summt
Hejo, spann den Wagen an,
Denn der Wind treibt Regen übers Land.
Ein unkreativer Push!
summt
Hejo, spann den Wagen an,
Denn der Wind treibt Regen übers Land.
Ein unkreativer Push!
Heute war es soweit. Die Karawane würde die Stadt verlassen. Nach etwa acht Jahren mit kleinen Unterbrechungen würde er Sturmwind den Rücken kehren und stattdessen die ganze Welt als seine Heimat begrüßen. Und es war auch bitter nötig. Viel zu sehr war das Magierviertel zu seiner ganzen Welt geworden, von kurzen Ausflügen abgesehen, dabei war es schon lange nicht mehr die Inspiration die es einst gewesen sein mochte.
Er lächelte leicht und schaute sich in seinem frisch eingerichteten Wagen um. Doch, hier konnte er leben. Er war schon mit weniger Raum und deutlich weniger Freiheit ausgekommen. Freiheit… nun, viel freier als es bald werden würde konnte es ja nun auch kaum werden. Wenn man sich irgendwo zu sehr eingeschränkt fühlen sollte konnte man einfach weiterziehen oder den Ort umgehen, nicht? Freiheit sich an einer Unzahl von Pfaden zu bedienen, sich Handlungsfreiräume zu schaffen wie man wollte und die eigenen Regeln zu setzen. Und das mit allen seinen Konsequenzen.
Seine Hand fuhr über die fein gearbeitete Holzkiste, in der seine Bücher warteten. Die in dem Gegenstand gesammelte Energie kitzelte ein wenig an den Fingern, als er sich schließlich abwendete und nochmal die Scharniere der klappbaren Inneneinrichtung prüfte. Konsequenzen. Verantwortung. Das würden wohl die Grenzen der Freiheit bleiben. Er hatte eine ganz gute Gruppe von Leuten gesammelt. Oder sie hatten sich auf seinen Anstoß gesammelt vielleicht eher…. Aber wie dem auch sei, es war eine gute Truppe. Abenteuerlustige Leute. Teils jung, teils naiv, teils etwas der beengenden Zivilisation überdrüssig, aber eine gute Truppe. Und aus irgendwelchen Gründen vertrauten die meisten da ihm um der Reise erstmal eine Richtung zu geben. Ein Vertrauen dem er nun erstmal gerecht werden musste.
Es würde… eine Lernerfahrung werden. Oder so musste er es sehen, um da die Nerven zu behalten. Der Start würde relativ sanft werden. In Elwynn und Westfall sollten nicht zu schlimme Herausforderungen warten und im Dämmerwald… nun, da war schon geplant Elizabeth etwas die Führung zu überlassen, solange man in ihrem Dorf war. Also hatter er hoffentlich noch ein paar Gelegenheiten Fehler zu machen ohne die Leute zu verschrecken oder zu gefährden. Und Fehler waren nunmal unvermeidlich. Angefangen damit, dass er trotz etwas Übung in den letzten Tagen offensichtlich kein Fuhrmann war und er und sein Maultier da niemanden täuschen können würden. Es würde eine holprige Fahrt, ganz wörtlich, auch wenn Lucys Federungen das hoffentlich ein wenig relativieren würden. Aber die anderen konnten ihm da sicher helfen.
Und nun, in anderen Dingen war er nicht so schlecht geeignet. Er wusste viel über das Land, verstand sich mit den meisten Leuten recht schnell recht gut und hatte die nötige Geduld mit Problemen umzugehen. Ganz abgesehen von einem gemischten Arsenal von Problemlösefähigkeiten, sogar welche magischer Art. Beste Grundlagen um etwas neues zu lernen ohne jemanden umzubringen. Wahrscheinlich. Hoffentlich. Selbst mit Räubern, Kobolden und Gnollen konnte man verhandeln, bevor es zu blutvergießen kam. Manchmal. Und mehr noch, die anderen konnten auch viele Dinge. Sehr viele sogar. Er konnte von ihnen lernen…. Gerade jemand wie Kenfyr.
