt haben sollte :upside_down_face:

Dass man im Moment über jede Karte, die mehr als 4 Mana kostet, scharf nachdenken muss, ob man sie überhaupt in sein Deck nimmt, ist natürlich auch Teil des Problems. Siehe Miniset, wo es bis auf Smite praktisch keine Karte mit Manakosten von mittelteuer aufwärts in die Spielbarkeit geschafft hat. Wobei ich mich da natürlich auch täuschen kann. Die längste Zeit habe ich im November aufgrund des NaNos, zu dem ich an anderer Stelle schon geschrieben habe, wenig bis gar nichts von HS mitbekommen.

Zum Schluss dieser Erweiterung haben ein Ruckzucklegendclimb mit dem Facehunter und die plötzliche Eile, einige Achievements, bei denen der Zähler zwar schon ein gutes Stück des Weges zurückgelegt, aber halt noch nicht das Ziel erreicht hat, erledigen zu wollen, meine HS-Lebensgeister zurückgeholt. Beides ist aber nicht deswegen geschehen, weil Sturmwind so toll war, sondern trotz der Tatsache, dass diese Erweiterung so grottig war, um Ressourcen für Alterac zu lukrieren.

Unterm Strich bleibt für mich von Sturmwind Folgendes: 4 Monate Martyrium in der einen oder anderen Form, zwischendurch aufgehellt durch lichte Momente, die aber zu 95% nicht in Constructed stattgefunden haben, sondern in BG, Arena oder sogar Duels (Wenn es neuen Dreck gibt, der noch stinkiger als der alte Dreck ist, schafft es der alte Dreck, im Vergleich gut zu duften :rofl:). Ich will die Vergangenheit hinter mir lassen und mit der eiligsten Schrittgeschwindigkeit der Welt in eine (hoffentlich) bessere Zukunft voranschreiten.

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Gut geschrieben. Mal schauen, ob die neue Erweiterung den Spaß zurückbringen kann.

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Auf Outofcards ist ein Artikel zu derselben Thematik erschienen. Ziemlich interessant zu lesen :smiley:

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