Hyaena - Geschichte(n) einer Troll-Jägerin

Teil 6

Kapitel 7

Krater von Un'Goro


Bhanghra lief auf sie zu, so schnell wie sie konnte, nun gab es keine Zeit mehr zu verlieren.
Nach einer ersten Sekunde voller Angst, schoß Adrenalin durch ihre Adern und als sie beim Heben des Bogens die Sehne zog, dass das Holz ächzte und ihre Arm- und Schultermuskeln sich anfühlten, als würden sie jeden Moment reissen, verband sich ihr Geist mit dem der Hyäne.

Das war nichts was gelernt oder gelehrt werden konnte, einzig eine intensive Verbindung und viel Zeit miteinander, besonders gefüllt mit gemeinsamen Jagden schaffte es, diese Ebene mit einem anderen Beutegreifer zu erlangen.
Und natürlich die Bereitschaft dazu, sein Selbst gewissermassen für einen Zeitraum aufzugeben.
Erst als sie diesen Effekt selber erfahren durfte, konnte sie verstehen, warum die anderen Jäger des Stammes daraus ein Geheimnis zu machen schienen. Es war kein Geheimnis, nichts was man willentlich herbeiführen konnte, es geschah einfach, wenn die Verbindung zu seinem Begleitertier eine gewisse Qualität erreicht hatte.
Und es war kaum in Worte zu beschreiben, deshalb schwiegen Jima, Yukko, Ran'gun und all die anderen auch oder gaben unklare Antworten, wenn sie sie dazu befragte. Und tatsächlich, nachdem sie selber es erfahren hatte, vielen ihr auch keine passsenden Worte ein.

Das riesige Reptil kam mit gewaltigen Laufschritten in atemberaubender Geschwindigkeit näher, Bhanghra zog jetzt ein wenig nach links und das war der Moment, als Hübsche laut kläffend lospreschte, direkt auf die Echse zu, nur um kurz vor ihr nach rechts abzubiegen.
Reflexartig schnappten die Kiefer nach der Hyäne und verpassten sie nur um wenige Handbreit. Kurz verwirrt und zornig ob der Ablenkung von der ersten Beute, deren Vorsprung sich sofort vergrößert hatte, bremste der Saurier ab und brüllte seine Wut heraus.
Zwei Reihen messerscharfer Zähne kamen zum Vorschein und dahinter ein dunkler Schlund mit langer und bebender roter Zunge davor.
Der Bogen sang und ein mit Gift bestrichener Pfeil bohrte sich in den Rachen. Und kaum dass ein neues Brüllen die Luft erschütterte, folgte ihm der zweite.

Der Rest war Chaos, bestand aus Hin- und Hergerenne, mit immer neuen Versuchen, die Aufmerksamkeit der Bestie von der zu lenken, die in deren Fokus stand.
Und gerade als Hyaena meinte nicht mehr zu können und sich mit wie wild schlagendem Herzen und Stoßatmung einfach fallen liess, zeigte das Gift endlich Wirkung.
Die Schritte der Echse kamen ins Stocken und sie fing an zu straucheln. Die lähmende Substanz hatte sich vom Rachen ausgebreitet und Lunge und die Nervenverbindungen zum Gehirn erreicht und griff Atmung wie auch das Koordinationsvermögen an. Von da an ging alles sehr schnell.
Und noch während das Ungetüm wankte gesellten sich Bhanghra und Hübsche zu der am Boden liegenden und japsenden Troll.
Alle Augen waren auf den Sturz gerichtet und der weiche Boden bebte in einem Radius von mehreren hundert Trolllängen, als der Koloss aufschlug.

Stille senkte sich über das Gebiet und erst nach einer Weile setzten die ersten Insekten und Vögel mit ihren Rufen wieder ein. Hyaena richtete sich auf und strich stolz der hechelnden Hübsche durch das Fell. Bhangrha wandte sich ihr zu. "Guter Schuß" "Ver...fluch...ter ... Oger...dreck." Hyaenas Atem war kaum ruhiger geworden. "Das war ... heftig..." "Nochmal?" Bhanghra grinste sie an. Selbst wenn sie gewollt hätte, wäre es Hyaena nicht möglich mit den Stichen in Herz und Lunge zu lachen. So blickte sie sie nur an und tippte sich an den Kopf. "Nur ... wenn de mich ... umbringen willst." "Schade." Mit immer noch breitem Grinsen reichte die Druidin ihr einen Schlauch mit Wasser.
Die Jägerin nahm ein Schluck und legte sich wieder auf den Rücken und das hohe Blätterdach über sich anstarrend, wartete sie darauf, dass sich ihr Herz wieder beruhigen würde.
Wildes Herz dachte sie. Wenn das bedeutet ein Wildherz zu sein .... Sie beschloß den Gedanken nicht zuende zu denken.
1 Like
Teil 6

Kapitel 8

Krater von Un'Goro


Dampfend lag der blutige und dunkelbraune Lappen vor ihnen.
Mit geübten Schnitten hatte Hyaena schnell die Leber des Tieres freigelegt. Ihre Arme waren bis über die Ellenbogen mit Echsenblut bedeckt. Hübsche zerkaute derweil ein paar Stücke knorpeligen Fleisches. Immer wieder hörte man es Knacken und Schmatzen.

Die beiden Trollfrauen starrten auf die Leber.
"Und nu?" "Nu müssen wir sie lesen." "Kannst du?" "Nee, ich dacht du." Kopfschütteln, dann Schweigen.
Schließlich sahen sich beide an. Unglauben, Frustration, aber auch Staunen über die absurde Situation zeigten sich auf beiden Gesichtern. Eine Weile passierte nichts, dann fing Hyaena an.
"Heisst das, wir ..." "He, das war deine Idee mit der Leber, ich dachte du könntest se lesen." "Moment ma, mein Vater hatte imma aus Lebern gelesen, nich ich. Ich bin nur ne einfache Jägarin." "Das hättste ruhich sagen könn'n"

Wieder schwiegen sie und nur ihre Blicke schienen die Unterhaltung weiterzuführen. Etwas begann in Bhanghras Gesicht zu zucken und Hyaenas Augen verengten sich. Die Atmosphäre zwischen den beiden fing an zu knistern und die Intensität war förmlich zu greifen.
Plötzlich entwich ein Glucksen Bhanghras Mund. Aus dem Glucksen wurde ein Lachen und nach dem ersten Überaschungsmoment musste Hyaena einstimmen.

Minutenlang lachten die beiden, denn sobald sich die eine etwas beruhigte, wurde sie von dem Lachen der anderen wieder angesteckt. Nach einer Weile sassen und lagen die Trolle erschöpft, aber besserer Stimmung einfach da. Nur noch ab und zu brach wieder ein Kichern durch.
"Oh maan ... Das glaubt uns keina." Hyaena richtete sich wieder auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, was breite rote Schlieren über ihr Gesicht zog. "Bei den Loas, das soll alles umsonst gewesen sein?" fragte Bhangrha während sie vor dem riesigen Kadaver stand. "Na, so ganz für umme wirds nich gewes'n sein. Die Haut is bestimmt was wert und das Vieh hat viel Haut. Un schau dir die Krallen und Zähne an." Bhanghra liess nur kurz über das Genannte einen eher uninteressierten Blick gleiten.
"Aba was mach'n wir mit der Leber?" "Essen" schlug Hyaena vor. "Nix da, damit wollt'n wir doch rauskrieg'n welcher Loa für die Wildherz'n wichtich is. Das Teil is sozusag'n nich mehr unsa." "Dann ham wa ein Problem."

Hyaenas Stirn zog sich kraus, während sie die Situation überdachte.
Mittlerweile hatte wieder das übliche Gekreuche und Gefleuche in diesem Winkel des Kraters eingesetzt. Mehr noch. Der Kadaver lockte jede Menge Fliegen an, die in großen dunklen Schwärmen überall an ihm herumkrochen. Hyaena machte sich daran die kostbaren Teile abzutrennen und einzuwickeln. Was immer wieder schwarz-glänzende Wolken aufscheuchte.
Trotz aller Ablenkung hatte sie immer den Preis für das Mammut in Nordend im Hinterkopf. Und die Ausbeute allein dieses Tieres würde mit etwas Glück einen großen Schritt in die gewünschte Richtung bewirken.
Als sie die Haut abtrennte kam das blanke Fleisch des Sauriers zum Vorschein. Was'n Jamma um das ganze Fleisch dachte sie, während ihr scharfes Messer seine Arbeit tat. Wenn's kühla wär, könnte man noch tagelang von essen...

Plötzlich hielt sie inne. Natürlich, das war die Lösung!
Sie drehte sich zur Druidin um. "Kann eina der annern Wildherz'n ausser Leber lesen vielleicht?"
Die andere sah auf. "Ulu..." begann sie nachdenklich. "Ska eher nich, aber Ulu könntes. Möglichaweise. aber der is weit wech. Wie willste den so schnell herkrieg'n?"
"Nich ihn her, de Leber zu ihm" antwortete Hyaena. "Un wie soll das gehn? Bis dahin is de doch entweda vertrocknet oda vergammelt" warf Bhanghra ein.
Nun war es die Jägerin die mit dem Grinsen anfing.
"Lass dich übarasch'n."

Als sie ein wenig später beim Mooshügel, dem Abenteurerstützpunkt, an dem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten, eintrafen, ging Hyaena direkt zu ihrem Gepäck und holte einen knapp mehr als kopfgroßen Kasten aus Metall hervor.
"Das..." eröffnete sie der neugierig schauenden Druidin, "löst unsa Problem." Bhanghra schien skeptisch. "Goblinzeugs?" fragte sie und wich ein paar Schritte zurück. "Ja, und genau richtich für unsre Zwecke."
Sie bemerkte wie die andere Troll auf Abstand blieb. "Hee, das Ding is sicha. Hab's schonma für … sowas benutzt." Bhanghra schnaubte. "Goblinkram und sicha!" "Bisher isses nich explodiert" wandte Hyaena ein. "Was nur de Wahrscheinlichkeit erhöht, dasses bald in die Luft fliegt" war der trockene Kommentar.
Doch schließlich überwog die Neugier und Bhanghra trat näher.
"Un was macht es?" "Das hier.." sagte Hyaena und ihr Ton klang triumphierend, "bringt die Leber kühl und frisch nach Hause, oder wo imma wir Ulu treff'n."
1 Like
Teil 6

Kapitel 9

Orgrimmar


Ausgelassen war die Stimmung.
Erstaunt stellte Hyaena fest, dass auch ein Orc Teil der Wildherzen war.
Alle anderen waren wie erwartet Trolle. Ein großer Drakkari mit auffallendem Kamm auf dem Kopf war dabei. Und natürlich Uluwatu.
Bhangrha hatte schon viel erzählt von ihm und so beäugte die Troll ihn besonders aufmerksam.

Viel wurde gelacht, geschmaust und getrunken und Hyaena fühlte sich schnell wohl in diesem zusammengewürfelten Haufen.
Alles heimatlose Gestalten. Warum war kein Thema. Ob es sich um Geächtete und Verstossene, um Flüchtlinge, oder einfach um Abenteurer ohne Bindungen an einem Stamm handelte, spielte hier keine Rolle.

Was Hyaena besonders genoß, war die Abwesenheit von strikten Regeln oder Tabus. Auch wenn der Verlust ihres Kontaktes zu ihrem Stamm oft schmerzte und die Einsamkeit an ihr nagte, hatte sie doch die Freiheit tun und lassen zu können was sie wollte zu schätzen gelernt.
Besonders als weiblicher Troll war es eine Befreiung.
Natürlich hatte schon der eine oder andere Troll sie als stammesloses Weibchen wie Freiwild betrachtet und benahm sich entsprechend aufdringlich. Auf die harte Tour hatte sie lernen müssen, was das bedeutete. Nicht umsonst hatte sie ihr langes Jagdmesser stets zur Hand und auch als sie ihre ersten Begleiter gezähmt hatte und längst nicht mehr allein durch die Gegend zog, blieb sie wachsam und ihr Messer griffbereit.

