Testfahrt in Dun Morogh
Während Duffarik seinem Ziel entgegenstapfte, fielen erneut Schneeflocken. Den Zwerg störte die Kälte nicht, in Dun Morogh herrschte stets Winter. Duffarik war hier aufgewachsen, die in Weiß gekleidete Landschaft mit den in den Himmel ragenden Berggipfel war seine Heimat. Mehr als einmal in seinem Leben hatte er zur Axt gegriffen und diese Heimat verteidigt, vor Trollen, vor Orks und vor noch viel übleren Kreaturen. Sehr wahrscheinlich würde er noch öfter in seinem Leben eine Waffe in die Hand nehmen müssen. Azeroth war eine Welt voller Krieg und Gefahr. Der Tod kam schnell zu den Unvorsichtigen … oder den Dummen.
Duffarik erreichte sein Ziel. Der Panzer stand auf einer steinernen Plattform in der Nähe des Haupttores zu Eisenschmiede und erweckte den Eindruck eines schlafenden Ungeheuers. Eine mächtige Kriegsmaschine, entworfen von gnomischen Ingenieuren und gebaut von zwergischen Schmieden und Konstrukteuren.
Drei Gnome warteten auf Duffarik.
»Da bist du ja endlich, Duffischatzi«, sagte Biffy Blitzboltz mit ihrer piepsigen Stimme. »Was hat dich so lange aufgehalten?«
»Ich musste mich noch um den Hund kümmern«, antwortete Duffarik. »Und hallo mein Goldstückchen.«
Er beugte sich herunter, um der Gnomin einen Kuss zu geben, den sie kurz aber heftig erwiderte.
»Na immerhin hast du den Hund diesmal nicht mitgebracht«, sagte sie dann.
»Wauzi wird beim Panzerfahren schlecht«, sagte Duffarik. »Das wissen wir ja.«
»Und ob wir das wissen«, warf ein männlicher Gnom namens Perry Kurbeldreh ein. »War eine elende Arbeit, die Kabine wieder sauber zu bekommen.«
»Das lag auch daran, dass bei der letzten Testfahrt der Motor verreckt ist und wir fast in eine Schlucht gefallen sind«, gab Duffarik zurück. »Der arme Wauzi hat sich einfach erschrocken.«
»Mittlerweile haben wir den Fehler ja behoben«, sagte der dritte Gnom, der auf den Namen Zerrik Funkensturm hörte. »Die Fahrt heute wird geradezu langweilig werden. Eine reine Spazierfahrt, du wirst sehen, Duffarik.«
»Ich kapiere bloß nicht, wozu ihr mich überhaupt braucht«, brummte Duffarik. »Ich bin kein Ingenieur. Ich kann das Ding bestenfalls fahren oder die Kanone bedienen, das war es dann aber auch schon.«
»Du bist meine moralische Unterstützung, Duffi«, sagte Biffy.
Sie sah den Zwerg mit ihren großen blauen Augen an und Duffarik konnte nicht anders als lächeln. Ja, er liebte Biffy und es war ihm gleichgültig, ob andere hinter seinem Rücken deswegen über ihn lachten. Er würde alles für diese Gnomin tun, sogar in einem experimentellen Gnomenpanzer herumfahren, wenn es sein musste.
»Du weißt doch, dass dieses Projekt sehr wichtig für mich ist«, fuhr die Gnomin fort. »Mit dem neuen Flixfokus 3000 Antrieb erreicht dieser Panzer die 25,5fache Geschwindigkeit eines normalen Panzers und ist wesentlich wendiger. Denk doch mal, was wir damit für einen Vorteil gegen die Horde hätten.«
»Außerdem wird der hier sicher nicht explodieren wie der Flixfokus 2000«, sagte Perry.
Duffarik seufzte. Gnome. Freundlich, lieb und manchmal mit der Zerstörungskraft eines Tornados ausgestattet.
»Dann gehen wir’s mal an«, sagte der Zwerg. »Bevor wir hier noch festfrieren.«
»Ach, ich mag deinen Tatendrang, mein bärtiger Zwergenschatz«, sagte Biffy. »Aber sag mal, warum hast du denn deine Axt mitgebracht? In der Kabine ist es ziemlich eng und wir werden heute ja wohl nicht kämpfen müssen.«
»Na ja, ich nehm die Axt immer mit«, sagte Duffarik mit einem Schulterzucken.
Tatsächlich war ihm das Gewicht der zweischneidigen Streitaxt auf seinem Rücken mittlerweile so vertraut, dass er es kaum noch spürte.
