[H] [ICU] "Wanderer" rekrutiert ...nicht

Erst nach gefühlten Ewigkeiten löste sie sich von ihm, lächelte fühlbar und flüsterte: „Ich mag das.“ Ihre Fingerspitzen streiften seine unrasierte Wange, verirrten sich an seinen Mund und zeichneten die Lippenkonturen nach, an denen mehr Feuerhaar entsprang. „Ich mag dich“, fügte sie ebenso gewispert an und das Lächeln war noch immer hörbar; präsent wie eine winzige Wärmequelle. Nichts drängte sie zu mehr, zu eindeutigeren oder direkteren Berührungen. Irgendwann während der Worte und nach den Worten hatte sie begonnen zu genießen - und aufgehört Schwere zu denken.

Zeit war so ein seltsames Ding. Wenn man geboren wurde, war alles groß. Die Welt, die Minuten und die Jahre. Es war ein langes Luftholen, das Wachsen und die Kindheit, die Jugend und das Jungerwachsensein. Dann begann der Sprint. Und die Minuten, die Jahre und die Welt begannen zu rasen. Verwischten. Zogen unscharf in Schemen im Augenblickswinken vorbei. Ein Rausch und Taumel. Zuviel um es zu sehen. Zu fühlen. Und dann war da er, der Junge, der Mann. Griff nach der Welt, die sich rasant wirbelnd drehte und hielt sie an. Leicht. Gewaltlos. Mit einem Lächeln. Und wusste nicht was er tat. Wusste er, was er tat? Er atmete noch Zeit. Sie war so außer Atem. War er ihre Atempause? Und dann…?
Sie schien zu überlegen und lachte dann still. Die schmalen Augen kündeten davon. „Ja“, sagte sie, „ich mag dich. Gern.“

Das sanfte Glimmen seiner Augen verschwand fast in der Dunkelheit als sein Gesicht ein Lächeln zur Schau stellte. Nur die ersten feinen Ahnungen von Lachfältchen an seinen Augen, die noch Jahrzehnte brauchen würden, bis sie in seiner Haut haften blieben. Frauen hatten ihm gesagt, dass sie ihn liebten, öfter noch dass sie ihn hassten. Inmitten all dieser Äußerungen klang das, was sie gesagt hatte, harmlos und beinahe bedeutungslos, aber er wusste es zu messen. Eine Frau wie sie sagte diese Dinge nicht leichtfertig, war kein kleines Mädchen mehr, wusste was sie wollte und wie. Und sie sprach nicht so mit ihm, um sich Vorteile zu erheischen, die er ihr nicht bieten konnte. Sie meinte es ernst und das war eine kostbare Seltenheit. „Nuianna“, flüsterte er gegen ihre alterslose Haut und lächelte noch einmal, seine Lippen fanden die Kontur ihres Kinns und vergingen sich daran. „Ich mag dich auch.“ Dass er selbst die Worte nicht verschwenderisch einsetzte, musste er nicht ergänzen. Sie würde es wissen.

Coldplay, the Chainsmokers - Something just like this
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[Ménage à trois]

Er war sauber und sie war sauber und vermutlich waren beide satt, er hatte keine Ahnung, ob sie satt war. Aber er kauerte in einer tiefen Hocke, nackt bis auf die Augenbinde, am Wasser und wusch sämtliche ihrer Kleidungsstücke - ihrer beider Kleidungsstücke und das an sich war bemerkenswert. Er summte dazu, eine kleine eigenartige Melodie, die an ein Kinderlied erinnerte. Die Tonabfolgen wiederholten sich in kurzen Sequenzen, bildeten Strophen und Refrains, die keine Worte hatten. Er schrubbte - mit Sand und Wasser und Hingabe.

Sasarya schürte das Feuer. Sie war satt. Und es war noch genug da, dass sie nicht wieder losstreifen musste. Das war tatsächlich der angenehme Teil, wenn man über Gebühr und ausschweifend gejagt hatte. Sie befanden sich seit einer Woche in der Ruine und nichts und niemand hatte ihre Ruhe gestört. Urlaub fühlte sich ungewohnt an, aber er war nicht unwillkommen und Sasarya hatte seit Jahren das erste Mal das Gefühl, sich auf die freien Tage zu freuen. Sie verbannte den Gedanken an Zandalar und den Auftrag in die hinterste Ecke ihres Kopfes und sah auf die lodernden Flammen, lauschte der Melodie, die er summte und die sie schon einige Male gehört hatte. Es hörte sich gut an, beruhigend, und vermischte sich mit dem Plätschern des Wassers.
Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen dazu, begab sich in ihre eigene Blindheit und ließ ihren Geist, ihre Gedanken in die Verbindung sickern, griff nach der Magie in einer Selbstverständlichkeit, die auf jahrelange Übung und gegenseitige Wertschätzung baute. Sie war der Dschungel und der Dschungel war sie. Mit einem Lächeln saß sie an der Feuerstelle, lauschte ihm und dem Land gleichermaßen und alles war gut.

Es klatschte. Weit ausgeholt und nach wie vor summend - nur unterbrochen von besonders kraftvollen Schlägen - hieb er die Wäschestücke auf einen flachen Stein. Er traf zielgenau stets dieselbe Stelle und das Wasser spritzte weit und in funkelnden Tropfenbögen in alle Richtungen. Sprenkelte den Boden, das Blattwerk und ihn selbst mit glitzernden Perlen, die vom nächsten Regen in tausend Splitter zersprengt wurden. Er arbeitete konzentriert, in einem Regelmaß, das jede Maschine vor Neid hätte stottern lassen und so entspannt, als sei er eben dafür geboren worden.
Man gewann eventuell einen Eindruck davon, wie es sein musste, ihn trainieren zu sehen. Die immer gleiche Bewegung, die immer gleiche Abfolge, ein Wechsel in der Choreografie - und alles wiederholte sich von vorn. Er ließ sich nicht beirren. Möglicherweise konnte ihn nichts stören in diesem Moment.
Nur ein Seitenblick, das Summen der Natur schwand aus ihren Venen, reduzierte sich so weit, dass sie es kaum noch wahrnahm. Sasarya betrachtete ihn bei seinem Tun, das Spiel seiner Muskeln in der Sonne, die fliegenden Wassertropfen. Leicht, athletisch und doch kraftvoll. Sein Körperbau glich ihrem. Kein Muskelprotz, aber sehnig und trainiert, ausdauernd. Es steckte Arbeit darin, einen solchen Körper fit und athletisch zu halten.
Ihr schoss das Bild der Augen wieder in den Kopf. Jadegrün, die Geste des Beobachtet-Werdens. Sie konnte nicht einmal sagen warum, oder festmachen woran es lag, dass sie sich gerade in diesem Moment erinnerte. Jadegrüne Augen, die es nicht mehr gab, die ausgekratzt und ausgebrannt waren und in deren leeren Augenhöhlen nun ein Feuer der anderen Sorte loderte, während im Körper des Elfen ein Dämon wohnte. Aeshma

„Sie beobachtet dich“, sagte Aeshma und die Melodie erstarb. Oonayepheton hielt in seiner Bewegung nur eine halbe Sekunde inne, dann fuhr er schweigend damit fort die Wäschestücke ein zweites Mal auszuwaschen. Ich weiß , antwortete er still und schnaubte ein flüchtiges Lächeln ins Wasser.
„Sie beobachtet dich, weil sie nach mir sucht“, sagte der Dämon und das Lächeln erstarb. Woraus entnimmst du das? fragte der Dämonenjäger und wrang die Stoffe mit mehr Kraft aus als eben noch. „Weil ich mich ihr gezeigt habe“, sagte Aeshma und klang auf sehr bösartige Weise zufrieden. Oonayepheton erstarrte mitten in der Bewegung. Er kehrte Sasarya den Rücken zu. Der Stoff in seinen Händen tropfte und die Schultern verspannten sich. Du hast WAS getan?!

Unlike Pluto - The worst in me
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- cut -

Er rückte an sie heran und schlang die Arme um sie, drückte sie so an sich, dass kein Blatt Papier mehr zwischen sie passte und brachte seine Lippen ein letztes Mal an ihr Ohr. „So bleiben“, befahl er ihr in sanfter Stimme, die keinen Ausweg zuließ. Die Hand, die sie entführt hatte, landete auf ihrem Bauch und er schloss die Augen. „Damit musst du jetzt auch klarkommen. Schlaf gut, Nuianna.“ Ein Kuss aufs Ohrläppchen. Nähe, Hände, sein Körper. Und mehr nicht.
Die Augen, die sie bereits geschlossen hatte, gingen ruckartig auf. Sie gab keinen Laut von sich. Genau achtundsechzig Sekunden lang. Bis dahin hatte sie ihrem Mund ein „Gute Nacht, Serathis“ abgerungen, das vollendet ruhig klang. Ihre Finger zuckten, aber es waren nur ihre Finger. Sonst blieb sie genau so. Eine lebensgroße Puppe, regungslos.
Sie hatte das Gefühl für Zeit verloren. Doch in dieser Nacht wog jede Sekunde ein Jahrhundert.
So sehr sie es versuchte, sie tat kein Auge zu.

Sechzehntausendvierhundertzweiundsiebzig Sekunden, bis sie nicht mehr anders konnte, als sich aus dem Arm zu winden und fluchtartig das Bett zu verlassen. Die Tapetentür schwang lautlos auf und schloss sich ebenso hinter ihr.
Sechzehntausendachthundertunddrei Sekunden, bis sie wieder auftauchte, nach dem Morgenmantel haschte, jeden Blick zuviel auf Serathis vermied, die Luft anhielt und sich nach draußen schlich, wo sie laut Luft holte, durchatmete und weitere Atemzüge schöpfte wie eine Ertrinkende. Ein sanfter rosefarbener Schimmer tauchte das blasser werdende Himmelsblau in einen Verlauf violetter Schattierungen. Die Sterne waren ein fahles Geglitzer, ein funkelnd verbliebener Spiegel des Morgentaus beinahe einhundert Meter unter ihr. Der nur wenig kräftigere Rosaton ihres Kimonos schimmerte matt im ersten Licht. Es war wohl kaum fünf Uhr morgens. Sechzehntausendneunhundertachtundvierzig Jahrhunderte.
Sie fühlte sich ohne es dramatisieren zu wollen so alt wie Welt. Kaffee. Viel davon. Sehr viel. Sofort.

Männer wie Serathis hatten eine Sache, für die man sie lieben oder hassen konnte. Gut, vermutlich auch mehr als eine Sache, für die man sie hassen konnte. Er hatte die Fähigkeit, zu schlafen. Tief und fest und unerschütterlich. Ob hinter der Theke einer Spelunke (schon passiert), auf dem Fußboden seiner eigenen Wohnung oder dem Schlachtfeld, sogar in der Speisekammer des Ordenshauses. Es war eine Gabe, sich umzudrehen und einfach nur einzuschlafen, wegzudämmern und bis zum späten Morgenlicht nicht mehr aufzuwachen. Er drehte sich nur einmal herum, knautschte Nuiannas seidene Kissen und störte nicht weiter. Selig, wie das Licht.

Als sich die Magierin wieder der Flügeltür zuwandte und noch einen besonders tiefen Atemzug nahm, als hole sie noch einmal Luft vor einem besonders tiefen Tauchmanöver, schlug sie die Vorderseiten des Morgenmantels ordentlich übereinander und schloss ihn erstmals. Sie ließ die Tür offen stehen und die frische Morgenluft in den Raum. Der es nötig hatte. Es roch durchdringend nach Mann und der Geruch war so ungewohnt für ihre Nase, dass sie sie unwillkürlich kräuselte. Es war nicht unangenehm, wohl aber… intensiv. Die wenigen Minuten ohne die Dauerdröhnung hatten ausgereicht die ungewohnte Duftmarke herauszuheben wie eine Keule mitten ins Gesicht.
Sie erinnerte sich. Kaffee. Konzentrierte sich und griff beidhändig in die Luft, aus der sich Tassen materialierten, gefüllt bis einen Fingerbreit unter den Rand, die eine so schwarz, dass nur direktes Licht die Farbe ihres Inhalts korrigieren würde, und die andere so cremig karamellfarben wie ein Kamelhaarmantel.
Mit langsamen Schritten ging sie zum Bett hinüber, schob sich auf den Rand seiner Seite und stellte ihre eigene Tasse ab, um ihm eine Hand auf …die Schulter zu legen. Nach reiflicher Betrachtung, die Schulter. „Serathis?“ hob sie die Stimme, die nicht tiefer war als gewöhnlich oder kratzte - sie hatte ja nicht geschlafen. „Guten Morgen…“
Er schnaubte kurz unter ihrer Berührung und schlug dann die Augen auf. Das Felgrün glomm schwach in der Frühe des anbrechenden Tages und er hob eine Braue in einer wortlosen Frage, die vermutlich nichts anderes aussagte als Was ist los?
Sein Körper war angenehm warm und er strahlte diese Wärme auch ab.
„Kaffee?“ Sie zog einen Mundwinkel nach oben. Unter ihren Augen lagen blassviolette Schatten und die schmalen Linien zwischen ihren Augenbrauen waren deutlich sichtbar, aber zerknittert wirkte sie nicht. Der Zopf der Nacht war nicht mehr da. Die Haare fielen ihr offen den Rücken hinab bis beinahe zu den Hüften und sie trug diesen Morgenrock, den er aus Beutebucht und vom gestrigen Abend kannte. Ihre Hand war kühl, aber nicht kalt. Und das was sie gefragt hatte, schlich sich ihm als herber, kräftiger Duft in die Nase. Volle Röstaromen ohne Bitterkeit. Die Hand und der Ärmelsaum streichelten zweimal über die Stelle, die sie berührt hatten, dann zog sie sie ebenso sanft zurück.
„Wie spät ist es?“, fragte er und richtete sich auf, so dass er nach der Tasse greifen und sie mit einem Wort des Dankes annehmen konnte. „Hast du gut geschlafen?“ Er wusste nicht, dass sie nicht geschlafen hatte, sein Schlaf war davon unberührt und schön gewesen. Die Tasse in der einen Hand, legte er den anderen Arm um sie und zog sie dichter an seinen warmen Körper.
Befreit von der schwappenden Last rückte sie näher an ihn heran und beugte sich vorn, um nach ihrer eigenen Tasse neben dem Bett zu greifen. Der herbstrote Vorhang ihres Haars glitt schwer und widerstandslos über den glatten Stoff ihrer Schulter und sehr selbstverständlich legte sie das Haar zurück auf den Rücken, als sie wieder aufrecht saß, die Knöchel neben dem Bett verschränkt, um ihn anzusehen. Der zweite Mundwinkel zuckte in die gute Gesellschaft des ersten und sie log ohne rot zu werden. „Sehr gut. Du?“
Die Tasse fand den Weg an ihren Mund und das war der Himmel. Kaffee, heiß, im Magen, heiß durch alle Nervenbahnen. Wach, heiß, süß. Genau so.
„Ziemlich gut.“ Serathis erfasste die Lüge nicht, es war vermutlich auch zu viel verlangt angesichts der Zeit, die sie sich kannten und angesichts der ersten Tage ihrer Begegnung. Er begriff sie nur langsam, was kein Makel war, aber eben dazu beitrug, dass er die offensichtlichen Zeichen übersah. Der Kaffee war deutlich besser, als der, den sie in Beutebucht bekommen hatten. „Was sind deine Pläne für heute?“
„Kaffee“, sagte sie und ihre Augen, die wohlwollend und irgendwie undurchsichtig und verschleiert über seine morgendliche Erscheinung huschten, waren wärmer als ihr ganzer restlicher Ausdruck. „Mehr Schlaf. Du. Deine?“
Serathis grinste randlegal. „Kaffee. Du. Waschen. Du. Essen. Noch mehr du…irgendwie so. Wenn die feine Dame nichts dagegen hat.“
„Waschen?“, ließ sie zwischen zwei Schlucken verlauten und füllte mit einem Wink aus den Tiefen der Tasse die selbige (eigene) neu auf. Ohne eine Kanne bemühen zu müssen. Der Duft war nasenschmeichelnd. Aber sie stellte sie beiseite und zog ihm das Laken vom Körper. Der Geruch war eine neuerliche Keule ins Gesicht. Nicht unangenehm. Ungewohnt. Sie hob den Arm, fing das fallende Haar als sie sich beugte und nahm eine tiefe Nase, eine Linie, etwa handspannenlang. Die Nase bewegte den Stoff. Als sie sich aufrichtete, waren die Augen weit offen und der Mund öffnete sich, um den Geruch schmeckend zu entlassen, den sie gestohlen hatte. Sie sah ihn an. Der Mund schloss sich zu einem Lächeln. Griff nach der Tasse, vertiefte sich ins Trinken und kommentierte es mit keinem weiteren Wort.
„Vielleicht auch vorher waschen“, stellte er mit einem Grinsen fest. „Du musst mich für einen ausgesprochenen unzivilisierten Rohling halten“, versetzte er so charmant und setzte sich auf. „Waschen, Du, Essen, Du…“ Dass der Blick sie auszog, wog angesichts ihrer Aktion nicht mehr viel.
„Ich mag dich roh“, nuschelte sie in die Tasse und das breite Lächeln wurde sie nicht los, ihre Haltung war wieder tadellos. Unnahbarkeit in Armreichweite hatte einen sehr eigenen Reiz.
„Soso“, gab er zurück und es dauerte nur einen Moment, bis er ihr die Tasse abgenommen und sie zur Seite gestellt hatte. „Roh, ja? Warum?“ Der Griff an ihrem Arm war fest, der Zug nicht zu leugnen, und wenn sie sich nicht wehrte, landete sie neben ihm in den Laken.

Kontrolliertes Fallen war etwas, das man lernte, wenn man nur lange genug laufen konnte. Manche Körperteile entspannten sich und andere spannten sich an, um möglichst wenige Kollateralschäden zu verursachen. Kontrolliertes Fallen hatte ein Geheimnis. Man musste die Kontrolle aufgeben.
Wehren stand nicht auf der Agenda. Sie war zu müde für jede Anstrengung zuviel innerhalb einer Rangelei und wenn sie Energie aufwenden wollte, dann auf die wichtigen Dinge. Sie fand eine heimliche Freude daran, dass er ihr respektlos und bestimmend die Tasse aus den Händen wand und sie dirigierte. Und sie fiel ohne Angst. Sie fühlte sich nicht gegängelt. Sie fühlte sich aufgefangen. Der leise quietschende Laut war nicht forciert, er läutete ein ebenso leises, sehr kurzes Lachen ein. Sie sah ihn an, und lächelte wieder. Er war so warm. Und das Licht war weich.
Wer brauchte schon Schlaf und Kalorien.

Alice Merton - Why so serious?
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Fortsetzung

[Ménage à trois]

Für jemanden, der einen großen Teil seines Lebens damit verbrachte, zu jagen, waren es die kleinen Signale, die minimalen Bewegungen, die zählten. Ob Elf oder Tier, wenn ein Pfeil nicht verfehlen sollte, musste die Aufmerksamkeit geschärft sein. Sie war satt und wach. Es entging ihr nicht. Die Verspannung in seinen Schultern, das Abwenden von ihr.

„Soll ich die Sachen aufhängen?“, fragte sie und überspielte ihre Aufmerksamkeit.

Er antwortete nicht sofort. Ja eigentlich brauchte er viel zu lange, um überhaupt zu reagieren. Und als er es tat drehte er nur halb den Kopf und fragte: „Hm? Hast du was gesagt?“ Zur gleichen Zeit verschwand die Starre aus seinen Gliedern, wenn auch die Anspannung, die er ausstrahlte, blieb, so als lausche er auf etwas, das seine Aufmerksamkeit geweckt hatte. Die Hände fuhren mit dem Auswringen fort, als sei da nie eine Pause gewesen - und auch der Kopf wandte sich wieder dem Geschehen zu.
Nichts zu sehen, weitergehen. Ganz sicher… nicht.
„Die Wäsche aufhängen. Soll ich die Wäsche aufhängen?“ Sasarya erhob sich von der Feuerstelle und kam näher, griff sich eins der ruhenden Wäschestücke, das auf einem weiteren Stein lag und wrang es unnötigerweise noch einmal aus. Der Blick war deutlich aufmerksam, doch in den grünen Schemen kaum wahrzunehmen, ihre eigene Magie kurzgehalten. Trotzdem fühlte sie sich, als wäre ein Knistern in der Luft zu spüren. Auch wenn nichts davon da war. Der Dschungel war ruhig wie eh und je.
„Wo denn aufhängen?“ Er hatte daran gedacht, sie ausgebreitet hinzulegen, aber er war aufgeschlossen für Ideen. Sie war klug. Und er hatte begriffen, dass er einiges lernen konnte, wenn er mit ihr in ihrem grünen Wohnzimmer residierte. Jedenfalls war er fertig mit dem Waschen - und das war etwas, auf das er sich wirklich freute. Schmutz machte ihm nichts aus, aber in ein Stück saubere Hosen zu schlüpfen, die nicht mehr nach drei Wochen Iltis und Schlamm rochen, war eine Wohltat, die ihm nicht nur seine Nase danken würde.
„Man kann die Sachen auch mit Magie trocknen, aber an der frischen Luft getrocknet riechen sie besser“, erklärte sie überflüssigerweise und besah die Umgebung. Eine kleinere Böschung aus hochgewachsenen, flexiblen Gräsern sollte ausreichen. Sasarya legte das Wäschestück über ihre Schulter und machte sich daran, mehrere lange Gräser zu einer dünnen Leine zu flechten. Noch immer war sie aufmerksam, beobachtete ihn und seine Haltung. „Warum hast du aufgehört zu Summen? Das klang schön.“

Oonayepheton hob die anderen Sachen auf und tat es ihr gleich, jedenfalls hatte er alles über seine Schultern gelegt bis er bei ihr angekommen war. Und sich halb hinter sie schob, so dass es mit dem Beobachten über die Gräser hinweg Essig war. Er tat so - oder bemühte sich - zu erfassen, was genau sie da tat. „Achso?“ fragte er zurück. „Magst du das?“ Er klang gut gelaunt, aber es war oberflächlich. Wenn auch auch die Freude über das Kompliment echt zu sein schien. Als ob man eine Milch trank, die kurz vor dem kippen war.
Es ging schnell, das, was sie tat und wie sie es tat. Die biegsamen Halme ließen sich gut verarbeiten und es dauerte nicht lange, bis sie eine Leine mit etwa fünf Fuß Länge geschaffen hatte und den Blick zu ihm hob. „Mmh-mh“, machte sie zustimmend und sah noch einmal auf die Augenbinde, die in ihren Visionen so oft verschwand, auch wenn sie das nicht einordnen konnte. Sie lächelte, drehte sich halb und präsentierte ihm das Ergebnis ihrer Flechtkunst.
Er griff danach und die Fingerkuppen betasteten die lange Leine. Sorgfältig und sehr aufmerksam. „Sag mal“, sagte er ohne den Kopf zu heben, „was denkst du…“ Irgendetwas veränderte sich und er beendete den Satz seltsam, als hätte er etwas ganz anderes sagen wollen: „…wo wolltest du das festbinden?“ Sein Ausdruck um den Mund und die Augenpartie war neugierig, als er das Gesicht hob.
„Was?“, fragte sie und fing den ersten Teil des Satzes auf. „Zwischen den beiden Palmen“, sie deutete auf eine Gruppierung, die sich in der Nähe der Büsche auftat, die ihm wohl bekannt waren. „Es müsste ausreichen. Was wolltest du fragen?“ Sie hätte zu gerne den Finger darauf gelegt, auf die Frage und dieses merkwürdige Prickeln, als würde sie beobachtet. Nicht von dem Mann, aber von dem Wesen, mit dem er sich verbunden hatte und dessen Namen sie kannte. Wie sich das anfühlte, niemals mit sich alleine zu sein?
Er reichte ihr das Seil zurück und nickte verständig, schloss sich ihr an, als sie den Weg dorthin aufnahm und fragte schlendernd und beinahe beiläufig: „Was denkst du wie Aeshma eigentlich aussieht?“
Der Dämon rührte sich nicht. Der Film war äußerst spannend - und unterhaltsam obendrein.
„Was?“, dieses Mal war die Irritation ihrerseits echt. Ein überdeutliches Gefühl dass den Raum zwischen ihnen kurz einnahm. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Hörner, Hufe, Schweif?“ antwortete sie und knotete eine Seite der improvisierten Leine fest. „Manchmal sehe ich Bilder, erinnerst du dich? Bilder…wie Visionen aber viel realer. Als wäre ich wach und würde doch träumen. Ich sehe Dinge, die nicht real sind, weil sie nicht existieren. Dich, deine Augen…manchmal, wenn wir Sex haben.“ Sie hatte in Beutebucht gefragt, wie er es machte. Hatte seine Augen gesehen, weinend, lachend, tränennass…das unfassbare Jadegrün, das nicht mehr existierte. „Wieso fragst du?“