Und wenn es dann einmal lief… nun, dann würde seine Sorge schon schnell genug verschwinden und er könnte das Ganze genießen. Er war so gut vorbereitet wie er sein würde und nun… die Zeit um sich auf die Sorgen zu konzentrieren war vor der Reise. Wenn er erstmal Waldluft und Kuhdung in der Nase hatte, würde er darüber lächeln können. Wie auch nicht? War immerhin… nun, Freiheit. Er schloss die Wagentür und kletterte zum Boden herab. Zeit sich noch von so manchen tollen Leuten zu verabschieden. Die würde er entschieden mehr vermissen als die Stadt.
So, heute geht es tatsächlich los, die Karawane verlässt die Stadt! Damit sind wir dann offiziell aus der Aufbauphase raus. Neue Interessenten sind natürlich immernoch willkommen, aber die müssen dann wohl irgendwie auf unseren Reisen zu uns stoßen und werden uns nicht mehr in sturmwinder Tavernen begegnen. Zumindest nicht auf absehbare Zeit. Die Reise geht nun erstmal durch Elwynn und Westfall in den Dämmerwald. Also danke für alle die uns soweit unterstützt haben, jetzt wird sich wohl zeigen, ob das Konzept in der Praxis überzeugen kann!
Der Barde, und neuerdings reichlich dekorierter Reisekoch, zieht einen alten Gaul an der Leine durch Sturmwind und pfeift munter vor sich her. Töpfe, Fackeln und anderes Pack klappert am vollgestopften Ranzen und den Satteltaschen. Ekelerregend gute Laune und die ein oder andere Zeile auf der Zunge. Manche davon unverständlich genuschelt.
Nun ade, mir geliebtes Sturmwind,
wo nicht bloß die Kloake,
oder komisches Gequake,
sondern gleich die ganze Burg stinkt.
Losgelöst wird frei gesungen:
Wir sind jetzt Vagabunden!
Freigemacht wird losgesungen:
Wir sind jetzt Vagabunden!
Berge, Täler, Ungeheuer
Geschichten, Vergessenes und Abenteuer.
Unser neues Kapitel
und wir arbeiten eigenhändig am Titel!
La~La~da~La~Dum-di-dum~
Losgelöst wird frei gesungen:
Wir sind jetzt Vagabunden!
Freigemacht wird losgesungen:
Wir sind jetzt Vagabunden!
Nevex betrachtete die vor ihm aufgereihten kleinen Körper eine ganze Weile. Er hatte sie mit Aelfars Hilfe nach draussen gebracht, ihre Kleidung zurecht gerückt und sie in etwas würdevolleren Positionen nebeneinander gelegt. Er hatte darüber nachgedacht die Leichen zu verbrennen, aber er wusste nicht, wie die Kobolde hier mit ihren Toten umgingen, also wollte er ihnen die Gelegenheit finden sie selber zu bergen. Schließlich fällte er aber die Entscheidung sie aus den Tunneln heraus ins Tageslicht zu bringen. Immerhin war die Angst vor der Dunkelheit ein weit verbreitetes Merkmal der meisten Koboldkulturen. Vermutlich überließ man seine Verstorbenen nicht den Monstern in der Dunkelheit, wenn man an welche glaubte… Sofern man sich dann noch darum kümmerte.
Er seufzte und schüttelte den Kopf. Ein simples Gebet zum Licht hatte er über die kleinen Kreaturen gesprochen, das konnte kaum falsch sein, aber von hier an konnte er wohl nichts sinnvolles mehr tun. Auch wenn das bedeuten würde dass die Waldtiere sich bedienen würden, wenn die anderen Kobolde nicht zurückkehren sollten. Aber nun, wenn der Geist nicht hier gebunden war, und er sah wenig Grund zu glauben, dass das hier so sein würde, wäre da auch kein weiterer Schaden entstanden. Letztlich ging es hier eben nicht um die Verstorbenen. Es ging darum, wie ernst man ihr Leben nahm. Es ging darum ob man jemand sein wollte, der bereit war andere, auch Verbrecher, als denkende und fühlende Wesen anzuerkennen, oder ob man bereit war sie als Abfall zu sehen.