Kurz versank sie in Gedanken und die Unterhaltung, Bhangrha schilderte gerade die Jagd im Krater von Un‘Goro, nahm sie nur wie durch einen Schleier war. Doch nicht für lange.
„He, Hya !“
Die angesprochene Troll schreckte hoch. „Was? Was‘n los ?“
Alle sahen sie an. „Haste die Leber dabei?“ Bhangrha schaute sie freundlich an. Hyaena schüttelte den Kopf. „Nee maan, ‚türlich nich hier. Aba ich kann se schnell ma holen, wenns Not tut.“
„Tu das. Ulu will se sehn.“ Uluwatu sah sie ruhig an und nickte nur.
„Woll‘n doch wiss‘n was Sache is mit uns, mit den Wildherzen.“
Beim letzten Wort hob Bhangrha etwas die Stimme und Stolz war eindeutig herauszuhören.
„Ok, bin gleich wieda da. Dauert nich lang.“ Geschmeidig stand sie auf und machte sich auf zu ihrem Warenlager.

Eine Weile war sie doch unterwegs gewesen, hatte die Nachtluft genossen und an dunklen Ecken kurz gestoppt um einen Blick auf die Sterne zu erhaschen, doch gutgelaunt stellte sie fest, dass noch alle da waren, wenn auch schon deutlich müder und einige betrunkener als sie es vorhin noch gewesen waren.
Erst als sie sich wieder an ihren Platz setzte, und feierlich einen Lederlappen auseinanderschlug und die große Leber zum Vorschein kam, drehten sich auch die letzten Köpfe in ihre Richtung.

Die Leber war noch kühl und tatsächlich in einem sehr guten Zustand.
Dieser Goblin-Kühl-Kasten war definitv sein Gold wert. Und explodiert war er auch nicht, wie sie immer wieder erleichtert feststellte.
Froh darüber die Aufmerksamkeit aller zu verlieren, reichte sie Uluwatu, das Leder wie eine Schale nutzend, die Leber und beobachtete ihn, wie die anderen auch, gespannt.

Der zuerst skeptische Blick des Trolls zeigt für einen kurzen Moment leichte Überraschung wurde dann aber schnell ernst und schließlich versank er ganz und gar in die Betrachtung des Organs.
Zuerst schauten alle noch gebannt zu, aber als offensichtlich wurde, dass es nicht sofort zu einer Deutung kommen würde, wurden andere Themen interessanter und hier und da kamen wieder Gespräche in Gang.
Wenn auch deutlich schleppender zu dieser späten Stunde.
Hier und da wurde gegähnt. „Ich geh pennen. Ist spät jetzt“ sagte der Orc und erhob sich. Und damit war er nicht der einzige.

Endlich, nun in kleiner Runde, blickte Uluwatu hoch und runzelte die Stirn. „Und? Was sagt se?“ Bhangrha blickte ihn erwartungsvoll an.
Der Troll macht eine abwehrende Bewegung mit der Hand. „Lasst uns ma in Kluft der Schatten gehen jetzt.“ Erstaunte Gesichter bei allen.
„Wieso?“ „Was denn?“ „In die Kluft?“ Fragen hagelten auf den Troll ein, da aber keine weiteren Informationen aus ihm herauszuholen waren, tat die fortgeschrittene Stunde ihr übriges und die Fragen verstummten.

Hyaena war sich später nicht sicher, ob es an der Müdigkeit, dem Alkohol, der Kluft selber, oder an der Kombination von allem lag, aber waren sie erst immer noch in leicht gehobener Stimmung, schlug diese schnell um.
Eine gewisse Verschwommenheit der Wahrnehmung, des gesamte Seins nahm von Hyaena Besitz und die Schatten taten ihr eigenes. Schon bald verlor sie die Orientierung und die anderen.
Mal sah sie noch einen neben sich, mal wechselte sie mit jemanden ein paar Worte, dann wieder war keiner zu sehen oder hören. IMüdigkeit senkte sich immer schwerer auf sie nieder.
Irgendwann verlor die Troll das restliche Raum- und Zeitgefühl, setzte sich an die Wand die gerade hinter ihr war und schloß die Augen.

Ob sie geschlafen hatte und wenn ja wie lange, konnte sie nicht sagen.
Nur dass sie wieder klar war. Weit und breit war niemanden der anderen Wildherzen zu sehen. Und nach einigem Suchen in der Kluft beschloß sie, dass die anderem bestimmt schon draussen irgendwo auf sie warten würden.

Wie sehr sie sich irrte, musste sie sich oft in den nächsten Monden eingestehen.
Denn weder Bhangrha noch Uluwatu bekam sie zu Gesicht. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren.
Die beiden waren und blieben wie vom Erdboden verschluckt.

Liebe Bhangrha,

falls du dieses hier lesen solltest:
Zu allererst hoffe ich von ganzem Herzen, dass es dir gut geht.
Fast genauso sehr hoffe ich, dass du zumindest einverstanden bist, wie ich an "unserem" Teil der Geschichte geschraubt habe.
Es ist jetzt so lange her, dass wir hier Zeit zusammen verbracht haben, dass ich natürlich Einzelheiten nicht mehr genau abrufen kann.
Einiges habe ich passend für die Geschichte gemacht, so dass es in sich stimmig wurde.
Z.B. habe ich das schicksalhafte letzte Treffen, das in diesem Kapitel erwähnt wird, vom alten Dalaran nach Orgrimmar verlegt und somit ist auch die Kanalisation zur Kluft der Schatten geworden.
Vieles, an Dialogen und detailierten Handlungen habe ich ausgeschmückt und weitergesponnen, habe aber immer versucht, Dir und den Erlebnissen an sich gerecht zu werden und vor allem einen sinnigen ic-Ablauf hinzukriegen.
Es war eine schöne Zeit mit dir und ich hoffe, dass du ebenso zurückdenken kannst und magst.
Mögen die Geistah mit Dir sein.
Für die Wildherzen!!!
1 Like
Teil 6

Kapitel 10

Orgrimmar


„Ok maan, geritzt.“
Entschlossen griff Hyaena zur Feder und malte mit wenigen einfachen Strichen den stilisierten Kopf einer Hyäne unter dem Text.
Die Goblin ihr gegenüber hatte ein fast gelangweilt zu nennendes Gesicht aufgelegt, aber als sie sah wie ungeschickt die Troll die Feder hielt, gab sie ein kurzes Schnauben von sich. „Wenn Ihr die Feder kaputt macht, schlag ich sie auf die Summe drauf, nicht auf die Zinsen, dass Ihr das wisst.“
Innerlich rieb sie sich jedoch die Hände. Sie witterte hier ein gutes Geschäft. Die Zinsen für das geliehene Gold, würden eine gute Zeitlang fliessen, so schnell würde die Troll die Summe nicht zusammenkriegen um den Schuldschein zu begleichen.
Auch als sie sah, was die Troll da als Unterschrift unter dem Vertrag setzte, verzog die Goblin keine Mine. Da hatte sie schon ganz anderes gesehen.
Noch gut erinnerte sie sich an eine Szene vom letzten Jahr, als eine Orc statt der Feder ihren Dolch, ein hässliches Ding mit gezahnter Klinge, ergriff und einmal durch das Papier stach. Exakt an der Stelle, die sie ihr für die Unterschrift gezeigt hatte. Durch das Papier und in den Tisch hinein. So eine Frechheit!
So unterschreibe sie immer und es gäbe jede Menge die das bezeugen könnten, wenn sie noch leben würden.
Die Goblin schluckte ihre Empörung hinunter und beschloß die Kosten für einen neuen Tisch beim nächsten Geschäft geschickt mit einzubauen.
Was sie allerdings nie tat. Einen neuen Tisch zu besorgen.
Dagegen war diese Troll mit ihrem Gekrakel hier ein Witz.

Der Hyänenkopf war fertig und die Zungenspitze verschwand wieder in den Mund. „Da“ sagte sie nur und schob den Vertrag zurück.
„Krieg ich jetzt das Gold?“ Mißtrauen klang in ihrer Stimme. „Immer mit der Ruhe meine Dame“ antwortete die Goblin, mit einer dünnen Spur Essig in der Stimme. Sie haute auf einen Klingelknopf und kurz darauf tauchte das mürrische Gesicht eines etwas älteren Goblin hinter einem Vorhang auf.
„Was ist?“ Ohne besonders viel Energie in so etwas wie umdrehen zu verschwenden, hielt die Goblin einen Zettel nach hinten, die der andere ergriff, einen Blick darauf werfend.
„So viel?“ „Versuch wenigstens profesionell zu wirken und jetzt bring bitte der Dame hier das Gold.“ Sie drehte den Kopf und schenkte dem anderen ein zuckersüßes und überbreites Lächeln. „Na los! Hopp!“
Der Goblin blickte kurz zu der Troll und dann zu seiner Kollegin, Frau, was auch immer und verschwand. Zufrieden drehte sich die Goldverleiherin wieder zur Troll um. „Einen kleinen Augenblick Geduld bitte“ sagte sie ohne den Gesichtsausdruck zu verändern.

Gute zwei Monate waren vergangen.
Von Bhangrha und Uluwatu keine Spur.
In der ersten Zeit hatten sie noch ständig damit gerechnet, dass die beiden plötzlich einfach wieder da wären und im „Gebrochenen Hauer“ oder bei Sijambi im Tal der Geister sitzen und lachen würden.
Hyaena konnte keinen Platz überqueren, keine Gasse und kein Geschäft betreten ohne erst einmal alle Anwesenden durchzusehen.
Nichts. Keine Spur.
Von den anderen Wildherzen hatte auch keiner irgendetwas gehört oder gesehen. Allmählich zerstreute sich die Gemeinschaft. Die junge Druidin war mit ihrer gewinnenden Art immer das Verbindungsglied gewesen, etwas was jetzt schmerzlich und deutlich zutage kam.

Hyaena saß mit Havo im Tal der Geister rum und schaute sich das Volk an, dass geschäftig hin und her eilte.
„Ich bins leid“ brach es aus der Troll heraus. „Wazz‘n?“ „Rumzusitz‘n und warten dass de beid‘n wieda auftauch‘n.“ Sie hob mit den Zehen einen Stein auf und griff sich ihn.
In letzter Zeit kehrte immer öfters Nordend zurück in ihre Gedanken. Sie erwischte sich, wie sie immer öfters an der von den Goblinen geführten Bank anhielt und grübelte.
Es fehlte ihr noch ein großer Teil des Goldes, dass sie oben für ein Mammut auszugeben gedachte. Zwar hatten die Tigerfelle aus dem Schlingen und insbesondere die Zähne und Krallen aus Un‘Goro einen ordentlichen Schwung Gold eingebracht, aber reichen würde das noch lange nicht.
Was nicht weiter schlimm war. Hatte die Zeit mit Bhangrha hier, sie ihr Vorhaben zwar nicht vergessen, aber zumindest immer weiter nach hinten verschieben lassen.
Aber jetzt war die Situation eine ganz andere.

Sie warf den Stein immer wieder hoch um ihn gleich darauf aufzufangen.
„Ich hau ab nach Nordend. Wollte schon lange da sein. Ich vertrödel hier nur kostbare Zeit.“ „Naak No‘ren‘? Nor‘end is grozz. Mon. Wo‘n denn k‘nau?“ Der Drakkari schaute interssiert. „An der Küste unten. Zu den Kalu‘ak. Hab vasproch‘n wiederzukomm‘.“ Havo verzog den Nasenrücken kraus. „Bai‘n Waasahaua‘n?“ „Jepp“ entgegnete die Troll nur. „‘Wolld sch‘n fazzt anbitt‘n tsez‘lzz mitkomm‘, aba zu den‘n, da kannst‘ alla‘in hinkeh‘n‘“
Hyaena warf ihm einen kurzen Blick zu und musste einen Augenblick überlegen, bevor sie verstand was er meinte. Sie hatte immer noch ein paar Schwierigkeiten den Drakkari zu verstehen.
Schnell aber wandte sich wieder dem Stein zu, denn das Steinwerfen verlangt ihr zuviel Konzentration ab. Mit nur einem Auge war das immer wieder eine Herausforderung, aber auch ein gutes Training.