»Also machen wir uns an die Arbeit«, sagte Zerrik. »Der Tag leuchtet schon.«
**
Auch wenn Gnome klein und schmal waren, wurde es Duffarik im Panzer schnell zu warm und zu eng. Zwerge waren zwar immer noch kleiner als zum Beispiel Menschen oder Elfen, doch ihre Schulterbreite glich diesen Umstand mehr als aus, zudem Duffarik auch noch seinen Plattenpanzer trug. Die Rüstung gehörte zu ihm wie seine Axt. Sie abzulegen, außer zum Schlafen oder gelegentlichem Baden, war für ihn undenkbar.
Duffarik saß auf dem Fahrersitz, Biffy auf seinem Schoß. Perry hatte das Geschütz bemannt oder besser gesagt begnomt, während Zerrik es irgendwie geschafft hatte, sich neben Biffy und Duffarik zu quetschen.
»Alle festhalten: Es geht los!« rief Biffy und zog den entsprechenden Hebel an der Konsole.
Der Panzer erwachte mit dem Aufheulen der Motoren zum Leben. Die Kabine vibrierte und ratternd setzten sich die Ketten in Bewegung.
»Wir fahren fünf Wegpunkte ab«, rief Zerrik dem Zwerg über den Motorenlärm zu. »Wenn wir damit durch sind, haben wir fast Dun Morogh umrundet. Vielleicht treffen wir ja auf ein paar Trolle.«
Biffy kicherte »Hihi, die fahren wir einfach platt.«
Die Fenster im Panzer waren schmal, so dass Duffarik die Umgebung nur schwer ausmachen konnte. Aber der Zwerg war in Dun Morogh geboren und aufgewachsen und würde sich hier notfalls auf blind zurecht finden können. Sie fuhren bergab und passierten die Ausläufe des Gehöfts Bernruh. Duffarik erspähte einige der Widder und ein paar Arbeiter, die dem Panzer nachsahen.
»Erster Wegpunkt«, jubelte Biffy. »Funktioniert doch alles sehr gut.«
»Und auch noch in Rekordzeit. Der neue Motor arbeitet großartig«, rief Zerrik.
Sie bogen vom Gehöft nach Westen ab und fuhren auf der Straße Richtung Kharanos. Der Panzer war wirklich flott, Duffarik sah die Umgebung vor dem Fenster regelrecht vorbeifliegen.
»Sind wir nicht zu schnell?« Duffarik musste Biffy ins Ohr brüllen, um das Dröhnen des Motors zu übertönen.
»Ach Unsinn, Duffi«, schrie Biffy zurück. »Wir liegen großartig in der Zeit. Du machst dir viel zu viele …«
Die Lampen auf dem Schaltpult begannen wild zu blinken. Die Zeiger der Messgeräte schlugen mit einem Mal in alle Richtungen aus. Gleichzeitig wurde das Dröhnen des Motors zu einem schrillen Kreischen.
»Soll das so sein?«, schrie Duffarik der Gnomin auf seinem Schoß ins Ohr.
Biffy gab keine Antwort oder der Zwerg konnte sie in diesem Lärm nicht hören. Zerriks Mund blieb geschlossen. Doch er war war blass und seinem Gesichtsausdruck nach würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Aus dem Kanoniersturm drang Perrys schrille Stimme, aber das Heulen des Motors machte seine Worte unverständlich.
Biffy hämmete auf den Kontrollen herum und rief etwas, das Duffarik immer noch nicht verstehen konnte. Zerrik schlug ebenfalls auf das Schaltpult ein, war damit aber genau so erfolglos wie Biffy.
Immer stärker beschleunigte der Panzer. Die Landschaft vor dem Fenster verschwamm zu weißen Schemen. Die Kabine bebte. Duffarik hielt sich mit einer Hand am Sitz fest und hielt mit der anderen Biffy gepackt, die immer noch verzweifelt versuchte, wieder Gewalt über das Fahrzeug zu bekommen.
Duffarik riskierte noch einen Blick durch das Fenster. Mehrere Steinhäuser kamen in Sicht: Kharanos. Der Panzer raste auf die Siedlung zu.
»Du musst ausweichen!« brüllte Duffarik der Gnomin ins Ohr »Ausweichen, verdammt!«
»Tu ich doch«, kreischte Biffy zurück.
Biffy zerrte so heftig am Lenkrad, dass ihr Gesicht tot anlief. Der Panzer wich nur knapp dem Haus der Brauerei Donnerbräu aus, bevor er mit unverminderter Geschwindigkeit seine Höllenfahrt fortsetzte. Ganz kurz sah Duffarik Rüstmeisterin Glynna in einer Schneewehe stehen, die Zwergin starrte das wildgewordene Gefährt mit fassungslosem Gesicht an.