Du widerliches Stück Höllenaas!
Aeshma lachte - schallend.
Oonayepheton fragte nicht weiter nach, jetzt begann es ihm langsam zu dämmern. Noch konnte er nicht ganz fassen, was der Dämon eigentlich vorgehabt - oder noch vorhatte, aber die Möglichkeiten waren mannigfaltige. „Er hat dir mein Gesicht gezeigt?“ hakte er nach und drehte Sasarya den Kopf zu. Der Ausdruck war nicht unbedingt erfreut, eher hart und abweisend - in sich gekehrt, obwohl sie ihm ansehen konnte, dass er sich zumindest ihr gegenüber gerade um freundliche Zugänglichkeit bemühte.
„Ich denke…ja“, sagte sie vorsichtig. „Ich kann das nicht richtig deuten in dem Moment, wenn es passiert…“, versuchte sie zu erklären und schob gleich einen weiteren Satz hinterher „Ich meine…ich verstehe es vermutlich nicht richtig.“ Sasarya band das zweite Ende der Leine fest, ohne hinzusehen, unkonzentriert und fahrig. Die Aufmerksamkeit lag auf Oonayepheton und war weder abweisend noch versteinert. Es kostete sie keine Mühe, ihn anzusehen wie sie ihn auch schon zuvor angesehen hatte. Mit Wärme und unausgesprochener Zuneigung. „Kannst du es mir erklären? Wie sieht Aeshma aus?“
„Jedenfalls nicht so, wie er sich dir präsentiert hat.“ Er schnaubte. Es klang verärgert. Er ließ sich nicht dazu herab den Dämon öffentlich zu beschimpfen, aber seine Gedanken in diese Richtung waren einschlägig und eindeutig und Aeshma amüsierte sich königlich über seinen kleinen Scherz - auch wenn er fand, dass ein Witz immer nur halb so gut war, wenn man ihn erklärte.
„Ich könnts wieder tun“, triezte er den Dämonenjäger und erreichte eine neue Stufe des Amusements, als der sich innerlich echauffierte, ohne damit laut herausplatzen zu wollen. Er machte den Eindruck, als würde er mit den Zähnen knirschen oder sie zumindest fest zusammenpressen, als er begann, Sasarya die Kleidungsstücke zu reichen.
Sie hängte die Kleidung auf, die Leine bog sich unter dem Gewicht der nassen Sachen zwar, aber sie hielt. Erst, als bis auf eines alles aufgehängt war, griff sie nach Oonas Arm und strich darüber, gegen seine innere Anspannung an. „Du hast…das nicht gewusst, oder? Du merkst nicht, wann es passiert?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein“, bestätigte er ihr, „freundlicherweise bleibe ich davon verschont. War es schlimm?“ Aeshma rückte mit gar nichts heraus, so sehr er ihn auch innerlich rüttelte. Er hatte keine Ahnung, gehabt, dass das überhaupt möglich war und jetzt hatte er den Eindruck, ihm sei alles dabei zu entgleiten. Das triumphale Gefühl, dass der Dämon ihm entgegenwarf war Übelkeiterregend. Oonayepheton hatte Mühe, sein Gesicht zu kontrollieren, Sasarya konnte immerhin nichts dafür - und sie war die einzige, von der er sich gegebenenfalls Aufklärung erhoffen konnte.
„Nein, gar nicht. Im Gegenteil. Es war immer schön. Die Bilder…alles, dein Gesicht.“ Sie wählte die Worte so behutsam wie sie konnte und legte eine Hand an seine Wange. Sie konnte es sich nicht vorstellen, nur sehen, wie seine Mimik angedeutet zuckte. „Ich weiß nicht, ob er…ob Aeshma versucht, so mit mir zu kommunizieren…oder ob das alles nur…ich weiß es nicht…“
„Was genau hat er dir denn gezeigt?“ fragte er sie, hielt den Rest der nassen Kleider in Händen, lehnte in einer minimalen Geste das Gesicht schwerer in ihre Hand und strahlte Vorsicht und Zurückhaltung aus.
Sie nahm ihm die Kleider ab, dafür musste sie die Hand von seiner Wange nehmen, auch wenn es nur für einen kurzen Moment war. Alles fand leicht tropfend seinen Platz auf der improvisierten Leine. Sasarya drehte sich erneut dem Illidari zu und holte tief Luft. „Das Letzte…war diese Geste“, sie beschrieb die Geste mit den beiden Fingern, das Beobachtet-Werden. „Mit deinem Gesicht, als würdest du mich ansehen. Einmal…haben deine Augen geweint. Ich weiß nicht, wie es funktioniert, es überlagert dann meine Wahrnehmung. In der Nacht in der Ölkanne, als wir am Fenster standen, brach von einem Moment auf den anderen der Dschungel über uns hinein und ich hätte nicht mal sagen können, dass ich mich noch in einem Zimmer befinde.“ Ihre wäschefeuchten Hände legten sich auf seine warme Haut, erneut an seine Wange und sie blickte ihn an.

Er brauchte sichtbar und fühlbar einige Minuten um das wenige Gesagte zu verarbeiten und gleichzeitig zu der vagen Vorstellung der beschriebenen Szenen nicht in eine haltlose Tirade auszubrechen, ob nun innerlich oder äußerlich. Er riss sich spürbar zusammen und registrierte; verbuchte, legte ab und kommentierte ein stummes soso , das der Dämon augenblicklich nachäffte und ihn auslachte, während er ihn verhöhnte. Machtlos nannte er ihn und dumm. Sasarya konnte den unsichtbaren Blick heißer auf sich spüren und die mühselig beherrschte Ruhe unter ihren Händen. Dann fragte er sanft und der Tonfall war wie Samt und Seide: „Wars schön für dich?“
Sie schwieg, während er seine Gedanken sammelte und atmete tief durch. Welchen Preis zahlte man für die Wahrheit? Sasarya wusste, dass sie immer zuviel bezahlt hatte, und dennoch jederzeit die Wahrheit wählen würde, egal wie schmerzhaft sie war. Sie betrachtete den Halbdämon, dem anscheinend Dinge vorenthalten wurden, von dem Dämon, der seinen Körper bewohnte und mit dem er in Symbiose lebte, viele Jahre schon. „Ja“, erwiderte sie und nahm zumindest diese Last von ihm. „Es war immer schön, aber ich brauche es nicht, um mich gut mit dir zu fühlen. Ich habe lieber das reale Gefühl, wie auf dem Teppich…oder die anderen Male. Keine Illusion kann das hervorrufen. Nur du.“

Während Aeshma empört nach Luft schnappte und Oonayephetons Genugtuung als Flutwelle zu schlucken bekam, entspannte er sich und zog sie in den Arm, um ihr einen kleinen Schmuser auf die linke Augenbraue angedeihen zu lassen. Der laue Dschungelwind trieb die nassen Hosenbeine gegen ihre Körper. Es würde noch einige Mahlzeiten brauchen, bis wieder alles auf den Rippen war, was die letzten Tage heruntergefressen hatten. Wildnismenüs waren kaum ausreichend, um ein Gewicht zu halten. Offensichtlich.
Der Teppich, hm. Oonayepheton schmunzelte still, wenn auch ernsthaft und beinahe verklärt. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, ebendahin wo sein Gesicht bis eben gelegen hatte und schloss die Arme noch ein bisschen fester. „Wann hast du zuletzt trainiert?“ fragte er. Die Frage kam aus dem Nichts.

Sie spürte seine Entspannung und auch sie entspannte, atmete kaum merklich tiefer aus und schloss die Arme um Oonayepheton. Wie sich das anfühlte, in einem ständigen inneren Kampf mit einer anderen Persönlichkeit zu sein, konnte sie nicht nachvollziehen. Von Opfern hatten sie nie gesprochen und wenn die Vergangenheit für den Illidari nicht wert war, besprochen zu werden, würde sie auch nicht damit anfangen. In seinen Armen fühlte sich ihre Haut weich an, das Muskelspiel darunter war immer zu spüren. Sasarya schürzte die Lippen und überlegte. „Vorgestern zumindest ansatzweise“, erwiderte sie. „Ansonsten auf Zandalar. Möchtest du trainieren?“
„Ich habe mich eher gefragt, ob du möchtest.“ Er hob die Schultern, leichtfertig. „Mir schwebt da immer noch so ein Auftrag im Gedächtnis, den du auszuführen hast. Zu lange müßig sein kann nicht sein, was du sonst getan hast. Das verrät dein Körper ebenso wie deine Ausdauer beim laufen.“ Die Beurteilung erfolgte nüchtern, sachlich und wohlwollend zugleich. Sein Gesichtsausdruck, den er auf sie ausrichtete war ein halbfragender.
„Ich laufe normalerweise täglich, wenn wir nicht gerade auf einem Einsatz sind. Mehrere Stunden täglich, dann Training im bewaffneten Kampf sowie unbewaffnet. Bogen und Schwert.“ Sie zählte es auf, als wäre es nicht ein unmögliches Pensum. Und doch hatte es dazu beigetragen, dass sie immer noch hier war, jeden Auftrag, jeden Einsatz, jeden Krieg überlebt hatte. In einem Kampf um Leben und Tod war der eigene Körper oft das Zünglein an der Waage. „Ich weiß, der Auftrag, aber du kommst ja mit. Willst du denn trainieren? Ein bisschen den Kopf freibekommen?“ Sie strich eine Strähne des schwarzen Haars aus seinem Gesicht und lächelte angedeutet.
„Zeig mir deins“, verlangte er im gleichen Tonfall, „sobald die Sachen trocken sind.“

„Dafür muss ich mich komplett anziehen, bist du sicher, dass du das willst?“ Sie schmunzelte, weil es ein leichter Scherz war, der nicht besonders viel Aufmerksamkeit brauchte, um durchblickt zu werden. „Drei Schichten.“ Versöhnlich küsste sie seine Nasenspitze.
„Ich weiß“, gab er zurück. „Deshalb sagte ich, sobald die Sachen trocken sind.“ Er klang unverhältnismäßig ernst. Gab ihr eine gegengleiche nonverbale Antwort, wenn auch auf den Mund. Er hielt sich für seine Verhältnisse sehr kurz damit auf, hob den Kopf wieder, behielt Sasarya aber im Arm. Einfach so stehen und nichts davon tun, was sie in den letzten Tagen so oft getan hatten. Er wirkte präsent und dennoch abwesend. Was auch immer ihn beschäftigte, war raumgreifend.
„Es sollte nicht so lange dauern“, stellte sie heraus und betrachtete die aufgehängte Wäsche nur kurz. Stehen und einander halten, das fühlte sich auch gut an, auch wenn sie seine präsente Abwesenheit aufnahm. „Was geht dir durch den Kopf?“, fragte sie nach weiteren Momenten des Schweigens.
„Ich versuche mir vorzustellen, was er dir gezeigt hat. Ich könnte ihn auch fragen - aber ich habe wenig Lust dazu.“
„Warum hat er sowas gemacht?“, fragte Sasarya zurück. „Ich kann es dir nicht zeigen, beschreiben sicherlich…das erste Mal ist es passiert, als ich…“, die Finger tappten auf das Siegel um seinen Bauchnabel, das sich nach unten fortführte, „…das hier ausgesprochen habe.“
Oonayepheton verzog den Mund geringschätzig, bevor er grinsen musste. Er erklärte die seltsame Mimik nicht. Dafür gab er Antwort auf die Frage: „Weil das seine Art ist. Es ist das, was ihn ausmacht. Verführung, Wunscherfüllung… Träume. Illusionen. So. Er mag es wenn du Chtic sagst?“ Bei den letzten Worten richtete er das Gesicht gerade auf Sasarya aus und lachte - breit und blitzend.
Du kleine Dreckmade.

„Ja, anscheinend. Und als ich deine Schwingen gewaschen habe, beziehungsweise danach.“ Sie sprach es nicht aus, jeder von ihnen wusste, was danach passiert war. „Vorhin, als ich das Essen auf dir verteilt habe.“ Sie konnte sich keinen Reim darauf machen und fuhr nach einer kurzen Pause fort. „Die Illusionen, die ich sehe, sind immer der Dschungel, sind Natur und Blüten, Bäume, Leben. Sattes Grün, dass ich sogar riechen kann. Honig, den ich fast auf meinen Lippen schmecken kann. Sie sind anders als meine Verbindung und als ich versuchte, sie mit meiner Magie zu greifen, war es komisch. Meine Bilder haben verwaschene Farben, aber Aeshmas Bilder sind immer wie das echte Erlebnis.“
Du verfckte kleine perverse Stiefelleckende Dreckmade.
Aeshma grinste selbstzufrieden.
Wir sprechen uns noch.
Der Dämon überging die Drohung und suhlte sich in einen heimlich geschehenen Erfolgserlebnissen.

Oonayepheton tat den Teufel, Sasarya zu erläutern wie Aeshma sie zu seiner … der Stunde degradiert hatte. Ihm war selbst nicht einmal samt und sonders klar, was dem Dämon das brachte, er hatte ihn nie gefragt. Jetzt würde er nicht damit anfangen. „Hm. Scheint als mag er deine Stimme“, behauptete er ins Blaue, glaubte sich selbst nicht und bezweifelte, dass sie es tat.
Ob Aeshma bewusst war, dass ein Geheimnis, wenn man es einmal offenbart hatte, kein Geheimnis mehr war und seine Position im Geheimen für immer verloren war? Zumindest bei Sasarya und bei seinem Wirt, der ihm Körper und Geist stellte. „Sicher“, sagte sie wenig überzeugt. „Deswegen hat er mich in der einen Illusion auch verleitet Eredun zu sprechen. Chtic, Chtic wie ein Chor.“ Sie hob die Schultern. „Sag du’s mir, will er irgendwie mit mir sprechen und wir kapieren es nur nicht?“ Sie kam sich nicht besonders schlau vor mit ihren Fragen, aber es hatte bisher auch niemand das Buch Illidari von A bis Z geschrieben.
Der Illidari seufzte. „Nein“, sagte er, „ich denke er hört dich wirklich gerne Eredun sprechen.“ Dann fügte er hinzu, ohne darüber nachgedacht zu haben: „Ich denke es ist ein bisschen so, als wäre er an meiner Stelle.“ Die Vermutung war goldrichtig. Der Dämon strahlte Betroffenheit, dann Zorn und dann verstocktes Schweigen aus. Hm! „Ich fürchte fast, es ist so“, sagte er und jetzt war seine ganze Haltung vorsichtig.
„Du meinst, eigentlich ist es seine Phantasie?“, fragte sie mit gesenkter Stimme. „Und er…benutzt dich, benutzt mich?“ Sasarya ließ diesen Gedanken einige Momente auf ihrer Zunge zergehen. „Ist das Bestandteil eurer Symbiose?“, fragte sie dann nicht weniger vorsichtig, obwohl sie keine Ablehnung ausstrahlte, nicht für den Elf und nicht für den Dämon.
„Das weiß ich nicht“, gab er zu, „aber ich kann mir kaum vorstellen, dass er den Dschungel so sehr damit verbindet.“ Er überlegte einen Augenblick länger. „Ich fühle mich nicht benutzt, wenn es dir gefällt… denke ich. Du hast gesagt du brauchst das alles nicht? Ich denke, ein größeres Kompliment könntest du mir doch nicht machen, oder?“ Er strich Sasarya feines Haar aus dem Gesicht und lächelte.
„Ich brauche das alles, die Illusionen, nicht, aber…braucht er das? Ist das Bestandteil eures Zusammenlebens?“, fragte sie noch einmal und legte eine Hand in seinen Nacken, strich mit den Fingern über das Siegel, dass die höchste Stelle seiner Wirbelsäule krönte.
„Mh“, sagte er und die Augenbrauen ruckten nach oben, „Ist seine Art und macht das Leben oft ein bisschen leichter. Wer will schon jemanden quälen, foltern und töten, der die Erfüllung all seiner Träume ist…?“ Die Rede verlangsamte sich, während er die Worte sprach. Schwere Honigsüße verströmte er und er schmeckte nach Sehnsucht, selbst mit den Zentimetern Abstand zwischen ihren Mündern, ein sachtes einlullendes Zirpen puderte die Gedanken in etwas watteweiches und der sanfte Schimmer über seiner Haut war paralysierend und lenkte den Blick ab. Erst als er sie an der Wange berührte, riss der Schleier. Der Illidari sah ernst aus.

Sie blinzelte und die wenigen Millimeter, die sie sich auf ihn zubewegt hatte, auf die Zehenspitzen gestellt, sank sie zurück und hob eine Braue. „Und das…dieser Geruch? Dieses Gefühl gerade?“ Sie versuchte, die Puzzlestücke zusammenzusetzen und fügte nach einigen quälend langen Sekunden an, in denen sie dem Geruch nachhing. „Wenn er sich an deiner Stelle fühlt, wie ist das dann für dich, anders?“
„Ich wusste nichtmal, dass er sich beteiligt.“ Er klang aufrichtig. Und dann musste er lächeln, unwillkürlich, ob ihrer Reaktion. Wie ihre Energie wieder klarer wurde, wenn sie nicht hypnotisiert war.
„Naja…vielleicht ist es nur…natürlich, dass er sich nach diesen körperlichen Dingen sehnt? Du bist der Experte, ich weiß es nicht.“ Sie gab das Lächeln zurück und der Blick aus ihren Augen heftete sich an seine Augenbinde. Sie kam näher, nur einen Hauch, ohne hintergründige Intention.
„Ich bin was? Expe…“ Er sprach das Wort nicht zu Ende. Sah aber sehr kritisch aus. „Wie meinst du das?“
Aeshma fand zumindest für einen bissigen Satz seinen Humor zurück: „Hat sie dich grade H.ure genannt?“
„Ich meine…mit Aeshma, nicht…“, schob sie sofort hinterher.
„Nicht… was?“ Im selben Augenblick fragte er sich, ob er das wirklich wissen wollte.
Der Dämon gröhlte.
„Ich meine, du musst doch wissen, ob er sich nach Körperlichkeiten sehnt. Ich wollte nicht sagen, dass du einen Abschluss in Sex hast oder weiß der Nether.“ Die Aussage war zumindest knallhart und sie betroffen, dass sie anscheinend etwas gesagt hatte, was Oonayepheton so grundlegend falsch verstanden hatte, dass sie sich nun mit kritischem Blick und erhobener Braue gegenüberstanden.
Er stieß einen Laut aus, der irgendetwas zwischen Pff und einem getroffenen Lachen war; ein ‚Pff-Ha‘? „Er ist ein Dämon. Ihm geht es nicht um Körperlichkeiten. Nur um Macht. Immer, Sasarya. Ausnahmslos.“ Der Dämonenjäger hatte die Hände von ihr genommen und fuhr sich übers Gesicht. Mit der Linken, seiner Haupthand. Irgendetwas musste er tun. Das Verhalten hinter seinem Rücken konnte so nicht weitergehen.
„Ich wette, sie hat zumindest einen Augenblick drüber nachgedacht, dass du eine H.ure bist“, raunte Aeshma selbstzufrieden gegen sein Bewusstsein.
Halts Maul.
Tatsächlich war der Gedanke Sasarya so fremd wie noch irgendetwas. Aber sie wusste nicht, dass der Dämon in seinem Bewusstsein redete und Worte gegen Oonas Geist warf, die darauf ausgelegt waren, zu verletzen, wohl weil auch das ein Machtspielchen war. „Aber du hast die Macht, nicht er“, bestätigte sie ihm und holte tief Luft. "Und ich brauche keine Illusionen, Aeshma ", sagte sie bewusst und langsam und atmete ebenso tief aus. Umfassend.
„H.ure, H.ure, H.ure, H.ure, Huuureeee“, sang der Dämon und Oonayepheton verzog das Gesicht. Aeshma übertönte mit Absicht Sasaryas Ansprache. Die zwei Tage Stille waren wirklich schön, so ganz ohne dich , schmetterte er ihm bitter entgegen. Das sorgte für Ruhe.
Er streichelte der Elfe mit dem Handrücken über die Wange. Die Berührung war flüchtig und offen für Interpretationen. Dann drehte er sich der Wäsche zu und griff prüfend nach den Hosen und Ärmelsäumen.
„Was sagt er?“, fragte Sasarya, die Oonayephetons Gesichtsregung beobachtet hatte. Sie griff nach seiner Schulter und drehte ihn zurück, brachte die Lippen an sein Ohr und flüsterte behutsam. „Ist egal, was er sagt. Hör nicht hin, es ist nicht wichtig…“ Sie schloss drei Worte an, die sie wirklich so meinte. Aeshma hin, Aeshma her. Er war nur ein Teil des Illidari. Ein Teil, der keine Macht besaß.
„H.ure“, sagte er. „Er hat etwa zwanzig Mal H.ure gesagt. Gesungen, wenn man es genau nimmt. Aber er trifft keinen einzigen Ton.“
Der Dämon schnaubte, sagte aber nichts mehr.
„Meint er mich?“ Sasarya hob die Schultern an.
„Nein. Mich.“ Oonayepheton wandte sich endgültig der Wäsche zu, griff und prüfte und nahm nach eingehender Begutachtung der einzelnen Stücke ihre Unterwäsche herunter und reichte sie ihr. „Das andere braucht noch“, erklärte er sachlich, hob halbherzig einen Mundwinkel, leidgeprüft, gab ihr im Vorbeigehen einen Kuss auf den Wangenknochen und kauerte sich an der Feuerstelle nieder, um Holz nachzulegen - und die Wärme auf der Haut zu genießen - trocken gegen die feuchtwarme Luft der grünen Hölle.
Sasarya seufzte und folgte ihm mit der Wäsche in der Hand. Sie ließ sich neben ihm am Feuer nieder und schlang vorsichtig einen Arm um ihn. „Das ist Quatsch“, bewertete sie Aeshmas Singsang. „Ich seh’ dich nicht so.“
Er lachte, lautlos, sein Kehlkopf hüpfte und er drehte ihr das Gesicht zu. „Das ist sehr zuvorkommend von dir.“ Er hatte nicht vor auf die psychischen Probleme des Dämons einzugehen, er hatte nicht vor auf irgendetwas dieser Art einzugehen. Er ignorierte es. Ein Brot fiel deshalb auf die gebutterte Seite, weil die schwerer wog. Und wenn er die Wahl hatte, wählte er die fette Seite des Lebens.

Unlike Pluto - The worst in me
https://www.youtube.com/watch?v=waIBbsVoTkA

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Seide, Seide, es konnte nicht genug davon sein. Seide sorgte für alterslose Haut, Seide knitterte stellvertretend für Gesichter, Seide war glatt wie Eis und weich wie in Fasern gegossenes Öl. Echte Seide ließ das Haar nicht knistern, knisterte selbst, edel und griffig und rau wenn es sein musste - trotz ihrer Feinheit kraftvoll und unzerstörbar.
Sie entzog ihm ihren Mund und drehte den Kopf beiseite, ihr heller Schwanenhals lag ungeschützt in den Kissen und jeder Pulsschlag, der ihr Blut bewegte, zeigte sich pochend unter der dünnen Haut zwischen Sehnen und Duft. Jeder Atemzug hob und senkte ihre flachen Rippenbögen und gegen sein Gewicht. Getrennt durch Seide. Ein Hauch von Nichts.

I remember when
I remember, I remember when I lost my mind
There was something so pleasant about that place
Even your emotions have an echo in so much space
And when you’re out there, without care
Yeah I was out of touch
But it wasn’t because I didn’t know enough
I just knew too much
Does that make me crazy?
Does that make me crazy?
Does that make me crazy?
Possibly
And I hope that you are having the time of your life
But think twice
That’s my only advice
Come on now, who do you
Who do you, who do you
Who do you think you are?
Ha ha ha, bless your soul
You really think you’re in control?
Well
I think you’re crazy
I think you’re crazy
I think you’re crazy
Just like me
My heroes had the heart
To lose their lives out on a limb
And all I remember, is thinking
I wanna be like them
Mmhmm ever since I was little
Ever since I was little it looked like fun
And it’s no coincidence I’ve come
And I can die when I’m done
But maybe I’m crazy
Maybe you’re crazy
Maybe we’re crazy
Probably.