„Schon okay, danke maan.“ Sie musste lächeln, freute es sie doch, dass der überhaupt die Idee hatte.
„Wann soll‘s n lozkehn, mon?“ „Am liebsten ….jetzt.“ Bei ‚Jetzt‘ fing sie den Stein auf und warf ihn mit Schwung in einem hohen Bogen fort.
Und traf eine Dunkelspeerwache die gerade um eine Ecke bog an den Hinterkopf.
Wüst fluchend wirbelte der Troll herum, zu sehen wer das gewesen sein könnte.
„Jezz‘iz ne kute Idee“ schnaubte Havo mit einem Zähnefletschen aus, die beiden machten sich schnell und breit grinsend davon.

Später am Tag nahm Hyaena allen Mut zusammen und beschloß, das fehlende Gold sich auf die einfachste Art zu beschaffen.
Einmal tief ein- und ausatmend, ging sie die Stufen zur Bank hinauf und reihte sich beim erstbesten Schalter ein.
Als sie endlich dran war, gab man ihr zu verstehen, dass sie nicht ‚kreditwürdig‘ sei. Was auch immer das genau hiess, schnell war der Troll klar, dass sie hier kein Gold bekommen würde.
Frustriert und mit einem Fluch auf den Lippen ging sie wieder hinaus auf die Strasse und während sie noch wütend dastand und überlegte, was sie jetzt machen sollte, umrundete sie ein Goblin der Zeuge der Szene in der Bank war und steckte ihr ein Zettel zu.
„Hier Schätzchen, da kriegst du was du willst,“ zwinkerte und verschwand in der Menge.
Als sie den Zettel auseinander faltete, kam eine Zeichnung zutage, in der Gassen und Gebäude eingezeichnet waren. Ihre Position war mit einem Kreuz versehen und offensichtlich brauchte sie nur der gestrichelten Linie folgen.
Ha!“ dachte Hyaena triumphierend. „So findet das ja jeder Idiot.“ Zufrieden grinsend machte sie sich auf den Weg.
1 Like
Teil 6

Kapitel 11

Orgrimmar


Das Gold wog schwer in ihren Gürteltaschen.
Jetzt, wo sie das Gold für das Mammut zusammen hatte, mochte sich trotzdem keine Freude, oder zumindest Zufriedenheit, einstellen.
Ja, sie hatte unglaublicherweise die Summe komplett, aber das Tier war viele tausend Meilen weit.
Und auf so einer weiten Strecke konnte viel passieren. Eigentlich schon hier in Orgrimmar.
Mißtrauisch blickte sie sich um. Wenn nun jemand sie gesehen hatte, wie sie beim Goldverleiher herausgekommen war? Man musste nicht unbedingt der schlaueste sein, um sich zu denken warum jemand dorthin ging.

Erleichtert wischte sie ihre schwitzigen Hände an ihrem Wams trocken als sie endlich ihre und Taihs Unterkunft erreicht hatte.
Sich nach einem guten Versteck umsehend fiel ihr ein Stapel mit gefütterten Rüstungsteilen auf ihrem Bett auf. Exakt die, die sie auf ihrer letzten Nordendfahrt getragen hatte. Völlig perplex erstarrte sie.

„Sie ham mir gesagt dir sei kalt. Und dassde Angst hast.“ Sie fuhr herum.
Taih saß auf seinem Lager und hob abwehrend beide Hände in die Luft. Er muss sehr still dagesessen haben. „Wollts nich glaub‘n erst, aber sie warn so sicha.“ Ihr Bruder grinste breit. „War doch richtich, oda?“ Er zeigte auf die Auswahl die er getroffen hatte.
Ihr blieb der Mund offen stehen. Wer ihm das erzählte hatte, brauchte sie gar nicht fragen. „Dann weisste, dass ich wegfahr?“ Ihr Auge fixierte ihn vorsichtig. „Dass du ...“ Taih sah sie überrascht an und schüttelte den Kopf. Sein Blick wanderte zwischen seiner Schwester und den Klamotten hin und her. Wieder hob er beide Hände, doch diesmal um sich die Dreads zu raufen. „Taih …. Taih …. Taih ….so hamse es gemeint…..maan maan maan.“ Er setzte sich gerade auf und malte murmelnd mit seinem Finger Zeichen auf seine Stirn. „Bessa zuhör‘n.“

„Taih ...“ hob sie an, als sie zum Bündel schritt und die Sachen durchsah.
Taih winkte ab. „Nee schon klar maan. Brauchste nich erklär‘n. Sie ham mir schon alles gesagt. Taih versteht dich jetzt.“ Die Troll stutzte. „Was ham sie dir gesacht?“ „Na, du bis rastlos. Weil du kein Fried‘n findest da.“ Ihr Bruder war inzwischen von seinem Lager augesprungen und zu ihr rübergegangen. Ein Finger zeigte auf die Stelle von ihrem Herzen.
Sie schluckte.
„Nee, so nich. Bin verabredet da. Hab vasprochen wieda vorbeizuschauen, bei den Kalu‘ak. Weisst du? Hab dir doch erzählt von den dicken Wassertierjägarn, weisste doch noch, oder? Die warten bestimmt schon. Bin viel zu lange weg nun. Hab ja gesagt, dass ...“
Ihr Reden erstarb, während Taih sie nur ansah. Nichts entgegnete er, sah sie nur an. Leichter Zorn stieg in ihr hoch.
Was bildete er sich bloss ein? Nur weil alle möglichen Dinge zu ihm sprachen, wie er glaubte, hatte er nicht das Recht so etwas zu behaupten. Und überhaupt, war er nicht eh verrückt, meschugge? Ein Teil seines Geistes weilte schon seit Jahren sonstwo. Wieviel war dann auf sein Gerede zu geben?
Taih sah sie nur an.

Ihr Zorn verflog ebenso schnell wie er gekommen war und Scham stellte sich ein. Es war nicht seine Schuld, dass es soweit gekommen war. Hätte sie in den Willen ihres Vaters eingewilligt, wäre alles anders gekommen.
Ihr Herz krampfte sich zusammen. Nur zu gut kannte sie diese Gedankenspirale. Sie gab sich einen Ruck.
„Ich muss zum Stallmeistah, nach den Viechern sehn“ murmelte sie undeutlich, drehte sich weg und stürmte hinaus.
Taih sah ihr hinterher.

Am Abend des nächsten Tages verabschiedeten sie sich.
Lange und fest drückten sie sich, aber seit gestern kamen keine Worte mehr über ihrer beiden Lippen. Schließlich löste Jeng‘a sich von ihm, bückte sich um ihr Bündel aufzunehmen und wandte sich um.

Und wieder sah Taih seiner Schwester nach.
Sah wie sie, in ihre wärmste Rüstung gekleidet, ihr pepacktes Reittalbuk an der Leine führend, den Zeppelin betrat.
Sah wie Skadi anstelle von Hübsche diesesmal die Troll begleitete.
Sah wie Jeng‘a ein weiteres mal auf ihre Suche ging.
Dabei brauchte sie doch gar nicht wegfahren dafür.
Der junge Troll beschloß für sie später mitzutanzen. Und das auch die nächsten Abende beizubehalten. So konnte er zumindest sicher sein, dass sie nicht ganz in Dunkelheit versank.
Er winkte, als sich der Zeppelin in Bewegung setzte. „Taz‘Dingo !“ jubelte er ihr zu, als sie das Winken erwiederte.
Und als er ein Rad schlug, versuchte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht zu schleichen. Beinahe gelang es.

Ende Teil 6
1 Like
Teil 7

Kapitel 1

Yoyamba


Die zwei Trolle hockten hinter einer Pflanze mit grossen fleischigen Blättern als sie beobachteten wie sich die beiden Gestalten da aus dem Meer an den Strand mehr kriechend als aufrecht kämpften, erst argwöhnisch und dann neugierig.
Ein Raptor und eine Troll.
Als sie sahen, dass beide dort wo sie angekommen erschöpft liegen blieben, lockerten sich ihre Griffe mit denen sie ihre langen und bemalten Speere hielten.
„Tzzzz“ zischte der eine und spuckte aus. „Die sin fertich maan. Lass ma schaun was wa da hab‘n.“ „Aba vorsichtich ey, is‘ vielleicht nen Trick“ erwiderte der andere und liess den Speer einmal geschickt um seine Hand drehen. Der erste lachte ihn aus. „Haste Angst? Wie solln die sich auf‘n Trick vorbereitet hab‘n? Guck doch. Die sin durch.“ Er richtete sich zu voller Größe auf, liess einmal seine Schulter rollen und gab den anderen mit dem stumpfen Speerende einen leichten Stoß. Dann gingen sie ruhig, aber wachsam zu den Gestrandeten.

Der angesprochene Troll liess sich jedoch nicht beirren.
„Beim Viech weiss man nie, wieviel Kraft noch innem steckt maan. De Raptor isses den Mun‘gua und Lomoko im Blick hab‘n sollten.“ „Das kann Mun‘gua tun. Lomoko weiss was bessres für seine Aug‘n.“ Der Troll grinste. Sie waren jetzt nah genug um sich sicher sein zu können, dass es tatsächlich eine Troll war die da auf dem Rücken lag. Ihre dicken verfilzten Zöpfe lagen zum Teil schwer und nass über ihrem Gesicht verteilt, aber ihre sich von schwerem Atmen hebende und senkende Brust liess keinerlei Zweifel zu.

In knapp einer Trolllänge entfernt blieben Mun‘gua und Lomoko stehen.
Während mit wachsendem Vergnügen Lomokos Blick über den klitschnassen Körper der Troll glitten, liess Mun‘gua immer nur für kurze Momente den Raptor aus den Augen.
Lomoko liess ein anerkennendes Schnalzen hören. „He, die is noch gar nich alt maan.“ Mun‘gua blickte gar nich erst hin. „Was glaubste denn du ey? Das ne alte Schachtel das schaff‘n würde?“ Er wiess mit seinem Speer über das Wasser zur Küste hin. „Lomoko hat geseh‘n wie sie sich am Raptor festgehalt‘n hat. Die musste nich viel schwimm‘.“ „‘s trotzdem nen weitah Weg.“ „Egal, hauptsache is, dasse da is.“
Mun‘gua blickt ihn jetzt an, seine Augen schmaler werdend.
„Lass bloß deine Fingah von der. Z‘kele wird entscheiden was mit ihr wird.“ „Klar wird er das. Aba bis dahin is noch Zeit. Er weisses ja noch nich ma, was das Meer hier angespült hat.“ Lomoko veränderte seine Position um sich die Troll aus einem anderen Winkel anzuschauen. „Is keine von uns. Viel zu klein.“ Mun‘gua wandte sich wieder dem Raptor zu, der immer noch bewegungslos dalag. Lediglich dessen Zunge liess sich ab und zu sehen und bewegte sich schwach. „Halt ne Dschungeltroll, was haste denn erwartet hier.“

Lomoko hockte sich neben der Troll und streckte seine freie Hand aus um sie flach über dem jungen Gesicht hin und her zu bewegen. Keinerlei Reaktion.
„Auf jeden nich das hier“ erwiderte Lomoko mit leichtem Lächeln. Vorsichtig nahm er eine der Dreads und legte sie zur Seite um mehr von dem Gesicht sehen zu können. „Loko!“ „Was denn? Guck doch nur, was das Meer uns Hübsches geschenkt hat. Un das nur für uns.“ Er griff sich einen zweiten Zopf.
Mun‘gua trat nervös von einem Bein auf das andere. „Z‘kele ...“ „... wird nix erfahrn maan“ unterbrach ihn Lokomo. „Aba sie wird‘s sagen“ wandte Mun‘gua ein. Lokomo blickte jetzt zu ihm hoch. „Un wem wird er glaub‘n? Zwei seiner Kriegern oder so ner primitiven Dschungeltroll, ohne Stamm?“ „Das weisste doch nich.“
Der Einwand fiel schwach aus. Was machte hier eine Troll ganz alleine. Offensichtlich fliehte sie vor irgendwas oder irgendwem. „Und wenn schon, passiert is passiert“ hob Lokomo von neuem an. „Wie lang isses jetzt her, dassde das letztes ma dich gepaart hast, wieviel Monate Mun‘gua? Wir sitzen hier schon viel zu lange fest, fast alle sin schon wieda zu Hause und wälzen sich mit ihren Weibchen auf ihren Matten. Un wir soll‘n hier Wache schieb‘n. Als ob Zul‘Gurub nich klar gemacht word‘n wär. Da iss nix mehr los. Was soll das? Das doch nich fair maan.“
Mun‘gua lauschte Lokomos ruhigen Worten und fast wie hypnotisiert beobachtete er dessen Finger wie sie an der Wange der Troll langsam herab strichen. Auch seine Erregung nahm zu. Lokomo hatte recht. Es war viel zu lange her. Er schluckte schwer.
Und als er sah wie die Hand schließlich eine Brust erreichte und sie umschloß wurde sein Denken wie von einer Welle der Brandung hinweggefegt.
Den plötzlichen Schmerz nahm er im ersten Augenblick deshalb nur wie aus weiter Ferne wahr.
1 Like
Teil 7