»Wir müssen anhalten« brüllte Duffarik.
»Können vor Lachen«, schrie Biffy zurück.
Perry streckte seinen Kopf aus dem Kanoniersturm und rief ebenfalls. Duffarik verstand nur etwas wie »Schleuder….«.
Gleich darauf ertönte ein scharfer Knall und Perrys Kopf verschwand. Der Gnom hatte anscheinend den Schleudersitz ausgelöst.
Der Panzer pflügte durch wirbelndes Weiß. Die Erschütterungen waren so heftig, dass Duffarik fürchtete, mitsamt Biffy durch die Kabine geschleudert zu werden.
Dann hörte das Poltern plötzlich auf. Auch der Motor heulte leiser. Vor dem Fenster wirbelte das Weiß. Duffarik sah zu Biffy, dann zu Zerrik.
Bewegte der Panzer sich überhaupt noch?
In dem Moment, in dem Duffarik begriff, was geschehen war und der Schrecken seinen Bart sträubte, folgte der Aufprall. Der Zwerg knallte mit dem Kopf so heftig gegen die Kabinendecke, dass er Sterne vor seinen Augen tanzen sah. Er hörte Biffy und Zerrik im Chor aufschreien, dann wurde ihm schwarz vor den Augen.
**
Duffarik schlug die Augen auf. Ihm war übel und sein Körper fühlte sich an, als hätten zwei Titanen mit ihm Fußball gespielt.
»Duffi, kannst du mich hören?« Biffys Stimme nah an seinem Ohr.
Duffarik wollte antworten, brachte aber nur ein Stöhnen heraus. Seine verschwommene Sicht klärte sich und er erkannte Biffy und Zerrik, die ihn ihrerseits mit besorgten Gesichtern betrachteten. Alle Lampen und Anzeigen in der Kabine waren erloschen, das einzige Licht fiel durch das schmale Sichtfenster.
»Duffi, es gibt ein Problem«, sagte Biffy.
»Was du nicht sagst«, brachte dr Zwerg heraus.
Er wollte nur noch ein oder zwei oder auch zwanzig Bier in der Steinfeuertaverne und sich dann die Bettdecke über den Kopf ziehen. Am besten einen ganze Tag schlafen, ja, das wäre jetzt genau das Richtige.
»Duffi, kannst du aufstehen?« Duffarik hörte Angst in der Stimme der Gnomin.
Er erhob sich in eine sitzende Position. Pochender Kopfschmerz ließ den Zwerg erneut aufstöhnen, aber er zwang sich, Biffy ein beruhigendes Lächeln zu schenken.
»Das wird schon wieder«, brachte er heraus.
»Wir sind über einen der Hügel westlich von Kharanos gefahren und das leider viel zu schnell«, sagte Zerrik. »Der Panzer startet nicht mehr, der Motor hat den Sturz wohl nicht ausgehalten. Sehr schade drum.«
Duffarik brummte: »Dann laufen wir eben zurück. Ist mir eh lieber.«
»Das ist das Problem, Duffi«, sagte Biffy. »Schau mal raus.«
Der Zwerg zog sich an dem jetzt toten Schaltpult hoch und spähte zum Sichtfenster hinaus. Er schluckte.
War ja klar, das hatte gerade noch gefehlt.
Sie waren von Trollen umzingelt.
Blauhäutige Gestalten mit affenartigen Armen und aus dem Mund ragenden spitzen Hauern drängten sich um den Panzer.
Das Gefährt musste bei seiner Irrfahrt in die Nähe einer von Trollen bewohnten Höhle gekommen sein und der Lärm hatte die Kreaturen aufgescheucht. Noch hatten sie nicht angegriffen, aber das war nur eine Frage der Zeit. Die Trolle der Frostmähnen waren nicht besonders intelligent, aber früher oder später würden sie einen Weg ins Innere des Panzers finden.
Duffarik fasste nach seiner Axt, die unter dem Fahrersitz lag. Der kühle Griff hatte etwas Beruhigendes.
»Funktioniert die Kanone noch?« fragte der Zwerg die Gnome.
»Keine Ahnung, Duffischatzi«, gab Biffy zurück.
»Könnte sein dass sie explodiert, wenn wir sie abfeuern«, sagte Zerrik. Der Gnom war bleich, Schweiß stand auf seiner Stirn.
Von oben ertönte ein deutliches »Klonk«, dann noch ein »Klonk« und noch eines. Duffarik spähte wieder aus dem Fenster. Die Trolle waren noch näher an den Panzer gerückt. Sie hatten die Köpfe erhoben, als würden sie gen Himmel starren.
