„Cadmir Alanyr Schwarzgrund… was in aller Welt ist mit dir passiert!?“
Der junge Dunkeleisenzwerg zuckte leicht bei dieser Anrede zusammen und grinste verlegen. Selten hatte er seine Mutter fassungslos, geschweige denn sprachlos erlebt. Auch in dieser Situation war sie nicht um Worte verlegen, aber die glühenden Augen starrten ihn ungläubig, wie schon lange nicht mehr, an. Er hob die Arme beschwichtigend an, aber das machte die Lage nur bedingt besser - wie er sich im Nachhinein denken konnte.
„Grundgütiger, bist du verletzt?“ Luzula trat auf ihren Sohn zu und gaffte seine Ärmel an. Keine Hände waren zu sehen. Wie auch? Sie waren unsichtbar.
„Nein, nein, nein! Alles gut, Ma’. Keine Sorge!“, erwiderte er rasch und griff nach ihrem Arm. Sie konnte den Druck spüren, die Wärme seiner Finger, die eigentlich noch da waren… bloß eben nicht für das bloße Auge zu sehen. Allerdings musste Cadmir zugeben, dass seine Gliedmaßen unangenehm kribbelten. Besser… er ließ dieses Detail aus.
„Wenn alles in Ordnung ist, wo sind dann deine Arme!?“
„Ähm… da, wo sie vorher auch waren, Mutter.“ Er grinste sie etwas spitzbübischer an, handelte sich dafür aber ein missmutiges Schnauben und mahnenden Blick ein. „Jetzt sieh mich nicht so an, sie sind nur unsichtbar. Ich habe am Unsichtbarkeitstrank experimentiert und das falsche Reagenz versehentlich gegriffen. Weißt du, Lady Leyhauch hatte mir einen guten Ratschlag gegeben und ich wollte ihn in die Tat umsetzen, aber ich hatte meine Reagenzien neulich aufgeräumt, wie du weißt… ähm.“
Er rollte überlegend mit den Augen. „Oh, sieht man eigentlich meine Zunge schon wieder, Ma?“ Kaum dass Cadmir dieser Geistesblitz durch den Kopf schoss, schnappte sein Mund auch schon weit auf. Die Reaktion seiner Mutter war eindeutig genug: Sie wich mit einem erschrockenen Quiecken zurück und schürzte bestürzt die Unterlippe. Ein wenig blasser um die Nasenspitze wurde sie ebenfalls.
„Mh, nein… scheinbar nicht, aber auch das ist kein Grund zur Sorge!“, schob er hastig nach. „Schau, ich bin nur partiell unsichtbar und es ist schon im Laufe des Tages besser geworden.“
„Cadmir, bei den Ahnen! Geh damit zu einem Heiler!“ Luzula ließ sich auf einen Stuhl zurückfallen und atmete tief durch. Ihre Nerven flatterten wahrscheinlich noch und soweit der junge Alchemist es beurteilen konnte, ließ die aufkommende Panik zwar nach, aber damit sackte auch ihr Blutdruck in die Schwarzfelstiefen.
„Ein Heiler wird da nicht viel machen können.“, nuschelte er kleinlauter und spitzte die Lippen, als seine Mutter ruckartig wieder aufsah und ihn eindringlich niederstarrte. „Aber ich kann es!“
Sie glaubte ihm nicht. Die gerunzelte Stirn und der resigniertere Blick waren ein wenig stichelnd, aber das konnte er ihr in dem Moment noch nicht verdenken. Fingerspitzengefühl war gefragt: „Also… ich kann es, indem ich Pa frage.“
Luzula schien aufzuhorchen und schmälerte ein wenig die glimmenden Augen. Cadmir redete umso schneller im beschwichtigenden Tonfall weiter: „Ich packe am besten jetzt meine Sachen und mache mich direkt auf den Weg! Na, wie klingt das?“
Mit einem schweren Seufzen raffte sich die Pyromantin wieder auf die Beine und nickte ihrem Sohn zu, der seine unsichtbaren Finger solange ausschlackerte - sie fühlten sich ein wenig tauber an. Mal mehr, mal weniger. Ein wenig beunruhigend, wenn auch nicht zu besorgniserregend. Ob er dieses Jahr wieder zur Wollmesse reisen sollte und dort seine Alchemika anbieten?
Cadmir zog nun selbst die Stirn in dünne Falten und sah auf seine Hemdärmel herab. Vielleicht, aber nur vielleicht, sollte er das nochmal genauer überdenken. Erstmal kleinere Pläne für den Anfang fassen: Das Problem beheben, die nächste Sprechstunde wieder anbieten. Dann würde er schon weitersehen…
Am 29.Mai öffnet wieder der Schwarze Kessel zur achten Abendstunde!
Zu finden bei den Heilern von Eisenschmiede, direkt beim Greifenmeister an der Großen Schmiede.