Kapitel 2

Schlingendorntal


Das erste was sie erschrocken feststellte war, dass sich die Entfernung als viel größer herausstellte als es von der Küste her ausgesehen hatte. Und als dann die Zweifel am Gelingen stärker und die Kräfte ihres Raptors weniger wurden und sie einen Blick zurück warf, eine Rückkehr zu erwägen, musste sie feststellen, dass sie gerade vielleicht gerade mal die Hälfte zurückgelegen haben mochten.
Wobei Jeng‘a sich nicht mehr traute die Distanz korrekt einzuschätzen.
Umdrehen, eine bekannte Strecke zurückzulegen und womöglich keinen zweiten Versuch zu unternehmen oder weiter gegen Wellen und Strömungen ankämpfen und schließlich, hoffentlich, Yoyamba erreichen, waren die einzigen Optionen und die Troll entschied sich nach kurzem Augenblick für zweiteres. „Zurück“ war für sie noch nie eine wirkliche Alternative gewesen.
Eine Entscheidung die sie schon bald bereute.

Kuyenda, Yukkos ehemaliger Reitraptor, baute ab. Und das erschreckend schnell. Sah es eben noch aus, als ob das Tier es schaffen würde, wurden seine Bewegungen deutlich langsamer. So liess Jeng‘a sich von seinem Rücken gleiten um kein Ballast zu sein und schwamm in langen Zügen nebenher.
Doch auch sie kam schnell an ihre Grenzen.
Sie hatte sich immer für eine gute Schwimmerin gehalten, aber hier, weit ab von einem Ufer, inmitten Strömungen und hoher Wellen wurde sie hart und unerbittlich mit der Realität konfrontiert.
Noch nie musste sie solche Strecken zurücklegen und wie sie ihre und Kuyendas Kräfte schwinden sah, stieg Panik in ihr hoch. Ausdauer war nie gefragt gewesen bisher.
Schon sehr bald kam sie an den Punkt, an dem sie glaubte keinen weiteren Schwimmstoß mehr machen zu können und mit einem letzten Aufgebot griff sie zu einer Satteltasche, zog sich auf die protestierend aufbrüllende Kuyenda und hielt sich fest. Nur noch festhalten. Festhalten. Du schaffst es war alles was sie dachte, während ihr immer wieder Wellen ins Gesicht schlugen und sie versuchte kein Wasser zu schlucken. Und damit meinte sie sich nur an zweiter Stelle.

Irgendwann, als die ganze Welt nur noch aus sich bewegendem salzigem Wasser und einem Halt aus aufgeweichtem dicken Leder zu bestehen schien, änderten sich das ständige Hin- und Hergewerfe und plötzlich gesellte sich etwas Festes hinzu.
Zuerst begriff sie nicht, aber dann brach die Erkenntnis durch.
Land! Yoyamba! Sie hatten es geschafft!
Mit letzter Kraft krochen beide, Troll und Raptor, durch die Brandung, bloß weg von dem immer wieder nach ihnen greifendem Meer.
Neben ihr sackte Kuyenda schließlich zusammen und auch Jeng‘a blieb einfach liegen. Ein letztes mal bäumte sich ihr Körper auf, krümmte sich und sie erbrach ein Schwall salziges Nass. Als sie wieder entkrampfte kam sie auf den Rücken zu liegen. Möwengeschrei war das Letzte was sie mitbekam.
Dann wurde alles schwarz.
1 Like
Teil 7

Kapitel 3

Yoyamba


Als Jeng‘a wieder zu sich kam, war alles anders.
Eine Flut von Eindrücken und Reizen sprangen sie förmlich an, katapultierte sie in eine Welt, in der alles anders war als gerade eben noch.
Nicht wissend, dass sie einige Minuten ohnmächtig gewesen war, kam es vor, als ob sie gerade eben erst sich erschöpft auf den Rücken ausgestreckt hatte. Und nun explodierte es förmlich um sie herum. Ohne dass es etwas in ihr gab, dass auch nur versuchte alles zu deuten, erklären, geschweige denn überhaupt zu verstehen, prasselten Informationen auf sie ein, ohne Vorwarnung und Sinn.
Raptorbrüllen, ein mörderischer Schmerzenschrei, die Gestalt eines großen Trolls über sie gebeugt, sein Gesicht zu Seite gedreht, Druck auf ihrer rechten Brust und Geruch von Angst und Blut das sich mit dem des Meeres vermischte.
Und dann ging alles sehr schnell.

Der Troll über ihr sprang auf, der Druck auf ihrer Brust verschwand und sie sah dass er einen langen Speer hob.
Schnell schaute sie in die Richtung in die der Troll blickte und sah Kuyenda, den Arm eines weiteren Trolles zwischen ihren Kiefern. Der zweite Troll lag am Boden und kreischte. „TU WAS! VERDAMMT MAAN! TU WAAAS!“
Der erste Troll holte zum Wurf aus.
„NEIN!“ brüllte ihrerseits Jeng‘a, schoß hoch und warf sich gegen den Troll mit dem Speer. Beide stürzten und der Troll verlor seine Waffe. Verdutzt rappelte er sich auf und starrte sie an. Auch Jeng‘a kam auf die Beine, taumelte aber als Schwindel sie erfasste. Kuyenda riss ihren Schädel zur Seite und der Troll den sie zu packen hatte wurde über den Sand gezogen. Sein Schrei war grauenhaft.
Als der unverletzte Troll sich bückte um seinen Speer zu greifen, ging Jeng‘a ihn wieder an, mehr torkelnd als mit wirklicher Kraft.
Noch im Bücken stützte sich der Troll auf den Boden auf und wirbelte seine Beine, seinen Körper als Achse nutzend, im Kreis durch die Luft und erwischte Jeng‘a mit einem Fuss in vollem Schwung.
Ihr Kiefer krachte und sie wurde weit weg und zu Boden geschleudert. Sterne tanzten vor ihren Augen und alles drehte sich. Geschmack von Blut füllte ihren Mund und irgendetwas kleines und hartes bewegte sich frei in ihm.

Erst als Kuyendas Gebrüll die Luft erzittern liess, kam sie ein Stück weit wieder zu sich. Sie spuckte einen Klumpen Blut mit einem Backenzahn aus und als sie sah, wie der Speer in Kuyendas Flanke steckte, versuchte sie aufzustehen. Doch sie kam gerade mal auf die Knie.
Schwindel hatte sie immer noch gepackt und nahm ihr alle Kraft.
So blieb ihr nichts anderes übrig als zuzusehen müssen, wie der Troll den Speer seines Kumpanen aufhob und im Bogen um Kuyenda ging, sie von dem verletzten Troll ablenkend, immer in weit mehr als genügendem Abstand zu ihrem zuschnappendem Kiefer.
Er konnte sich Zeit lassen. Kuyenda war verletzt und knickte immer wieder mit dem linken Bein ein. Wütend brüllte sie ihn immer wieder an, doch mehr als sich immer wieder in seine Richtung zu drehen, vermochte sie nicht. Unter ihr verfärbte sich der Sand in immer größerer Fläche rot von ihrem Blut. Der den sie eben noch zu packen gehabt hatte, robbte sich hektisch in Sicherheit.
„Tu ihr nichts, bitte maan!“ Jeng‘as Stimme war voller Flehen als sie dem Troll zurief. Er ignorierte sie, keinen Augenblick wandte er seine Augen von seinem Ziel. „Sie kann doch nix mehr mach‘n, bitte!“ Er stoppte. Aber offensichtlich nur, weil er mit seiner Position zufrieden war, denn er hob den Speer auf Schulterhöhe.
Jeng‘a versuchte wieder aufzustehen, doch mehr als einen Fuss brachte sie nicht auf den Boden. Der Schwindel war einfach zu stark.
Der Troll bewegte den Arm zurück, ruhig auf das Raptorweibchen zielend und holte aus, all seine Kraft in den Wurf legend.
„Kuyenda ...“ Lautlos, voller Unglauben und Verzweiflung kam es von Jeng‘as Lippen. „Yukko ...“
1 Like
Teil 7

Kapitel 4

Yoyamba


„Wollt ihr mich für dummverkauf‘n?“ Der Troll fuhr herum, dass seine Halskette klackte als mit dem Schwung die aus Jade geschnittenen Krallen gegeneinander stiessen. Mit zwei großen Schritten stand er vor Lokomo und starrte ihn aus nächster Nähe an. Fast berührten sich ihre Hauer.
„‘nen Trollmädchen schwimmt mit ihrem Raptor von der Ungezähmten Küste ma eb‘n nach Yoyamba und hat nix bessres zu tun als sofort zwei ausgewachs‘ne Zandalari- …“ er machte eine kurze Pause und als er fortfuhr betonte er das nächste Wort vor Spott triefend. „…-Krieger anzugreif‘n?“
Lokomo wich seinem Blick aus.
„Das mistige Viech hat fast mein‘ Arm zerfetzt“ kam es von Mun‘gua, der bleich an einem der üppig beschnitzten Pfeiler lehnte die das Dach stützten. Er hielt die bandagierte Gliedmaße Z‘Kele hin.
Z‘Kele schaute nicht mal hin. Stattdessen spuckte er aus.
„Wie das passiert is, will ich lieba gar nich wiss‘n. Habt euch schon genuch blamiert.“

Der Anführer der noch auf Yoyamba verbliebenden Zandalari wandte sich wieder ab und schritt zu seinem Platz. Er hatte eh schon schlechte Laune. Zul‘Gurub war gesäubert, Hakkar erledigt und wenn man ihn gefragt hätte, hätter er es als unnötig befunden noch hier zu verweilen. Aber Befehl war Befehl.
Molthor hatte ihm die Befehlsgewalt über diesen kleinen Trupp gegeben. Augen und Ohren sollten sie aufhalten, ob nich doch noch Gesindel der Anhänger Hakkars aus irgendwelchen Verstecken kriechen würden. Aber das war jetzt schon Monde her. Mit jedem Tag der verging, ohne dass ein Bote aus Zandalar kam und ihnen den Befehl zur Heimkehr überbrachte, sank die Laune des kleinen Kriegstrupps und die Trolle fingen an sich gehen zu lassen.
Sie langweilten sich und das bischen Blutvergiessen bei der Jagd auf dem Festland stillte ihren Blutdurst nur unzureichend. Immer öfters musste Z‘kele durchgreifen.