Duffarik stieß einen wüsten zwergischen Fluch aus.
»Haben wir Waffen hier drin?«, fragte er die Gnome.
»Na ja, deine Axt«, antwortete Zerrik.
»Und vielleicht das da.« Biffy öffnete eine Klappe unter dem Kontrollpult und zog aus dem Fach dahinter etwas, das für Duffarik wie eine Mischung aus einem Dudelsack und einem Ofenrohr aussah.
Zerrik hob eine Augenbraue. »Ist das etwa ein doppelt gematrixter Gnombulator?«
»Dreifach gematrixt«, gab Biffy grimmig zurück.
Duffarik beschloss nicht zu fragen, was die Worte der Gnome bedeuteten. Es gab wichtigere Probleme.
Von oben ertönte wieder das »Klonk«, diesmal deutlich lauter.
»Die sind auf dem Dach«, zischte Duffarik. »Wenn wir nicht weg können, kommen sie früher oder später hier rein.«
»Was machen wir denn jetzt?« Zerrik klang verzweifelt.
»Das will ich dir sagen«, sagte Biffy. »Duffischatzi, mach die Luke oben auf!«
»Dann kommen sie rein«, stellte der Zwerg fest.
»Sollen sie es versuchen«, knurrte Biffy »Ich habe einen Gnombulator und keine Scheu, ihn zu benutzen. Ich habe zwar nur einen Schuss, aber der sollte reichen.«
»Hältst du das für eine gute Idee?« fragte Duffarik.
»Nein«, sagte Zerrik.
»Aber ja«, sagte Biffy.
Duffarik wog die Axt in seiner Hand. Es war nicht die Art eines Zwergenkriegers wie eine Ratte in der Falle zu sitzen und auf den Tod zu warten. Von oben ertönte ein sehr deutliches »Klonk« und Metall ächzte. Die Trolle versuchten offenkundig, die obere Eintrittsluke aufzustemmen.
»Also gut«, sagte Duffarik »Auf geht’s.«
Der Zwerg streckte sich zur Verriegelung der Luke und drehte das Türrad. Er schob die Luke ruckartig nach oben. Grauweißes Tageslicht beleuchtete die überraschte Visage eines Trolls.
»Deckung, Duffi!«, schrie Biffy.
Duffarik konnte sich gerade noch zur Seite drücken, als etwas sehr Helles und sehr Heißes an ihm vorbeizischte. Der Zwerg spürte die Hitze auf seinem Gesicht brennen und roch versengtes Barthaar. Weiter oben kreischten mehrere Trolle auf.
»Der Gnombulator, hurra!« rief Biffy.
Duffarik mobilisierte seinen verbliebenen Kräfte und zog sich mit einer Hand aus der Luke, die Axt in der anderen Hand. Oben lagen zwei Trolle oder besser die verkohlten Überreste, die der Gnombulator übriggelassen hatte. Ein dritter Troll stand neben der Einstiegsluke und starrte Duffarik mit einer Mischung aus Verwirrung und Hass an.
Die Kreatur hob eine steinerne Keule und knurrte »Taz’Dingo«.
Duffarik wälzte sich herum und blockte den Keulenhieb im letzten Moment mit der Axt. Der Troll war schnell und tänzelte scheinbar mit Leichtigkeit auf dem Panzerdach. Noch einmal sauste die Keule nieder und noch einmal wich der Zwerg erst im letzten Moment aus. Duffarik schlug mit der Axt nach den Beinen seines Gegners. Der Troll sprang zur Seite, schlug wieder zu und streifte Duffarik an der Schulter.
»Für Khaz Modan!« Duffarik brüllte den alten Schlachtruf seines Volkes.
Er ignorierte seine schmerzende Schulter, wälzte sich zur Seite und kam wieder auf die Füße. Der Troll hatte die Schnelligkeit des Zwergs wohl unterschätzt. Er hob seine Keule in einer abwehrenden Geste, war jedoch den Bruchteil eines Augenblicks zu langsam. Die Schneide der Axt grub sich Tief in die Seite des Trolls. Die Kreatur kreischte auf und krümmte sich zusammen. Duffarik verpasste dem Troll einen Tritt mit seinem eisenbeschlagenen Stiefel. Der Troll taumelte zurück, verlor mit einem erneuten Aufschrei das Gleichgewicht und fiel vom Panzerdach in den Schnee. Duffarik hielt sich nicht damit auf, nachzusehen ob sein Gegner noch lebte.