Angela Ricci - Crazy (Gnarls Barkley)
https://www.youtube.com/watch?v=f2jgdsHzDf4

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[Satz und Sieg]

Er ließ sich fallen, setzte sich bequem und zog Sasarya in den Arm. Sein Gesicht drehte sich zu den Flammen und er stocherte darin herum, um das Feuer anzufachen. „Macht mir gar nicht den Eindruck, als würdest du dich gern wieder anziehen wollen. Du verwilderst hier draußen“, stichelte er während seiner Beschäftigung und verbarg mehr schlecht als recht ein Grinsen.
„Ich war für mehr als ein Jahr im Dschungel, als ich das erste Mal hier war. Jetzt ist es gerade erst eine Woche. Du hast gar keine Ahnung, was verwildert wirklich bedeutet“, erwiderte sie und lehnte den Kopf an seine Schulter. „Aber da war ich meistens angezogen. Wir haben Kleidung von dem Stamm bekommen, der dort lebte. Lendenschurz und so. Wie ist es für dich? Hier mit mir so zu verwildern?“
Sie fasste seine Hüfte und strich gedankenabwesend über die warme Haut.
„Angenehm monochrom.“ Er war entspannt. Er saß entspannt. Er strahlte Entspannung aus.
Sasarya verstand nicht wirklich, aber sie lächelte. „Im Prinzip ist ja auch nur alles Grün.“
Sein Nicken bestätigte ihre Aussage, und beide hatten recht, obwohl sie sich auf unterschiedliche Dinge bezogen.
„Irgendwann müssen wir zurückkehren in die Zivilisation. Dann muss ich mich sowieso wieder anziehen. Und für das Training muss ich es auch. Allein schon, weil ich nicht nackt in einen Kampf ziehe.“ Sie fuhr mit ihrer hauchzarten Berührung fort und sah in das züngelnde Feuer. Der Dämon und dessen Äußerungen hallten noch in ihrer Erinnerung nach. Vermutlich würde es noch dauern, bis sie das Schema verstand. Vielleicht gab es auch keines, vielleicht war Chaos alles und jede Reaktion seines Dämons nur ein Beweis für das chaotische Prinzip des Nethers. Träume und Illusionen, Verführung und Wünsche, all das lag darin verborgen.
„Mhm ja“, lachte er, „und dann wirst du für Tage wund sein, weil selbst das wolligste Lämmchen auf deiner Haut scheuert. Was tust du im allgemeinen dagegen? Und wieso sind es so viele Schichten, die ihr tragen müsst? Ist das nicht unheimlich lästig?“ Die Zärtlichkeiten ließ er sich gern gefallen, aber sie hatten keine Auswirkungen auf seinen Körper. Es war schön und er hielt die Entspannung fest. Das Zartsein mit ihr gefiel ihm - sofern er sie ein wenig necken konnte. Und er gab sich alle Mühe.
„Schon mal Leder auf der nackten Haut getragen? Geht nicht. Deswegen die wattierte Unterbekleidung“ Sie verzog den Mund. „Ich kann meine Wunden zum Teil selbst heilen, auch wenn etwas aufgescheuert ist. Konventionell oder mit Hilfe der Natur. Ein Paar von denen hier“, sie gestikulierte über ihre Haut, das Narbenschlachtfeld, „habe ich selbst genäht. Ich hab keine Angst vor ein bisschen wund sein.“ Der Ton herausfordernd und hatte sie die Nase nur ein wenig erhoben um den erhabenen Eindruck zu unterstreichen? „Es sind ja auch gar nicht viele Schichten, aber nicht jeder kann wie du, leichtbekleidet in einen Kampf gehen.“
Er bewegte sein Gesicht genau vor ihres, als studiere er sie beim dozieren, ließ sie ausreden und sagte dann: „Ohja“, pausierte und fuhr fort: „Ich habe schon Leder auf der nackten Haut getragen. Geht.“ Ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe. Herausforderungen mochte er. Wie sehr mochte sie sie?
„Ist das eine Herausforderung, dass ich heute nichts drunter tragen soll?“ Sie lachte und ein leichtes Schnauben folgte danach. Das Leuchten in ihren Augen blieb ihm verborgen, da war nur ihr Grün und wenn es möglich gewesen wäre, hätte es ebenso geleuchtet. Ihre Stimme transportierte dennoch den Willen und die vollkommene Überzeugung, zu bestehen. „Was ist der Einsatz?“ Sie liebte Herausforderungen.
Er rieb sehr zärtlich die Nase an ihrer und verneinte. „Deine Aussage stimmt nur nicht. Man kann Leder auf der Haut tragen aber nicht ein x-beliebiges und jedes.“ Er lächelte und küsste sie und drehte dann den Kopf um erneut in den Flammen zu stochern. „Du hast einen Vogel, wenn du denkst, dass ich Wetten mit dir abschließe, die dir nach zuvor erfolgter eigener Aussage wunde Stellen einbringen.“ Er klang so wohlwollend und gönnerhaft, dass er direkt danach schrie, einen Konter zu kassieren.
„Die Auswahl der Lederhändler in unserer aktuellen Unterkunft ist leider etwas limitiert“, stellte sie fachmännisch fest, und weil er wieder auf die Flammen sah, musste der Ansatz seines Ohrs für einen Kuss herhalten. Einen Kuss und geflüsterte Herausforderungen. „Du hast nur Angst, dass deine Phantasie mit dir durchgeht, wenn du daran denkst und ich schneller bin als du…“, neckte sie ihn so offensichtlich und voller spielerischem Ernst. Dass ein paar wunde Stellen sie nicht kümmerten war offensichtlich.
„Was?!“ Der Kopf ruckte herum. „Durchgehen? Schneller? Du träumst ja.“ Er zog eine Grimasse.
„Was ist der Einsatz?“, wiederholte sie, brachte ihre Lippen ganz dicht an seine und schnalzte mit der Zunge.
„Wenn du gewinnst? Such dir was aus“, gab er zurück.
„Wenn ich gewinne, mieten wir uns eine Kabine auf dem Schiff, das uns zurückbringt. Keine elenden Hängematten“, stellte sie ihre Forderung. „Und wenn du gewinnst?“
„…ziehst du kleine Wilde ein Kleid an. Ich glaube ja fast, du kannst in sowas nicht laufen, ohne auf den Saum zu treten“, spöttelte er liebevoll.
„Wenn du dich da mal nicht irrst“, gab sie nur zurück und ihr Grinsen war so selbstsicher, es war nur nicht klar weshalb. Dachte sie wirklich, dass sie ihn schlagen konnte? „Ich trage keine Kleider, aber gut, Wette ist Wette.“ Sie hielt ihm hochoffiziell die Hand hin.
Er schlug ein.

Sie besiegelte den Handschlag mit Schütteln und nickte. „Gut, ich schau mal nach der Wäsche.“ Noch immer voller grinsender Erhabenheit wandte sie sich ab und begutachtete die Kleidungsstücke, sie waren in der drückenderen Wärme des Tages getrocknet. Sie pflückte ihre Unterbekleidung und seine Bandagen sowie die luftige Beinkleidung von der geflochtenen Leine und trug sie zum Feuer zurück. „So…mach dich bereit, schnellster Mann weit und breit.“
Er nahm ihr seine Hosen ab, schlüpfte hinein und wickelte in einer sehr raschen Geschwindigkeit die Zehen, Knöchel und Unterschenkel mitsamt der Beinlinge fest, die er mit dem Gürtel verknüpfte. Die gesamte Prozedur dauerte kaum zehn Minuten und dann stand er da, federnd, und löschte das Feuer mit Erde und Sand. „Nicht ganz SO schnell“, bemerkte er und drehte sich nach ihr um. „Welche Strecke und was genau ist zu tun?“
„Waffen“, kommentierte sie und ließ sich deutlich mehr Zeit. Wette war Wette und Sasarya verzichtete auf die wattierte Unterbekleidung und den Rest, als sie in ihre Rüstung schlüpfte. Das in der Sonne gewärmte Leder glitt über ihre nackte Haut und sie schloss Schnürungen und Schnallen, nahm Köcher und Bogen und verstaute diese ebenfalls. Ihre Rüstung wog deutlich mehr als seine, aber sie wog insgesamt weniger. Sie war gut im Training, hatte ausreichend gegessen. Was sollte schon schiefgehen? „Wenn wir die Lichtung hier verlassen ist auf der rechten Seite ein überwucherter Weg, den entlang bis wir an die Stiege kommen, ebenfalls auf der rechten Seite, hoch aufs Plateau, über die Mauer, den Hang hinab bis zu der Hängebrücke, die zur Insel in der Mitte führt.“
„In Ordnung“, versetzte er halbfragend und nahm die Gleven auf, hängte sie aber nicht um. „Bis zur Hängebrücke oder…?“
„Die Gleven nur, weil ich auch meine Waffen trage. Ist nur fair“, erklärte sie und deutete dann zu dem kleinen Trampelpfad, der aus ihrer Lichtung führte. „Dort starten wir.“
Er versuchte, den Weg vor seinem inneren Auge abzurufen. Und wiederholte die Frage: „Bis zur Hängebrücke oder bis zur Insel?“
„Bis zur Hängebrücke. Auf der Insel ist ein alter Tempel, aber die Brücken können morsch sein und in den Gewässern sind mitunter Krokolisken. Das wollen wir nicht.“
Er zuckte mit den Schultern und fasste prüfend die Griffe, suchte den passenden Halt, lockerte die Schultern und begab sich über die Lichtung zu dem Punkt, den sie als Startpunkt definiert hatte. „Irgendwelche Besonderheiten darüber hinaus?“
„Auf drei“, sagte Sasarya und lächelte. Sie lockerte die Beine, beugte sich leicht vor. „Ich hätte lieber wetten sollen, dass du ein Kleid trägst. Keine Besonderheiten. Versuch einfach mitzuhalten“, neckte sie ihn und zählte dann den Start ein.

3 - 2 - 1

Vielleicht lag es daran, dass sie die Strecke schon kannte, oder an dem Willen, ihm zu beweisen, dass sie wirklich schneller war. Sasarya lief, sie flog schon fast über die unebenen Steine des halb-überwucherten Weges, sie schnitt Kurven und sprang über Baumwurzeln, als wäre es ein Leichtes. Die Signatur ihres Körpers war so strahlend, dass er sie deutlich zwischen all den monochromen Hindernissen erkennen konnte. Schnell, wie sie gesagt hatte.
Es war nicht so dass er ihr einen Vorsprung gelassen hätte. Er ließ sich Zeit seinen Körper zu spüren, brachte die Gleven in den offenen Händen im Laufen unter und fand sich neu. Nicht mit dem Messer rennen. Er verkniff sich ein Lachen und regulierte seinen Atem, während er hinter ihr blieb und die Bewegungen ihrer Energie studierte - es geschah vollkommen automatisch. Er war ein Jäger. Mit oder ohne Dämon.
Sie blickte sich nicht um, stattdessen schlug sie ein paar Haken, als wolle sie ihn verwirren und erreichte als erste die Rampe, die zu dem Plateau hinaufführte. Es war eine deutliche Steigung, die es zu erklimmen gab, große Schlaglöcher hatten sich in die ebenfalls gepflasterte Stiege geschlagen und Geröll erschwerte den Weg zusätzlich. Man konnte leicht ausrutschen und stürzen, wenn man sich nicht vorsah. Sie hatte ihren Vorsprung inzwischen soweit ausgebaut, dass sie seine Lebenszeichen nur noch dumpf irgendwo hinter sich ausmachte, und obwohl es sie in den Fingern kribbelte, blickte sie sich noch immer nicht um. Ihr Herzschlag war verbunden mit der Umgebung, sie war eins mit der Natur.
Ausrutschen? Nicht er. Er nicht. Aber er legte es auch nicht darauf an. Sie gewann weiter an Boden und er sprang hinterher - die Gleven wirbelten um ihn herum und schnitten die Luft. Sie erschwerten den Aufstieg. Aber er nutze es ebenfalls als Training. Wer gewann oder verlor war ihm einerlei - oder?
Sie hatten nicht über schmutzige Tricks gesprochen. Im Krieg gab es keine Moral, aber wie sah es im Wettstreit aus. Sie griff nach ihrer Umgebung, spürte, wie die Kraft sich übertrug und ihre Muskeln fast vor Kraft explodierten, danach schrien, dass sie sie abrief. Sasarya erreichte das Plateau als Erste. Verfallene Hütten und Götzen markierten das Ende einer Ära und die von ihr beschriebene Mauer, die es zu erklimmen gab, lag ganz am Ende des Platzes.
Sie hatte bereits ein Drittel des Plateaus überquert, als er oben anlangte und zum Sprint ansetzte. Die zuvor noch hinderlichen Gleven holten Schwung und katapultierten seinen Körper in weiten Sätzen vorwärts. Er überrundete sie bei knapp zwei Dritteln und setzte nur Bruchteile von Sekunden später zum Sprung auf die Mauer an.
Sasarya konnte gar nicht anders als schnauben und tat es ihm gleich, erklomm die ersten Meter der Mauer im Sprung. Ihre mit Metall verstärkten Handschuhe krallten, bohrten sich in Bewuchs und Mauerwerk und sie griff rasch nach, aber er hatte sie schon überholt. Unfassbar. Ehrgeiz flammte in ihren Augen auf. So einfach wollte sie es ihm nicht machen.
Die Gleven hatte er noch im Sprung eingehängt und sprang gerade als sie oben anlangte von der Mauer herunter, kam aber schlitternd auf. Das würde ihn Sekunden kosten.
Sie sprang von der Mauer ab, doch ihr Sprung war längst nicht so weit wie seiner gewesen, auch wenn ihre Technik beeindruckend war. Es sah vollkommen vollendet aus, schön, bewundernswert, aber so gewann man keine Preise. Keine Wette, nichts.
Wohl aber mit geraden Landungen. Er wusste nicht was Ski war. Erst recht nicht, wie man es nannte, wenn man keine hatte. Er strauchelte und schlitterte und bekam keinen Fuß fest auf den Hang gesetzt. Sie würde mühelos zu ihm aufschließen - aber daran dachte er gar nicht. Nur daran, nicht aus versehen mit dem Gesicht zu bremsen.
Er schlitterte, sie hörte es, das Geräusch war ihr vertraut und ließ sie in einen gnadenlosen Endspurt gehen. Das hier war noch nicht vorbei, er hatte noch nicht gewonnen. Sie würde kein verdammtes Kleid tragen, sie würde das hier noch drehen, gewinnen. Es war nicht mehr weit bis zur Brücke und ohne Nachsehen schoss sie an dem Illidari vorbei, als ginge es um ihr Leben. Ging es ja auch. Fast.
Er stieß einen Schrei aus, zornig und kraftvoll und ebenso stieß er sich ab - ein Sprung und er hatte festen Grund. Ein zweiter, er überschlug sich als er exakt auf ihrer Höhe war, griff sie und riss sie aus dem fliegenden Lauf in den wirklichen und wahrhaftigen Flug. Seine Arme lagen fest um ihre Brust. Und sie flogen. Gar nicht hoch - aber hoch genug. Viereinhalb Meter über Boden trugen die Schwingen sie im Segelflug über den Hang dahin. In ihrem Rücken konnte sie ihn keuchen spüren. Aber er hielt sie fest. Und der Aufwind zerrte an ihrem Haar und schlug ihr ins Gesicht.
Sie realisierte gar nicht, was passierte, wie ihr geschah und als er sie packte, hallte ihr überraschter Schrei durch die Ruine, doch er verstummte ebenso schnell wieder. Sie flogen, glitten über die Böschungen hinweg und ließen den Weg unter sich. Sie griff nach seinen Armen, die sie gepackt hatten und hielt sich fest, und tat ansonsten nichts, außer hinabzusehen und wieder hinauf, auf die Schwingen, die den Himmel über ihnen verdunkelten.
Die Richtung änderte sich, sie segelten eine Schleife und er ruckte sie ganz auf die Arme, bevor er mit einer Ferse auf der Hängebrücke aufkam. Der dumpfe Aufprall seines Körpers auf dem Boden erschütterte ihn, aber es ging nicht auf sie über. Er atmete durch. Rückte ihre Beine über seinem Arm zurecht und senkte das Gesicht auf ihres aus. Und sie fühlte sich angestarrt. „Gewonnen“, sagte er und schob die zweite Ferse rücklings auf die Hängebrücke. Die Schwingen senkten sich an seinen Körper.
Und dann küsste er sie.

2WEI - In the end
https://www.youtube.com/watch?v=XtkCkMwmqVU

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- cut -

Still ging die Türe wieder auf und vielleicht hätte Serathis es aus dem Augenwinkel sehen können. Nuianna stand mit gestrecktem Arm und gespreizten Fingern in der Türfüllung, den anderen Arm um den Körper geschlungen, der Morgenmantel war geschlossen und ihr Gesicht wahrhaftig blass. Die Schatten unter ihren Augen waren da, aber nicht schlimmer oder weniger sichtbar, einfach vorhanden. Ihr Blick richtete sich auf sein Bemühen. Sie schlang den zweiten Arm ebenfalls um den Körper.
„Was machst du denn“, fragte sie ohne rechte Satzmelodiehebung und ihr Tonfall lächelte, obwohl es ihr schmales helles und kühles Gesicht nicht tat. Langsam trat sie einen Schritt in den Raum. „Komm“, sagte sie leise und streckte die Hand aus, die die Tür geöffnet hatte.
„Ich mache mich nützlich“, erwiderte er und hielt das Laken in der Hand. „Dein Bett war sicher teuer, also…“ Serathis zuckte mit den Schultern als sei nichts dabei, bei seiner Gastgeberin das Bett abzuziehen oder Ordnung zu machen.
„Du bist teurer“, gab sie in neutralem Ton zurück, drehte die Hand und blies über die Handfläche. Die Luft erwärmte sich bis zum Bett hinüber zu einem Wüstenwind in der Mittagshitze, senkte sich in die Polster und Serathis konnte den Fleck schwinden sehen, wortwörtlich verdunsten, und nur ein wenig kristallines Pulver blieb auf der Fläche zurück.
„Komm“, wiederholte sie leise und streckte die Hand abermals nach ihm aus.
Er faltete das Laken zumindest noch zusammen und legte es ordentlich auf das Bett zurück. Serathis hob die Schultern noch einmal an. Er war nicht teuer, denn er war nicht käuflich, doch er verstand, was sie ihm damit sagen wollte und lächelte schief. „Was hast du denn vor?“, fragte er nur und griff ihre Hand, als er sich ihr genähert hatte.
„Du wolltest dich waschen, dachte ich“, sagte sie und wandte sich ab, während ihr Blick noch einen Augenblick länger über die Schulter hinweg an seinem Gesicht hängenblieb.

Als sie durch die Türöffnung trat und ihn hinter sich herführte, gingen aus einer unersichtlichen Lichtquelle rings um den Raum an der Decke die Lichter an. Im Gegensatz zu der unendlich scheinenden Decke des großen Raums war diese endlich. Und fasste ‚nur‘ zwei Drittel der Höhe. Der Boden war mit einem feinen hellen - farblosen - Mosaik ausgelegt, das sich in Ranken und sachlichen floralen Mustern zentral verästelte. Ein Relief aus sechseckigen Fliesen, auf dem die Sohlen auch bei Hitze und Feuchtigkeit gut Fuß fassen konnten. Eine hohe und weiße Wanne stand frei im Raum und an der gegenüberliegenden Wand war ein Bereich, in dem der Boden sich senkte und einige Fugen dunkler wirkten. Eine Schale, die in Miniatur der Wanne ähnelte, stand auf einer Säule.
Von Wasser Zu- oder Abflüssen war keine Spur. In der Wand neben der Schale befand sich eine weitere Tür ohne Griff oder Klinke.

Der Raum wirkte beinahe kahl. Auf einem hochbeinigen Hocker, der als einziges Element im Raum aus einem reich verzierten und geschnitzten dunklen Holz bestand und dessen Beine blühende Ranken mit Singvögeln herausbildeten, lag ein Stapel heller Tücher aus weicher - aber dünner - Schlingenware.
Sie ließ seine Hand los, löste im Gehen die Schleife ihres Morgenmantels und ließ ihn über die Schultern nach hinten fallen, während sie auf den Bereich zutrat, der seicht in eine Schräge sank. Sie streckte die Arme mit Handflächen nach oben aus, als der zarte Stoff zu Boden glitt. Und es begann zu regnen. Aus der leeren Luft benetzte den Bereich, den sie mit den Händen voran und sinkenden Armen betrat, warmer Regen in großen Tropfen - warm stand zu vermuten - sie wich nicht zurück und zuckte nicht… und drehte sich nicht um, während ihr Haar dunkler und schwer von Nässe über ihre Schultern floss und sich wie ein Mantel über ihren Rücken legte.

Madonna - Rain
https://www.youtube.com/watch?v=15kWlTrpt5k

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[Tanzstunde]

„Es ist alles in Ordnung“, sagte sie, denn das war es schon, irgendwie. Es waren keine hohle Phrase, die sie aussprach. Vielleicht erwartete sie zu viel? Zu viel von der Situation, von ihm und von sich. Sasarya drehte die Worte in ihrem Kopf hin und her, sortierte sie neu, mit einer Härte, die sie nur sich selbst zumutete. Verwarf und formte neu, man konnte sie beinahe denken hören. „Ich versuche nur, nicht auf voller Linie an dir zu versagen. Ich bin nicht gut in sowas…aber wenn du sagst, ich bin dir genug, glaube ich das.“ Auch das, die Wahrheit. Und sie strahlte ein solche hilfloses Gefühl aus, dass man ihr glauben konnte, dass das Reden über Gefühle, keine ihrer Stärken war.
„Um auf voller Linie zu versagen, solltest du erstmal damit anfangen“, versetzte er ungerührt. „Und jetzt hör auf damit. Sonst gehe ich davon aus, du kannst zuviel denken, wenn du nicht selbst laufen musst und setze dich ab.“ Der Tonfall war gleichbleibend ungerührt. „Und dann lasse ich dich wieder nicht gewinnen. Ich könnte zur Abwechslung wirklich schmutzige Tricks anwenden.“
„Nicht absetzen“, gab sie zurück und atmete einmal tief aus, als wollte sie den Moment vertreiben, den sie herbeigeführt hatte. Sie hob die Hand und strich über seine Wange und nur ein wenig ihrer Energie schwappte kitzelnd und wohltuend auf seine Haut. „Ich kann auch schmutzige Tricks anwenden, so ist das nicht. Willst du eine weitere Wette abschließen?“
„Nein“, gab er zurück und lehnte sich in die Berührung, als er auf den überwucherten Pfad einbog. „Wie sieht das mit deinem Schwertkampf aus? Rennen kannst du ja wie ein Hase. Fechten und schlagen auch?“
„Mit dem Bogen bin ich besser, aber es reicht aus. Willst du mich testen?“ Sasarya blickte sich um und erkannte mit einer gewissen Erleichterung ihre Lichtung wieder. Ein gutes Gefühl, hier an diesem Ort anzukommen.
Er ließ sie zu Boden, trat einen Schritt zurück und warf ihr eine Gleve zu. Erst im zweiten Moment fiel ihm ein, dass das vielleicht keine so gute Idee gewesen war.
Sie fing die Gleve auf, das geschliffene Metall wog schwer in ihrer Hand und sie brauchte einen Moment, um sich an das Gewicht zu gewöhnen. Deutlich schwerer als ihr Schwert und auch anders zu führen. Sie umfasste den Griff, der mit Leder umwickelt war, fester und wog die Waffe in der Hand, simulierte langsame Bewegungsabläufe. Dass die Waffe größer war als sie, würde definitiv ein Hindernis werden.
Ungesehen atmete er durch. Das hätte auch anders ausgehen können. Dann hängte er die Verbliebene aus und fasste sie ebenfalls mit zwei Händen. Er wich noch einen weiteren Schritt zurück, dem Raum für den Radius zu haben und nahm eine Verteidigungshaltung ein. „Schau her“, sagte er und zeigte ihr zwei Bewegungsabläufe, die Angriffe simulierten - einer war rechts- der andere linkslastig. „Gesehen?“ fragte er und wiederholte die Bewegungen noch zwei weitere Male, hielt inne und wartete in der anfänglichen Haltung ab.
Sasarya verfolgte die Bewegungsabläufe mit festem Blick und versuchte sich die Angriffe einzuprägen. Es wirkte längst nicht so flüssig wie bei ihm, auch wenn die Mühe ersichtlich war. „Ich soll dich angreifen, nehme ich an?“, fragte sie ihn, machte einen ausfallenden Schritt nach vorne und beschrieb eine erneute Bewegung. „Wenn ich dich treffe, was bekomme ich dann?“ Nur langsam kehrte die Herausforderung in ihre Stimme zurück und sie hob schief einen Mundwinkel. Sie hatte nicht wirklich eine Chance, aber darum ging es nicht, ging es nie.
„Ums Treffen geht es nicht. Es geht darum, dass du das flüssiger hinbekommst als das versuchen. Fang an“, forderte er sie auf. So still er stand. Er verfolgte die Signatur der Gleve in ihrer Energie.
Sasarya schritt zurück, nahm die Ausgangsposition wieder ein und verlagerte das Gewicht locker auf beide Beine. Das Leder ihrer Handschuhe und das der Griffe der Gleve knarzten leise, als sie sie noch etwas fester packte und tief Luft holte. Dann folgte ein Satz nach vorne, sie schlug von der rechten Seite zu, beschrieb den Angriff wie gezeigt und hielt auf seine Seite zu. Es war ein Anblick, der ihre Kameraden mit fragenden Gesichtern zurückgelassen hätte.
Zwei gegengleiche Bewegungen und eine ausbremsende Umlenkung und sie sah sich wieder einen Schritt von ihm entfernt - so leicht, als habe er sie über das Parkett eines Balls gewirbelt. In einer nur um wenige Grad gedrehten Ausgangsposition.
Sie hieb erneut zu, dieses Mal saß die Bewegung noch flüssiger und sie hatte das Gefühl, die Ausmaße seines Mordinstruments besser zu erfassen, die Gleve zu führen wie eine Feder auf Papier. Das Metall sang, es schabte übereinander, als sie den Druck verstärkte.
Seine Bewegung wiederholte sich und es war abzusehen dass binnen sieben Kontakten ein Kreis getanzt werden würde. Aber er wartete nicht auf ihre nächste sondern verkettete die Bewegungen übergangslos, bewegte sich weiter und achtete peinlich genau darauf, wie sie reagierte.
Er konnte bemerken, dass er es mit jemandem zu tun hatte, der militärischen Drill und Wiederholungen so sehr in sein Leben gelassen hatte, dass es ihr in Fleisch und Blut übergegangen war. Und im Gegensatz zu großen Reden über Gefühle, wusste sie sich hier zu bewegen. Und zu lernen. Sie wandelte das Angriffsmuster ab, tanzte ebenso wie er, leichtfüßig und konzentriert, suchte nach Schwachpunkten in sich und ihm.
Zwei Runden verbrachte er so mit ihr, dann manövrierte er sie harsch aus, verhakte die Gleven und hielt sie so fest. „Kreativ“, beurteilte er ihre Manöver, „aber darum geht es nicht.“ Er trat näher an sie heran, ohne den Druck von den Waffen zu nehmen. „Es sind exakt die gleichen Muster, tausendfach, abertausendfach… wenn du sie schlafend führen kannst, jedes bisschen deiner Waffe kennst - du weißt das Procedere, man wird dir das mit den anderen nicht anders gesagt haben - dann kannst du mehr tun, Finten lernen, Paraden, Ausfälle.“ Jetzt erst nahm er Gewicht aus dem Patt.
Und studierte ihre Energie.
„Ja, hat man“, sagte sie und nickte. Ihr Blick wanderte über die gebogene, leichte Klinge, die sie führte und trat einen Schritt zurück. Sie erinnerte sich an seine Verteidigungshaltung und nahm diese ein. „Weiter“, forderte Sasarya und er konnte sehen, dass sie vor allem auf sich selbst vertraute in diesem Moment. Ihre Signatur war verwaschen und leicht, der Stand abwartend.
Er trat zurück, nahm eine Ausgangsstellung ein und wartete - länger als sie vielleicht erwartet hatte. Er lächelte nicht, studierte sie - aufmerksam - und wartete. Als er losschlug, tat er es in doppelter Geschwindigkeit wie eben noch. Exakt die gleichen Bewegungen, keine Zeit zum schauen und denken, für Schwachpunkte. Keine Zeit zu überlegen. Nur reagieren.
Den ersten Schlag parierte sie leidlich und schaffte es gerade so, ihn abzulenken, die Wucht und das Tempo waren nun deutlich anders, doch dann holte sie zum Gegenschlag aus, bewegte die ihr fremde Waffe auf ihn zu. Dieses Mal lag mehr Kraft darin, mehr Tempo.
Keine Zeit zu denken. Schlag - Parade - Schlag - Parade - Schlag - Gegenschlag, Umlenkung, von vorn. Nicht das atmen vergessen. Zwei Runden. Richtungswechsel. Wer gab die Richtung an? Er trieb sie über die Lichtung, rückwärts kreiselnd durch die kalte Asche der Feuerstelle.
Sie reagierte, mehr noch, sie fand das Tempo und steigerte sich, ließ die Klingen aufeinanderklirren und versuchte, ihn zurückzutreiben. Durch die Asche, Gegenrichtung. Immer noch ein Tanz, aber was für einer. Sie spürte das vertraute Brennen in ihren Muskeln. Schlag - Gegenschlag - da ging noch mehr.
Unwillkürlich senkte er den Kopf und steigerte das Tempo, als reagiere er auf das, was sie fühlte, obwohl sie sich bis auf den Stahl nicht berührten. Kein Schlag differierte zu denen, die er ihr gewiesen hatte. In diesem engen Rahmen bewegten sie sich. Sie trieb ihn nicht, er wich, unmerklich, ließ sie den Raum greifen und nahm ihn wieder ein, durchbrach den Kreis linear, nur um ihn wieder aufzunehmen. Mehr.
Atem und Metall. Schritte und Leder. Alles war Geräusch und Gefühl und Konzentration.
Sasarya gab mehr Kraft hinein, wich weniger zurück. Sie scheute die Konfrontation nicht, begab sich näher und ließ ihn näher kommen, während sich die Klingen kreuzten, sangen und miteinander einen zerstörerischen Kampf kämpften, von Körpern geführt, die tanzten. Noch immer war ihre Signatur weich, fließend, als wäre sie zu stolz in dem Moment jemand anderes zu sein, als sie selbst. Oder sie wusste, dass noch mehr Kraft in ihr steckte, und in ihm. Ohne es auszusprechen, konnte er annehmen, dass sie diesen Kampf genoss.
Es gewann eine neue Dynamik, was sie da taten. Wirbelnd und kraftvoll und doch - ohne es sie merken zu lassen - schonte er sie. Sie hielt zum ersten Mal eine Gleve in Händen und was sie tat, zeugte von Disziplin und Härte, vor allen Dingen der gegen sie selbst. Ob es ihr Talent war oder Jahre an Übung war unwichtig. Er wusste, was er wissen wollte. Eine Ahnung mehr, ein Puzzleteilchen, das sich ins Ganze fügte. Wahrscheinlichkeiten, die sich neu berechneten und eine Bilanz, die positiv ausfiel. Sie tanzten über die Übung hinaus, fochten um Boden und teilten die Lichtung, ohne dass er aufhörte, ihr energetisches Flackern im Auge zu behalten.
Heute würde sie gut und tief schlafen.
Er auch.