Die anderen hatten ihre Position da klar gemacht. “Nicht besser als Ratten”, hatte Lorgarn gesagt. Die Entscheidung die Kobolde auszuräuchern war leicht gefallen und die Idee ihnen irgendwelchen Respekt zu gewähren war nichtmal aufgekommen. Sie hatten nur irritiert gewirkt, als Nevex begann sich darum zu bemühen. Er tat sich schwer damit es ihnen nicht Übel zu nehmen, aber daran waren die Umstände hoffentlich Mitschuld. Es war eben alles so schrecklich schnell gegangen. Er war vielleicht eine halbe Stunde weg gewesen um die aufgebrachte junge Dame zu suchen und zu beruhigen und als er zum Lager zurück kam, war ein ganzer Trupp von der Karawane ausgezogen.
Die Kobolde hatten keine Chance gehabt. Die wenigen die versucht hatten sich zu wehren, oder im falschen Moment zu bedrohlich ausgesehen hatten, waren tot, die anderen waren dann schnell geflohen. Nevex musste nicht herum fragen um zu wissen, dass das keine Eskalation gewesen war, sondern von Anfang an der Plan. Was denn auch sonst? Mit den Kobolden verhandeln? Das würde doch nur das Überraschungsmoment aufgeben und mit “Ratten” war ja ohnehin nichts zu erreichen. Ratten.
Noch einmal betrachtete er die Leichen. Selbst die größeren waren nicht größer als der Gnom und alle waren dürr und ausgemergelt. Die Mine in der die wohnten hatten sie natürlich nicht selber gebaut, aber es sah auch nicht so aus als wäre da in letzter Zeit viel Aktivität gewesen, also war es schwer zu glauben, dass sie die jemandem abgenommen hatten der etwas damit vorhatte. Sie hatten nur den Fehler gemacht zu nah an besiedeltem Land zu leben und dort Dinge zu stehlen. Und so traf sie nun der gerechte Zorn, gekoppelt mit dem Versprechen von Belohnung für die Vergelter. Da hatten sie nicht den Hauch einer Chance. Es hatte nichtmal Verletzte gegeben. Nur Tote. Und für die Überlebenden war das vermutlich nur ein weiterer Rückschlag in einem Leben aus Rückschlägen. Sie würden das hinnehmen und weiter machen.
Das musste Nevex wohl auch. Er wünschte er könnte den anderen klar machen was er von der Situation hielt, aber das würde gerade niemanden überzeugen. Sie mussten da selber zu der selben Erkenntnis kommen und dafür mussten sie es erleben. Sie mussten erleben, dass auch so simple Leute mehr als Ungeziefer sein konnten und sie mussten erleben, dass man sie auch anders behandeln konnte. Es gab keinen schnellen Weg dahin, also musste der Gnom es wohl einfach vorleben. Und wenn sie zu ihm kamen um sein Verhalten zu verstehen… nun, dann hatte er hoffentlich eine Chance seine Position auszuführen wo man auch offener dafür mag. In Einzelgesprächen.
Er richtete sich auf. Zeit zu lächeln und weiter zu machen. Und sich ernstlich zu bemühen die kleinen Leichen niemandem vorzuwerfen…
Mit Schraubenziehern, diversen Zangen, Hämmern und anderen Werkzeugen um sich herum verteilt saß das Gnomenmädchen unter einem löchrigen und zerlumpten, viel zu großen braunen Hut bei schönstem vormittäglichen Sonnenlicht im Staub der Westfaller Steppe. Das, was vor ihr lag, konnte man nur noch als riesigen Schrotthaufen bezeichnen, auch wenn hier und da etwas Stoff und sogar Stroh mit in den Bot eingeflossen war.
Ein sacht blau leuchtender Energiekern lag in einer kleinen Metallkiste neben Noée - das Herz des Erntehelfers. Zugegebenermaßen war es ein eher hinterwäldlerisches, schlichtes Herz, weit vom aktuellen Neu Tüftlerstädter Standard (vom mechagonischen ganz zu schweigen) entfernt, aber die Zelle war intakt, noch zu knapp zwei Dritteln aufgeladen und überspannungssicher, wie sich im Kampf der letzten Nacht erwiesen hatte. Somit eignete sie sich hervorragend für Noées Ladestation und war es wert gerettet zu werden - wie so viele andere Teile auch, die nicht verschmort, säurezerfressen, oxidiert, korrodiert oder sonst wie beschädigt waren, und somit ideale Ersatz- oder Basisteile für diverse Tüfteleien darstellten.