Unter dem Panzer standen gut dreißig Trolle, die jetzt alle den Zwerg anstarrten. Noch rührten sie sich nicht, waren wohl zu überrascht, aber jeden Augenblick würden sie es tun, um Duffarik und anschließend die Gnome in Stücke reißen.
»In Ordnung«, stieß der Zwerg hervor. Er atmete schwer, Schweiß lief über sein Gesicht und seine Schulter sandte pochende Schmerzwellen in seinen Arm. »Wer von euch ist als Nächstes dran?«
Die Trolle brüllten wie eine einzige Kreatur auf, dann setzten sie sich in Bewegung, bereit den Panzer hinaufzuklettern und sich auf den verhassten Feind zu stürzen.
Duffarik würde jetzt sterben, das wusste er. Aber wenigstens würde er wie ein Krieger sterben: Mit der Waffe in der Hand, umgeben von Feinden.
Nur um Biffy und Zerrik tat es ihm leid. Die eine war seine Geliebte, der andere sein Freund.
Gerade als die ersten Trolle das Dach des Panzers erklettert hatten, ertönte hinter Duffarik maschinelles Rattern. Wind wirbelte in den Haaren und dem Bart des Zwergs.
Duffarik gehorchte seinem Instinkt und warf sich flach auf den Boden. Keine Sekunde zu früh. Eine Maschinengewehrsalve zischte knapp über ihn hinweg und traf die völlig unvorbereiteten Trolle. Kugeln schlugen in Trollleiber und schleuderten die Leichen in den Schnee. Als Duffarik sich herumwälzte sah er einen Gnomkopter hinter sich schweben, der die Trolle unter Feuer nahm. Aus der Angriffslust der blauhäutigen Wesen wurde nackte Panik. Die Meute floh in alle Richtungen, um dem Tod zu entkommen.
Duffarik sah einen grimmig dreinblickenden Perry im Cockpit des Gnomkopters sitzen und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Gnome mochten merkwürdige Gesellen sein, wenn es aber darauf ankam, dann waren sie genau zur richtigen Zeit zur Stelle.
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Perry hatte Glück im Unglück gehabt. Wie der Gnom später erzählte, hatte er den Schleudersitz nicht absichtlich ausgelöst, sondern der Mechanismus hatte sich, wohl durch die andauernden Erschütterungen der wilden Panzerfahrt, selbständig gemacht. Der Fallschirm hatte sich rechtzeitig geöffnet. So war Perry, verwirrt aber unverletzt, in der Nähe von Stahlrosts Depot niedergegangen. Der Gnom hatte keine Zeit verloren und sich einen der dort stehenden Gnomkopter geschnappt. Pilot Bellfiz hatte zuerst zwar protestiert, aber die Dringlichkeit der Situation eingesehen und Perry den Kopter überlassen.
Die Gewehrsalven hatten den Trollen einen Riesenschreck eingejagt, so dass Duffarik, Biffy und Zerrik die Flucht Richtung Osten hatten antreten können. Duffarik hatte sich die beiden Gnome kurzerhand unter die Arme geklemmt, um dann so schnell die Zwergenfüße trugen, in Richtung Kharanos zu sprinten.
»Und so hat die Sache dann doch noch einen guten Abschluss gefunden«, stellte Perry fest.
»Wie man es nimmt sagte Duffarik«, nahm noch einen Schluck Bier und wischte sich den Mund ab. »Der Panzer steht immer noch im Trollgebiet und nur das Licht weiß, wie wir ihn da wieder wegbekommen.«
Sie saßen in der Steinfeuertaverne in Eisenschmiede, umgeben von anderen Zwergen und auch ein paar Gnomen, die hier ihren Tag ausklingen ließen. Wauzi lag unter dem Stuhl des Zwerges und war schon vor längerer Zeit eingeschlafen.
»Das wird schon, Duffischatzi«, sagte Biffy. »Ich habe schon einen wunderbaren Rettungsplan, der gar nicht schiefgehen kann.«
Der Zwerg seufzte. »Eben das befürchte ich.«
»Ach komm schon, mein bärtiger Schnuckel, nur nicht so griesgrämig.« Biffy beugte sich vor und gab Duffarik einen schmatzenden Kuss auf die Wange. Perry und Zerrik lachten und Duffarik spürte, wie er errötete.
»Dann werde ich dir wohl helfen, den Panzer da wieder rauszuholen«, sagte er.
»Wunderbar.« Biffy strahlte ihn mit ihren großen wunderschönen blauen Augen an. »Gleich morgen machen wir uns an die Arbeit. Du wirst sehen,das wird gar kein Problem.«
Duffarik beschloss, lieber nichts mehr zu sagen.