„Wir dachten...“ „Genau da liegt das Problem“ unterbrach Z‘Kele fauchend Lokomo. Plötzlich wurde er ganz ruhig, liess sich auf seinen Stuhl, der genauso reich verziert war wie die Pfeiler, fallen und fixierte den kräftigen Krieger. „Was dachte Lokomo? Komm maan, sach Z‘Kele was Lokomo … dachte.“ Wieder dieser spöttische Unterton.
Lokomo war ein guter Kämpfer, dass wusste Z‘Kele, aber sonst … .
Lokomo zögerte, sah kurz zu Mun‘gua rüber und hob schließlich an.
„Wir ...“ Er wurde still und senkte den Blick, mühselig seinen Zorn im Zaum haltend. Z‘Kele starrte ihn weiter an. Als offensichtlich war, dass von dem Krieger nichts mehr kommen würde, drehte er den Kopf Mun‘gua zu, der sich augenblicklich etwas aufrichtete.
Der blickte trotzig seinen Anführer an. „Das doch nur ne Ausgestossene, wieso isse nich bei ihrem Stamm, die is nix wert, die ...“ Er brach ab, als er sah wie Z‘Kele ihm bedeutete zu schweigen. „Ach ja, isse das? Hätte auch ne Botin sein könn‘n, mit irgenwelchen Neuichkeit‘n, die Idee is euch nich gekomm, was?“ Sein Blick wechselte zwischen seinen beiden Kriegern hin und her.
„Wir warten ab, was se zu berichten hat, wenn se sich erholt hat.“ Mit diesen Worten winkte er die beiden hinaus, langte nach der Holzschale mit dem Obst und biss nachdenklich in eine willkürlich ausgewählte Frucht.
1 Like
Teil 7

Kapitel 5

Yoyamba


„Benutzt ihr alle diese Mischung?“
Der ältere Troll der neben ihr hockte und sie dabei beobachtete wie sie Kuyendas Wunde versorgte, roch interessiert an seinem Finger, an dem ein wenig von der Paste klebte, die sie angerührt hatte.
„Glaub schon. Unsre Jäger tuns auf jeden.“
Mittlerweile kam sie sich vor wie die Pflanzen und Tiere die Num‘a ihr damals gezeigt hatte und die sie genau begutachten sollte um soviel wie möglich über sie zu erfahren. Tha‘rokh‘zan, wie der Zandalari von den anderen genannt wurde, befragte sie seit Tagen schon wann immer er Lust und Zeit hatte.
Und Zeit hatten die verbliebenen Zandalari hier reichlich.
Sie musste ihm alles erzählen was sie über ihren Stamm und seine Sitten wusste.

Zuerst hatte es sie genervt, aber sie stellte schnell fest, dass während dieser Befragungen sich niemand sie zu irgendwelchen Arbeiten heranholen traute.
Tha‘rokh‘zan wurde sehr geachtet und sein Wort wog viel. Seine Aufgabe schien es, Wissen zu sammeln. Und dieser Aufgabe ging er gewissenhaft nach und er wurde nicht müde, sie über das kleinste Detail zu befragen.
Wie auch jetzt.

„Und da ist echt Trollschweiß drin?“
Sein Gesicht verriet Unglauben und Faszination. „Logo maan. Heilt dann schnella“ antwortete Jeng‘a und wunderte sich, dass er dass komisch fand.
Tha‘rokh‘zan musste kurz husten . „Und das glaubste wirklich, ja.“ Es war mehr Feststellung als Frage und sie meinte eine Spur Verachtung herauszuhören. Aufkommenden Unmut runterschluckend sagte sie nichts und strich Kuyenda über den Kopf.

Es war wie ein Wunder.
Ihren Fledermausbeutel mit der Rechten umklammernd, war sie darauf gefasst gewesen, Yukkos ehemaligen Reitraptor sterben zu sehen und vor ihrem inneren Auge tauchte immer wieder sein Gesicht auf. Doch es kam anders.
Durch das Geschrei des Trolls und dem Gebrüll Kuyendas angelockt, stürmten vier Zandalari zum Strand und statt ihn zu werfen senkte der eine Troll, Lokomo war sein Name wie sie später erfuhr, seinen Speer und wartete ab.
Die Trolle, allesamt so groß wie Lokomo, diskutierten kurz und heftig, entschlossen sich dann dazu, die ganze Sache ihrem Anführer zu unterbreiten, bevor sie irgendetwas taten.
Lokomo und einer der Neuankömmlinge trugen den Verletzten, Mun‘gua wie sie ihn nannten, zurück ins Dorf, während die drei anderen bei Jeng‘a blieben, die endlich auf die Füsse gekommen war und sich mit blutverschmiertem Mund um Kuyenda kümmerte.

Die drei Trolle beobachteten jede ihrer Bewegungen aufmerksam und beinahe wäre es zu einer Auseinandersetzung gekommen, als Jeng‘a den Speer aus der Flanke der Raptorin zog. Doch nicht, wie fast erwartet, griff die kleine Dschungeltroll an, sondern warf ohne zu zögern den Speer zur Seite und mühte sich mit einem Stück Leder das Blut zu stoppen, dass jetzt frei aus der Wunde fliessen konnte. Die Zandalari um sich herum beachtete sie nicht, zu sehr war sie mit der Aufgabe beschäftigt den Lappen zu fixieren.

Etwas später kamen zwei Trolle dazu und brachten Meldung. Sie sollte vor Z‘kele gebracht werden, liessen sie aber noch ihren Raptor zu einem schattigen Platz führen.
Mit viel Gerede und sanfter Gewalt gelang es ihr schließlich das verletzte Tier zu einer Palme zu bringen und es dort anzubinden.
Trotzdem wurden zwei Trolle dazu bestimmt, den Raptor im Auge zu behalten, als sich Jeng‘a schließlich zum Anführer bringen liess. Inmitten der sie überragenden Trolle in ihren prächtigen Rüstungen kam sie sich klein, unbedeutend und verloren vor.
1 Like
Teil 7

Kapitel 6

Yoyamba


Die Befangenheit wuchs, als sie schließlich vor den Anführer geführt wurde.
Alle hier waren groß, größer als alle Trolle die sie kannte.
Nun vielleicht mit Ausnahme von Num‘a die Kekelu, den längsten ihres Stammes, als einzige auf gleicher Höhe in die Augen schauen konnte.
Doch die Trolle in deren Mitte sie jetzt schritt hätten selbst diese beiden hochgucken lassen.
Und auch die Kleidung und der Schmuck den sie trugen beeindruckte sie tief.
Aufwendig gearbeitet und kunstvoll mit vielen Symbolen versehen.
Zum ersten mal kam sie sich schäbig gekleidet vor. Dabei hatte sie ihre bemalten Ledersachen immer voller Stolz getragen und war sich manchmal sogar in ihnen schön vorgekommen, besonders wenn Yukko sie ansah.
Hier kam sie sich wie in Lumpen gekleidet vor.
Das ganze Blut, zum größten Teil Kuyendas, machte es nicht besser.
Sie senkte den Blick und wagte ihn auch dann nicht zu heben, als sie und die beiden Trolle die sie führten stehenblieben.
Z‘kele war sofort klar, dass er keine Botin vor sich hatte. Eine Gesandte, ja selbst eine mit einer einfachen Bitte, würde nicht so dastehen, wie es diese Dschungeltroll dort tat. Ruhig beobachtete er die Troll, sagte jedoch nichts, schaute nur.

Die Stille wurde immer größer.
Jeng‘a hatte erwartet gleich angesprochen zu werden, Fragen gestellt zu bekommen, aber dieses Schweigen um sie herum machte sie nervös.
Was wurde hier gespielt? Unruhig verlagerte sie das Gewicht von einem Bein zum anderen. Jima hatte ihr versichert, dass die Zandalari ihnen nicht feindlich gesonnen wären, aber stimmte das auch? Sie wüsste nicht, wann Jima einen je getroffen haben sollte, aber was wusste sie schon von dem was die Jägerin auf ihren Streifzügen durch das Schlingendorntal alles erfahren hatte.
Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und hob langsam den Kopf. Ihr Blick fiel auf einen eindrucksvollen Troll der 2-3 Trolllängen vor ihr auf einem beschnitzen Sitz saß und sie mit undurchschaubaren Blick eingehend betrachtete. Empfand sie die Kleidung der Zandalari die sie bisher gesehen hatte als eindrucksvoll, stellte dieser sie jedoch in den Schatten.
Eine Weile hielten sie stumm Augenkontakt und gerade in dem Moment wo Jeng‘a es nicht mehr aushielt und den Mund öffnen wollte um zu sprechen, kam ihr der Troll zuvor.

„Taz‘ada Dschungeltroll, willste dich nich uns vorstellen? Wir krieg‘n wenig Besuch und Z‘kele kann sich nich erinnern jemanden eingeladen zu haben.“ Unmerklich wurden ihre Augen schmal, als sie versuchte ihn einzuschätzen. Seine Stimme verriet in keinster Weise, was von ihm zu erwarten wäre, alles schien möglich. „Taz‘ada … Z‘kele.“ Etwas unsicher ob ihr die richtige Betonung des Namens gelingen würde zögerte sie kurz. Das Sprechen gestaltete sich schwierig, ihr Mund war mittlerweile stark geschwollen. „Mögen die Loas mit dir sein. Ich bin Jeng‘a, Zej'uns und Mudras Tochter, vom Stamm der Splitterspeere.“
„‘s gibt keine Splitterspeere mehr im Schlingendorntal. Jor‘kil is schon ne Weile weg un hat sein Stamm mit übers Meer genomm‘.“ Überrascht drehte sie den Kopf in Richtung der Stimme. Ein älterer Troll den sie vorher nicht bemerkt hatte, sprach. Sie spürte Z‘keles bohrenden Blick.
„Ja un Nein. Nich alle. Sin wech, mein ich. Ma'ko‘jin un wir sin geblieb‘n. Wollt‘n das Schlingen nich verlassen.“ Der ältere Troll zog interessiert eine Augenbraue hoch. „Gut, Jeng‘a aka Zej‘un“ Z‘keles Stimme war immer noch schwer zu deuten. „Z‘kele würde gern wiss‘n warum … Ma'ko‘jin … ne so junge Troll zu uns schickt? Is das üblich bei euch, Welpen loszuschick‘n?“ Jeng‘a richtete sich bei diesen Worten trotzig auf. „Bald hab ich dreissig Regenzeiten zusamm‘, ich bin kein Welpe!“ Der ältere Troll merkte auf. „Ihr zählt nach Regenzeiten?“ Und zu Z‘kele gewandt „ Nich unüblich unter den wilden Stämmen, bei zwei Regenzeiten im Jahr ...“ Z'Kele unterbrach ihn ungeduldig mit einer Handbewegung. „Weshalb hat dein Häuptling dich geschickt? Was will er?“ Während er sprach hatte er sie nicht aus den Augen gelassen.

Jeng‘a schluckte. Was sollte sie sagen? Dass sie geflohen war? Vor ihrem Vater? Vielleicht würden sie sie zurückbringen. Sie beschloß so wenig wie möglich zu verraten. „Ich bin keine Botin, niemand hat mich geschickt..“ „Und ...“ „Und?“ Z‘keles Stimme wurde etwas schärfer. „Was de hier willst, warum bist du hier?“ Jeng‘a zögerte und sah wieder zu Boden. „Ich kann nich mehr zurück.“
Leichte Unruhe brach aus. „Das‘ne Ausgestossene!“ „Hab‘s doch gleich gesacht.“ „‘fon, das is ne ‚fon“ „Stammeslose“ zischte es um sie herum.
Z‘kele stand abrupt auf. „Schafft se fort. Lasst se arbeiten.“ Er spuckte aus und ging. Wie betäubt stand sie da und starrte den Boden unter sich an. Irgendjemand packte sie am Arm und zerrte sie weg.
1 Like
Teil 7

Kapitel 7

Yoyamba


Die Arbeiten waren nicht das schlimmste.
Dabei liess der Trupp von Z‘kele sie schuften. Den verbliebenden Zandalari-Kriegern war offensichtlich langweilig und sie schienen sich immer neue Aufgaben auszudenken. Viele davon sinnbefreit.
Nein, das schlimmste war, dass die Trolle es sich dann oft an Ort und Stelle bequem machten und zusahen. Ganz gleich ob sie deren Kleidung wusch, Rüstungen polierte, Zeugs von hier nach dort trug und wieder zurück, Material für das Feuer sammelte, Essgeschirr säuberte, was auch immer ihnen einfiel, immer starrten sie dabei ein paar Trolle an.
Sie spürte ihre Blicke und hörte ihre Kommentare dazu. Oft sollte sie plötzlich dieses oder jenes von einer anderen Seite tun und dann doch wieder anders. Reine Schikane, wie sie dachte.