Iyeoka - Simply Falling
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Fortsetzung

Irgendwann, inmitten ihres Schaukampfes mit Waffen, die nicht ihre waren, kamen nur wenige Worte über ihre Lippen. Das blonde Haar klebte in verschwitzten Strähnen an ihrer Stirn und die Haut unter ihrer Rüstung scheuerte und schwitzte ebenso, doch sie bemerkte es nicht, zu vertieft war sie in die ewig gleichen Abfolgen, die sich doch veränderten, in Reagieren und Agieren, durch Lichtung und Asche. „Und jetzt die schmutzigen Tricks?“
Ihr nächster Hieb ging ins Leere und ließ sie nach vorn taumeln, denn er war nicht mehr da. Schattengleiches Rauschen, dann fing sie ein Arm, um den Hals, ohne ihr die Luft zu beschränken und die zweite Gleve drückte ihre Arme unter der Waffe in ihren Händen an ihren Körper. Die Hand an ihrem Hals fächerte auf und bog ihren Kopf nach hinten und sie roch ihn bevor er sie biss. Zart und kontrolliert in den überstreckten Nacken. Und er hielt sie mit Kraft fest, selbst als sich die Lippen langsam von der Haut lösten. Sein Atem war kühl und heiß zugleich auf ihrer Haut. Er ging regelmäßig. Der Puls, der durch seine Finger zuckte war erhöht.
Sie seufzte unter seiner Berührung, erstickt und schön , verheißungsvoll und schloss die Augen. Ihre Lippen bewegten sich stumm, als sie tief Luft holte und sich dichter an seinen Körper drückte, warm und weich unter seiner Kontrolle. Dann brandete ihre Magie auf, von einem Moment auf den anderen war das seichte Grün in seiner Wahrnehmung so präsent, der Geruch von Blattwerk, Erde. Wurzeln rankten sich um seine Beine, und schlangen sie ein und sie schlängelte sich aus seinem Griff, ließ ihm seine Waffe als Kriegsbeute und sprintete zum anderen Ende der Lichtung, Bogen und Pfeil in der Hand. Das Flirren arkaner Magie mischte sich darunter, knisterte in der Luft und vermengte sich in seiner Wahrnehmung mit ihrem Grün.
Das Felfeuer um seine Knöchel brandete beinahe einer Stichflamme gleich auf. Die glimmenden Wurzeln rissen im Sprung. Er warf die Gleven beiseite und setzte ihr nach. Schön und brennend und mit zu einem Lachen gefletschten Zähnen.
Vor seinen Füßen schlug der erste Pfeil ein, so dicht an seinem Körper und doch so gezielt daneben. Pure Absicht gepaart mit Können, aber es war nicht das, was den Pfeil ausmachte, sondern die unfassbare arkane Wucht, die den Einschlag begleitete, eine kleine Druckwelle, die es locker vermochte, ihn von den Füßen zu fegen [73]. Sie nahm Reißaus, doch dieses Mal behielt sie ihn im Blick.
[84] Er setzte darüber hinweg. Die arkane Magie ließ das Felfeuer aufflackern, es flammte hoch, griff auf seine Arme über, die Sätze wurden größer. Auf der Lichtung war nicht unendlich Platz.
Die Lichtung war an der Seite, an der sie sie betreten hatten, von einer verfallenen Mauer eingezäunt. Sasarya nahm die Mauer leichter als die Mauer zuvor, balancierte über das unebene, wacklige Mauerwerk, als wäre sie eine Katze und setzte den nächsten Pfeil direkt vor seine Füße. Sie hätte sicherlich getroffen, aber Übungspfeile befanden sich nicht in ihrem Köcher und es war nicht zum Verletzen gedacht.
Ein Sprung an Ort und Stelle katapultierte ihn in die Luft und er überschlug sich beinahe, kam dann aber über dem zweiten Pfeil auf, als habe er sich mitten im Sprung anders entschieden. Sein Kopf folgte ihr. Die Flammen verpufften. Sein Brustkorb hob und senkte sich. Langsam schloss sich sein Mund, schoben sich die Lippen über die Zähne. Seine Haut schimmerte. Und sie wusste wie das roch. Wie das schmeckte. Konnte den unsichtbaren Blick fühlen.
Die geduckte Haltung streckte sich, er richtete sich auf und richtete den Zopf. Und gerade und hoch aufgerichtet, das Gesicht auf sie ausgerichtet, ging er auf die Mauer zu. Ungeschützt. So verletzlich. Schritt für Schritt. Hob den Kopf, als er beinahe unter ihr stand. Wie lange hatte sie dem Gang zugesehen? Irrelevant. Ein schwarzer Streifen Stoff, der zu ihr aufblickte. Seicht bewegte Nasenflügel. Ein Mund, dessen Mundwinkel sich senkten, bevor sie einen winzigen Schwung nach oben ausführten. Immer. Ein Bittsteller um die Gunst einer Königin. Um ihre Gunst.
Sasarya flutete Erhabenheit.

Sasarya starrte ihn an, sie atmete tief ein und tief aus und wusste, dass sich ihre Situation damit nicht verbesserte. Der Kopf schwirrte ihr und sie hatte einen Pfeil auf die Sehne gelegt, der auf seinen Kopf zielte. Es wäre ein Leichtes, ihn zu töten aus dieser Entfernung, aber sie wollte nicht und dieses Gefühl war mächtiger als noch zuvor, riss an ihr. Sie kämpfte mit dem Gefühl, dass sie versuchte von ihren zu trennen und sie wusste, dass die Nähe es nicht besser machte. Sasarya hielt die Luft an, um sich einige, wenige Sekunden zu erkaufen. Nicht so einfach, und nicht so. Ein Schritt, ein Sprung, sie landete mit einem Fuß in dem Tümpel, in dem sie badeten, aber das war egal. Sie war eine Fernkämpferin, Flucht gehörte dazu, damit man seine Position neu finden konnte. Nasse Stiefel, nasse Haut, aber sie schlug sich erneut zu dem anderen Ende der Lichtung durch und legte auf ihn an.
Er stand noch immer an Ort und Stelle. Sie wusste, dass er sie ansah. Sie spürte das Flackern auf dem Gesicht. Jetzt streckte er die Arme nach beiden Seiten aus, die Handflächen offen und die Finger gespreizt. Er bot ihr die volle Breite.
Der Pfeil schnellte an seiner Wange vorbei, so dicht, dass der Luftstoß seine Haare bewegte. „Gibst du auf?“, fragte sie ihn und legte einen neuen Pfeil auf die Sehne.
„Töte mich“ gab er gegengleich zurück und ein Bilderreigen flutete ihr Bewusstsein. Ein Pfeil durchschlug seine Brust und er fiel. Still. Sämtliche Töne waren ausgelöscht. Zum gleichen Zeitpunkt fühlte sie einen brennenden Schmerz, der ihr die Brust, das Herz und die Seele zerriss. Ohrenbetäubend.
Sasarya kniff die Augen zusammen, in einem verzweifelten Versuch, die Bilder loszuwerden und starrte dann wieder in die Illusion hinein, während der Schmerz ihren Körper flutete. Er konnte sehen, wie sich ihre Haltung veränderte, auch wenn sie nicht mehr als ein krampfendes Keuchen über die Lippen brachte. Gelähmt, die Finger zitterten und die Gedanken rasten.
Sasarya konnte spüren wie warme Hände ihr Bogen und Pfeil entwanden. Der Platz vor Mauer war leer. Kein liegender Körper. Oonayepheton stand neben ihr und ließ ihre Waffen zu Boden fallen, während das Echo der Emotionen noch in ihr tobte. „Shh-hh“, machte er, zog sie in den Arm und drückte ihren Kopf an seine Brust. Der Herzschlag war tröstlich laut in ihrem Ohr. Er trieb den Schmerz vor sich her und ließ ihn leiser werden.
Sie konnte ihn seufzen hören. Lautlos.
Sie ließ sich ziehen, bewegen und als der Schmerz nachließ, konnte er spüren, dass ihr verschwitzter Körper in seinen Armen zu zittern begann. Der Schock verließ ihren Körper nur langsam und ihre Gedanken versuchten, das alles zu verstehen, die Illusion wegzusortieren, zu den anderen Leichen ihrer Vergangenheit, die keine Hirngespinste waren. „Du gewinnst“, murmelte sie beinahe tonlos.
„Keine schmutzigen Tricks mehr?“ fragte er und es war seinem Tonfall anzuhören, dass der Gewinn keiner war.
„Gerade nicht mehr.“ Sasarya legte einen Arm um ihn und zog ihn näher, lauschte dem Herzschlag in seiner Brust. „Ich verstehe jetzt“, sagte sie dann langsam und führte nicht aus, was sie verstand. Sie hatte gegen einen Illidari (und seinen Dämon) keine Chance.

Imagine Dragons - Natural [Acoustic]
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Er trat von hinten an sie heran, nachdem er den Raum in Augenschein genommen hatte. Eleganz strahlte der Raum aus, Makellosigkeit und eine gewisse Reinheit, doch Serathis konnte den Gedanken nicht unterdrücken, dass sich der Badesaal auch leer anfühlte. Nicht seelenlos, aber irgendwie wie ein Ort, an dem man mit sich alleine war. Er konnte es schwer in Worte fassen. Und weil er es nicht konnte, legte er die Arme um sie, schmiegte seinen Kopf an ihren und ließ den Regen auf sich herabprasseln.
Sie stand sehr still und der Regen war tatsächlich warm. Es dauerte ganze Minuten, die sie einfach nur stillstand, die Arme zuließ und spürte, wie sich die Luft im Raum mit dem Wasserdampf erwärmte. Als sie den Kopf hob und drehte, tropfte das Wasser von ihren Wimpern und lief über ihr Gesicht, langsam, ohne sich herauszudrehen, drehte sie sich in seinem Arm um, ließ ihre Hände seine Arme hinaufgleiten und verschränkte sie um seinen Hals, während sie den Kopf an Serathis Schulter lehnte. Ohne ein Wort zu sagen. Während sich ihre Augen schlossen, flimmerte Magie auf und an der Wand entlang öffnete sich ein Riss im Raum-Zeit-Gefüge, wie ein unsichtbarer Vorhang. Fläschchen, Tiegel, Schwämme, Seifen, Körperbürsten. Anderthalb Armlängen entfernt und so trocken wie sicher aufbewahrt. Leere und Stille - und Fülle. Und sie widersprachen sich nicht.
Er machte keine Anstalten, sich zu bewegen und an der Auswahl zu bedienen, stattdessen blieb er so, beständig und warm lächelnd und legte eine Hand behutsam auf ihren Hinterkopf. „Du siehst müde aus, Nuianna“, stellte er fest und musste gegen das Wasser anflüstern. „Bist du in Ordnung?“
Sie gab nicht sofort Antwort. Man hätte meinen können, sie sei im Stehen eingeschlafen. Dann aber regte sie sich doch. Sie hob den Kopf, die Augen flatterten auf, Tropfenglitzernd, ihr Blick huschte in seinen und ein flüchtiges Lächeln, das tatsächlich müde aussah, flog über ihr Gesicht. Dann löste sie sich von ihm, trat einen halben Schritt auf den Riss zu und griff zwischen die Flakons. Der Regen wurde seichter, hörte aber nicht auf. Er verwandelte sich in Dampf. Das Glasgefäß, das sie in der Hand hielt und öffnete, hatte einen hellgrünen Inhalt. Sie hielt es ihm fragend hin. Sandelholz, herbe Zitrus- und Orangennoten und ein warmer Hauch Gewürz.
Er ließ zwei Finger in das Gefäß wandern und verteilte etwas von dem duftenden Inhalt auf seiner Haut. Es fühlte sich an, als sei die Mischung mit feinsten Kristallpartikeln versetzt, die jeglichen Schmutz und Duft von der Haut zu tilgen vermochten. Serathis nahm etwas davon und ließ auch Nuiannas Arme damit in Berührung kommen, während sie den Tiegel hielt. Es schäumte nicht, aber die kreisenden Bewegungen lockerten wohltuend ihre Muskulatur.
Jetzt lächelte sie wirklicher und drehte sich ihm wieder ganz zu. Sie hielt das Gefäß weiter fest. „Aber“, sagte sie leise und ihre Brauen hoben sich zuckend und es hallte viel weniger als anzunehmen gewesen war, „du dich… zuerst. Nicht?“ Vollständige Sätze waren wohl gerade ausgegangen.
Er ging wieder dazu über, sich zu waschen und er tat es gründlich und ohne jede Hast in dem dampfenden Bad. Ihr Luxus war überall präsent aber er schüchterte ihn nicht ein. Wohl auch, weil er sich immer sehr bewusst war, dass es ihr Reich war und er nur Gast. Das hieß aber nicht, dass er es nicht genießen konnte. „Hast du zufällig ein Rasiermesser in deinem Sammelsurium der edlen Toilette?“
Sie nickte, drehte sich um und zog die Hand zurück, aber der Tiegel blieb schweben. Das legte zwei Vermutungen nahe. Erstens, dass sie ihn nicht hätte festhalten müssen und zweitens, dass sie ihn hatte festhalten wollen (?). Die Frage nach dem Rasierzeug beschäftigte sie kurz, wie es schien und sie musste den Riss im Raum erweitern. Was sie ihm dann reichte, mit spitzen Fingern, sorgsam aufgeklappt und mit der Klinge nach unten, war exquisit und alt ; der Griff aus geschnitztem Bein. Eine Antiquität. Der passende Pinsel und eine flache Dose aus Metall, schmucklos und silbern.
Serathis hielt inne, sich zu schrubben und zu putzen und sah dieses Kunstwerk von Rasiermesser an, nahm es ihr mit spitzen Fingern ab, als wollte er ein rohes Ei balancieren und legte es auf den Handtuchstapel. „Nachher. Ich kann dir meinen Dreitagebart ja wirklich nicht länger antun. Und ich denke, das wird der Grund sein, warum ich hier in der Stadt auch so auffalle“, er grinste über seinen eigenen Scherz so herzlich, dass es ansteckend war.
Sie schob den Tiegel in der Luft beiseite und griff nach seinem Gesicht, beidhändig. Die Fingerkuppen strichen durch das Feuerhaar. „Ich mag das“, sagte sie, ließ ihn nach einem langen Blick ohne emotionale Regung wieder langsam los und drehte sich selbst dem Riss zu, um dort zwischen die Gefäße zu greifen - sie zu verschieben und zu suchen, bis sie ein Amberfarbenes in den Händen hielt, das sie öffnete und daran roch. Der schwere Duft von Vanille breitete sich aus; pur, ohne die Vermischung anderer Düfte. Sie entließ es offen in die Luft, nachdem ihre Hände davon geschöpft hatten und die Finger es zerrieben. Es breitete sich von selbst über ihren Körper aus, ohne dass sie dafür eine Hand nutzen musste, strich durch ihr Haar, dass sich aufwand und wieder entlockte und ließ sie dann endlich wie von goldenem Öl übergossen glänzend mit schaumigen Schlieren stehenbleiben. Sie blinzelte mehrfach und wischte sich die Augen aus, als ihr Blick ihn wieder suchte.
Serathis schrägte den Kopf an und sah mit kritischem Blick, auf das, was mit ihren Haaren passierte. Die Lippen leicht geschürzt, so dass es nicht klar war, was ihm durch den Kopf ging, als ihrer von Magie gewaschen wurde. Er machte von Hand weiter, weil er solche Tricks weder konnte noch benötigte und ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln. „So, du magst das, ja?“, zog er sie leicht auf. „Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
Sie sah aus wie ein Seehundbaby mit langen Ohren und jetzt, wo Schaumschlieren ihr Gesicht halb verbargen hätte sie alles sein können. Gerade erwachsen oder… wenn man ihr in die Augen sah, die nicht jung wirkten, sondern denen ein Schmerz innelag, den man erst mit den Jahren dort verfestigte, so alt wie die Welt.
„Ich habe nicht geschlafen“, hob sie die Lüge auf und sprach weiter, „irgendetwas in mir wollte keinen Augenblick verpassen.“ Das war eine vage Umschreibung für die Wahrheit, aber immerhin keine Lüge mehr. „Und ja… ich mag das. In mehr als einer Hinsicht.“ Sie klang so ernst und ein wenig nach einem Lächeln, das kaum sichtbar war. Ihr tropfte Schaum von der Nase. Ihr lief Schaum vom Körper. Und sie stand da und sah ihn an und streckte schließlich die Hände aus, griff in das grüne, trat hinter ihn und wusch ihm den Rücken. Ohne Aufforderung und voller nachdrücklicher Zartheit.

Ane Brun - To let myself go
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- cut -

[Papier]

Langsam nahm Nuianna die Hand von seiner Hand herunter und entzog ihm auch die zweite, ohne Anstalten zu machen, ihre Fingerspitzen oder anderes mehr als notwendig mit ihm in Kontakt zu bringen. Sie senkte den Blick und den Kopf und drehte den Fuß; der Auftakt zu einem Umdrehen.
Er griff ihre Schultern noch bevor sie die Drehung vollendet hatte und drückte sie an seinen Körper. „An der Kommunikation müssen wir noch ein wenig arbeiten“, flüsterte er raspelnd in ihr Ohr, ohne Tadel, sogar ein Anflug von Lächeln konnte sie ausmachen. „Aber das wird schon.“
Sie ließ sich auf die Umarmung ein, herumziehen, in den Arm schließen, schloss selbst die Arme um den Behandtuchten Burschen und ließ die Hände an seinem Rücken liegen. Ihre Augen waren offen, das Gesicht abgewandt und ihr Geist wach und müde und tausend Möglichkeiten huschten ihr durch den Kopf, wie diese Szenerie nun weitergehen könnte. Die unbedarftes Mädchen Variante? Lächeln, sonnig, auf die Zehenspitzen stellen, ein Küsschen und ein unbeschwertes Lächeln auf den Lippen? Die Matronenvariante? So stehen bleiben, vielleicht noch ein paar Atemzüge, und ihn dann beruhigend tätscheln, bevor sie sich löste und tat, wonach auch immer ihr war? Die Verführerin, die… nein. Danach war ihr nicht. Selbst wenn ihr danach gewesen wäre. Nicht mehr. Jeden anderen hätte sie jetzt nach Hause geschickt. Sie hatte keine Ahnung, was sie an Ort und Stelle hielt. Vielleicht die Verzweiflung.
Sie drückte sich kurz etwas fester in seinen Arm, dann hob sie den Kopf. „Ich gehe ins Bett“, sagte sie vorwurfslos und gewollt weich. Dann machte sie sich frei und ließ ihn allein.

Serathis ließ sie gehen. Er wusste, wann er jagen wollte und er wusste, wann er es nicht wollte. Noch immer verstand er nicht, wie seine Aktion diese Reaktion hervorgerufen hatte und selbst mit ihrer Erklärung wurde es nicht klarer. Er hatte doch alles getan, nicht?
Als er das Zimmer betrat, war er weiterhin unrasiert, als hätte er keinen Gedanken daran verschwendet und er schlüpfte in die Sachen, die ihm gehörten, in die vielgeliebte und getragene Lederhose und das dünne Leinenhemd, das seine Muskulatur durchscheinen ließ.
Die schweren Vorhänge um das Bett waren zugezogen, das Licht im Raum gedimmt. Der Geruch von frischem Leinen lag in der Luft und durch die angelehnte Flügeltür nach draußen auf den Rundgang (die einzige sichtbare außer der Tapetentür, durch die er gekommen war), drang ein heller Streifen Tageslicht und frische Luft. Es sah nicht unbedingt sonnig aus - aber auch nicht nach unfreundlichem Wetter. Der Morgenmantel lag über dem Stuhl auf ihrer Bettseite. Und das leise Vogelgezwitscher und das entfernte Treiben der Stadt waren die einzigen Geräusche - außer denen, die er selbst verursachte.
Wo war hier der Ausgang? Serathis sah sich in diesem einen Raum um, der durch verschiedene magische Verbesserungen mal Türen zeigte und mal nicht und zuckte dann mit den Schultern. Wenn es nur eine Tür gab, dann eben diese eine Tür. Er öffnete sie einen Spalt weiter.
Der schmale Balkon lag im Schatten, zumindest dort, wo die Stufen und die Tür nach draußen führten. Doch bereits drei Schritte weiter nach links erwärmte blasser Morgensonnenschein den Boden. Der kleine runde Tisch und der Stuhl daran waren gestern nicht da gewesen. Er war schlicht gedeckt. Kanne, Tasse (sie war auf den Kopf gedreht) und eine silberne Haube. Was auch immer sich darunter befand hatte die Größe eines Tellers. Daneben lag eine Zeitung. Zusammengerollt. Es war für eine Person gerichtet. Die Serviette sah so aus, als sei Besteck darin eingeschlagen.
Mit einem lautlosen Seufzen besah er das Frühstück und die Zeitung und drehte sich noch einmal zu dem Himmelbett um. Für eine Person. Er hatte keinen Appetit nach diesem merkwürdigen Morgen. Und das war noch viel merkwürdiger. Normalerweise kümmerte es ihn wenig, was man von ihm dachte. Doch dieses Mal war es anders. Und er wusste nicht wirklich warum.
Erst jetzt. In dieser seltsamen Lage zwischen allen Stühlen fiel ihm auf, dass sein Hemd ebenso sauber war wie vermutlich das Bettzeug, das sich seinen Blicken entzog. Es war weich, hell und roch wie eine frische Brise. Unparfümiert. Auch die Hose schien gelüftet worden zu sein. Leiser Kaffeeduft vom Tisch schlich sich in seine Nase. Im Inneren der Wohnung herrschte vollendete, wattierte Stille; die Vorhänge hingen unbewegt.

…doch dieses Mal war es anders. Sie wusste es, als sie wusste, dass sie träumte, weil diese Augen sie ätherisch ansahen, ungreifbar und mit einem Schimmer blau im grün, mit dem Lärm der Münder im Ohr, alles war ein weißes Rauschen und es war, als habe er grob ihre Seele nach außen gekrempelt, als sei es ein Plüsch, aber es war kein Plüsch. Alles war voller kleiner weißer Würfel, ein bewegtes Relief mit offenen Schnittkanten in ihren Händen. Papier.
Die Magierin bewegte sich unruhig und drehte sich auf die andere Seite. Ihre Hände fassten die Decke fester und zuckten sofort zurück. Papier.