Wo sie all die kleinen und größeren Teile, die sie dem metallenen Golem entriss, unterbringen sollte, darüber zerbrach sie sich jetzt noch nicht den Kopf. Zur Not stopfte sie alles vorübergehend in ihren Wagen und kümmerte sich beizeiten um ein zusätzliches Gefährt samt Zugtier. Immerhin wünschte sie sich ja doch auch noch ein Eselchen wie Henry oder vielleicht ein Maultier, und was wäre ein besserer Grund für einen weiteren Weggefährten als ein neuer Wagen, den er ziehen durfte, um noch mehr wichtige Dinge dabei haben zu können?
Noée schraubte eines der scharfen Messer von der Hand des Ernters ab und betrachtete es gedankenverloren. Was für eine aufregende Nacht das gewesen war! Ein Angriff der Erntezwillinge, die sie fast ganz alleine mit ihrem mechagonischen Krabbler-Todesstrahl zur Strecke bringen durfte - und sie hatte extra gefragt, ob sie schießen durfte! Sie kicherte verlegen auf als ihr wieder einfiel wie der Alarm-o-Bot auf ihrem Wagen auf einmal losschrie und die finstere Nacht, in der sie zuvor ohne zusätzliche Beleuchtung nur die Schemen ihrer Karawanenfreunde sehen konnte und sie einzig anhand der Stimmen zuordnen musste, in sich rot im Kreis drehendes Licht tauchte. „ACHTUNG! ACHTUNG! +++ EINDRINGLINGE! +++ ALARM!“ hatte er eine gefühlte Ewigkeit warnend durchs Lager gekreischt während Steine von hinten auf die kämpfenden Gefährten niederhagelten. Und dann noch die Murloc-Schlachtruf-Hupe, die sie in dem Chaos aus Versehen gedrückt hatte …
Ob alle Tiere, die in all dem Schrecken, Chaos und Lärm in Panik ausgebrochen waren, wieder eingesammelt worden waren, wusste Noée nicht. Darum wollten sich andere kümmern, und mitten in der Nacht war sie die letzte, die sich noch einmal vom Lager entfernen wollte, Professor Riesen-Bernhardiner-bester-Freund-immer-an-ihrer-Seite hin oder her.
Kurz blickte sie zur Seite, um nach dem Hund zu sehen, der wie immer wie ein Gebirge scheinbar tief schlafend in ihrer Nähe lag. Nur eines der Schlappohren zuckte immer wieder einmal kurz nach oben und deutete an, dass er aufmerksamer war als es den Anschein hatte. Emelie war jedenfalls gleich nachdem Dunkelheit und Ruhe wieder Einzug gehalten hatten zum Wagen zurückgelaufen und neben der Eingangstür stehen geblieben wie ein Wachalpaka.
Aus dem Augenwinkel erspähte Noée kurz Sam, und sie musste daran denken, wie er im ersten Moment scheinbar Opfer des Überfalls gewesen war. Sie erinnerte sich an die unnatürlich verrenkten Gliedmaßen und den schiefen Kopf, der aussah als würde er jeden Moment vom Rumpf abfallen, sobald man den Körper bewegte. Doch wie war das möglich? Sam war ja wieder zu sich gekommen, mit dem Kopf an Ort und Stelle, und auch sonst nicht weiter verletzt, nur ein wenig benommen.
Aber sie hatte ihn doch gesehen! Oder … was hatte sie gesehen?
Schweißtropfen pressten sich aus ihren Poren und Kälte überzog die feuchte Haut als sie erneut an den Leichnam dachte.
Es waren Menschen gestorben in dieser Nacht. Die eigenen Gefährten hatten Menschen getötet.
Banditen waren es gewesen, ja, aber hätte man sich nicht anders zur Wehr setzen können als sie zu töten? Als sie zu Leichen zu machen? Oder war das nur ein Haufen Geröll gewesen, der dort auf der anderen Seite des Lagers zu sehen gewesen war? Oder nein … Schmutzwäsche! Irgendjemand hatte seine Schmutzwäsche auf den Boden geworfen, die sicher immer noch darauf wartete, im Zuber zu landen! Und das mit dem Kopf, das war passiert als sie den Erntehelfer mit dem Strahl des Krabblers getroffen hatte. Der war einfach abgeknickt, daran erinnerte sie sich genau!
