1.
âAber ich bin seit Jahren nicht mehr dort gewesen. Und ich war da jung. Hier kenne ich jeden Stein. Meine Aufgaben erledige ich im Schlaf.â
âEin Grund mehr.â allmĂ€hlich schlichen sie leichte Spuren von Ungeduld in die Stimme von Jocaste, der Lehrerin fĂŒr angehende WaldlĂ€ufer und JĂ€ger. Das GesprĂ€ch schien schon eine Weile zu gehen.
âUnd du bist immer noch jung, fast ein Kindâ ergĂ€nzte die JĂ€gerin.
âEin Grund mehr mich nicht fortzuschicken.â Die junge Nachtelfe ballte ihre FĂ€uste.
Jocaste musterte ihr gegenĂŒber.
Vor ihr stand eine junge WaldlĂ€uferin. Oder vielmehr war sie auf dem besten Wege dahin. Alles an ihr wies darauf hin, dass sie mehr Zeit in der Wildnis zubrachte als anderswo. Die zu zwei dicken Zöpfen geflochtenen silber-weissen Haare hingen ihr rechts und links ĂŒber der Schulter, waren aber zerzaust und hĂ€tten mal bestimmt wieder einen Kamm nötig gehabt. Unter ihren FingernĂ€geln befand sich Dreck, genaus so wie die Schuhe matschverkrustet waren und der Rest ihrer Lederkleidung mit Flicken ĂŒberseht und die beste Zeit bereits hinter sich gehabt hatte. Trotzdem, oder besser gerade deshalb, passte sie ihr wie eine zweite Haut und glĂ€nzte leicht vor frisch eingeriebenem Fett.
Nun, mag ihre Kleidung alt sein, zumindest pflegt Sie sie besser als sich selbst dachte sie.
Und es stimmte.
Sie war eine gute und verlĂ€Ăliche PatroulliengĂ€ngerin. In Teldrassil. Aber die Probleme hier waren ĂŒberschaubar und es gab genug junge engagierte Nachtelfen die sich beweisen wollten. Ihre FĂ€higkeiten waren woanders drĂ€ngender gebraucht.
âIn Darkshore ist eine groĂe Welle von Tollwut ausgebrochen und die dortigen JĂ€ger kommen nicht hinterher die befallenen Tiere zu beseitigen. Dort wirst du gebraucht. Dort und nicht hier.â
Verzweiflung breitete sich ĂŒber das Gesicht der jungen Elfe aus. Ihr gingen allmĂ€hlich die Argumente aus. Sie startete einen neuen Versuch.
âLaubtatze kennt Darkshore nicht, sie ist hier geboren, sie âŠâ
âSie wird dir ĂŒberall hin folgen. Du bist ihr Orientierungspunkt, nicht das Landâ unterbrach sie Jocaste zunehmend zorniger werdend. âHast du vergessen was Silvaria dir beigebracht hat?â
âWieso bestraft ihr mich? Ich habe immer eure Befehle befolgt.â
âDann befolge auch diesen Befehl.â
âAber âŠâ
âKein Aber mehr Felaria NebellĂ€ufer! Du vergisst Dich!â Die Stimme der LehrerjĂ€gerin hatte einen scharfen Tonfall bekommen. âIch war mehr als nachsichtig mit Dir. Du wirst nach Auberdine reisen und dich bei Tharnariun Treetender melden. Morgen wirst du abreisen. Und wenn ich die Schildwachen bitten muss dich auf das Schiff zu bringen. Jetzt geh!â
Die letzten Worte kamen scharf und keinen Widerspruch mehr duldend.
So hatte Felaria ihre Lehrerin noch nie erlebt. TrĂ€nen schossen ihr in die Augen, vor Wut oder Verzweiflung, vielleicht beides. Schnell drehte sie sich um und ging sich rasch entfernen. Unten wartete Laubtatze. Sie hob den Kopf den sie auf ihren Vorderpfoten gelegt hatte. Doch mehr als die Handbewegung die âFolgenâ bedeutete, wurde ihr nicht zugedacht. Die Katze folgte ihrer Herrin und verwirrt nahm sie die Anspannung wahr.
Als die Tore von Darnassus zur Wildnis von Teldrassil auftauchten fing Felaria an zu laufen. Und lief. Und lief. Erst als beide sich erschöpft unter einem ihrer LieblingsbÀume fallen liess, umarmte sie ihre ebenfalls schnell und tief atmende Begleiterin.