Ane Brun - How to disappear completely
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Fortsetzung

Es fiel ihr aus den Händen. Die feinen Schnitte in der Haut färbten sich dunkel und das Blut fiel mit dem Papier, traf es, und es ging in Flammen auf. Ein stürzender Phönix, Fackeln in der Finsternis. Sie trat darauf, als sie weiterging. „Ich DICH verfolgen“, gellte die Stimme verzerrt an ihr Ohr, „DICH, ausgerechnet. DU bist nicht wichtig genug. Wärst du eine Blume, so hieße deine Gattung MARGINALIE. Du wirst in Vergessenheit geraten, du und dein gesamtes unwürdiges Geschlecht…“ Die Asche glomm, die Funken verglühten.
Abermals bewegte sie sich unruhig. Außerhalb des Bettes war es still. Nur die zwei schmalen Linien an ihrer Nasenwurzel wollten sich nicht glätten.
Jenseits der Vorhänge blieb die Traumwelt Serathis verborgen. Er besaß nicht die Möglichkeit, Emotionen aufzufangen und nicht das Feingefühl, schlechte Träume aus der Luft zu filtern. Es war daher merkwürdig, dass er sich trotzdem zu dem Himmelbett aufmachte und den Vorhang beiseite schob, um hineinzusehen. Beinahe erwartete er, niemanden dort vorzufinden, und fand doch die schlafende Magierin, die sich unruhig im Bett bewegte. Sein Gewicht drückte die Matratze herunter, als er sich neben ihr niederließ.
Das Bett war mit blütenweißem Leinen neu überzogen worden. Alles duftete danach - danach und nach Vanille und unter den verkrampften Händen auf der Decke, die nichts hielten und deren Finger gekrümmt waren, befleckten kleine rote Punkte und verwischte Striche den Stoff. Die Haut der Hände war zerschnitten, als habe sie in Dornen gefasst - oder sei mit Papier geschlagen worden. Die Schnitte waren nicht tief - und auch nicht gefährlich, aber sie würden schmerzen und entzündlich wehtun, wenn sie heilten - und wo überhaupt kamen sie her?!
Mit einem Seufzen, lautlos und dennoch tief, griff er nach ihren Händen. Und das, was in ihre Haut und in ihren Traum hineinstrahlte, war reinstes, sanftes Licht. Nicht verbrennend sondern so watteweich wie das feinste Lammfell. Die Frühlingssonne über taubedeckten Feldern.
Die grelle Stimme verwischte, wurde überstrahlt von einem Sonnenaufgang, der die Schwärze und die Enge des düsteren Gebäudes zunichte machte. Die Wände verschwanden. Als sie den Blick hob war sie geblendet von der Helle, sie blinzelte flatternd. Die Magierin nieste. Das dunkle Violett ihrer Kleidung blutete zu ihren Füßen aus und verwusch sich zu einem hellen, fast weißen Flieder. Der schwere Stoff war leicht und durchscheinend und etwas wärmte ihre Knochen durch und durch. Sie fror nicht mehr. Und aus dem gleißenden Weiß, in das sie beinahe blind starrte, regneten weiße Flocken und Flöckchen. Winzige Vögel aus Papier.
Es kostete ihn nichts, keine Kraft und Anstrengung. Das Licht gehorchte ihm, so wie es das immer schon getan hatte. Seine Hände hatten gerichtet und verbrannt, getötet und eingeäschert und nur sehr selten hatten sie geheilt. Selbst der Trick, den er anwandte, wenn er jemandem näher kam, war immer auch ein wenig mit Schmerz verwoben. Aber das hier war, was es war. Rein. Weiß. Leicht. Entsprang seinen rauen Händen die ihre Papierfinger hielten und ihm, der nie darüber nachdachte, dass irgendetwas ihn je beschmutzen könnte. Nicht einmal winzige Papierschnitte.
[92] „Serathis.“ Das geflüsterte Wort des Erkennens war deutlich gewesen. So deutlich, dass es zweier Blicke bedurfte, um festzustellen, ob sie etwa wach war oder noch schlief. Doch ihr Gesicht verzog sich noch ein wenig weiter und sie wand sich kaum merklich, bevor ihre Hände seine fühlbar fassten. Dann - unvermittelt - schlug sie die Augen auf.

Ane Brun - I want to know what love is
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Fortsetzung

„Das war nur ein Alptraum“, sagte er, schön schlicht und irgendwie auch ein wenig stumpf, aber es erschien irgendwie tröstlich in diesem Moment. „Der ist ja jetzt vorbei.“
Ihr Gesicht hellte sich noch ein wenig auf, bevor der Eindruck ebenso rasch wieder verflog. Ihre Augen huschten über seinen Aufzug. „Willst du gehen?“ Der Tonfall war gefasst. Sie war trotz des Erwachens müde und die knappe Viertelstunde konnte wohl kaum ausreichend oder äquivalent zu einer Nachtruhe gerechnet werden. „Draußen steht Frühstück für dich“, sie unterbrach sich und klang verschlafen. „Ich weiß du hast gesagt du möchtest nichts. Aber nichts ist ja auch nicht richtig.“
Das Halblächeln war melancholisch. Sie zog die Hände an ihr Gesicht, roch an seinen und schloss die Augen, bevor sie ihn losließ und ihre Hände auf das Bettzeug sanken. Sie sah wirklich müde aus. Die Art, die nicht nur körperlich war. Zerbrechlich. Nicht hart.
„Ich wollte eigentlich nur die Stadt erkunden, während du schläfst. Und zurückkommen“, schloss er an, versichernd, so dass man nicht mal leise Zweifel hegen konnte.
Er stand von der Bettdecke auf und griff danach, zog sie höher und deckte sie ein wenig mehr zu. Es ging vermutlich mehr um die Geste als um alles andere. Dann setzte er sich wieder.
„Was ist mit deinen Händen passiert?“
Die Augen öffneten sich halb, der Blick unter zusammenzuckenden Brauen war verständnislos. „Was?“ fragte sie und es war klar, dass sie sich nicht auf den Ausflug bezog. Das tat sie gleich darauf. „Oh“, versetzte sie, „verstehe. Du brauchst einen Schlüssel.“ Sie griff nach seiner Hand und kurz flackerte es psychedelisch in arkanem Feuer auf seinem Handrücken. Das Auge der Kirin Tor. Das Zeichen verschwand wie mit Zitronensaft geschrieben.
Er betrachtete seine Hand und hielt sie im Dämmerlicht der Vorhänge prüfend vor seine Augen. Ein normaler Schlüssel wäre wohl zu banal gewesen. „Deine Hände“, murmelte er und war erst einen Moment danach wieder ganz präsent. „Was war das mit deinem Traum?“
Jetzt hatte er sie vollends verwirrt. Sie starrte ihn an in ihrem halb dämmernden Zustand und dann auf ihre Hände. Als sie die Flecken auf dem Leinen sah fuhr sie auf. „Oh nein“, sagte sie und ihre Augenwinkel knitterten in etwas gequältes, bevor sie den Blick auf Augenhöhe wieder hob. „Was war mit meinen Händen?“
„Sie waren verletzt.“ Serathis betrachtete sie noch eingehender. „Ist das schon mal passiert?“
Sie nickte und bejahte, lenkte aber gleich ein: „Das ist schon eine Ewigkeit her.“ Sollte das das Ganze relativieren? Offensichtlich. Sie spielte es herunter und sie tat es gekonnt. Mit einem beruhigen sollenden Lächeln, das sagte, ist doch gar nichts, nicht schlimm, wirklich, alles in Ordnung.
„Wie kommt das?“, fragte er weiter.
„Manche Träume sind magisch“, antwortete sie verzögert und mit Widerstand in der Stimme. „Alles hier ist hochmagisch - ich auch - und manche Träume können darauf zugreifen und dann kommt etwas davon in die Realität.“
Sie sagte nicht, dass der Schlüssel, den sie ihm gegeben hatte, temporär war, dass er Türen für ihn öffnen und schließen würde, auch solche wie die astralen Schränke und sie dachte in diesem Augenblick nicht daran, dass er schätzungsweise vorsichtig damit sein musste, wie er ihn auf der Treppe gebrauchte, denn die Signatur würde ihn ebenso rasch nach oben und nach unten befördern wie sie. Sie war ganz bei seiner Frage und der Traumthematik und etwas an ihrer Stirn wirkte stur, als sie den Blick auf ihre Hände senkte, deren Handflächen sie nach oben gedreht hatte. Makellos. „Wars das, was du getan hast? Lichtheilung? Deswegen habe ich die Sonne gesehen?“
„Ja, die Einschnitte waren nicht besonders groß.“ Serathis betrachtete noch einmal ihre Handflächen. „Was dein Traum daraus macht, weiß ich nicht. Ich bin nicht so magisch wie du.“ Nur ein einfacher Lichtwirker, nicht einmal aus Überzeugung und Glauben sondern weil er den neuen Weg eingeschlagen hatte, damals, vor einigen Jahren. Einfach, wie seine Kleidung und seine ganze Art. Nichts an Serathis passte in die magische, komplexe, vielschichtige Stadt in der sich Schränke und Türen hinter Illusionen verbargen und Zauberei alles war. Es war für ihn ein tröstlicher Gedanke, dass seine Träume ihn nie verletzen konnten.
„Willst du wirklich nichts frühstücken?“ bat sie ihn eher als dass sie fragte und vielleicht war das so ein Gluckenkomplex, aber sie hatte bereits wieder vergessen, dass sie müde war und griff seine Hand. „Soll ich mit dir essen?“ Das einfache Nachthemd, das sie trug, war aus hauchdünnem Leinen und ebenso weiß wie das Bettzeug. Es hatte keine ganz langen Ärmel und war schlicht geschnitten - eine unverzierte Galabija.
Er lachte, ein kleines, echtes Lachen, das die ersten Lachfalten in seine Augenwinkel trieb. „Du musst nicht aufpassen, dass ich auch brav aufesse.“ Er strich ihr eine Strähne des roten Haars hinter die Ohren zurück. „Schlaf ein bisschen. Ich schaue mir das Frühstück an und dann die Stadt und ehe du dich versiehst, bist du ausgeruht und ich sicher wieder da.“
Sie öffnete den Mund, um zu sagen, dass sie das so nicht gemeint hatte, dass er ja nur vielleicht nicht allein essen wolle und sie das verstünde und noch eine Batterie weiteren Unsinn dieser Art mehr und sagte dann doch gar nichts und schloss sie ihn wieder und nickte und war eine Spur blasser um die Nase und rutschte tiefer in die Kissen zurück. Aber ihre Augen wollten sich nicht schließen. Sein Lachen war ebenso warm wie sein Licht. Es strahlte ihr Gesicht an und ließ es weicher werden.
Sie sagte auch nicht, dass er die Geldkatze mitnehmen solle. Der Zauber, der sie an ihn band war längst gewoben. Der Inhalt war endlich, ja. Aber reichlich genug, um zurechtzukommen, sofern man nicht etwa eine Nobelausstattung für eine Wohnung anzahlen wollte.
„Ich lass dich dann noch ein bisschen schlafen“, sagte er abschließend und erhob sich von dem Bett, nahm sein Gewicht und sein Strahlen mit sich. Er legte die Hände an den Vorhang, aber er schloss ihn noch nicht. „Keine bösen Träume mehr, ja?“
Sie hob nur kurz die Schultern und zwang sich, sich abzuwenden und die Augen zu schließen. Wach wie sie jetzt wieder war. Den Kopf voller Bilder. Nicht alle davon waren dunkel. Aber zu viele.
„Ich schau mir mal dein Frühstück an“, sagte er und schob den Vorhang zusammen, jedoch ließ er einen Spalt offen. Ein wenig Licht in der Dunkelheit.
Aus dem Inneren des Bett-Nests drang kein Laut mehr.

Daughter - Medicine
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[Stadtgespräch]

Serathis’ Schritte entfernten sich und trugen ihn zum Balkon zurück. Frühstück. Naja, er konnte es zumindest versuchen. Er rückte den Stuhl zur Seite und hob die silberne Haube von dem Teller ab, legte sie zur Seite. Dann schenkte er sich eine Tasse Kaffee ein, auch wenn dieser inzwischen abgekühlt war.
Zumindest hätte er abgekühlt sein müssen. Im zarten Morgenlicht gegen die Sonne stieg warmer Dampf auf, als er sich eingoss und herrlicher Duft nach krossen Speckstreifen auf dunklem Brot stieg unter der gehobenen Haube auf. Es war, als sei der Tisch in der Zeit gefroren worden und trete erst jetzt wieder in die Atmosphäre ein. Der letzte Butterflocken schmolz gerade in das Röstbrot hinein, glänzte unter Speck und pochiertem Ei und davon abgesehen, dass das meiste Grünzeug nicht unbedingt mehr als Dekoration war, stieg das bittere Aroma des Kressehäubchens darüber auf angenehm würzige Art und Weise in die Nase. Nur eine Scheibe. Aber so hoch beladen wie breit. Zwei kleine Schalen standen auf dem Tellerrand. Hell und dunkel. Salz und Pfeffer?

Als hätte er nur ein Bild des Essens gebraucht, jetzt regte sich sein Magen und knurrte. Es roch so köstlich und es sah ebenso aus. Wie auch immer das möglich war, dass der Frühstückstisch in der Zeit gefangen war und nun alles erst zum Leben erwacht war, er stellte es nicht in Frage. Stattdessen verspeiste er das Frühstück manierlich und trank eine Tasse Kaffee. Bevor er den Turm verließ, räumte er alles zusammen und stapelte es fein säuberlich auf. Die magische Küche zu finden wollte er nicht versuchen.
Tisch, Stuhl und Geschirrstapel verblassten ins Nichts, sobald er den Balkon verließ. Die Zeitung fiel zu Boden, rollte halb herum und blieb dann liegen.
Dieses Mal war es gar kein Problem, die Tür zu finden, sie öffnete sich wie von selbst, als er an dem Stück Wand vorbeiging. Ein kleiner Absatz, kein Namensschild, eine schwebende Topfpflanze. Sie schloss sich lautlos hinter ihm und sein Hosenbund wurde schwerer.

Die schwebende Stadt wirkte auch am zweiten Tag vollkommen surreal. Überall flirrte die Magie und selbst er als Magieanwender fühlte sich seltsam nackt, ohne all die anderen magischen Spielereien, derer sich hier bedient wurde. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie es war, wenn man gar keine Affinität dazu hatte. Vermutlich kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Serathis schlenderte am Markt entlang und besah die Schaukästen und Auslagen des Juweliers, der beim Betreten kaum merklich die Nase rümpfte. Opale, Saphire, Diamanten lachten ihn aus den Schaukästen an und es genügte ihm, sich daran sattzusehen. Erst am Ende der Straße fühlte er sich ein wenig heimischer, als er die ortsansässige Schmiede betrat und im Feuerschein dem Schmiedemeister bei seinem Werk zusah.
Das Getuschel fiel kaum auf. Erst als mehr als drei Köpfe zusammensteckten wurden die Blicke deutlicher. Fünf ihres Zeichens waren es, die vor der Schmiede auf einem Haufen standen und hineinstarrten. Unverhohlen, solange kein Blick zurückging. Ein Menschenpaar, zwei Elfen und eine Draenei.

Der Schmied hob den Kopf nicht, als er Serathis ansprach. „Die Sterne zum Gruß, Fremder. Bringst du immer so viel Gefolge mit, oder bist du einfach Stadtgespräch?“ Die Fältchen um die Augen deuteten darauf hin, dass der Meister scherzte. Er schwenkte das glühende Eisen hoch und ließ es zischend in einen Eimer Wasser sinken, ohne die Augen von seiner Arbeit zu nehmen.
„Ich…uhm…“, Serathis drehte sich auffällig langsam um und starrte seine Zaungäste direkt an. Schnell vertieften sie sich die Schaulustigen in Gespräche miteinander. "Ich dachte nicht, dass man hier so auffällt, wie ein bunter Hund, in einer Stadt voller Magie. " Serathis wandte sich wieder dem Schmiedemeister zu. „Handarbeit ist bodenständig. Und was ich hier sehe…“, er deutete auf eine Reihe Schwerter , die an der Wand befestigt waren. „Sieht verdammt gut aus. Ihr könnt nicht noch tatkräftige Hilfe gebrauchen? Dinge rumtragen, Kohlen schleppen? Für ein paar Silber?“
Der Schmiedemeister richtete sich auf, ließ die halbfertige Klinge im Eimer stecken und begegnete dem Blick direkt. Er hatte freundliche Augen und ein Gesicht, dem man das Lachen und die Arbeit ansah - ebenso wie den Wohlstand unter dem Dreck. Er stemmte die Fäuste in die Seiten und begutachtete den Burschen - ausgiebiger als es hätte sein müssen. „Für ein paar Silber“, wiederholte er langsam und schüttelte noch langsamer den Kopf. „Für ein paar Silber steht hier nichtmal eine Kanalratte auf, noch dazu, wo du im Turm residierst. Vorausgesetzt, man schenkt dem Glauben, was so in der Zeitung steht.“

Die Draenei drückte sich eine Hand und das Gesicht am Fenster platt, drehte sich um, sagte etwas und starrte wieder hinein. War die Türfüllung zu offensichtlich, musste man eben ausweichen.
„Zeitung? Ich lese keine Zeitung. Aber ich hätte nichts gegen ein bisschen ehrliche Arbeit? Bewegung und so?“ Serathis hob die Schultern in vollkommener Unschuld und zog dennoch die Brauen zusammen.
„Ja, ich verdiene mein Brot eigentlich im Kriegsdienst“, gab Serathis zu Gehör und die Schaulustigen spitzten die Ohren. „Blutritter. Im Urlaub.“ Er schob es so selbstverständlich hinterher und inspizierte noch einmal die Auslagen.
Die Draenei drehte abermals den Kopf um etwas zu sagen. Es stand zu vermuten, dass der Rest des Träubchens ebenfalls noch draußen stand.
Der Schmiedemeister nickte verständig. Und kommentierte es nicht. „Ein zweites Augenpaar kann nicht schaden, wenn es um das Überprüfen der Auswuchtung und den Feinschliff vor Kundenauslieferung geht. Der Lohn beträgt vier Goldmünzen die Woche, wovon der Donnerstag, der Samstag und der Sonntag arbeitsfrei sind und die Arbeit nicht täglich erforderlich ist.“ Er sprach vollkommen ruhig. „Für den Anfang genügt es mir, wenn du dich zur Verfügung hältst. Eine Auflistung der Lieferungen nebst Kisten findest du im Untergeschoss bei den Übungspuppen. Auch damit kennst du dich aus, vermute ich?“ Dann dämpfte er seinen Tonfall und trat einen Schritt näher. „Ein guter Rat Serathis Phönixklinge. Du solltest damit anfangen Zeitung zu lesen. Erspart dir womöglich die ein oder andere Überraschung.“ Lauter sagte er: „Solltest es dir zumindest ansehen, bevor wir einschlagen“ und nickte auf die Treppe hin.

„Ich führe ein Schwert seit meinem dreizehnten Lebensjahr, also ja.“ Serathis nickte wohlwollend und gestikulierte in Richtung der Kellertreppe. „Ich sehe mir das mal an, wenn’s Recht ist, Meister…äh…“ Er kannte den Namen des Schmiedemeisters gar nicht, woher dieser seinen kannte, konnte er sich denken.
„Kyriel. Und ich komme mit nach unten“, versetzte der und winkte Serathis zu folgen.
Serathis tat, wie ihm geheißen und folgte Kyriel die Treppen hinab in das Kellergeschoss der Schmiede. „Was schreibt man denn so?“, wollte er wissen und rieb sich den Nacken. „Nachdem ich mich ja nun nicht einmal vorstellen muss.“
„Hm“, machte der, ließ die Lichter angehen, die in dem Fall rustikale Fackeln mit magischem (natürlich) Feuer darstellten und drehte sich nach Serathis um. „Ich lese den Klatsch eigentlich nicht, aber an dem ging heute nichts vorbei. Irgendwer gräbt bereits seit gestern in Silbermond herum. Hast du Leichen im Keller? Besser keine offensichtlichen. Wobei ich schätze, dass du das dann in Kürze wirst lesen können. Du musst ja einen wahnwitzigen Auftritt hingelegt haben mit der Erzmagierin.“
Ungerührt wies er um sich und erläuterte: „Wie ich gesagt habe: Hier. Die Kisten und die Holzwolle. Dort die Listen.“ Er deutete an die Wand, an der gut ausgeleuchtete Klemmbretter befestigt waren. „Die Puppen. Es sollte nichts zu Bruch gehen. Falls doch, mach dir keine Gedanken, dann ist es nicht dein Fehler, sondern der der Verarbeitung und es muss nachgebessert werden. Und hier ist alles, was du für den Schliff und die Endpolitur brauchst.“

„Also eigentlich…nein, keine Leichen.“ Serathis zuckte erneut mit den Schultern. „Zwangsbeurlaubung statt Urlaub.“ Er inspizierte den Keller, die Trainingsattrappen und die Kisten mit den gefertigten Waffen und hob einen filigranen Einhänder aus der Holzwolle, den er in seiner Hand balancierte. So geübt, als wäre dieses fremde Schwert eine Verlängerung seines Armes. „Das ist gute Schmiedekunst, perfekt austariert.“ Er nickte anerkennend und legte es behutsam zurück. „Ich würde mich gerne nützlich machen, so lange ich hier bin.“ Und dann streckte Serathis seine Hand aus.
„Die Schnüffler finden immer etwas.“ Kyriel musterte ihn nachdenklich. „Gradeaus passiert am wenigsten. Bietet keine Angriffsfläche, anders als auf dem Feld. - Und danke fürs Lob, aber du solltest genauer hinsehen. Da ist eine Scharte in die Blutrinne gelangt, das kann so nicht raus.“ Er zeigte es ihm. „Hier. Mit ein bisschen Schliff und Politur und einem Test sollte es aber zu beheben sein. Ist klar, dass die Klinge in den meisten Fällen nicht so geleckt bleibt. Dir. Und mir. Aber das soll der Kunde dann selbst machen.“ Er legte das Schwert wieder ab, warf Serathis abermals einen Blick zu und schlug ein, hielt aber die Hand fest. „Was ist das da mit dir und dem Turm und der Frau?“ Er sagte nicht, weswegen er fragte, machte aber nicht den Eindruck eines Klatschmauls.
„Was soll das sein? Ich wusste nicht, dass Kopfgelder darauf ausgesetzt sind, mit wem man hier ausgeht? Und ich kann nichts dafür, dass sie da im Turm wohnt.“
„So eine Art Kopfgelder sind es wohl schon“, versetzte Kyriel verschleiert und ließ los. „Ich bin nicht dein Feind, merk dir das. Falsche Freunde bekommst du schnell genug.“
„Ehrlich, die Leute hier brauchen ein Hobby“, sagte Serathis und schüttelte den Kopf. „Soll ich gleich anfangen?“
„Wenn du willst“, nickte der Schmiedemeister ab. „Sind heute nur das halbe Dutzend. Falls du nicht fertig wirst, ist es nicht schlimm. Lass dir Zeit, dir pfeift hier keiner. Qualität vor Quantität.“ Er sah nachdenklich aus, musterte Serathis ein weiteres Mal, sagte aber nichts mehr weiter und stieg die Treppe wieder hinauf.


Die Tür schlug zu und ihre Augen gingen wieder auf. Dunkle Schatten zeichneten sich unter den Augen ab. Nuianna dath’Arathi drehte sich auf den Rücken, ließ die Arme nach rechts und links in die Kissen fallen und starrte nach oben, als gäbe es den schweren Betthimmel nicht. Sie hatte nicht so getan, als würde sie schlafen, sie hatte es wirklich versucht. Aber sie hatte nicht anders gekonnt als zu lauschen, den Schritten nach draußen zu lauschen, dem Geklapper von Besteck und Porzellan, dem Zurückschieben des Stuhls. Türen, die sich öffneten und schlossen und Schritte, Schritte.
Sie atmete tief durch. Verhielt. Und wiederholte das Atmen.
Als das auch nicht half, schob sie die Decke zurück und verließ das Bett. Sie durchquerte den Raum, öffnete die Flügeltür nach draußen und trat ins helle Licht eines Frühlingsvormittags. Die Höhenluft bewegte das dünne weiße Hemd. Einzelne Härchen wehten um ihre Nase und kitzelten ihr Gesicht. Blass und übernächtigt, nun, da sie keine gute Miene mehr machen musste. Sie hielt sich mit einer Hand am Geländer fest.
Weit unter ihr trieben die Köpfe und Schultern dahin wie vereinzelte Ameisen eines erwachenden Staats. Keiner davon war rot, aber das hatte sie auch nicht erwartet. Vielleicht gehofft? Sie verbot sich den Gedanken und riss den Blick von der Tiefe los. Er wich beiseite und blieb an der Zeitung hängen. Sie ließ das Geländer los, ging auf bloßen Füßen zu dem gerollten Bündel hinüber und hob es auf. Sie löste den Knoten der Schnur und ließ sie fallen, als sie das Papier entrollte. Wenn möglich, erbleichte sie noch ein wenig mehr. Sie schnappte nach Luft. Ohne das Stück Schnur zu beachten, den Titel vor Augen, zog sie sich nach drinnen zurück. Die Flügeltür blieb offen stehen, die Bettvorhänge schlossen sich hinter ihr.