Tief durchatmend legte sie die Klinge zur Seite und schraubte weitere „Finger“ des metallenen Ungetüms ab, um sie nebeneinander aufzureihen. Tote Menschen, nein, davon wollte sie nichts wissen. Aber sie mussten doch bestattet werden, oder? Nevex würde sich darum zu kümmern wissen wie bei den Kobolden auch. Die armen Kobolde. Sie mochte Kobolde, schätzte sie sogar seit ihrem Zusammentreffen auf der Suche nach dem Orcschuh. Immerhin hatten sie eine Art Kultur, die man Wesen wie Troggs und Gnollen nicht zugestehen würde. Sie hatten einen Glauben und sogar so etwas wie eine Religion. Davor hatte Noée Respekt und sah auch irgendwie ein, dass diese Völkchen aggressiv auf Fremde reagierten. Das täte sie bestimmt auch, wenn man sie für wertloses Gezücht hielt, das man zertreten durfte wie einen Käfer.
Ob sie Nevex helfen sollte, die Menschen auf ihrem Weg ins Licht zu begleiten? Hatten Banditen das heilige Licht verdient? Glaubten diese hier überhaupt ans Licht? Kobolde trugen es sogar in Form von Kerzen auf dem Kopf. Seit dem Erlebnis mit dem Schuh hatte sich Noée immer wieder gefragt, ob diese Kerzen nicht nur das Böse im Dunkel vertrieben sondern auch ein tatsächliches Symbol für das heilige Licht sein könnten. Sie sollte das bei Nevex einmal ansprechen. Vielleicht konnte man eine Studie anstreben. Das wiederum setzte allerdings voraus, dass die anderen die Kobolde in Ruhe ließen und ihnen freundlich begegneten. Ein Unterfangen, das ihr in diesem Moment reichlich schwierig vorkam. So viel Gewalt … mit Gefahren und Bedrohungen hatte sie gerechnet, aber so viel Tod und Blut und Beerdigungen …
„Verflucht!“ schimpfte sie und ließ ihr Werkzeug und das Messer fallen, an dem sie sich gerade geschnitten hatte. An ihrem Finger saugend wanderte ihr Blick missmutig umher und fiel unvermittelt auf das, was weiter weg unter einem großen Tuch lag, und von dem sie nichts wissen wollte. War das etwa eine schmutzige Hand, die sie dort ein kleines bisschen unter der Decke hervorlugen zu sehen vermutete? Rasch warf Noée gedanklich einen Haufen Schmutzwäsche darüber und wandte sich ab.
Der erste Erntehelfer war ausgeschlachtet. Nun erhob sie sich und ging zu dessen Zwilling, der nur wenige Meter weiter weg lag, hinüber, um ihm ihre weitere Aufmerksamkeit zu widmen. Als der Professor den Kopf anhob, um nachzusehen, ob sich Noée weiter wegbewegen würde, landete der zweite nicht minder schäbige Hut auf dessen riesigem Schädel. Kurz schüttelte er den Hut ab, bellte vorwurfsvoll und ließ den Kopf mit einem grummeligen Schnauben wieder auf die Vorderpfoten fallen als wäre das riesige Ding einfach viel zu schwer, um es ständig oben zu halten.
Zur Späherkuppe wollten sie als nächstes. Vielleicht schon heute. Wegen der toten Banditen. Um herauszufinden, ob sie jemand kannte und gar vermisste. Noée schluckte schwer an einer Träne, die sie um keinen Preis ihre Wange herunterrollen lassen wollte. Immerhin war ihr Gesicht voller Staub und auch ein bisschen ölverschmiert, und jeder würde das Rinnsal, das sich durch die Schmutzschicht auf ihrer Haut graben würde, sofort sehen können. Ein weiterer Blick weg von ihrer Arbeit führte hinauf zum Dach ihres Wagens, auf dem der kleine, fleißige Alarm-o-Bot im Sitzen schlief - gleich neben dem großen runden Waschzuber. Sobald Noée hier fertig und alles aufgeräumt war, brauchte sie ein Bad - ganz dringend und mit viel duftendem weißen Schaum.