Am Anfang hatte sie sich gegen manche Sachen aufgelehnt, doch schnell musste sie lernen, dass man als „Ausgestossene“ keinerlei Rechte besaß und es niemanden kümmerte wenn sie geschlagen wurde. Sie lernte bei wem sie aufpassen musste und wer sie lediglich wie Luft behandelte. Das richtige Lesen der Mimik und Körpersprache entschied oft darüber, ob sie in der Nacht schlafen konnte oder sie damit beschäftigt war eine Stellung zu finden die nicht weh tat.
Zu Essen bekam sie das was die anderen nicht mehr wollten und sie lernte schnell zu sein, bevor die Reste in den achtlos fallengelassenen Schalen zuviel Sand abbekamen. Es war nicht viel und das meiste gab sie Kuyenda.
Immerhin liessen sie die Raptorin in Ruhe, wenn sie auch weit ausserhalb des Lagers angebunden bleiben musste und sie ihr nur zum Füttern ein Ledergeschirr, dass ihr das Maul zusammenband, abnehmen durfte.
In den wenigen Stunden in denen niemand was von ihr wollte, verbrachte sie die Zeit hauptsächlich bei ihr oder mit Angeln. Und auch hier ging der größte Teil der wenigen Fische die sie fing an Kuyenda. Die Raptorin war offensichtlich immer hungrig, denn sie schlang die Fische herunter und das, obwohl sie normalerweise keine mochte.

Zum Anfang gesellte sich oft bei der Arbeit der ältere Troll zu ihr, Tha‘rokh‘zan, und stellte ihr Fragen. Jede Menge Fragen. Die selbstverständlichsten Sachen, wie ihr Stamm strukturiert sei z.B. und auch völlig uninteressantes Zeug wie sie befand. Viele Fragen konnte sie nicht beantworten, was oft ein mißbilligendes Schnalzen zur Folge hatte. Aber wenigstens schlug er sie nicht.
Wenn sie sich traute selber einmal eine Frage zu stellen, ignorierte Tha‘rokh‘zan sie gewöhnlich, aber ein wenig fand sie doch heraus. Auch bei den Gesprächen der Zandalari denen sie lauschte, wenn sie in ihrer Nähe Arbeiten verrichtete, konnte sie einiges erfahren.
So schienen Jor‘kil und der Hauptteil der Splitterspeere es tatsächlich über das Meer geschafft zu haben. Kalimdor war offensichtlich der Name des Landes.

Auch handelte es sich um die Zandalari hier auf Yoyamba nur um den kleinen Rest einer größeren Einheit. Nach dem in Zul‘Gurub Hakkar besiegt worden war, waren fast alle wieder abgereist. Nur dieser kleine Trupp sollte noch so lange die Stellung halten, bis die Order kam dass auch sie endlich zurückkehren könnten. Offensichtlich wurde darauf gewartet, dass die Dunkelspeere ihre Präsenz im Schlingendorntal festigten. Zumindest wenn sie die Gespräche richtig deutete.

Bei den wenigen Malen die Hakkar erwähnt wurde, überkam sie zwiespältige Gefühle. Auf der einen Seite überkam sie dann immer ein leichtes Gruseln. Den Welpen im Stamm wurde immer mit Hakkar gedroht, wenn sie nicht folgsam waren und das was er mit ihnen machen würde aufs blutrünstigste ausgemalt.
Aber paradoxerweise und auch gerade deshalb, durchflutete sie eine Wärme, wenn sie an diese Zeit zurückdenken musste. Taih, Num‘a …. Wie es ihnen wohl ergehen mochte.
So lag sie oft erschöpft auf ihrem Schlafplatz, die Sterne über sich und wusste nicht wohin sie sich wünschen sollte.
1 Like
Teil 7

Kapitel 8

Yoyamba


„Z‘Kele? Haste Zeit ma eben?“
Z‘Kele lachte. „Zeit? Wieviel willste haben? Maan, wenn wir hier was haben, dann isses Zeit.“ Tha‘rokh‘zan lachte nicht mit. Nachdem er sich zu seinem Anführer gesetzt hatte, nahm er sich etwas Dschungelrankenwein, nippte aber nur kurz daran bevor er den Becher zurückstellte.
„Genau das is das Problem.“ Z‘Kele antwortete nicht sondern schaute den Wissenssammler nur an. Der ältere Troll hatte sein eigenes Tempo und würde schon kundtun was er auf dem Herzen hatte. „Die Krieger langweilen sich. Schon ne ganze Weile.“ Z‘kele nickte wissend. „Ja maan, s‘wird imma schwerer die im Zaum zu halten. Wird Zeit dass wir hier verschwinden.“
Tha‘rokh‘zan zuckte mit den Schultern und machte eine Handbewegung, die bedeuten konnte, dass es nicht in ihrer Macht lag, vielleicht aber auch etwas ganz anderes.
„So isses halt. Weswegen ich hier bin, is wegen der ‚fon.“ In Z‘Keles Gesicht hob sich eine Augenbraue. „Macht se Ärger? Oda haste was wichtiges erfahren können?“ Tha‘rokh‘zan griff zum Becher und nahm einen Schluck. Keinen großen, aber genug um zu überlegen wie und wo er anfangen sollte.
„‘s sin tatsächlich noch Splitterspeere im Schlingendorntal.“ Nun zuckte Z‘Kele mit den Schultern. „Und wenn schon.“ Seine Stimme klang gleichgültig.
Der Wissenssammler wirkte kurz irritiert, für ihn war jede Information wichtig und würde bei seinesgleichen zuhause auf Interesse stossen und in das große Archiv kommen.
„Nun, wie auch immer. Will dich nich langweilen mit Details.“ Leicht beleidigt beschloß er das tatsächlich auch nicht zu tun. „Für dich wichtich is aber, dass ich rausgefunden habe, dass die ‚fon in Hitze war, als se den Stamm verlassen musste und da es zu keiner Paarung gekommen war, isses gut möglich, dass es in naher Zeit wieda ausbricht. Das wird ne Menge Unruhe bringen.“
Z‘Kele schien die Geschichte immer noch nicht wirklich zu interessieren.
„Na und? Beschäftigung für de Jungs.“ Er beugte sich vor und griff sich eine Frucht aus der Schale vor ihm und biss ein grosses Stück davon ab.
Tha‘rokh‘zan rieb sich die Stirn. „Wenn‘s denn nur so kommt. Gibt jetzt schon zunehmend Streit. Wenn der Geruch einer Troll in Hitze dazu kommt, denkt keiner mehr klar. Und se sind … nun ja … haben lange nich mehr ...“ Er liess den Satz unbeendet, schaute aber vielsagend den anderen an.
Z‘Kele wischte sich mit dem Handrücken den Saft von den Lippen. Er schien nachzudenken. Dann nickte er. „Guud maan. Hast ja recht. Is so schon stressig genug. Mit der nächsten Fahrt schaffen wir se rüber aufs Festland. Sind auch vorher klargekommen. Noch was?“ Er griff wieder zum Obst. Tha‘rokh‘zan schüttelte nur den Kopf und nachdem er ausgetrunken hatte, erhob er sich und ging hinaus.

Langsam und nachdenklich schlenderte er zum Meer und blickt nach Osten zur Ungezähmten Küste und dem Dschungel mit all seinen Ruinen und wilden Bewohnern. Seine Aufgabe war es Wissen zu sammeln. Und obwohl es bestimmt noch viel zu entdecken gab in dem undurchdringlichen Grün, sehnte auch er sich zurück nach Hause. Wenn doch bloß bald Nachricht käme dachte er und lenkte seine Schritte zum anderen Ende der Insel.
Dort angekommen blickte er in die Ferne. Doch nichts ausser dem leicht gekrümmten Horizont, an dem Meer und Himmel fast miteinander zu verschwimmen schienen war zu sehen. Kein Schiff, kein Vogel mit einer Botschaft, nichts. Nur das Glitzern der Sonne auf den Wellen.
1 Like
Teil 7

Kapitel 9

Yoyamba


Mit ruhigem Schritt ging Lokomo hinter ihr entlang.
Sie hörte den Troll sehr wohl. Aber daran, dass immer wieder jemand hinter ihr auftauchte und sie eine Weile beobachtete, hatte sie sich mittlerweile gewöhnt.
Jeng‘a war bis eben damit beschäftigt gewesen einen Basilisken auszunehmen und bückte sich jetzt um die schwer gewordene Schale anzuheben, die mit den unbrauchbaren Sachen wie Galle, Gedärm und Harnblase gefüllt war, um sie zum Strand zu schleppen und sie dort ins Meer zu kippen.

Einen Basilisken auszunehmen war nicht ungefährlich, einige seiner Drüsen sonderten eine Flüssigkeit ab die, ähnlich wie der Blick dieser Tiere, alles versteinern lassen würde, was sie berührte. Besonders die Galle war mit Vorsicht zu behandeln. Die Jäger ihres Stammes hatten sie es sorgfältig üben lassen und ihre Schnitte waren sicher. Doch selbst der alte Ran‘gun hatte verschiedene kleine Stellen wo seine Haut und Fleisch versteinert wurden als Spritzer davon ihn trafen. Er machte zwar Scherze darüber, dass bald, wenn er nur alt genug werden und genügend Basilisken ausnehmen würde, ihn kein Pfeil mehr etwas anhaben könnte, aber jeder wusste, dass diese Stellen ihn bei vielen alltäglichen Bewegungen störten und sogar für Schmerzen sorgten. Allerdings wurde das Fleisch und insbesondere die Leber in ihrem Stamm sehr geschätzt, also lernte jeder Jäger der etwas auf sich hielt, wie man die Biester ausnahm.

Ihre Hände umfassten den Rand der Schale, sie holte kurz Luft, spannte die Muskeln an und hob sie an. Und liess sie sogleich wieder fallen.
Lokomo war dicht an sie herangekommen, klatschte der vornüber gebeugten Troll mit der Rechten auf ihren Hintern und liess die Hand dort liegen.
Jeng‘a schreckte zusammen, die Schale glitt ihr aus der Hand, dass die stinkenden Innereien beim Aufprall Tropfen verspritzten.
Reflexartig wirbelte sie herum und scheuerte Lokomo eine.
Der stand wie vom Donner gerührt da und starrte sie fassungslos an.
Jeng‘a wurde es gleichzeitig heiß und kalt.
Schnell griff sie wieder zur Schale, um sie wegzubringen, ganz so als ob nichts gewesen war. Doch mehr als ein paar Schritte weit kam sie nicht.
Eine Hand packte sie am Arm und riss sie herum.
Die Schale flog wieder in den Sand und kaum dass sie strauchelnd Lokomo gegenüber zum Stehen gekommen war, flog auch schon seine Faust auf sie zu.
Krachend traf sie ihren Kiefer und Sterne tanzten vor ihren Augen. Sie wäre von dem Schlag bestimmt mehrere Trolllängen weit geflogen, wenn nicht seine Linke sie festgehalten hätte. Wieder krachte seine Faust in ihr Gesicht. Und wieder und wieder. Endlich liess er sie loss und sie sackte zusammen.

„Wie kannst du es nur wagen Lokomo auch nur anzufassen, du Stück Dreck?“ schrie er sie an. Er hatte sie auf den Rücken gedreht und sich auf sie gesetzt. Seine Langen Beine fixierten Arme und Beine der kleineren Troll gleichzeitig, aber schon sein Gewicht sorgte dafür, dass sie sich kaum bewegen konnte.
Mit der linken Hand griff er zu und hielt ihr Kinn in festem Griff und zwang sie ihn anzusehen. „Du verfluchtes Nichts! Ich werde dir zeigen was es bedeutet Lokomo zu schlagen. ‚fon!“ Schäumend vor Wut spuckte er ihr ins Gesicht.
Verzweifelt versuchte sie den Kopf frei zu kriegen, doch der Krieger war stärker. Seine Augen suchten schnell und wild den Boden um sich herum ab. Schließlich sah er das Messer mit dem sie den Basilisken zerlegt hatte und griff danach. Jedoch musste er dafür ihren Kopf freigeben und sich ein gutes Stück strecken.
Jeng‘a spürte wie das Gewicht auf ihr nachliess und bäumte sich auf, bekam einen Arm frei und stiess Lokomo in die Richtung in die er sich streckte. Der Troll fiel zur Seite und sie kam frei. Schnell wie eine Schlange drehte sie sich um und kam auf Hände und Knie. Sie zog ein Knie an und setzte den Fuss unter sich um sich mit ihm abzustossen. „Frei!“ schoss es ihr durch den Kopf und stiess sich ab.

