Bereits am Tage Deiner Geburt raunten die Wälder Lordaerons Deinen Namen (offtopic)

Ein Zwerg liegt erschlagen am Boden. Ein Krieger. Seine Axt und sein Hammer nicht weit entfernt von ihm. Die Rüstung gebrochen, das Haar blutverschmiert.

„Muradin.“

Eine junge blonde Frau. Eine Magierin. Sie wendet sich von ihm ab. Trauer steht ihr ins Gesicht geschrieben. Sie hatte ihn geliebt.

„Jaina.“

Ein stolzer Krieger mit einem schweren Streitkolben schüttelt den Kopf. Wut liegt in seinem Blick, Enttäuschung. Er wendet sich um und verlässt ihn.

„Uther.“

„Das sind die Namen, derer, die hinter Dir liegen. Sie sind bedeutungslos“, hallt die Stimme des Untoten neben ihm. Er hebt seinen Blick von der blutverschmierten Krone in seiner Hand und betrachtet das unwirkliche Wesen.

Ein schwebendes Skelett, verborgen unter teuren Tüchern und mit wertvollem Gold geschmückt. Sein zahniges Grinsen gilt den Akolythen in den oberen Rängen, die die leeren Plätze des Adels einnehmen, der dort vor wenigen Tagen noch gesessen hatte. Starke Magie geht von ihm aus. Er war einst Erzmagier. Der oberste Fürst Dalarans.

„Kel’Thuzad.“

Namen aus der Vergangenheit. Namen aus der Gegenwart. Er senkt den Blick wieder hinab auf das Stück Metall in seinen Händen. Zacken sind abgebrochen, der Kreis nicht mehr ganz rund, Blut besudelt das Symbol der Herrschaft seiner Familie über dieses Reich.

„Vater.“

Er ballt seine Hände zu Fäusten, zieht an den Seiten der Krone, verbiegt sie zu einem unförmigen Oval. Dann reißt sie und er schmettert die einzelnen Teile gewaltvoll durch den Thronsaal. Ein leises Klirren, als das Metall auf den steinernen Boden prallt ist das einzige Geräusch und dann senkt sich Stille über den kahlen Raum. Eine kalte Stille. Plötzlich rauschen seine Ohren und er spürt wie sich seine Gesichtszüge hasserfüllt verzerren. Raureif kriecht über den Boden, folgt den Mosaikförmigen Mustern, die den Boden des runden Raumes zieren. Er greift nach seinem Schwert, hebt es hoch über den Kopf. Dort hält er es für einen Augenblick nur, lässt es dann herniederfahren auf den massiven Thron des Königreichs Lordaeron.

Er schlägt ihn entzwei.

Außer Atem ringt er nach Luft, stützt sich schwer auf seine Knie und auf Frostgram. Das weiße, einst goldene Haar fällt über seine Schulter nach vorn. Es weht leicht im Windhauch, der von der zerschmetterten Tür hereinzieht. Ein kurzer Blick durch den Raum verrät ihm: er ist allein.

„Du bist nicht allein“, hallt ein ohrenbetäubender Ruf durch seinen Kopf. Er geht in die Knie; das Schwert fällt ihm aus der Hand.

„Ich bin bei Dir.“ Er muss sich mit den Händen am Boden abstützen um nicht auf den kalten Stein zu schlagen. Er hält die Luft an.

„Sie haben Dich verraten.“ Seine Arme zittern, er presst die Augen zusammen und die Bilder tauchen wieder auf.

„Muradin. Jaina. Uther“

„Sie haben ihren König verraten.“ Die Trugbilder drehen sich um.

„Sie haben Dich im Stich gelassen.“ Alle drei gehen langsamen Schrittes von ihm fort, verschwinden im Nebel, der seine Gedankenwelt beherrscht, seitdem er das Schwert gefunden hatte.

Das Schwert, das sein Königreich retten sollte, das Hoffnung versprach und doch nur Unheil gebracht hatte. Er will es zerstören, er will es wegwerfen. Mit beiden Händen umfasst er den Griff, holt schwungvoll aus und schleudert es von sich.

Doch als seine Hände das Heft loslassen, steckt es wieder in seiner Scheide, sicher an seiner Seite.

„Ich werde Dich nie verlassen“, verspricht die grausige Stimme Ner’Zhuls in seinem Kopf, bevor sie verschwindet.

Er steigt die Stufen hinab vom Thron und stellt sich in die Mitte des Saals, sieht sich um. Ein letztes Mal, bevor er seine Vergangenheit hinter sich lässt und endgültig zum Todesritter des Lichkönigs wird. Schweren Schrittes steigt er über die Trümmer der Eingangspforte hinweg, hinaus ins Freie. Dort stehen sie zu Zehntausenden, seine untoten Horden. Erwarten seinen Befehl. Sie würden ihn nie verraten, sie würden ihn nie verlassen, sie werden ihm ewig dienen. Eine Frau kommt mit federndem Gang auf ihn zu, stellt sich an seine Seite und senkt den Kopf.

„Es ist alles vorbereitet für die Überfahrt nach Northerend, Herr“, spricht die Banshee unterwürfig.

Ohne zu antworten, geht er los. Ohne ein Wort zu sagen, brechen die Horden auf. Ohne einen Freund, zieht er in die nächste Schlacht.

Freunde…Sowas braucht er nicht mehr. Er hat ihre Namen bereits vergessen, weiß nicht mehr, wie sie heißen. Es gibt nur noch ihn.

Er umfasst den Griff seines Schwertes fester und betritt das Schiff über die massive Rampe. Als er sich umdreht, sieht er, wie die Massen zum Ufer strömen und seine Flotte sich mit untotem Leben füllt.

In weiter Ferne weht ein zerfetztes Banner über dem verlassenen Sitz seiner Familie. Und daneben steht eine schemenhafte Gestalt. Sie steht auf den Zinnen und hält sich mit einer Hand am Flaggenmast fest, als hätte sie Angst, dass der Wind sie forttrüge. Er kneift die Augen zusammen, versucht sie besser zu erkennen, doch da weht der Wind sie fort. Geisterhaft löst sich die Gestalt auf und verschwindet.

Das einzige, was er noch vernimmt, bevor er sich abwendet und unter Deck geht, ist ein leises Flüstern, ein Raunen über den Wäldern. Ein klagendes Murmeln im tosenden Wind einer ungewissen Zukunft. Beinahe unverständlich. Und doch unendlich beständig…

„Arthas.“

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Das bringt echt mal Abwechslung hier ins Forum. Jeder Text ist super, jeder Text liest sich verdammt gut. Ich bin beeindruckt von deiner guten Schreibarbeit :+1:t2::+1:t2::+1:t2:

Vielen Dank. Ich gebe mir Mühe. :grinning:

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