Die Schulter tat immernoch weh, aber das war wohl kein Wunder, nachdem ein Pfeil da rein geschossen wurde. Selbst mithilfe von Koraleens Lichtwirkung musste da einiges an Muskelmasse regeneriert werden und es war nicht so als könnte er die Schulter wirklich ruhig halten um den Körper sein Werk tun zu lassen. Vermutlich sollte er dankbar sein, dass die Gnolle nicht gerade mit Kriegsgerät ausgestattet waren, sodass es “nur” ein Spitzer Stock mit spitzer Spitze gewesen war und keines der Widerhaken bewehrten Verstümmelungskunstwerke die man auf Schlachtfeldern in einander jagte… Es tat trotzdem weh.
Naja, es hätte ihn schlimmer treffen können. Es hatte andere schlimmer getroffen. Der Rest der Karawane schien mal wieder mit leichteren Verletzungen davon gekommen zu sein und natürlich war Elizabeth nichts schlimmeres passiert, aber zumindest einer der Gnolle war tot und die Welpen sahen nicht aus als wären sie weit vom Tod entfernt gewesen.
Dabei hatte Elizabeth gesagt, dass es eine diplomatische Mission werden sollte… nur hatte dieser noble Vorsatz wirklich nicht lange gehalten. Es hatte schon nicht sehr diplomatisch angefangen. “gehorcht oder sterbt!” war halt nicht unbedingt dazu geeignet die Wogen zu glätten, egal ob es darauf hinaus laufen würde oder nicht. Da würde er wohl wirklich nochmal mit ihr reden müssen. Sicher funktionierte das, solange man als Paladin Gnolle herum schubste, aber es war kaum die beste Möglichkeit Konflikt zu vermeiden. Gerade nachdem er auf der Reise nochmal unterstrichen hatte wie wichtig es Gnollen war als starke Krieger gesehen zu werden.
Auch wenn es zugegebenermaßen in diesem Fall nicht der entscheidende Punkt gewesen war. Ein Oger der die Welpen der Gnolle als Geisel hielt, war eben nicht eingeplant gewesen. Aber auch da war es wohl kaum die naheliegende Reaktion direkt ohne Rücksprache mit den anderen den Angriff zu starten. Weder der Oger noch die Gnolle wären weggelaufen, wenn man sich Zeit zum beraten genommen hätte und es wäre in jedem Fall besser gelaufen, wenn sie sich auf den Stab des Ogers konzentriert hätte statt die Ketten… Nevex war sich fast sicher, dass er den Oger lange genug hätte still halten können, damit einer der Worgen sich den Stab schnappen konnte und dann wäre das ganze schnell vorbei gewesen und die Gnolle hätten den Oger nicht mehr aus Furcht unterstützt. Natürlich war das der Vorteil des Rückblicks und genau hatten sie die Situation in dem Moment nicht gekannt… aber genau darum ging es doch. Mehr Vorsicht und Aufmerksamkeit und Leben hätten gerettet werden können.
Und man hätte Gefahren vermeiden können. Wäre der Pfeil besser gezielt gewesen, hätte auch Nevex hier tot sein können. Er hatte ihn sicher nicht kommen sehen, er war mitten in einem Zauber gewesen, als er plötzlich von dem Schmerz unterbrochen wurde. Und auch, wenn die anderen sich wenig um das Leben der Gnolle scheren mochten, sollte das doch hoffentlich etwas mehr Gewicht haben… Wobei er mit dem Argument wohl auch vorsichtig sein musste, damit die Schlussfolgerung für die anderen nicht würde ihn bei Gewaltsituationen einfach bei den Wagen zu lassen. Lorgarn hatte da auf jeden Fall eine fast rührende beschützerische Art, aber Nevex hatte nun nicht vor, sich seine Entscheidungen nehmen zu lassen.