Mit einem Ruck endete ihre Flucht. Mitten im Sprung riss Lokomo sie zurück. Auch er war schnell gewesen, war mit unglaublichen Reflexen herumgewirbelt und hatte sie noch am hinteren Knöchel zu fassen gekriegt.
Der viel stärkere Troll stand auf und versuchte ihren zweiten Fuss zu packen, Jeng‘a strampelte wie wild, aber schliesslich gelang es ihm und wie er sie so hielt, verpasste er ihr einen Tritt in den Magen. Jeng‘a blieb die Luft weg. Vor Schmerzen krümmte sie sich zusammen. Lokomo liess sie los und ging fast gelassen zum Messer.
Neben ihm lag die junge Troll und stöhnte. Seine Wut war inzwischen eiskalter Berechnung gewichen und als er die Innereien, die um die Schale herum verteilt lagen, sah, kam ihm eine Idee. Mit dem Messer stocherte und wendete in den Innereien herum bis er fand, was er suchte. Zufrieden stach er mehrmals in die Gallenblase wohl darauf bedacht nicht mit der Flüssigkeit in Berührung zu kommen. Dann ging er wieder zur immer noch gekrümmt daliegenden Troll. Wortlos setzte er sich mit seinem vollem Gewicht auf ihre Seite, seine Beine hielten sie wie Eisenklammern umschlossen. In der rechten Hand das Messer haltend drückte er in aller Seelenruhe mit der Linken ihren Kopf in den Sand. Es gab keine Gegenwehr. Die junge Troll war zu keiner eigenen Bewegung mehr in der Lage.

Jeng‘a nahm das alles wie in einem Alptraum wahr, unfähig sich zur Wehr zu setzen erwartete sie den nächsten Schmerz. Wo auch immer es wehtun würde.
Plötzlich bewegten sich zwei Finger der Hand die ihren Kopf auf den Boden fixiert hielt und zogen die Lider ihres rechten Auges hoch.
Panisch starrte sie zu Lokomo hoch, der sie anblickte. Was hatte er vor?
Das Messer kam in ihr Blickfeld. Bewegung kam in Jeng‘a doch Lokomo verstärkte seine Umklammerung. Nein dachte sie. Bitte nicht.
Er drehte das Messer mit der Spitze genau über ihr Auge. „Nein … bitte ...“ Ihre Stimme wurde zu einem Schluchzen. Doch er stach nicht zu. Vielmehr wartete er bis sich ein kleiner Tropfen an der Spitze bildete. Irgendwann nach einer gefühlten Ewigkeit löste er sich und fiel genau in Jeng‘as Auge. Der Schmerz war unglaublich.
Teil 7

Kapitel 10

Yoyamba


In den kommenden Tagen blieb Jeng‘a abseits aller anderen bei Kuyenda am anderen Ende der Insel. Die meiste Zeit lag sie einfach nur da und starrte mit einem blindem und einem sehenden Augen vor sich hin ins Leere.
Da von einem Tag zum anderen niemand mehr all die Arbeiten verrichtete, kamen immer wieder einige Zandalari rüber, sie zu holen, aber sobald sie näher kamen, weil sie auf ihre Zurufe nicht reagierte, krümmte die Troll sich nur zusammen, ihr Gesicht und ihren Bauch schützend und stimmte einen schauerlichen Gesang an.
Dieser Gesang enthielt keine Worte, aber die Laute die sie machte enthielten allen Schmerz, alle Angst dieses noch jungen Trolllebens. Schließlich meinten die Zandalari sie wäre verrückt geworden und liessen sie in Ruhe.

Ewig hatte sie gebraucht, als sie vom Platz an dem sie den Basilisken ausgenommen hatte hierher gekrochen war. Immer wieder liessen die Schmerzen sie abbrechen und lange lag sie dann leise wimmernd im heissen Sand. Irgendwann war sie dann bei ihrem kleinen Lager angekommen und im Schatten der Palme verlor sie ihr Bewusstsein und fiel in einen kurzen Schlaf.
Ihr erster Griff als sie erwachte war der zu ihrem Trinkschlauch und als sie den Korken gezogen hatte, goss sie das warme Nass über ihr immer noch brennendes rechtes Auge bis der Schlauch leer war. Es half nicht. Die dichte graue Wand die ihr die Sicht nahm blieb.

Dann stellte sich der Durst ein.
Sie kroch auf allen vieren zu ihrem Gepäck, ihren zweiten Wasserschlauch suchend und musste feststellen, dass sie Entfernungen nicht mehr richtig einschätzen konnte. Entweder griff sie zu kurz oder stiess an Gegenstände bevor ihre Hand überhaupt zum Greifen ganz geöffnet war. Endlich fand sie den Wasserschlauch und trank gierig daraus.
Ihr Auge juckte, aber diesesmal verschwendete sie kein Wasser um es erfolglos zu lindern. Sie musste sparsam sein. Die Wasserstelle war im Hauptlager der Zandalari und das war der letzte Platz an dem sie sein wollte. Und konnte. Nachdem sie den stärksten Durst gelöscht hatte, suchte sie das Raptorei, dass Yukko ihr geschenkt hatte und blieb an Ort und Stelle einfach liegen und fiel in einem traumlosen Schlaf.

Einmal hörte sie das Knirschen von Füssen auf Sand und alles spannte sich in ihr an. Fast hörte sie auf zu atmen.
„He! ‚fon!“ Sie schloss die Augen. Geh geh geh geh geh wiederholten sich ihre Gedanken in einer Endlosschlaufe. Geh geh geh geh…
Das Geräusch wurde lauter und ein Schatten fiel auf sie, als die Gestalt über ihr zum Stehen kam. Panisch drückte sie sich mit den Beinen strampelnd von der Gestalt fort und krümmte sich zusammen, den Kopf zwischen den Armen haltend. „Nein! Bitte. Nicht. Geh geh geh … geh.“ Ihre Stimme wurde leiser. Ihr Atem ging rasend schnell. Erst als der Schatten verschwand und die Schritte sich entfernten beruhigte sich der Atem.
Noch zusammengekrümmt fing sie an zu schluchzen. Erst als sie wieder einschlief, in unveränderter Haltung, erstarb auch dieses Geräusch und das einzige was zu hören war, war das ewige Brandungsgeräusch des gleichgültigen Meeres.
Teil 7

Kapitel 11

Yoyamba


Erst das unterdrückte Schreien Kuyendas holte Jeng‘as Geist wieder zurück.
Yukko dachte sie, das Raptorei umklammernd. Und dann: Kuyenda ……. Kuyenda! Beim zweiten mal war der Gedanke von einer Kraft und Eindringlichkeit wie das Geräusch eines gefällten Baumriesen auf dem Festland. „Kuyenda“ kam es jetzt von den Lippen während sie das Ei von sich schob und versuchte aufzustehen. Schmerz im Bauch und in den verkrampften Muskeln gesellten sich zu der Schwäche die sie umfing. Seit Tagen hatte sie nichts gegessen, nur das inzwischen abgestandene Wasser aus einem Schlauch neben ihr hatte sie zu sich genommen.

Sie riss sich zusammen und stand auf. Mit schlechtem Gewissen schritt sie zu Kuyenda, noch leicht schwankend, aber zunehmend sicherer. Den Beutel mit dem Trockenfleisch greifend näherte sie sich der an ihrem Strick ziehenden Raptorin. Das Tier war kaum zu beruhigen und sie beschloss ihr die ersten Stücke in das Maul zu schieben ohne den Riemen zu lösen, den sie ihr hatte umbinden müssen. Sie wusste genau, dass ab einem bestimmten Grad an Hunger ein Tier keine Freunde und Vertraute mehr kannte.
Jetzt war sie froh über den Maulkorb.

Nach einer Weile und vielen Stücken Trockenfleisch beruhigte sich das Tier und Jeng‘a nahm ihr das Geschirr ab, damit sie etwas trinken konnte. Sie goß den Rest des Wassers in eine Schale und stellte sie vor ihr hin. Während Kuyenda trank saß die Troll daneben und überlegte während sie selber auf Streifen vom Fleisch kaute.
So konnte es nicht weitergehen. Sie hatte die Verantwortung für dieses Tier. Und sie brauchten Wasser, alle beide. Und dazu musste sie ins Lager gehen.
Sofort verkrampfte sich alles in ihr.
Doch gab es keine Wahl.
Eine dünne Hoffnung keimte in ihr auf. Vielleicht hatten sie auch das Interesse an ihr verloren, seit gestern war niemand hergekommen. Vielleicht würden sie sie Wasser holen lassen. Vielleicht würden sie sie auch töten.
Jeng‘a merkte, dass es ihr egal war. Beides war gut.
Holte sie kein Wasser, würden sie beide sowieso sterben. Und das langsam und qualvoll. Da konnte sie es auch drauf ankommen lassen.
Vielleicht würde sie auch einen von ihnen erwischen, wenn es zum Kampf kommen sollte. Vielleicht sogar Lokomo?
Sie legte eine Hand hohl über ihr kaputtes Auge. Allein schon der Gedanke an den Zandalari machte das Jucken stärker. Ihr Lid fühlte sich wund an, aber sie traute sich nicht es zu berühren.
Hass stieg in ihr auf. Sollten sie sie doch umbringen. Auch um von der Insel zu fliehen waren sie beide, Raptor und Troll, viel zu schwach. Sie brauchten Wasser. Ohne war rein gar nichts möglich.
Sie ging zu ihren Sachen und gürtete sich das Messer das sie von Jima bekommen hatte um, griff sich ihren Bogen, nahm den Speer auf und nahm Kuyenda am Zügel.
Dann schritten sie in Richtung Zandalari-Lager, erst noch leicht schwankend, aber dennoch voller Entschlossenheit.
1 Like
Teil 7

Kapitel 12

Yoyamba


Als sie das Boot sah, zog sie sich zurück und versteckte sich in hinter einer großen Pflanze mit breiten, fleischigen gezahnten Blättern.
Ohne den Blick vom Einbaum, ausgestattet mit einer Art Ausleger, sozusagen einem viel schmaleren Stamm, parallel zum eigentlichen Boot angebracht, zu wenden, lockerte sie ihr Jagdmesser.

So wie sie es erkennen konnte, saß zwar nur ein einziger Troll darin, aber was hiess das schon. Lokomo war auch alleingewesen, als er sie so zurichtete.
Doch jetzt war sie gewappnet und gewillt sich zu wehren. Und Kuyenda war bei ihr. Was einen Unterschied machte.
Niemals wieder würde ihr ein Troll oder was auch immer so etwas ihr wieder antun. Und wenn sie dabei sterben müsste.

Das Boot schien sich nur langsam zu nähern und die Wellen hoben es immer wieder hoch, aber der Ausleger verhinderte dass es kenterte.
Wie weit es tatsächlich noch entfernt war, vermochte sie nicht zu sagen.
Auch wenn sie sicherer geworden war beim Zugreifen, sorgte ihre eingeschränkte Sicht doch gerade bei solchen Distanzen dafür, dass sie absolut nicht sagen konnte wie weit das Boot wirklich entfernt war.
Also blieb ihr nichts anderes, als zu warten und ihre Situation zum vielleicht tausendsten mal zu überdenken.

Drei Tage war es her, seit sie zum Zandalarilager gegangen war um ihre Wasserschläuche zu füllen. Drei Tage in denen sie wieder und wieder die Insel durchkämmt hatte. Den es gab kein Zandalarilager mehr.
Nur noch die Hütten standen an ihren Plätzen. Hier und da lag etwas Unrat herum, aber nichts wertvolles oder nützliches. Das komplette Lagerdorf war geräumt worden.
Es gab keinerlei Spuren eines Kampfes, keine Toten und alle Hütten waren zwar leer, aber intakt.
Die Zandalari waren fort. Offensichtlich waren sie zu ihrer Heimat aufgebrochen. War endlich das lang ersehnte Schiff gekommen und hatte sie abgeholt? Mit Sicherheit, denn mit ihren kleineren Booten wären sie gerade mal zum Festland gekommen und würde es sich lediglich um eine Mission dort handeln, hätten sie bestimmt nicht das Lager komplett leer hinterlassen. Nicht ohne Wachen. Nein. Die Zandalari waren aufgebrochen.