Lorde - Royals
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Fortsetzung

Es dauerte einige Stunden, bis sich der Rotschopf wieder im Tageslicht der Schmiede blicken ließ und nach einem angenehmen Pensum von Arbeit aussah. Das Hemd klebte an seinem breiten Kreuz und es schien so als habe er seine alte Lederhose teilweise zum Abstreifen benutzt, aber Serathis wirkte durch und durch zufrieden mit sich selbst. „Die Bestellungen sind fertiggemacht“, ließ er den Schmiedemeister wissen.
Kyriel stand vor dem Fenster und hielt die Klinge, an der er bereits gearbeitet hatte, als Serathis erschienen war, längs gegen das Licht. Es war bereits später Nachmittag. Ohne eine Miene zu verziehen winkte er Serathis zu sich und hielt ihm das Metall ebenso vor die Augen. „Was meinst du?“ fragte er. So harmlos die Frage klang, ohne Grund würde er sie nicht gestellt haben.
Die felgrünen Augen des Blutritters musterten die lange, gerade Klinge. Ein Zweihänder mit angemessenem Gewicht, leicht zu führen und doch ausgeglichen. Das Eisen schien unendliche Male gefaltet und gestreckt worden zu sein. „Hmm…“, machte Serathis und strich mit der Daumenkuppe über die Klinge. „Hier ist eine kleine Unebenheit, kaum sichtbar aber spürbar.“ Verhornte Finger auf der Klinge, ein flüsterleises Singen, als er darüber strich ohne sich selbst zu verletzen.
Das Nicken war anerkennend, das Seufzen folgte gleich danach. „Morgen ist auch noch ein Tag.“ Kein Lob. Der Schmied nahm Serathis die Klinge ab und hängte sie beiseite. Kyriel klopfte ihm auf die Schulter. Ein Doppelschlag. „Wir fangen um die zehnte Stunde an, nicht eher. Lohn gibts am Ende der Woche.“ Natürlich würde er alles noch einmal kontrollieren, was sein neuer stadtbekannter Mitarbeiter im Untergeschoss getrieben hatte. Natürlich würde er ihm nichts davon sagen. Und ebensowenig, weswegen er ihm diese Arbeit angewiesen hatte, obwohl er im Laden prestigeträchtiger gewesen wäre.
Ein knapperes Nicken verabschiedete den Blutritter. „Sterne über den Weg.“
„Sonne mit Euch“, gab Serathis zurück und verabschiedete sich damit in den Nachmittag. Es war keine Einbildung, dass ihm Augenpaare folgten, wohin er auch ging und Getuschel erst dann verstummte, wenn er in die Richtung der Klatschmäuler sah. Was zum Nether?
„Verrrzeihung? Kenntet Ihr viellaicht einen Augenblieck firr mich eriehbrigen?“ Die mädchenhaft helle Stimme sprach Gemeinsprache mit einem sehr geradebrechten Twist. Das Tippen auf die Schulter war auch unmissverständlich.
„Hm?“, machte Serathis und drehte sich nur halb um, um zu sehen, wer ihn schon wieder anstarrte und auch noch ansprach.
Natürlich war es die Draenei vom Morgen. Die weißen Augen wurden schmal, als ihr schmales Gesicht ihn breit anlächelte, ja anstrahlte, und dann schoss ihr Farbe in die Wangen. Dunkler wurden sie. Ihr rechter Huf scharrte verlegen hinter ihren linken Knöchel und die Ohren zuckten nervös. „Kenntet Ihr Bield machen mit mier, iech mjeine, wiehrdet Ihr machen eines?“ Und dann hielt sie einen seltsamen Apparat in die Höhe, der vor arkaner Magie flimmerte.
Sie hatte Zöpfchen. Wozu auch immer diese Frisur gut sein sollte.
„Äh…nein, tut mir leid. Ich glaube da hätte meine Freundin etwas dagegen, wenn ich Bilder mit fremden Frauen mache.“ Er grinste so verschlagen, gewinnend und hörte sich innerlich nur würgen. Freundin?! Was Besseres war ihm nicht eingefallen? „Schönen Tag noch.“ Er sprach und verneigte sich knapp, um sich dann wieder umzudrehen und seinen Weg fortzusetzen, hoffentlich ohne Unterbrechungen.
„Schade, iest gut.“ klang es ihm enttäuscht hinterher und dann hörte er doch ein Klicken und Schnappen und spürte ein arkanes Flimmern im Nacken. Zweimal.
Er bemühte sich, die Schritte gewohnt lässig und langsam zu setzen, aber im Gegensatz zum Morgen zog es ihn in keine weiteren Geschäfte. Zum Turm zurück. Auf dem Tisch war eine Zeitung gewesen. Und es kribbelte in seinen Fingern.

Die Türen wurden ihm ohne weiteres geöffnet und da war keine Grimasse, die sein Passieren kommentierte. Ungeduld und viele Stufen allerdings waren noch nie eine gute Kombination gewesen.
Training, alles Training. Keine Ahnung wie sie diesen Trick abspulte, der sie vor ihre Tür schickte, aber Teleportation beherrschte er sowieso nicht. Und niemand würde die Treppen nutzen weil hier vermutlich jeder durch Dimensionen und Portale sprang, wie es ihm lieb war. Serathis nicht. Er nahm die Treppen, hastig aber weit vom Flug entfernt.
Just in dem Moment, als das Bild der Tür durch sein Bewusstsein huschte trat er ins Leere und stolperte ganze zwei Schritte und beinahe bis an die Tür - die dankenswerterweise aufschwang und ihm ein Horn an der Stirn ersparte.
Schritte, Schritte. Serathis schloss die Tür hinter sich so behutsam wie er konnte und sagte kein Wort. Er suchte die Zeitung und fand sie nicht. „Nether…“, fluchte er leise. Dann ging der Blick zum Himmelbett. Das Zimmer lag noch immer im Dämmerlicht. Vollendete Stille hatte sich über die immer noch nicht abgeräumten Tische und Bücher gesenkt. Die Vorhänge um das Bett waren vollständig geschlossen und selbst wenn sie da war, sie reagierte nicht auf die Geräuschkulisse, die er verursachte.
Er schob die Vorhänge zur Seite und blickte ins Innere des Schlafnestes.

Einzelne Teile der Zeitung lagen vereinzelt, halb oder ganz aufgefaltet über der Bettdecke. Die Magierin schlief, zusammengerollt wie ein Fötus und wirkte klein unter all dem riesigen Papier. Von ihr war nur der Zopf und ein Teil ihrer Schulter zu sehen. Ein zusammengeknülltes Doppelblatt hielt sie fest umklammert. Die Buchstaben „KÖNI“ „OMIN“ „SELLS“ waren riesig. Und darunter lachte Serathis ein wunderschönes Bild entgegen.
Er selbst. Wie er sie über ihren Gläsern küsste.

Sigrid - Everybody knows
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Fortsetzung

„Nuianna?“ Er berührte sie an der Schulter und strich darüber, während er mit der Linken versuchte, ihren Fingern das Papier zu entwinden. Sch.eiße. Sch.eiße hoch zehn.
Keine Chance. Sie zuckte zusammen und die Hand schloss sich fester, die Augen gingen auf, der Kopf schoss herum und erst dann - als sie ihn erkannt hatte - entspannte sie sich wieder etwas. Zu sehr. Bevor sie sichs versah, hatte Serathis den wichtigen Teil der Zeitung und ihre Hand griff ins Leere, als sie nachfasste. Ihr Gesicht zuckte. Sie sah nicht mehr müde aus, aber glücklich war etwas anderes. „Ich“, sagte sie und „Hallo“ und „Es tut mir leid.“

Er glättete das Papier und las, ohne dass er für einen Moment antworten konnte. Der Blick schien nur so über das Papier zu fliegen und blieb nur kurz an dem Bild von ihm hängen. Beim Betrachten der Zeitung schien es sogar beweglich, wie eine Momentaufnahme. Er sah sich selbst, wie er sie küsste. Die Augen geschlossen und schief lächelnd.

EISKÖNIGIN IN OMINÖSER GESELLSCHAFT - WER IST DER HERZENSBRECHER?

Die Schrift nahm die Hälfte der Seite ein. Die andere Hälfte ihr Bild. Und der Hinweis, umzublättern, über den sich ihre Hand legte, als sie sich aufsetzte und nach seiner Hand griff. „Willst du den Schund wirklich lesen?“ fragte sie leise.
„Ja“, sagte er leise und blickte zu ihr. „Ist wenigstens ein hübsches Foto von uns. Und meine Beschreibung passt.“ Falls es witzig klingen sollte, war der Witz verloren gegangen.
Sie nahm die Hand zurück, nickte und machte ihm Platz zwischen Decken und Papier. Nur kurz flirrte ihr Blick über sein Gesicht, dann wendete sie ihn ab und raffte den Rest der Zeitung zusammen, um ihn neben das Bett fallen zu lassen. Sie setzte sich gerade auf, zog die Decke hoch und die Knie an und verschränkte die Hände darüber, es sah nervös aus.
Serathis setzte sich und blätterte um. Hatte sie ihn schon einmal angespannt gesehen? Vermutlich nicht. Und doch dass er nun da, angespannt und tief ausatmend und gab sich das ganze Ausmaß seiner Eskapade.
Die ganze Seite - und es waren immerhin acht Spalten, abzüglich eines kleineren Bilds im unteren linken Drittel - war eng bedruckt. Die ersten drei Spalten bis zum Bild behandelten kein bisschen etwas von ihm, vielmehr gelangte er an eine vollendet langweilige (nunja, das war wohl Ansichtssache) Zusammenfassung des Lebens und des Werdegangs der Elfe neben ihm, die sich so still verhielt, als sei selbst zu lautes Atmen ein Sakrileg. Hochelfischer Adel war ein beliebtes Thema. Jeder Klatschkolumnist gab sich als Experte aus, aber dennoch war das, was da stand beeindruckend. Eine ganze Reihe Auszeichnungen, das Wort ERZmagierin leuchtete ihm einige Male entgegen und das Bild schließlich zeigte sie lachend im Schulterschluss mit Khadgar. Sie hielt irgendein Papier mit Siegel in Händen und in die Kamera und sah so alterslos aus, wie er sie kennengelernt hatte.
Dann nahm der Artikel Fahrt auf. Der Verfasser hatte sich zwei ganze weitere Spalten genommen, den Charakter der Magierin als das furchtbarste herauszuarbeiten, das sozial zu ertragen war; die Darstellung als kaltschnäuzige, penetrante Besserwisserin und Pedantin las sich so schmeichelhaft wie eine Drahtbürste im Gesicht. Beinahe übergangslos wechselte die Perspektive auf ihn selbst, Serathis, der als das genaue Gegenteil herausgestellt wurde. „Und dann ging die Sonne auf im nachtdunklen Dalaran, was für eine Erscheinung!“ las er und das war noch eine der wenig überzogenen Sätze, die sein Auftreten, seine Kleidung, seinen Körperbau und sogar seine Frisur - die Beschreibung machte nicht vor Bart und Augenbrauen Halt - anleuchteten wie ein monumentales Mahnmahl für den hippsten Sch.eiß. Erschreckend war, dass die Worte Silbermond und Blutritterorden bereits in diesem Erstlingswerk auftauchten und was hatte der Schmied gesagt? Irgendjemand wühle bereits herum?
„Sch.eiße…“, murmelte er.
„Sch.eiße…“, setzte er noch einmal nach und sah sie an. Kurz erwog er, ob es gesellschaftlich akzeptiert war, den Schreiber dieses Schunds grün und blau zu schlagen und ließ dann doch von dem Gedanken ab. Seine Kehle fühlte sich trocken an und der Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. Wenn sie bei ihm herumschnüffelten würde nicht mehr viel Glanz bleiben. Nur ein Scherbenhaufen aus One Night Stands und Disziplinarstrafen auf dem Rücken eines Waisenkinds aus Silbermond. Und das würden sie ihr ankreiden und nicht ihm.
Sie sah blass aus, aber gefasst. Irgendwann während des Lesens hatte sie sich gefangen, vielleicht, weil er immer fassungsloser wirkte, je weiter er kam. Ihre rechte Hand legte sich auf seine Schulter und der Daumen zog kleine beruhigende Viertelkreise. „Ist egal“, sagte sie. Und: „Wie gehts dir?“
„Egal? Nuianna, ich hab mehr als nur ein bisschen Dreck am Stecken. Ich kann draußen keinen Schritt machen ohne dass man sich nach mir umdreht und Fotos von mir will und wenn sie rausbekommen, was ich alles auf dem Kerbholz habe, wird das…es wird absolut scheußlich. Die werden dich fertigmachen.“ Er schüttelte den Kopf und sah sie an.
Der Blick, den sie ihm zuwarf, war ernsthaft und nachdenklich, aber nicht beunruhigt. „Denkst du, das ist der erste Artikel dieser Art über mich?“ Die Frage klang wohl überlegt. „Du kommst doch recht gut weg.“ Ihre Hand hielt still.
„Noch.“ Das war alles, was er dazu sagte, dann griff er die Zeitung erneut und blätterte zurück zur Titelseite. Schweigend betrachtete Serathis das Bild und schien nicht zu wissen, was er sagen sollte.
„Zeig ihnen nie, dass du Angst hast“, sagte sie leise, nahm die Hand zurück und schlang die Arme um den Körper. „Hyänen wittern Angst und Aas. Und haben sie die Fährte aufgenommen, werden sie dich zur Strecke bringen.“ Sie hatte keine Ahnung, was in ihm vorging. Das einzige, was sie wusste, war, dass all das für sie nicht neu war. Das Terrain war so vertraut, dass sie sich sicher bewegte. Sie hatte das Bedürfnis, ihn zu schützen - sie hatte es gehabt, bevor sie ihn mitgenommen hatte und er nicht ermessen konnte, was ihn unter Umständen erwarten würde. Es sei denn du bist Ihnen einen Schritt voraus, ergänzte sie in Gedanken und sagte es nicht. Ob er sie jetzt genauer verstehen konnte, wenn er an das zurückdachte, was sie ihm gesagt hatte? Sie seufzte leise, ein kleines Schnaufen und bewegte die Füße unter der Decke. „Lass dich nicht davon aus der Bahn werfen. Hattest du einen schönen Tag?“ Ihr Blick ging herum und zurück auf sein Profil.
Sorgenvoll und gut verschleiert hinter Sanftmut und Ruhe.
Serathis wusste selbst nicht, was in ihm vorging. All die Jahre schon war er schön und unscheinbar gewesen. Es lebte sich gut als Sonnenkönig unter dem Radar und es lebte sich noch besser, als schöner Mann mit Reputation. Aber das hier war nicht Silbermond und nicht sein vertrautes Parkett, wo er im Untergrund verschwinden konnte und Offensichtliches tun konnte. Hier waren selbst die Ziegel auf den Dächern gelackt und poliert und an ihm klebte der Straßendreck, den er mit zu ihr schleppte. „Ich habe keine Angst. Ich meine das ernst, es wird scheußlich. Der Schmied…“, er machte eine erklärende Handbewegung in Richtung der Straße. „Ich hab dort ein bisschen Arbeit gefunden. Doch selbst dort ist man anscheinend nicht sicher.“
„Du hast dir Arbeit gesucht? Wieso?“ Sie klang nicht nach Widerstand, eher überrascht, als sie sich ihm zudrehte. „Erzähl. Erzähl mir alles.“ Mitgefühl brandete über sie hinweg. Und insgeheim hoffte sie, dass alles nicht allzu schlimm gewesen war.
„Wieso denn nicht? Ich kann schlecht den ganzen Tag herumsitzen und nichts tun. Es ist ehrliche und körperliche Arbeit, das ist gut.“

Und dann erzählte er ihr, wie sein Tag gewesen war. Er nahm sich Zeit, sparte nichts aus, beschrieb seinen Besuch bei den verschiedenen Geschäften, die Blicke der Umstehenden und schließlich sein Gespräch in der Schmiede.
„Ein kluger Mann“ schloss sie kryptisch, als er geendet hatte. „Und ein fairer Lohn.“ Sie hob den Blick direkter zu ihm auf und lächelte flüchtig. „Und was möchtest du heute Abend tun?“
Serathis hob die Schultern. Er wusste es nicht und weder Begehren noch Neugier wollten sich für den Moment einstellen.
Nuianna sagte und fragte nichts mehr. Sie rückte seitlich an ihn heran, schob die Füße um Serathis herum, schloss ihn in die Arme und lehnte den Kopf an seine Schulter.
Es war eine sehr urtümliche Geste, weit entfernt von überholt und antiquiert. Sie suchte keinen Schutz sondern gab Halt. Wird alles gut sagten ihre Hände und wird alles gut in Gewissheit sagte der kleine Druck ihrer Wange an seinem Schulterblatt. Schweigen und Trost.

Abel Korzeniowski - Letters
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Fortsetzung

Binnen der nächsten Minuten verbannte sie das Zittern aus ihrem Körper und auch ihr Herzschlag normalisierte sich, der Atem, der auf seine Brust traf, kam regelmäßig und langsam. Doch Sasarya rührte sich nicht. Sie fühlte sich taub und das war auch das Gefühl, dass Aeshma aufgreifen konnte. Taub, wie die Ränder einer Narbe auch noch Jahre später waren. „Bad?“, fragte sie ihn.
„So schmutzig?“ fragte er zurück.
„Verschwitzt“, antwortete sie. Das Brennen auf ihrer Haut addierte sie noch hinzu.
Das hatte er nicht gemeint. „Das habe ich nicht gemeint“, sagte er, ließ es aber darauf beruhen und sie langsam los. Das zurücktreten war vorsichtig, so als habe er aus Spielkarten eine Pyramide gebaut und nun die Befürchtung, dass sie einstürzen werde, sobald er die Hände von den Karten nahm. Er hob die Schultern, einwilligend, blieb aber stehen.
„Was hast du dann gemeint?“, fragte sie und blieb stehen. Entgegen seiner Befürchtung war sie kein Kartenhaus, das in sich zusammenbrach. Selbst wenn, richtete sie sich immer wieder auf. Dies war kein Krieg gewesen, nur ein Training und sie war keine Mörderin geworden, alles nur Illusion. Sasarya hob den Blick zu Oonayepheton, seitlich schräg und betrachtete ihn lange. „Es war ein gutes Training.“
Sein Gesichtsausdruck war leicht genug zu lesen - zumindest für sie - sie hatte viel Zeit darauf verwendet, ihn anzusehen und jetzt sah er abwartend, nachdenklich und zu ernst aus. So, wie er aussah, wenn er vermutlich mehr dachte, als er sagte.
„Wenn es das Schwitzen ist“, sagte er gerade, „ist es vermutlich in Ordnung.“
„War keine Antwort auf meine Frage“, schob sie hinterher. Und sagte dann etwas behutsamer: „Was beschäftigt dich?“
„Du“, sagte er, drehte sich weg und dann auch den Kopf, das Gefühl seines Blicks schwand und er beugte sich, um die Beinlinge und Bandagen loszuwerden. Den Tonfall kannte sie auch. Da würde nichts verständlicheres kommen. Er war maulfaul. Vielleicht brauchte der Gedanke Zeit zu reifen. Vielleicht hatte er ein anderes Gespräch. Das war von außen schwer zu erkennen.
„Gegen Illusionen bin ich machtlos“, sagte sie und dann für einen kurzen Moment nichts mehr, stellte es schonungslos heraus und gab ihm keine Schuld daran. „Ich wollte das so, die schmutzigen Tricks.“ Und obwohl sie den realen Schmerz gefühlt hatte, bereute sie nicht. Sasarya löste den Gürtel und ließ ihn auf den Boden der Lichtung fallen, die Schulterstücke und Handschuhe folgten.
Gar nichts, nicht einmal ein hm. Die Hosen fielen und er drehte den Kopf, um auf sie zu warten, nachdem er herausgestiegen war.
Als die Hose und die Brustrüstung von ihrem Körper glitten, offenbarte sich die Quittung von Schweiß und Leder. Die Scheuerstellen an Schultern und Hüften waren deutlich zu erkennen, für jemanden, der eine normale Sicht besaß. Für ihn waren sie vermutlich unsichtbar und Sasarya ließ keinen Laut über ihre Lippen kommen, als sie sich prüfend berührte und stechend empfindliche Haut vorfand. Sie sah ihn an.
Das minimale Heben der linken Braue war beinahe unsichtbar. Er kommentierte mit keiner Silbe. Vielleicht hatte er wirklich nichts gesehen.
Sasarya trat zu ihm und berührte seinen Arm in einer langsamen, zärtlichen Geste, fühlte die trockene und warme Haut unter ihren Fingern und drückte einen Kuss auf seine Schulter, dem ihre Stirn folgte, die sie ebenfalls daran drückte. Eine Pause, in der Pause.
Frisch getrockneter Schweiß und kristallines Fel. Es kribbelte am Mund, aufreizend und verboten mit einem öligen Beigeschmack und der Schärfe eines Pfefferkorns, das man versehentlich zerbiss. Er blieb still stehen. Ließ sie gewähren und einen halben Augenblick später spürte sie seinen Handrücken an ihrer Wange, ein sachtes auf und ab der Knöchel. Er stand wie ein Fels. Ein warmer Stein in der Mittagssonne. Roch vertraut auf gute und auf ungute Weise. Streichelte sie - und war unnahbar in seinem Schweigen. Allerdings machte er auch keine Anstalten, sich fortzubewegen.
Unter seiner Berührung schloss sie die Augen. Ihre Lippen nahmen ein wenig des Geschmacks auf. Eine alte Sucht, die man niemals ablegte und Sasarya leckte sich die Lippen, weil sie nicht anders konnte. Noch ein Kuss, bevor sie sich löste, ihre Finger zwischen seine gleiten ließ und sich in Bewegung setzte.
Er folgte ihr nur den Bruchteil einer Sekunde später, als zöge sie seine Beine an unsichtbaren Fäden, noch während seine Hand sich um ihre schloss.
Sie erreichten das Wasser, es war so still und unberührt wie vor ihrem Training und angenehm lauwarm, aufgeheizt vom Dschungeltag. Sasarya stieg hinein und das Gefühl von kaltem Wasser auf ihrer Haut war eine Wohltat.
Er folgte ihr auch hier, gab ihr Halt und stieg hinterher. Er warf sich halbherzig Wasser über die Schultern und wusch sich weniger gründlich als am Morgen. Der Illidari strahlte Müdigkeit aus.
Erst im Wasser wurde ihre Signatur klarer, deutlicher und die Scheuerstellen auf ihrer Haut verblassten langsam. Sasarya seufzte leise und wohlig. Erst dann begann sie, sich zu waschen und den Schweiß von ihrer Haut zu tilgen. Schweigend und langsam. Sie sah immer wieder zu ihm, betrachtete den Illidari ohne ihn anzusprechen.
Irgendwann stand er teilnahmslos und ohne sich zu rühren im Wasser. Es hatte sich in seiner unmittelbaren Nähe erwärmt, als ob es dort seichter sei, was es nicht war. Schließlich gab er sich einen Ruck, drehte den Kopf kurz zu Sasarya und hatte wieder diese abwartende Haltung. Oder beobachtend?
„Was ist?“, sagte sie und erwiderte seinen Blick mit fragendem Gesichtsausdruck.
„Ich bin müde“, sagte er. Schlicht und einfach. Und so, als ob er um Erlaubnis bäte. Die brauchte er doch gar nicht!
Sasarya nickte, sie stand auf und griff nach seiner Hand. „Dann lass uns schlafen, ausruhen, hm?“, machte sie und strich mit ihrem Daumen an seinem Handballen entlang.
Das Nicken war flüchtig. Seine Hand schloss sich und er wandte sich dem Ufer zu. Die wilde Magie war von seiner Haut verschwunden. Und seine Hand war trotz der Kühle des Wassers beinahe fieberwarm. Schlafhände. Genau das wollte er. Schlafen und ausruhen.
Sie ging mit ihm zu dem Fleckchen der Lichtung, an dem sie ruhten und legte sich in das weiche Moos. Die Palmwedel über ihnen wogten im Wind und flüsterten leise, Wolken waren nur flüchtig zu erkennen neben all dem Grün. Sasarya richtete den Blick auf ihre monochrome Welt aus, bestehend aus Blüten und Blättern, Farnen und tausend Tönen von Grün.
Oonayepheton ging neben ihr in die Knie, sank zur Seite, ließ ihre Hand los, rollte sich auf den Rücken und fügte sich in seine Haltung, so natürlich wie er es stets tat. Das Flackern seines Blicks schwand und nackt wie er war, ein dämonisch schöner Faun in einem paradiesischen Garten, schlief er ein. Es dauerte keine ganze Minute.
Sasarya brauchte länger, bis der Schlaf sie übermannte. Übermannte, weil sie ihn selbst nicht fand. Das Grün des Dschungels half ihr nicht dabei, und es knackte kein Feuer, weil sie keines geschürt hatten. Die Müdigkeit kroch langsam in ihre Glieder und erst als der Mond schon hoch am Himmel stand, fand sie in den Schlaf.