Es war wohl Zeit etwas proaktiver zu werden. Eine kleine Andacht über die Bedeutung von Frieden vielleicht. Das Licht war manchmal überzeugender als seine Argumente, immerhin sprach es direkt die Emotionen an, mit denen viele Leute mehr anfangen konnten als mit formaler Ethik. Selbst die, die glaubten mit Religion nichts anfangen zu können. Wobei die vermutlich ohnehin nicht beiwohnen würden. Ein Seufzen drohte dem Gnom heraus zu rutschen, aber der Impuls wurde schnell zurecht gewiesen. Stattdessen setzte er ein Lächeln auf. Positiv denken. Langfristig denken. Er würde nicht alle schnell erreichen. Aber er konnte vielleicht manche überzeugen. Und er konnte sich die Zeit nehmen die dafür nötig war. Er war nicht für die Leben verantwortlich, die in der Zeit verloren gingen. Aber vielleicht konnte er die eine oder andere Tragödie verhindern. Und so gerne er auch methodischen Zweifel ansetzte, das war ein Bereich in dem er nicht vorhatte seine Position in Frage zu stellen. Wannimmer man die Situation ohne Gewalt lösen konnte, sollte man sie auch ohne Gewalt lösen. Wannimmer man Blutvergießen minimieren konnte, ohne wichtigeres zu verlieren, hatte man das zu tun. Und wer das bei seinen Handlungen nicht beachtete, der hatte persönliche Verbesserungsarbeit vor sich.
Er lächelte schief. Er hatte nun fast zwei Jahre versucht sich diese Denkweise anzugewöhnen, aber es fühlte sich immernoch fremd an. Nicht mehr falsch, wie vor einem Jahr noch, aber immernoch fremd. Es gab so wenig Sicherheit in ethischen Fragen, aber das Licht forderte, dass er sich der Antworten für sich selber zumindest sicher war. Und in diesem Fall führte das wohl zu einem gewissen Erziehungsauftrag. Er schüttelte den Kopf. Zeit, ein kleines Ritual, eine kleine Andacht zu planen.
ooc-Anmerkung:
Die Karawane hält den Rest des Monats voraussichtlich noch im Dorf Eisenhain im südlichen Dämmerwald (bespielt in der Scharlachroten Enklave in den östlichen Pestländern). Ein paar Mitglieder werden wohl zumindest als Zuschauer beim Bärenfels-Turnier vorbei schauen, danach geht es weiter nach Süden durch den Dschungel zum Südseebasar.
Freudestrahlend geht Vindis, ein kleiner lavendelfarbener Vulperajunge der eine viel zu große Brille auf seinem dünnen Schnäuzchen trägt, an der Pfote seines Ziehvaters Inzo zum Briefkasten. In der anderen Pfote hält der kleine Junge seine beste Freundin ebenfalls an der Pfote, die minimal jüngere und kleinere Jue, die wild mit ihrem Schweif hin und her wedelt und zu singen begonnen hat „WIR SCHICKEN NEN BRIEF~♬!!! WIR SCHICKEN NEN BRIEF~♬!!!“ es klingt als wolle sie die anstrengende Geräuschkulisse Orgrimmars, mit ihrer eigenen Stimme übertönen, was dem schwarzen Vulpera Inzo einige Stressfalten in die Stirn treibt. Irgendwann stimmt Vindis mit in den ungelenken Singsang seiner besten Freundin ein, kichert dabei und sieht wirklich glücklich aus.
Es ist spürbar kälter geworden, selbst in Orgrimmar. Die Sonne bekommt es nur noch schwerlich hin, die über Nacht erkalteten, teilweise mit dünnen Eisschichten überzogenen Felsen, Mauern und Straßen zu erwärmen. Aber das macht den Vulpera nicht so viel aus, wurden sie doch erst vor kurzem neu eingekleidet.
Am Briefkasten angekommen, überreicht Inzo ein sauber verschlossenes Schriftstück, worauf der aktuelle Aufenthaltsort der Karawane Kompassnadel aufgeschrieben wurde. Nach kurzer Nachfrage, wer denn den Brief einwerfen wollen würde, einigen sich die beiden Kinder ihn zusammen einzuwerfen. Jeder eine Pfote… Hau ruck! Ein leises ´klong´ und das Schriftstück ist in dem rot-braunen Kasten gelandet.