Die Erkenntnis löste widersprüchliche Gefühle in der jungen Splitterspeer aus. Unendliche Erleichterung, ja, dass sie einfach so zurückgelassen wurde überraschte sie nicht und doch verletzte es sie. Nicht mal als Sklave hatten sie sie mitnehmen wollen. Sie bedeutete ihnen weniger als nichts.
Und noch etwas stimmte sie mißmutig. Auch wenn die Vorstellung den großen Zandalarikrieger zu töten absurd war, bedeutete ihr Aufbruch auch, dass sie niemals Rache üben würde können. Nicht an ihm und auch nicht an den anderen. Diese Möglichkeit, so unrealistisch sie auch immer gewesen war, war nicht mehr gegeben. Ein bitterer Zug verhärtete ihre Mundwinkel.

Voller Zorn, griff sie zum Speer der neben ihr lag und starrte zum Strand. Das schlanke Boot war gelandet und ein Troll sprang ins Wasser und mühte sich es weiter den Strand hochzuziehen, ausser Reichweite der Wellen.
Als er fertig war, richtete er sich kurz auf und liess seinen Blick über die Insel gleiten. Dann schritt er auf das verlassene Dorf zu, geradewegs in Jeng‘as Richtung.
Teil 7

Kapitel 13

Yoyamba


Se‘jib schlenderte zwischen den Hütten herum.
Schon nach kurzer Zeit war er sich sicher, dass niemand mehr hier wohnte.
Vor sechs Tagen hatte er das große Schiff in Richtung Norden vorbeisegeln gesehen und vor gerade mal vier Tagen wieder zurück.
Ein prächtiges Schiff war es. Nicht wie die kleinen Boote, die die Dschungeltrolle an der ungezähmten Küste benutzten. Nein, dieses Schiff war für Reisen über das große Meer gebaut. Und so wie es aussah, war es zandalarischer Bauart.
Er war sich sicher, dass es Yoyamba ansteuerte.
Wohin auch sonst. Dass dort noch Zandalari hockten wusste er. Ab und an kamen Patroullien bei ihren Streifzügen auch hier vorbei. Besonders nachdem sie entdeckten, dass er ihre Lederrüstungen reparieren, ja manchmal sogar verbessern konnte.

Bei der Erinnerung schnaubte er. Ja maan, sie waren zwar Zandalari und behandelten den kleineren Dschungeltroll immer etwas von oben herab, aber in Sachen Leder, jaaa, da konnten sie Se‘jib nichts vormachen.
Unbewusst richtete er sich bei diesem Gedanken etwas auf und trat in die letzte der Hütten. Endgültige Enttäuschung machte sich auf seinem Gesicht breit.
Auch hier war nichts dagelassen worden. Einen Fluch ausstossend trat er wieder hinaus und blieb stehen. Mit der Linken strich er sich durch den dunkelblauen Kamm den seine Haare bildeten und überlegte.
Sollte seine Fahrt gänzlich umsonst gewesen sein? „Geizkragen“ sagte er laut. „Nich ma nen Zahnstocher ham se Se‘jib dagelassen.“ Er spuckte aus.
Seine Hoffnung, noch irgendetwas brauchbares zu finden, war zunichte.

Ein letztes mal liess er seine Augen herumwandern.
Als er sich abwendete um wieder zu seinem Boot zu schlendern, nahm er plötzlich eine Bewegung im hintersten Augenwinkel wahr. Gerade bevor er die östlichste Hütte komplett aus dem Sichtfeld verlor, machte er in der Nähe eine Bewegung aus. Ein Tier? Ein Troll? Auf jeden Fall irgendetwas hinter dem Bewuchs ein paar Trolllängen von der Hütte entfernt.
Langsam drehte er sich um und verengte die Augen. Ja, da war etwas. Ein anderes Grün als dass der Pflanzen blitzte hier und dort auf.
Also ein Tier, dachte er, zog sein langes Messer und wartete.
Aber woher sollte ein offenbar so großes Tier auf diese, noch vor kurzem nur von Zandalari bewohnten Insel kommen? Wurde es absichtlich zurückgelassen?
Se‘jib hielt sich nicht lange mit solchen Gedanken auf. Einzig zählte, dass da etwas war. Und ob es aggressiv und hungrig sein würde.
Zeit für Fragen wäre später. Wenn alles gut laufen würde.
Vielleicht kehrt Se‘jib doch nich mit leer‘n Händen zurück dachte der Troll.
Die Sonne spiegelte sich auf der Klinge, während er das Messer einmal in der Hand rotieren liess.
Teil 7

Kapitel 14

Yoyamba


N‘n Dschungeltroll.
Un er hat uns entdeckt
schoss es Jeng‘a durch den Kopf.
Sofort richtete sie sich auf. Hier zwischen den fleischigen Blättern hatte sie zuwenig Bewegungsfreiheit. Und wie sie glaubte erkannt zu haben, war der Troll nur mit einem Messer bewaffnet. Sie beschloss sich zu zeigen.

Ne Dschungeltroll erkannte Se‘jib überrascht.
Der Raptor, der ihr dicht folgte, bestätigte nur was er vermutet hatte. Die grün schimmernde Haut leuchtete jetzt in der Sonne besonders prächtig.
Schöner Balg dachte er und ohne es selber wahrzunehmen, liess er wieder sein Messer um das Handgelenk drehen.

„Das wird deine Aufgabe Kuy‘e.“ Die Worte kamen fast unhörbar von ihren Lippen. Die Raptorin öffnete ihr Maul, liess ein Art Fauchen hören und offenbarte dabei Reihen von messerscharfen Zähnen, ganz als ob sie Jeng‘a verstanden hatte. Sie hatte immer noch Schwierigkeiten mit den Entfernungen, was den Bogen zu unsicher machte und auf Messernähe wollte sie diesen Troll nur im Notfall heranlassen. Wie zur Antwort auf das Kreisen des Messers in seiner Hand, packte sie den Speer mit beiden Händen und richtete die Spitze auf den Troll.

Se‘jib machte keinen Schritt, sondern schaute nur und versuchte aus dem was er sah schlau zu werden. Und wurde es nicht.
Eine Dschungeltroll, ja, aber er glaubte nicht eine Dunkelspeer vor sich zu haben. Kurz blickte er über die Schulter, die Entfernung zum Boot abschätzend.
Seine anderen Waffen lagen dort drin und ein Rückzug wäre nur möglich, wenn die Troll ihn liess. Zu weit oben auf dem Strand hatte er das Boot gezogen, als dass er es mal eben wieder zu Wasser gelassen hätte.
Er blickte wieder zur Troll. Sie sah nicht aus, als ob sie einen Speer zum ersten mal in der Hand hielt. Und der Raptor neben ihr war dünner als er sein sollte. Mit Sicherheit war er hungrig.
Nein, Se‘jib hatte keine Angst, aber dumm war er auch nicht. Geschickt liess er das Messer in seine Scheide zurückgleiten, richtete sich auf und hob beide Hände in die Luft. „Taz Dschungeltroll. Se‘jib will kein Streß, echt nich.“ Mit diesen Worten machte er einen Schritt auf die beiden Gestalten zu.

Jeng‘a senkte den Speer nicht.
„Was biste? Was willste hier?“ Sie hoffte, dass ihre Stimme fest klang. Der Troll blieb stehen, liess jedoch die Hände oben. „Se‘jib wollt ma schaun, ob de Zandalaris irgenwas liegen lassen hab‘n, ob se übahaupt wirklich wech sin“ antwortete er mit ruhiger Stimme. „Pech hat Se‘jib. Nix was er sich erhofft hatte ham se hier gelass‘n. Nun, war der ganze Weg umsonst.“
Er musterte sie, während er einen zweiten Schritt machte. Irgendwas war mit ihrem rechten Auge. Das Lid wirkte gerötet und entzündet.
„Habt ihr Hunger? Hab was dabei un Se‘jib wär jetzt nach nem fettem Stück Fleisch bevor er wieder verschwindet. Is genug für alle dabei“ fügte er hinzu und wies mit seiner linken Hand zur Raptorin. „Schönes Tier.“

Jetzt senkte sie den Speer.
Es war keine Arglist in seinem Blick. Und sie merkte wie sie sich sowohl nach Essen wie nach freundlichen Worten sehnte. Vielleicht war es ein Fehler, aber sie wollte diesem Troll einfach vertrauen.
„Ja maan“ sagte sie, „Gut. Wir sin dabei.“ Sie vermochte einfach nicht mehr stark zu sein. Schmerz und Hunger hatten sie zermürbt.
„Wenn das nen Fehler is, is es deine Aufgabe Kuy‘e. Ich kann nich mehr“ sagte sie sehr leise, während sie Kuyenda den Hals tätschelte. Sie beobachtete mit leerem Kopf und Magen wie der Troll zu seinem Boot ging.
1 Like
Teil 7

Kapitel 15

Yoyamba


"Ich könnt' dich bei den Orcsen in Grom'gol absetzen. Trolle sin auch da. Dschungeltrolle" fügte er noch schnell hinzu, als er den leicht erschrockenen Blick sah, den die junge Troll ihm zuwarf, als die Orcs erwähnte.

Jeng'a hatte noch nie einen Orc gesehen.
Aber es spielte keine Rolle, ob es Orcs, Trolle oder ihretwegen auch Oger wären, die Aussicht überhaupt unter anderen zu kommen, versetzte sie in leichte Panik. Im Moment betrachtete sie jeden eher als potenzielle Gefahr, denn als Schutz. Vielleicht mit Ausnahme dieses Trolls hier. Vielleicht.

Diesem entging ihr Zögern nicht.
Sein Blick huschte kurz zu ihrem rechten Auge. Geschwollen, nässend und die Iris zwar Bernsteinfarbend wie das Gesunde, aber matt und unbeweglich.
Mit vorsichtigen Bewegungen hatte er geprüft, ob sie damit sehen konnte, aber sein Eindruck war der, dass sie es nicht konnte.
Auch waren manche ihrer Bewegungen unsicher und nicht selten schien sie Probleme zu haben etwas zielgenau zu ergreifen.
Nein, sie war definitiv auf einem Auge blind und er würde einen !@#$%^- darauf verwetten, dass es noch nicht lange her war, dass es passiert war.

Stumm starrte sie ins Feuer während die Nacht sie langsam umfing.
In den Händen noch eine Schale mit dem besten Essen, dass sie seit langem bekommen hatte. Se'jib, wie der Troll sich genannt hatte, war großzügig gewesen und hatte fast alles was er an Proviant dabei hatte mit ihr und Kuyenda geteilt.

"He! Die sin in Ordnung maan. Naja, Orcs halt. Aber ok." Se'jib machte eine Handbewegung. "Horde. Und wenn Se'jib richtich is, dann seid ihr Splitterspeere auch Horde. Von daher ..."
Jeng'a rührte sich immer noch nicht. Stumm sass sie einfach nur da.
"Auf jeden biste da sicher. Und ausserdem ..." Er versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. "... kann sich bestimmt jemand dein Auge ma ansehn."
Die Troll zuckte zusammen. Ihr sehendes Auge warf ihm einen Blick zu, der ihn innerlich frösteln liess, auch wenn davon äußerlich nichts zu sehen war.
"Und übahaupt ! Was willste hier?" beeilte er sich weiterzureden. "Hier is nix. Wollt ihr ewig von Fisch leben?"
Er deutete auf Kuyenda die sich neben der Troll hingelegt hatte und die Augen halb geschlossen hatte. Für den Augenblick gesättigt, aber immer noch zu dünn.

Jeng'a folgte seinem Finger und betrachtete die Raptorin. Der Troll hatte recht. Sie mussten runter von der Insel. Sie konnte Kuyenda nicht ewig mit Fisch füttern, Und da war dann noch das Ei, dass Yukko ihr geschenkt hatte. Sobald der kleine Raptor schlüpfen würde, bräuchte sie Fleisch. Und zwar von Tag zu Tag mehr. Ja. Es war höchste Zeit hier zu verschwinden.
Sie seufzte tief und wandte sich Se'jib zu. "Aber wie kriegen wir sie mit? Sie is ... nich ganz bei Kraft."
Der Troll kratzte sich am Kopf. "Das' noch die Frage."