Lauv - The story never ends
https://www.youtube.com/watch?v=bZTRANMcKXM

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[Prunkwinde]

Tau hatte ihnen eine Krone aus feinsten Tropfen aufgesetzt und ihre Haut mit glitzend kühlem Glanz überzogen. Die Sonne war gerade erst über den Horizont gekrochen und mit ihr das leise Singen der Vögel an einem neuen Tag. Bienen summten bereits in der Luft und das Wasser ihres Teichs wurde nur durch den seichten Wind bewegt, der durch ihre Lichtung strich. Irgendwann in diesem Kreislauf war Sasarya aufgewacht und hatte den Blick zum Himmel erhoben, wie in der Nacht zuvor. Ihre Signatur war nicht schwach, sie glühte in diesem lebendigen Grün und ihre Fingerspitzen hatten sich leicht in die Erde gegraben. Sie lauschte. Dingen, die lebten. Dem Herzschlag des Dämonenjägers, dem Tanz von Schmetterlingen, deren Flügelschlag in ihren Ohren stürmte. Sie roch den Honig und die Überreife von Früchten in der Nähe, Blüten und Pflanzen, die Stellen seiner Haut, an denen immer noch ein Hauch Fel klebte und beinahe auf ihren Lippen kribbelte. Verbunden mit allem und ein Teil dieses lebenden, atmenden Kreislaufs.
Zeit spielte keine Rolle, nicht in diesem Moment. Sie war zeitlos, bewegte sich außerhalb von der einfachen Realität. Die Luft zwischen ihr und dem Dämonenjäger flirrte mit Emotionen, denen Erinnerungen zugrunde lagen. Schmerz und Wohlgefühl vermischten sich zu einem unwiderstehlichen Festmahl für den konkubischen Dämon. Sasarya drehte sich herum und betrachtete Oonayepheton und ohne sich aus ihrer Verbindung zu lösen, griff sie nach seiner Hand und flocht ihre Finger in seine.
Unter ihrem Handballen war der Herzschlag spürbar. Der Illidari schlief wie ein Toter. Hätte er nicht geatmet und wäre der Puls nicht so offensichtlich gewesen, so würde er ausgesehen haben wie einbalsamiert und aufgebart. Still, friedlich und auf seine Art überirdisch. Er träumte nicht. Und Aeshma beobachtete die Elfe mit der blinden Wahrnehmung und Gewissheit, die ihm zueigen war.
Ihr Blick glitt über die Haut des Elfen, sie betrachtete seinen regungslosen Schlaf, während sie seinen Puls an ihrer Hand fühlen konnte. Schwarze Tätowierungen, Eredun, das sie nicht verstand. Sichtbare Runen und Unsichtbare. Hörner, Schweif und Schwingen, die da waren und doch nicht da waren. Als würde der dämonische Anteil schlafen oder in einer anderen Sphäre verborgen sein.
Schliefen Dämonen? Gab es einen Moment, an dem Aeshma nicht wach war? Sasarya wusste es nicht.
Den gab es, aber dass sie sich das fragte, konnte der Dämon nicht wissen und hätte er die Frage gehört, so hätte er sie kaum beantwortet.
Sasarya ließ ihren Daumen an Oonas Handballen entlangstreichen und ein wenig ihrer Magie kribbelte auf seiner Haut. Nur ein bisschen, wie das Streichen einer Feder, losgelöst von Bildern oder den Gefühlen, die normalerweise damit einhergingen.
Irgendwann, in dem Pochen der Magie durchbrach ein geflüstertes Wort die Stille. „Hunger?“
Er schlief - sicher nicht den Schlaf der Gerechten, aber tief und fest und friedlich. Es war die zweite lange Phase, die sie miterlebte, nur dass diese jetzt nicht erschöpft wirkte. So überaktiv wie er viele Tage lang gewesen war, so stürzte sein Körper jetzt in Erholungsphasen. Kein Anzeichen deutete darauf hin, dass er sie gehört hatte.
Sie unternahm keinen weiteren Versuch, ihn zu wecken. Stattdessen stand sie auf, entwand ihre Hand seiner und nahm ihre Unterwäsche vom Boden auf. Ein Kreislauf begann von vorne. Feuer schüren, jagen, Frühstück zubereiten. Sasarya ging an ihr Werk wie immer, gelernt und gelebt in Routine. Sie nahm ihren Bogen und pflückte die Pfeile aus dem Waldboden, wo sie noch immer steckten.
Sorgsam befreite sie die scharfen Spitzen von Erde und Moos und schob ihre Pfeile zurück in den Köcher. Sie war den psychischen Angriffen schutzlos ausgeliefert gewesen. Hätte er sie damit auch erwischt, wenn sie wirklich gezielt hätte oder wäre sie schneller gewesen? Eine Frage, die nie zu beantworten war. Nachdem sie ihre Waffen vollständig zusammengesucht hatte, stieg sie in die frisch gewaschene, unprätentiöse Unterkleidung und verschnürte sie, hängte danach ihren Waffengurt und die Riemen, die ihren Bogen und Köcher hielten, darüber.
Das Holz, das sie neu aufgestapelt hatte, entflammte ohne dass sie es von Hand berührte hatte. Ein Hauch ihrer Magie hing in der Luft und verflog schnell unter den ersten Gerüchen des warmen Lagerfeuers. Noch einmal drehte sie sich zu dem Illidari um und betrachtete ihn.
Sein Kopf ging herum. „Hm?“ fragte er. Aus dem Nichts. Kein Anzeichen hatte darauf hingedeutet, dass und wie lange er bereits wach war.
„Oh“, machte Sasarya und wirkte überrascht. „Ich gehe jagen. Magst du Fisch?“
„Jagst du Fisch mit Pfeil und Bogen?“ Die Mundwinkel bogen sich nach oben, er rollte herum, zog ein Knie an, auf das er sich stützte und ließ den Kopf gegen die Faust fallen. Tiefenentspannt.
„Nein, aber wer weiß was ich sonst noch so finde. Ich werd mir von irgendwoher nen Ast nehmen und anspitzen. Altmodisch.“ Die Vorstellung klang nicht abwegig, genauso wenig wie das Bild, das diese Vorstellung befeuerte. Ein Waldkind durch und durch, knietief im Wasser watend.
Seine Schultern hoben sich langsam, als er tief einatmete, sackten herunter, als die Luft wieder entwich und sein Mund sich kurz dazu schloss. So sah man aus, wenn man seufzte. Sie hatte nicht genug Zeit, die Geste zu interpretieren, da war er auf den Füßen und tigerte zu ihr hinüber. Tippelditipp marschierten die Fingerspitzen um ihre Hüften und verschränkten sich über ihrem Steiß. Er hmmte langgezogen. „Und du hast mir ein Feuer gemacht“, murmelte er schwer und honiggolden.
„Ja. Es war ausgegangen.“ Sasarya sprach das Offensichtliche aus und es klang doch nicht profan. Vielmehr selbstverständlich. Sie legte eine Hand an seine Wange und strich mit ihren Fingerknöcheln darüber.
„Was ist los hm? So ernst?“ Er schwenkte herum, von rechts nach links, links nach rechts, man konnte waagrecht schaukeln. ER konnte das. Und er tat es auch. Schwenkte sie ein bisschen mit. Und zog einen dramatischen Mund dazu.
„Ich? Niemals.“ Sasarya schnitt ihm eine Grimasse. Hatte sie ernster geklungen, als sie beabsichtigt hatte? Sie ließ sich bewegen, weich zu den Worten und seinen eigenen Schaukeleien. Jeder, der sie besser gekannt hätte, hätte den Witz in ihren Worten entlarvt. Sasarya war meistens ernst, die Ausbrüche jugendlicher Albernheit war Momenten vorbehalten, in denen nur wenige Anwesende beteiligt waren. Und manchmal gab es diese auch nur, wenn sie allein war. Der Dschungel war eine Aneinanderkettung von Leichtsinn auf Leichtsinn. Und es fühlte sich nicht falsch an.
„Die Sache mit dem Feuer ist… wir können es ja nicht brennen lassen, wenn ich mitkommen soll. Ich kann auch hier bleiben und es hüten, während du uns versorgst…“ Er grinste blitzend. „Und dann sitze ich und schüre und warte wie ein braves Kind auf meine Belohnung.“ Er hmmte abermals, schwenkte hin und her und bewegte die Finger zu einem unhörbaren Takt. Es war nicht das einzige Klopfen. Offenbar war er wirklich ausgeschlafen und viel zu ausgeruht und auf Unsinn aus. Kräftezehrenden, orgiastischen, leidenschaftlichen Unsinn. Kein Zweifel. So würden jedenfalls keine Fische auf den Tisch kommen.
„Ich dachte du schläfst noch ein wenig.“ Sasarya schüttelte angedeutet den Kopf. „Willst du denn mitkommen? Dann löschen wir es.“
Der Tonfall gab den ernsten Worten einen weiteren spielerischen Anstrich. Als würde sie bemerken worauf er aus war und ihn damit ein wenig aufziehen.
Er seufzte theatralisch und warf den Kopf dazu in den Nacken. Es half nicht, dass sich seine Bauchdecke dazu verspannte. Als das Gesicht sich wieder auf sie ausrichtete sah er so bedürftig und zuckersüß aus wie ein bettelndes Kind. Um Süßigkeiten. Oh komm schon… schien diese verschobene Lippe zu sagen. Er presste sie aufeinander und lachte dann lautlos. Was sollte das denn sein? Nur kurz? Nur ein bisschen? Nur fünf Minuten? Und wenn ja… dann fünf Minuten was zum Teufel?
Sasarya grinste schief und legte einen Finger tadelnd auf die schmollende Unterlippe. „Wie war das?“, fragte sie ihn mit unverhohlenster Herausforderung. „Sag bitte…“ Spaß, Scherz und gespieltes Herauszögern.
Sie hatte nicht gesagt in welcher Sprache, also sagte er Bitte mit seinem ganzen Körper und ohne ein Wort zu benutzen. Seine Zunge war mit besserem beschäftigt. Geschmackvollen Dingen. Ihrem Hals und Ohr und ihrem Mund und er zog sie an sich und ließ sie ein Bitte spüren, ergebenste Bitten, rein körperlich. Nicht plump aufdringlich bei allem Flehen. Er wahrte ärgerliche Grenzen. Und machte Geräusche dazu als leide er fürchterliche Qualen.
„Wir werden verhungern…“, flüsterte sie an seine Lippen und bereute keinen Augenblick davon. Bogen und Köcher schob sie von ihrer Schulter und ließ sie ins Gras fallen. Und dann erhörte sie sein Flehen. Ohne Worte. Mit Küssen und kleinen Bissen an seinem Hals, die nasse Spuren zogen. Die Wärme seiner Haut unter ihren Zähnen, der Geruch von ihm unter ihrer Nase, und jeder Zentimeter ausgeschlafener, aufgewachter und ausgehungerter Elf unter ihren Fingern.
„Romantisch“, raunte er und machte sich ziemlich flott daran, sie von dem ganzen lästigen Stoff wieder zu befreien. Zuckungen und sichtbare Schauer beantworteten ihre Gnade. Es lenkte ihn nicht so ab, dass er sie nicht abermals geküsst hätte, bis ihnen beiden Luft klamm wurde - und das konnte und durfte dauern - im Gegensatz zu den Bemühungen seiner Hände.
Der Stoff fiel und es war seine eigene, kleine Kunst, dass sie es in seiner Gegenwart nicht schaffte, mal länger angezogen zu sein. Hatte er sie nicht damit aufgezogen? Es war zumindest teilweise seine Schuld. Sasarya seufzte, voller unvollendeter Gedanken, die darin Ausdruck fanden. Ohne dämonischen Einfluss, rein und unverfälscht, das größte Kompliment an ihn.
„Dann sei romantisch…“ Meinte sie das ernst? Ihre Finger strichen über seinen Rücken, hinauf und hinab, fein und zart wie Regentropfen, während sie ihren Kopf senkte und ihre Lippen in seiner Halsbeuge vergrub.
„Was…?“ Er sah entgleist aus, regelrecht. Hatte er gerade etwas verpasst? Seine Hände hatten innegehalten, sein Gesicht war eine einzige Leinwand für Fragen ohne Antworten, während sein Körper wie ein eigenständiges Wesen - unabhängig von seiner geistigen Leere - empfänglich Sasaryas Berührungen willkommen hieß.
„Was?“, kam zurück und sie hielt in ihren Bemühungen kurz inne, um ihn anzusehen. „Das war ein Wortspiel“, erklärte sie. Romantisch - romantisch . Logisch, zumindest für sie. Oder auch nicht? Sasarya nahm den Fluss der Berührungen wieder auf, hob die Lippen flüsterzart an sein Ohr, so dass es durch Mark und Bein ging. Eine federleichte Berührung, die mit ihren Händen einherging. „Es ist alles gut, so wie es ist.“
„Was?“ presste er heraus, halblaut und schon wieder vollkommen abgelenkt.
Ach egal , dachte er und ‚ach egal‘ tat er dann auch.

Sam Smith, Normani - Dancing with a stranger (acoustic)
https://www.youtube.com/watch?v=so-ZClPHMIQ

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[Schattentheater]

Serathis blieb sitzen und dachte nach. Eine verdammt lange Weile, in der er nicht sprach und nur grüblerisch die Stirn in Falten zog. Weder sagte er, was ihn bewegte, noch war es ihm anzusehen. Irgendwann drehte er ihr den Kopf halb zu und sprach sie an. „Gibt es hier ein Theater? Eine Oper?“
„Nur zu den Jahresfeierlichkeiten fürchte ich, draußen in den Parkanlagen.“ Sie hatte den Kopf nur so weit gehoben, dass sie seinem Blick begegnen konnte. „Was hattest du im Sinn?“ Draußen hatte es begonnen zu dämmern. Das künstliche Licht im Raum wurde heller.
„In Silbermond gibt es ein Theater. Unglaublich dass es das hier nicht gibt.“ Serathis hob die Schultern. „Die wollen doch eine Show. Willst du denen eine Show bieten?“
„Ich will dass es dir gut geht“, sagte sie sehr einfach und wenig förmlich. „Meinst du nicht, es war für einen Tag genug Aufregung?“ Die Frage hatte vorsichtig geklungen. „Ich kann etwas zum Essen kommen lassen. Willst du ein Bad nehmen? Etwas lesen?“ Sie unterbrach sich selbst, hastig. „Wir können auch ausgehen wenn du möchtest, ich dachte nur…“ Der Satz endete im Nichts. Sie verstummte und wandte den Blick ab. Dann - zögerlich - ließ sie ihn los und schob die Füße aus dem Bett schlüpfte an ihrer Seite durch die Vorhänge und streckte sich umständlich. Es knackte mehrfach leise und sie atmete auf. Unschlüssigkeit und Geschäftigkeit lenkten sie ein paar Schritte in den Raum. Sie schien zu überlegen.
Er sah ihr nach und rieb sich unschlüssig das Kinn. „Ich weiß nicht.“ Sein Eingeständnis klang ehrlich und genau so nachdenklich, wie er aussah. „Ich habe keine Lust mich zu verkriechen. Also denke ich, es wäre doch besser, vielleicht sogar ganz lustig, wenn man den neugierigen Klatschmäulern etwas bietet. Du im Abendkleid, ich im Anzug mit Zylinder, Öffentlichkeit, irgendeine Veranstaltung wird es doch sicherlich geben, nicht?“

Ihre Füße trugen sie geräuschlos um das Bett herum auf seine Seite, sie setzte sich neben ihn und griff nach seinen Händen. Ihr Lächeln war nicht echt, es reichte nicht an die Augen. „Du bist ein Kämpfer. Ich kämpfe schon lange nicht mehr gegen…“, sie unterbrach sich. „Ich genieße die Zeit hier mit dir, wirklich. Was die anderen dort draußen dazu sagen, meinen oder meinen zu glauben ist mir vollkommen gleich. Sie sind irrelevant. Oder siehst du noch jemanden außer dir und mir in diesem Raum? Keiner davon ist wichtig genug, auch nur den Funken eines Gedanken zu viel an ihn zu verschwenden.“
Ihre Finger strichen über seine. „Es kann sehr anstrengend sein im Auge der Öffentlichkeit.“ Dass das nicht zu vermeiden gewesen war, so wie er in Dalaran einmarschiert war, sagte sie nicht. Sie wollte seine Art nicht beschneiden. Es wäre falsch gewesen. Jetzt lächelte sie wirklicher, aber es sah traurig aus. „Ich verkrieche… mich nicht. Wäre der Platz voll Ruhe und Frieden mitten in einem Park unter Leuten, dann würde ich dort auch gerne sein. Verstehst du, was ich meine?“ Sie hatte ihn wirklich gern.
Serathis umschloss ihre Hände mit seinen und blickte sie an. Und lauschte. Ihren Ausführungen in andächtigem Schweigen. War es schlimm, dass er die Dinge anders sah? „Dann gehen wir in einen Park? Kämpfen kann man auch zu zweit. Möchtest du nicht?“
„Den Wievielten haben wir eigentlich?“ fragte sie plötzlich in einem ganz anderen Tonfall zurück. Der Stimmungsumschwung war fühlbar.
„Den…“, er blickte auf die Zeitung. „Den Zehnten, wieso?“
„Ist nicht bald Nobelgarten?“ Ihr Gesichtsausdruck hatte sich in Unwissen und Frage erhellt. Sie wirkte zerstreut, aber auf sehr lebendige Weise.
„Ja. Bitte erspar mir irgendeinen Spruch mit Eiersuche“, gab Serathis gequält zu vernehmen. „Du ahnst nicht wie oft ich sowas höre.“
„Wie bitte?“ fragte sie irritiert. „Nein, nein, darum ging es gar nicht. An Nobelgarten gibt es Festspiele.“ Dann starrte sie ihn an, als habe sie eben erst verinnerlicht, was er gesagt hatte. „Was für Sprüche?“ fragte sie, als habe sie ihn gebeten, eine Sprache vom anderen Ende der Welt zu übersetzen.
„Oh es ist Nobelgarten, soll ich mal suchen?“ Er verstellte die Stimme und deutete einen eindeutigen Griff bei ihr an. „Sowas, unter Anderem.“
Beide Augenbrauen ruckten an die höchste Stelle, die sie auf ihrer Stirn erreichen konnten. Einundzwanzig. Zweiundzwanzig. Dann lachte sie los.
„Lach nicht! Es ist schwer so…wie hieß es, der hippste Typ jenseits von Beutebucht zu sein!“ Seine Empörung war gespielt und er grinste.
Sie bog sich nach vorn, schnappte nach Luft, die Hände krampften, die eine, um die Hand, die er ihr gelassen hatte und die andere fasste haltsuchend nach seinem Knie. Sie lachte. Ihre Stimme kippte - sie gackerte. Versuchte Luft zu holen, quietschte, und wurde dennoch von einer neuen Welle Gelächter geschüttelt. „Hat mal“, japste sie, „hast du mal… BUNT?“ Das Rosé auf ihren Wangenknochen und unterhalb ihrer Schlüsselbeine war allerliebst. Sie stöhnte und lachte und schlug sich die Hand vor den Mund. Es half nichts. Jedes Mal, wenn sie ihn wieder ansah, gluckste sie aufs Neue los.
Serathis schüttelte den Kopf in gespieltem Verdruss über ihren Lachanfall und ließ sie lachen. Es stand ihr deutlich besser als alles, was er bisher an ihr gesehen hatte. Mit einem Fuchteln der Hand winkte er ab. „Wie alt bist du noch mal? Zwölf?“
„Tihija“, giggelte sie, das heranrutschen und ihn fest zu umarmen und einen absolut intentionslosen Wangenkuss aufzuschmatzen war eins. „Du hast“, sie gluckste, „nicht geantwortet. Du nimmst“, abermaliges Glucksen, „mich nicht ernst!“ Bei aller Liebe hätte sie gerade keine Miene schauspielern können. Ihr standen Lachtränen in den Augenwinkeln und sie schniefte angestrengt gegen das Lachen an.
„Aber wie ich dich ernst nehme“, gab er so ernst zurück wie er konnte. „In dir steckt eigentlich ein kleines Mädchen mit unendlich viel Unsinn im Sinn. Wenn das die Leute wüssten, die würden ausflippen.“ Sein Zeigefinger stupste gegen ihre Nase und er grinste noch immer, wie der wirklich schöne Mann, der er war und als der er beschrieben wurde.
Ein bitte was? Was hatte er gesagt? Schlagartig wurde sie ernst. Sie löste sich halb von ihm und setzte sich auf. Eine Flut von Gedanken und Gefühlen jagte durch ihren Kopf und ihr Herz und die Augen wurden feucht, aber sie weinte nicht. Stattdessen schluckte sie und wandte den Kopf ab. Die Mundwinkel zogen nach oben. Sie lächelte und sie weinte nun doch - nur ein paar winzige Tränchen - und es war beides echt und ehrlich und als sie wieder den Hauch einer Stimme hatte sagte sie: „Geht keinen was an.“
„Ich verrate es keinem“, sagte Serathis ruhig und zog sie in eine beherzte Umarmung, die sie an seine Brust drückte. „Bleibt unser Geheimnis. Versprochen.“ Und sie wusste, dass sie ihm das glauben konnte.
Sie atmete so tief für das Seufzen ein, dass sie seine Arme anhob. „Ach und wenn schon“, murmelte sie gegen sein Hemd, das nach ihm roch, so roch wie sein Gesicht geschmeckt hatte und schob die Lippen gegeneinander. Sie spürte das schräge Kauern bereits nach diesen wenigen Sekunden im Rücken. Teufel auch. Kleines Mädchen… wäre schön. Grade. Nur wegen der Wirbel.
Er ließ sie los und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich habe einen schönen Platz gesehen bei meinem Stadtbummel, was hältst du davon, wenn wir Essen einpacken und uns dort hinsetzen? Ruhig und unter den Sternen? Du kleines Mädchen du.“
Es knackte als sich aufsetzte und ihr Gesicht zuckte kurz. Sie warf ihm einen Seitenblick zu und sagte: „Dafür muss ich mich anziehen oder? Oder nein halt… warte…“ Jetzt begann sie zu grinsen. „Mädchen sagst du? Unsinn? - Was willst du essen?“
„Es sei denn du möchtest das Haus nicht verlassen. Heute mache ich mal eine Ausnahme. Aber morgen kannst du mich ja an der Schmiede abholen und wir gehen etwas essen. Am Ende der Woche gibt es ja den Lohn.“ Er rieb sich den Hinterkopf. „Mädchen. Zwölf Jahre alt, maximal.“
„Was. willst. du. essen.“ wiederholte sie mit den kleinen Pausen dazwischen und fuhr auf die Füße. Da stand sie in ihrem Nachthemd und dem Zopf, der halb gelöst über ihre Schulter fiel - einigermaßen wirren Haaren, die Lachtränen und die anderen noch nicht getrocknet und mit seltsamem Leuchten in den Augen.
„Irgendwas. Fleisch? Nudeln? Irgendwie so?“ Serathis schien keine großen Präferenzen zu haben und sah zu ihr auf. „Deftig. Sonst falle ich ja noch vom Fleisch. Und Bier? Wie findest du Bier?“

Gar nichts sagte sie dazu, sah ihn nur mit diesen leuchtenden Augen an, die schimmerten wie altes Gold und dunkle und helle Schlieren bewegten sich darin und zogen langsame Kreise, blinkten auf und verblassten wieder und sehr plötzlich wurde alles dunkel, er sah die Augen und er spürte Hände die ihn auf die Füße zogen und der Blick hielt ihn fest und die Hände hielten ihn fest und noch plötzlicher wehte ihm frische Luft um die Nase und die Luft klarte auf und sie standen auf einer sorgfältig getrimmten Rasenfläche, die Sterne waren klar und Insekten summten müde, ein paar Grillen zirpten und ein Nachtvogel rief zur Jagd.
In nur einigen Schritten Entfernung waren die Straßen beleuchtet und reges Frühabendtreiben belebte die Stadt. Die einen strebten nach Hause, die anderen bereits wieder fort. Er spürte einen Finger auf seinem Mund. Ihren. Bedeutungsvoll hob sie eine Braue und beide Mundwinkel.