Ein paar Tage später erreicht ein Bote, es mag vielleicht ein Mensch oder ein Elf gewesen sein, das Lager der Karawane Kompassnadel. „Ist hier eine Noée oder ein gewisser Nevex?“ erkundigt sich der Mann, ehe besagte Gnome sicherlich gefunden und das Schriftstück überreicht wird. Nach Öffnen des Umschlags, kommen zwei verschiedene Papiere zum Vorschein, die beide am Rand ein wenig vergilbt und leicht eingerissen waren. Natürlich werden Nevex und Noée direkt verstehen, dass der Brief von niemand geringeren als den Nomaden der Sande gekommen war, schließlich sogar feststellen, dass es Jue und ihr Freund Vindis waren, die den Brief eigenpfötig verfasst hatten. Es war zwar schon eine Weile her, aber seit die Gnome zusammen mit den Nomaden der Sande in Vol´dun waren, hatte Jue des Öfteren über die liebenswürdigen, felllosen Mitkleinlinge gesprochen und auch dabei immer schön stolz ihren Bart vorgezeigt, den sie sich aus Hyänenfell hatte anfertigen lassen, um genauso toll auszusehen, wie ein bärtiger Gnom!
Der Brief der nun also in Händen besagter Gnome liegen würde, schien mit wunderschöner blauer Tinte geschrieben zu sein. Ein paar Tintenkleckse waren am oberen Rand zu sehen und wohl war die Tinte auch ein wenig verlaufen. Auch gab es, obwohl sich wohl darum gekümmert wurde fehlerfrei zu schreiben, dutzende kleine Fehler, die beim Drüberlesen doch das ein oder andere Mal auffielen, sowie teilweise im Nachhinein eingefügte, oder durchgestrichene Wörter. Trotzdem sah es aus, als ob sich die Kinder wirklich viel Mühe gemacht hatten, den Brief so ordentlich, wie nur irgend möglich aufzusetzen.
Hallo Frau Noee und Herr Nevex!
Ich also Jue und Vindis geht es sehr gut!
Wir haben schon viel erforscht zusammen und schicken unseren FORSCHERBERICHT!
Wir haben einen Brutosaurus mit einem langen Hals und dunkelgrüner Haut und dunkelgrünen Streifen untersucht. Wir haben außerdem noch einen PterrodaX erforscht.
Der kann fliegen und baut seine Neser hoch in den Bergen! Und er kotzt seinen Babies Essen in den Mund! BAH! Der Stegodon ist der Dritte auf dem Bild. Wenn sie in Brunf^tzeit sind, werden ihre Rückenstacheln rot. Das mögen dann die Weibchen. Wir haben uns eigene Dinos ausgedacht. Der Juusrexus ist ein fleisch-liebender Flausche-Dino. Er ist groß und frisst VIEEEEEEEEEL Fleisch!! Und er mag seinen Dinofreund Vindizrapto. Der Vindizraptor hat schöne Federn überall und ist sehr bunt, darum hat er viele Freunde! DIe beiden sind auch allerbeste Freude! Vindis und Ich also Jue hoffen, dass der Forschungsbericht, lehrreich war und wie viele unw̶i̶s̶s̶e̶n̶e̶ -gewisse Fragen beantworten konnten? Bis Bald:
Jue und Vindis
Unterhalb der geschriebenen Worte, finden sich noch ein paar Strichfüchschen, die wohl die beiden Vulperakinder, pfötchenhaltend darstellen sollen, sowie deren Unterschrift, die unmittelbar daneben steht. Das zweite Stück Papier, das dem Brief noch beigelegt wurde, zeigt nach entfalten ein gemaltes Bild. Es wurde mit Wachsmalstiften gemalt und zeigt verschiedene, bunte Dinosaurier unter denen man vielleicht - mit ganz viel Fantasie - einen Brutosaurus, einen Stegodon und einen Pterrodax erkennen kann. Mittendrin sieht man außerdem noch die beiden Vulperainspirierten Dinosaurier, die sich Jue und Vindis selbst ausgedacht hatten.
Ooc: Leider darf ich den Brief nicht als Bildlink einfügen, daher muss es der eingrahmte Text tun. Verneigt sich entschuldigend