„Was?“, entfleuchte es seinen Lippen, zu laut für ein Flüstern, auch wenn er sich beschränkte oder es versuchte. Sie konnten doch nicht so rausgehen, wie sie waren. Beziehungsweise sie konnte nicht. Im Nachtgewand. War sie jetzt wirklich 12 Jahre alt?
„Shhhhshhht!“ Sie presste ihm die ganze Hand auf den Mund und deutete auf einen Passanten, der einen Finger zwischen die Seiten eines Buchs gesteckt hatte, das er mit sich herumtrug - es war zu dunkel zum unangestrengten lesen im Freien ohne Beleuchtung. Gerade aber drehte er mit gerunzelter Stirn den Kopf, und sich sogar ein paar Schritte um sich selbst. Er starrte genau in ihre Richtung, aber durch sie hindurch.
Unvermittelt zuckte er die Schultern und setzte seinen Weg fort, nicht ohne sich noch einmal mit misstrauischem Blick umzusehen.
Serathis sah an sich hinab, dann an ihr und dann schien er zu begreifen. Unsichtbarkeit Sie befanden sich vollkommen in der Öffentlichkeit und waren doch für sich. Erst jetzt ließ er den Blick über den Platz schweifen und erlaubte sich, langgezogen Auszuatmen.
Sie nahm die Hand von seinem Gesicht, schob die Finger zwischen seine und drehte sich halb, so dass sie sich seitlich anlehnen konnte. Ein winziges Lachen schüttelte sie und ein kurzer Blick schoss funkelnd schräg zu Serathis auf. „Bier, ja?“ flüsterte sie. Das Grinsen war so breit, dass es gut war, dass sie Ohren hatte. Womöglich hätte es ihr sonst den Kopf gespalten.
„Bier, ja. Auf jeden Fall.“ Er senkte seine Stimme und sie wurde zu einem tiefen Brummen an ihrem Ohr. „Und was trinkst du?“ Ohne dass sie die Richtung vorgab, zog er sie weiter über den Platz und genoss das Gefühl von unsichtbarer Präsenz. Es ließ ihn Aufatmen und endlich die Schönheit der Stadt ganz in Augenschein nehmen.
Sie griff in die Luft, zog eine Flasche in die materielle Ebene, auf der sich nahezu gleich Kondenswasser bildete, ließ den Verschluss mit einem Schnippen aufspringen und sich ziehen, während sie ihm die Flasche reichte. „Dich“, wisperte sie mit einem nur halb versteckten schelmischen Grinsen. „Vorsicht!“ zischte sie und ruckte an seinem Arm. Beinahe. Kollisionen waren ungut.
„Ich glaube nicht“, gab er mit oberlehrerhaftem Flüstern zurück und wich gerade noch so einem Passanten aus, der sich nach ihnen umdrehte. Im Laufen nahm er einen Schluck und bot ihr die Flasche an. „Jetzt fühle ich mich schon ein wenig heimischer.“ Wie ein Niemand in einer großen Stadt. Das war, nach all der Aufregung, beruhigend.
Sie nahm sie und auch einen Schluck und fühlte sich etwa dreihundert Jahre in der Zeit zurückversetzt. Erste Referendariate und lange Nächte, barfuß und Bier und jede Menge Idioten. Gut das hatte sich nicht verändert. Und es war immer angezogen gewesen. Meistens. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie stehen geblieben war und nicht ganz anwesend wirkte. Nicht ganz anwesend und unsichtbar. Barfuß im Nachthemd auf einem Randstein, der die gepflasterte Straße begrenzte, festgeklammert an einer Flasche Bier und am Arm eines Mannes und um sie herum begann das Nachtleben im Restlicht des vergangenen Tages.
Aus einer der Türen eines Gasthauses klang Musik auf die Straße und intensivierte sich, immer dann, wenn einer der kommenden oder gehenden Gäste die Tür öffnete. Klavierspiel in der warmen Abendluft. Serathis blieb stehen, nachdem sie sich nicht weiterbewegte, nahm ihr charmant-verschlagen die Flasche ab und einen weiteren Schluck. „Schön, schön…“, stellte er fest und betrachtete sie. „Wir könnten einigen Passanten Streiche spielen und sie würden es nicht einmal merken.“
Ihr Kopf ruckte herum und in ihren Augen lag der Glanz der Vergangenheit. „Besser nicht“, sagte sie verzögert, erklärte sich aber flüsternd. „Unsichtbarkeit kann man auch aufheben … das wäre wohl nicht so vorteilhaft. Doppelt peinlich dabei erwischt zu werden. Wahrscheinlich würden die Artikel dann umschwenken in eine Darstellung einer senilen Greisin und eines krankenpflegenden Erbschleichers…“ Bei den letzten Worten sah sie so aus, als hätte sie auf etwas bitteres gebissen und versuche den Geschmack von der Zunge zu vertreiben.
„Dann bleibe ich doch lieber der begehrenswerteste Junggeselle von hier bis nach Tiefenheim“, schloss er an und beugte sich zu ihr hinab. „Los, alleine trinken ist nicht lustig.“ Damit reichte er ihr das Bier und hob den Blick von ihr zu den Sternen. „Sie sind wunderschön. Die Sterne.“
„Ja“, bestätigte sie - was eigentlich? - und fügte dann an, was die Frage beantwortete: „Bist du das?“ Sie nahm ihm die Flasche nicht ab, sondern drehte sich ihm zu und studierte seine Haltung, seinen Körper, sein Gesicht. So genau, als wollte sie ihn malen.
„Das war eine Fangfrage. Begehrenswert oder Junggeselle oder beides? Was meinst du?“ Serathis streckte sich sehr eindeutig, so dass die Vorteile seines Körpers ganz klar zur Geltung kamen und grinste sie an.
„Beides“, sagte sie leise, legte die Hand flach auf seine Brust, „So wie du gesagt hast.“ Nur kurz huschten die Augen zu ihrer Handposition und hoben sich dann wieder. Es war ein offenes Gesicht mit so leicht zu übersehenden Merkmalen von gelebtem Leben, weich und offen, verletzlich, nur in ihrem Blick ließ sich nicht ganz verleugnen, dass Zeit und Jahre darin lagen. Das kaum vorhandene Lächeln war zeitlos - ein Spiegel und Abglanz seiner eigenen guten Laune.
„Ich denke schon. Also ich finde, ich bin ein ziemlich begehrenswerter Junggeselle. Was ich nicht an Gold bieten kann, wiege ich mit meinem unfassbaren Charme wieder auf.“ Serathis atmete tief ein, seine Brust hob sich und dann lachte er prustend los. Selbstironie konnte er. Und das war ziemlich charmant.
Ihr Lächeln zuckte ebenfalls in etwas höheres, die Hand hob sich und streifte seine unrasierte Wange - sie mochte das, wirklich. So viel Sonne in seinem Gemüt. Beinahe hätte sie ihre eiskalten Füße vergessen können. Kaum noch Gefühl darin. Egal. Sie nahm ihm die Flasche aus der Hand und trank noch einen Schluck, so wie er es eben schon angeboten hatte und sah viel zu fein aus für solche rüden Gesten, sie leckte sich über die Lippen und wischte gar den Mund am Handrücken ab, bevor sie ihm die Flasche wieder hinhielt und sagte: „Finde ich auch.“

Two Feet - Her Life
https://www.youtube.com/watch?v=r9GDOMMXcWY

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[Ein guter Kurs]

Serathis beobachtete sie, wie sie feine Manieren gegen die Gesten einfacher Elfen eintauschte und es entlockte ihm mehr als ein Grinsen. Das Lächeln auf seinen Lippen war echt, als er sie auf die Arme hob und so trug, wie am gestrigen Abend. Galant und leicht, eine Wohltat für kalte Füße. „Hast du schon Mal auf der Mauer am Rand gesessen und die Füße in den Abgrund baumeln lassen?“
„Nein“, gab sie zu, schaukelte auf seinem Arm und hielt sich locker fest, „aber ich habe schon Schritte über den Rand gemacht. Mehr als einmal.“ Sie lächelte flüchtig und richtete den Blick in die Richtung, die er eingeschlagen hatte. „Ich dachte nicht, dass es so frisch wird. Vermutlich hätte ich mir doch etwas anziehen sollen.“ Hände und Füße waren eiskalt. Und das Hemdchen, das sie trug so dünn, dass die Gänsehaut und die Schauer durch den Stoff spürbar waren. Hier zerstreuten sich die Passanten und es wurde stiller. Die gesagten Worte klangen lauter, es war kaum Gegengewicht an Schall vorhanden.
Seinen Händen entsprang Wärme kaum dass er ihren kalten Körper gespürt hatte, vermutlich war es eine abgewandelte Form seiner Magie oder eine andere Dosierung mit der er hantierte und die sich schützend um ihren frühlingskalten Körper legte. „Wir können ein wenig auf dem Rand sitzen. Was meinst du?“

Sie haderte mit sich. Dann sagte sie: „Ja das würde ich liebend gerne - wenn das Wetter besser wäre oder mir wärmer wäre - und mit niemandem lieber als dir. So ist mir eher nach einem heißen Bad und den Füßen unter einem halben Meter Daunen, ohne dass ich erwarten könnte, dass mir eine Wärme wie deine zusätzlich zuteil würde.“ Die Bescheidenheit war echt, sie war nüchtern und blickte auf das zurück, was stets zur Verfügung stand. Sie fand sich furchtbar alt und spießig - und gleichzeitig fühlte sie sich gut dabei für sich und ihre Bedürfnisse einzustehen. Allerdings fragte sie sich auch, was seine waren. Und ob sie sie letztlich erfüllen würde können - oder für wie lange. „Entschuldige“, fügte sie an, „das war die ehrliche Antwort, nicht die politische oder leichtsinnige, die ich dir sicherlich gegeben haben würde, wäre ich in deinem Alter gewesen. Schätzungsweise hätte ich in diesem Zustand dann noch Eismeerbäder vorgeschlagen - nur um dir zu zeigen, wie wahnwitzig Spaß mit mir sein kann.“ So leicht dahingesagt. Freimütig, und doch mit ernsthaftem Lächeln.
„Du bist auch in deinem Alter immer noch witzig.“ Serathis’ Miene ließ keine Deutung zu, wie er die offene und ehrliche Antwort fand. Er lächelte nur und sah danach hinauf in die Sterne. Für einen langen Moment, den er in Schweigen verbrachte und sie so hielt. „Bring uns zurück, Nuianna“, sprach er abschließend und verabschiedete sich innerlich von dem kleinen Moment spaßiger Harmlosigkeit, den sie geteilt hatten. Ausbrechen war nicht für jeden leicht und vermutlich würde es ihm, in ihrem Alter, ähnlich gehen. Morgen war sowieso auch noch ein Tag.
Sie streckte sich, zog sich in seinem Arm etwas höher, nahm sehr bewusst das winzige Fähnchen wahr, dass sie sich beide entgegenatmeten und genoss es über die Gebühr, nahm vertrauensvoll, dass er sie halten würde, sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn mit kalten Lippen und warmem Atem bis die eisfrische Luft in etwas tauwattewarmes umschlug und der Druck auf den Ohren einen geschlossenen Raum signalisierte. Ihr Atemzug streifte seine Wange als sie sich von ihm löste und die Augen aufschlug, um ihn bei vollem Licht zu betrachten.
So sanft wie möglich, abgelenkt wie möglich, dankbar wie möglich für sein Einlenken. „Ich finde mich nicht witzig“, sagte sie und das geschlossene Badezimmer hallte weniger, als zu erwarten gewesen war, so, wie er das bereits kannte. Es roch nach Badesalz. Und der Boden war selbst durch die Schuhsohlen warm.
Er trug sie zur Wanne und setzte sie auf dem breiten Badewannenrand ab. Behutsam und doch nachdrücklich. Es gab auch hier keine Armatur, die er bedienen konnte. Vermutlich war sogar das letzte kleine Bisschen mit pulsierender Magie durchdrungen. Nur er war anders, vielleicht ein wenig altmodisch, oder einfach nur sehr ursprünglich, was das anging. „Lass dir ein Bad ein“, wies er Nuianna an, ohne dass es wie ein Befehl klang. „Und da wo das Bier herkam gibt’s bestimmt noch eins, oder?“
Ihr Finger riss einen Spalt in die Wirklichkeit, so widerstandslos, als teile sie einen Vorhang, den sie beiseite schob. Die kalte Luft bildete Wolken mit der warmen des Zimmers. Nur kurz flog ihr Blick in sein Gesicht, ohne dass ihres auszulesen gewesen wäre. Sie senkte den Kopf auf den steigenden Wasserspiegel in der hellen, hohen Wanne…
…während sich vor Serathis gleißend saubere Regale auftaten, deren Ränder kristallin schimmerten. Die Kühlkammer eines Spitzenlokals hätte nicht besser gefüllt sein können. Die Getränke bildeten lediglich die Krönung der Opulenz, die farbenfroh gegen das Weiß anstrahlte.
Sein Gesicht strahlte, wie das eines Kindes, das soeben die Magie neu entdeckte und es war in gewisser Weise auch wahr. Eine Magie in dieser Ausprägung war ihm weder bekannt noch geläufig. Wie ein bunter Garten aus arkanen Kleiderschränken, verzauberten Möbeln, Kühlschränken aus aller Herren Landstrichen. Er sah sie an, als er in die Kühlkammer hineingriff und zwei Flaschen hervorzog.
Ihre Hand zog Kreise in der Luft, die sich auf das Wasser übertrugen, eine kleine Welle an der Oberfläche zeige die tiefgehende Bewegung des Wassers an. Rechtsdrehende Kreise. Die Füße hatte sie beinahe unsichtbar unter dem Saum versteckt verschränkt, sie standen auf gekrümmten Zehen, so wie das kleine Kinder machten. Der Zopf war ihr über die Schulter gefallen und schwang mit der Bewegung, die sich auf ihren Oberkörper wiegend übertrug. Der andere Arm stützte sich auf ihrem Knie ab und stabilisierte die fragile Haltung. Die Wanne war vollgelaufen. Das Wasser stieg nicht mehr. Das Aroma war zurückhaltend. Sie sah ihn nicht an, schien ganz konzentriert auf die Kreise, langsam und meditativ. Die Schauer waren leichter geworden. An der Farbe ihrer Haut war dennoch deutlich zu sehen, dass sie nach wie vor kalte Hände haben musste, von den Füßen nicht zu reden.
„Wenn du selbst kochen möchtest, findest du auch alles da - alles frische“, sagte sie mit Frösteln in der Stimme, „hast du das Prinzip der Schränke und Türen schon durchschaut?“
„Ich glaube nicht“, gab er zu bedenken und sah sie unverwandt an. „Na los, du frierst doch. Willst du nicht rein und dich aufwärmen?“ Er öffnete beide Flaschen, indem er sie gegeneinander hebelte, ohne auch nur hinzusehen und setzte sich zu ihr auf den Badewannenrand. „Deine Lippen sind schon ganz blau“, flüsterte er ihr zu, um sich dann einen Kuss von ihren kühlen Lippen zu stehlen.
Wie hätte sie ihm den verwehren können. Schwach machte dieser … sehr erwachsene Bengel sie, so sehr, dass es vollkommen peinlich hätte sein müssen, wäre ihr denn noch etwas peinlich gewesen. Vielleicht kam das ebenfalls zurück? Mit den ganzen anderen Gefühlen wie der unsichtbaren und unspürbaren Wärme, die er ihr in Herz und Eingeweide pflanzte, wenn er solche Dinge tat. Das Blut, das ihr in den Kopf schoss, reichte nicht, um ihre Wangen zu wärmen, es färbte sie lediglich. Leise und gefasst sagte sie: „Der Schlüssel öffnet dir Schranke und Türen nach dem Bedarfsprinzip. Brauchst du etwas und denkst daran, öffnet sich der richtige Schrank, wenn du daran denkst. Es bedarf vielleicht ein bisschen Übung, aber du hast ja genug Zeit. Dein Wille schließt die Schränke auch wieder. Das gleiche ist es mit den Türen. Und dem Wasser.“ Ihre Hand legte sich auf die, die sie mit dem Schlüssel versehen hatte und die eine Flasche hielt, aber sie zog sie zurück, stellte die Füße gerade auf und erhob sich schwankend, um die Knöpfe aufzuschlingen und das Hemd, anstatt es über den Kopf zu ziehen, über die Schultern bis zu den Knöcheln herabfallen zu lassen.
„Ich bin nicht so geübt darin“, sagte er und betrachtete sie mit einem Blick, der einerseits gefasst und andererseits hungrig aussah, oder so, als wolle er sie gleich verschlingen. Es war ein Teil der Wahrheit. Ihr Körper zeigte die Jahre nicht, ihr Verhalten an diesem Abend auch nicht. Jugendlich wie der Frühling.
„Muss komisch für dich klingen, ein Kind des Blutes, was lieber auf Handwerk setzt.“ Er strich sich mit den Händen über sein Kinn und nahm dann endlich einen Schluck aus seiner Bierflasche.
„Wenn es nicht mit dem Kopf alleine geht…“, sagte sie, drehte sich um, schwankte abermals und hielt sich an seiner Schulter fest, bevor sie stolpern konnte - halb abgewandt und den freien Arm nach der Kühlkammer im Badezimmer ausgestreckt, „dann…“, sie musste sich kurz sammeln, um gerade zu stehen, stand auch steif und etwas verdreht, als sei ihr Bein eingeschlafen, „stell dir vor, dass du einen Vorhang schließt. Mit der flachen Hand. So.“ Und sie wischte langsam durch die Luft, als streiche sie über eine unsichtbare Fläche, noch eine halbe Armlänge entfernt von dem Riss, der sich schloss und verwischte wie eine Luftspiegelung. „Hast du gesehen?“ erkundigte sie sich eher pro forma als dass sie daran zweifelte und ließ von ihm ab, um sich wieder zu setzen und die Beine geschlossen und langsam über den Rand ins Wasser zu heben. Und an nichts anderes denken konnte, als dass dies hätte abgewandt geschehen sollen und sie hatte es einfach nicht getan. Weil sie nicht wollte. Wahrscheinlich hätte sie ihm lediglich den Rücken zugedreht, wenn er sie gebeten hätte. Aber weswegen sollte er das tun?
„Ich denke schon, ja.“ Serathis versuchte nicht, es ihr nachzumachen aber er hatte sich die Handbewegung eingeprägt und blickte noch einmal auf seinen Handrücken.
„Weißt du, all diese Magie fühlt sich für mich fremd an, obwohl sie es nicht sein sollte. Es ist komisch, nicht einfach Sachen aus einem realen Schrank zu nehmen, den man sehen und zur Not auch umwerfen kann. Aber ich gewöhne mich schon dran.“
Er stellte die Flasche erneut auf dem Rand ab, nachdem er getrunken hatte und richtete den Blick auf ihre Füße im warmen Badewasser. „Besser?“
„Fast“, sagte sie, streckte die Arme durch und drehte den Kopf so, dass ihr Kinn auf der hochgezogenen Schulter zu liegen kam. Die Pose war eigenartig. Sie sah ihn so halbgekrümmt von unten herauf an, obwohl sie fast auf Augenhöhe waren. Das Gesicht hatte keinen emotionalen Ausdruck. Als das gleißend helle Licht sich auf einen vagen Schimmer dimmte, der an harmonischen, gleichförmigen Kerzenschein ohne schattenhaftes Flackern erinnerte, sah ihre Augenfarbe beinahe aus wie glühender Bernstein in dem karneolfarbene Flecken tanzten. Und ihr Blick tanzte über sein Gesicht, verfing sich in den Mundwinkeln, erklomm seine Stirn und glitt über seine unrasierten Wangen, bevor er unvermittelt erneut in seine Augen zuckte.
„Hmm…“, machte Serathis und legte den Kopf leicht schief, während er ihre Augen betrachtete. „Was fehlt?“ Damit es besser wurde? Er beendete die Frage nicht sondern hob einen Mundwinkel nur angedeutet. Die offene Feindseligkeit, dieses wilde Gerangel und Geraufe suchte man an ihm inzwischen vergebens. Und es schien ihm Äonen entfernt, dass er sich so benommen hatte. Dabei waren es nur wenige Tage.
Er verlor ihren Blick, sobald sein Mund sich bewegte. „Bier“, sagte sie und sie klang leise, heiser, aufzählend, „Du…“
War es eine Sinnestäuschung, dass sich ihre Knie enger schlossen?
„Hm“, ließ er erneut vernehmen und nahm einen weiteren Schluck, verwahrte die Flasche in der rechten Hand und schob die linke in ihren Nacken, um sie zu küssen. Er schmeckte nach Bier, nach dieser winzigen Fahne, die man nach eineinhalb Flaschen hatte.
Wie sie sich unter seiner Hand verspannte. Wie sich ihr Mund seinem bereitwillig öffnete. Wie sie seinen Geruch trank. Wie berauschend sie roch - noch immer, nach Leinen, Salz ihrer Tränen, dem schweren Duft von dunkler Vanille. Wie sie liebte, wie er schmeckte und diese winzige Fahne, die sich mit dem Geruch der Esse und Verschwitztheit und der kühlen Abendluft verband, die noch in Haut und Haar gefangen war. Rein, rau und unverfälschtes Leben. Wie sie ihn genoss.
Er küsste sie lange, ausdauernd und so, dass ihnen beiden die Luft ausging. Als würden sie unter Wasser treiben und miteinander ertrinken. Nur noch eine Sekunde länger, schienen seine Lippen sie zu beschwören, bevor er selbst nach Luft schnappte und sich zurücklehnte. „Jetzt aber in die Wanne mit dir“, sagte er leise und bestimmt.
Serathis konnte sie Luft holen sehen und halb sanken ihre Schultern wieder, bevor sie sanft und weich und widerspenstig mit Augenaufschlag sagte: „Nein.“
Serathis holte tief Luft und entließ sie wieder, so dass es einem Seufzen nicht ganz unähnlich war. Dann erhob er sich, stellte sein Bier wieder ab, hob und packte sie als wöge sie nichts und setzte sie in das warme Wasser ohne ein Wort oder Widerstand zuzulassen.
Die fest in sein Hemd gekrallte Hand und der schlanke Arm hätten niemals die Kraft besessen, die dazu nötig gewesen wäre, aber die Magie, die ihn zu ihr in die Wanne fegte, nahm keine Rücksicht auf seine Kleidung. Der Wirbel sorgte für den nötigen Schwung und es war die Magierin, die seine Achse bildete. In einer hohen Welle und spritzendem Tropfenregen gehalten von der Hand, die ihn nicht hätte so fest halten können dürfen, sah er sich ohne gemessene Zeit zu ihr aufblicken, in wohlig warmem Wasser, das ihm aus Bart und Haaren rann und von den Wimpern tropfte.

Beide prusteten, Nuianna kniff die Augen zusammen und rieb sich mit der freien linken über das Gesicht. Ihre rechte Hand an seinem Kragen lockerte sich und sie ruckte in einen bequemeren Sitz auf seinem Schoß. Ihre Hände legten sich flach auf die Wasserlinie über seiner Brust, krümmten sich, als sie nach dem nassen Stoff griffen, sie beugte sich und ohne die Augen so recht geöffnet zu haben forderte sie: „Revanche.“
Es gab keine. Stattdessen brach er in schallendes Gelächter aus und schöpfte ihr mit einer Hand eher halbherzig Wasser über die Haare, während seine Kleidung und Stiefel sich vollsogen. So wollte sie ihn wohl dazu bringen, die neuen Sachen anzuziehen anstatt die alten, die er gerade trug. Sei’s drum. Er mochte sie kindisch.
Sie öffnete ein Auge weiter und zog ein Gesicht. Holte schon Luft, um etwas zu sagen, setzte sich dann aber auf, ihre Hände entkrampften sich vollends und dann betrachtete sie ihn stumm, tropfend und regungslos, lauschte dem Nachhall des Lachens und als sie schließlich lächelte, lag etwas verborgen schmerzliches darin.
Sie gab seinen Körper frei, schob sich neben die Beine und begann den Zopf zu lösen, während der Blick zur Seite abwich.
Serathis schmunzelte als sie ihren Zopf löste und jeder subtile Schmerz schien in diesem Moment nicht wahrgenommen zu werden. Er legte eine Hand an ihr Gesicht und strich über ihre Wange. Und dann kam doch noch etwas von dem angezogenen Bengel: „Was geht dir durch den Kopf?“
Sie sagte ihm nicht, dass sie ihn beinahe erneut als Bengel beschimpft hätte, wohl aber den zweiten Gedanken, lückenlos. „Dass nicht genug Bier im Haus ist.“ Im Stillen ergänzte sie: …genug, um zu vergessen. Und meinte damit alles, was ihr die Jahre aufgeladen hatten.
„Ich will mich gar nicht betrinken. Dann bekomme ich wieder nur die Hälfte mit. Du etwa?“, fragte er und griff nach der Bierflasche, die die Aktion unbeschadet überlebt hatte. Er trank einen Schluck und überlegte gerade noch einen zweiten zu nehmen, schob die Flasche dann aber doch auf den Rand.
„Wieder?“ fragte sie und unwillkürlich kehrte der Blick zurück, während die Hände innehielten.
„In der ersten Nacht in der Ölkanne war ich ziemlich…neben mir.“
Jetzt wich sie seinem Blick aus - da war er sich sicher - und ließ die Hände sinken. Sie verschränkten sich unter Wasser, als sie die Beine neu sortierte und erschreckend wenig Platz dabei einnahm.
„Was ist?“, fragte er und sah sie direkt an, als würde er nichts scheuen.
„War ebenfalls nicht mein bester Tag“, gestand sie und es klang locker, leicht, obwohl es sie sichtbare Überwindung kostete, die Worte herauszubringen. Sie hielt das Gesicht auffällig ins Profil gewandt und sah ihn nicht an. Der Blick ging irgendwo zwischen Wasser und seinen nassen Hosen verloren.
„Ich fand dich ziemlich eindrucksvoll, soweit ich mich erinnern kann“, gab Serathis sanft zurück. „Stark und selbstbewusst. Nicht unbedingt der Typ Frau, der vor mir scheut. Das war schon ziemlich beeindruckend. Ist es noch.“
Jetzt sah sie ihn an und der Blick aus den Augenwinkeln war misstrauisch und zurückhaltend. Überprüfte sie, wie es um den authentischen Gehalt seiner Aussage stand? „Wer scheut vor dir?“ fragte sie und der Tonfall klang exakt wie ihre Augen aussahen. „Und wie sieht das aus?“
„Es gibt genug Frauen, die mich nicht mögen. Und natürlich gibt es auch Frauen, bei denen ich es nicht versuche, für gewöhnlich.“ Serathis begann die Knöpfe seines Hemds zu öffnen. War ihm das peinlich? „Du weißt schon, ich bin ein simpler Typ. Ich hab mir meist einfache Frauen gesucht. Bis ich dich traf.“ Er schloss nicht an, dass er befürchtete, dass sie ihn für immer verdorben hatte.
„Ich möchte mich selbst nicht an dem Abend“, sagte sie sehr schlicht und sah hin. Sah jeden Knopf bewegt und sah auf die Hände. „Es gibt Tage, an denen der Fatalismus das Einzige ist, das die Realität noch erschüttern kann.“ Wenn einen nichts mehr berührt, sagte sie nicht.
„Das ist kein guter Kurs. Fatalistisch zu sein. Es ist schade um deine guten Seiten, Nuianna.“ Klatschnass war das Hemd und es klebte an ihm, brauchte etwas Koordination um es abzustreifen.
Der Blick wich wieder ab. Sie verknotete die Hände neu und starrte geradeaus. Es dauerte eine Weile bis sie erneut sprach, aber das machte nichts. Das Hemd füllte die Lücke gut. „Was ist deiner Meinung nach ein guter Kurs“, fragte sie ohne den rechten Tonfall einer Frage, aber es klang nicht so, als würde sie um des Redens willen reden.
„Ich bin kein Gelehrter. Aber aus Extremen erwächst nichts Gutes. Ich versuche ein einfaches, freudvolles Leben zu führen. Und Spaß dabei zu haben.“
Sie kommentierte es nicht.

Jarryd James ft. Julia Stone - Regardless
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