Hyaena - Geschichte(n) einer Troll-Jägerin

ooc:

Danke Arluk.
Danke dass du einen Kommentar hier geschrieben hast, denn es gibt ein großes Problem.

Das neue Forum erlaubt es einen nicht mehr einen Beitrag unter einem Eigenem zu schreiben. Versuche ich ein weiteres Kapitel reinzusetzen, heisst es immer, dass ich warten muss bis jemand anderes in diesem Thread etwas geschrieben hat.

Das macht es mir unmöglich die Geschichte ohne Unterbrechungen hier reinzusetzen. Das bedeutet,

  • dass ein Lesefluss ohne Unterbrechungen nicht mehr möglich ist

  • dass ich immer warten muss bis jemand ein Kommentar hinterlassen hat

  • dass alles “zerfleddert” und auseinandergerissen wirkt und ganz allgemein den Anschein einer Chronik oder eines Buches verliert.

Das finde ich sehr sehr schade und ich weiss noch nicht, ob ich das auf diesem Wege weiterführen werde, oder ob ich mir die Arbeit mache und die ursprüngliche Webseite wieder aufgreife, überarbeite und hier erneut bekannt gebe. Sehr schade auch deshalb, weil es allen die das hier lesen es nicht einfacher macht die Geschichte zu verfolgen.

Im Moment bin ich also noch etwas ratlos wie ich damit umgehen soll.
Ich bitte um etwas Geduld, bis ich zu einem Entschluß gekommen bin.
Danke für Euer Verständnis.
Eure Jeng’a/Hyaena

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Die Orc hat es sich an ihrem Feuer bequem gemacht, zu essen hat sie und zu trinken auch ausreichend. Sie wird einfach abwarten, wie sie’s schon oft getan hat, ob ihr der Wind oder das Steppengras etwas von der Geschichte der Jägerin zuflüstert.

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Teil 9

(doch vorher ……)

Ooc:

und wieder Danke Dir Arluk!

Wie alle sehen können, muss ich erst jemanden bitten hier etwas reinzuschreiben bevor ich die Geschichte(n) weitererzählen kann.

Also habe ich mir folgendes überlegt:

Um die Möglichkeit zu geben, die Teile ohne Kapitelunterteilungen und ohne Unterbrechungen durch Gastkommentare zu lesen, habe ich beschlossen, die „alte“ Hyaena-Webseite wiederzubeleben. Jedesmal, wenn ein Teil komplett ist, stelle ich ihn dort als Ganzes hinein.

Leider ist das natürlich umständlich (andere Webseite, langer Text,…) aber als Ausgleich ist die gesamte Darstellung passender und schöner. Ausserdem habe ich bei der Gelegenheit und vieles, was im Nachhinein nicht mehr passte und unschlüssig war überarbeitet und umgeschrieben.

Es könnte für einige ein neues Leseerlebnis sein. :wink:

Wem das Lesen dort zu unpraktisch ist, kann sich den Text auch gerne rauskopieren und nach seinem Geschmack abspeichern.

Die Adresse lautet:

freisein. de/_hDo7k (den “h t t p s : / /” Teil müsst ihr selber ergänzen und die Lücke zwischen “Punkt” und “de” selber schliessen, da auch das verlinken hier mittlerweile nicht mehr möglich ist …)

Doch nun Schluss mit den ooc-Einschüben und weiter mit Teil 9 und damit zurück ins Schlingendorntal und zu Jeng‘as spätere Jugendjahren.

Danke und viel Spaß dabei.

Teil 9

Schlingendorntal

Kapitel 1

Ohne ein Wort zu sagen band Jeng‘a die drei gehäuteten und ausgenommenen Raubkatzen, zwei Schattentatzenpanther und ein Schlingendorntiger, von Kuyenda los und liess sie vor Nargatt zu Boden gleiten.

Die Dämmerung lag schon eine Weile zurück und die Sonne warf die wenigen Strahlen, die es durch das Gewirr des Schlingendorndschungels schafften, über die Palisaden der Orcfeste. Mit dem Wechsel der Nacht in das erste blasse Licht eines neuen schwül-heissen Tages war die junge Troll aufgebrochen und der Morgen hatte es gut gemeint mit ihr.

Eigentlich hatte sie sich mit dem Tiger zufrieden gegeben und hatte sich auf den Rückweg gemacht. An einem Fluss hatte sie haltgemacht und noch bevor sie ihren Wasserschlauch vom Sattel gelöst hatte hörte sie das Fauchen eines Schattentatzenpanthers hinter einem dichteren Gestrüpp aus breitblättrigen Pflanzen.
Nein, es waren eindeutig zwei Großkatzen, offensichtlich in Streit miteinander.

Leise pirschte sie sich näher und als sie vorsichtig ein großes Blatt zur Seite bog, konnte sie den Grund dafür sehen. Zwei Jungtiere stritten sich über einen toten Talheuler der zwischen ihnen leblos auf dem Boden lag. Einer von ihnen knickte hinten links immer wieder weg, schien seine Beute aber nicht aufgeben zu wollen.
Wieder und wieder und mit eng angelegten Ohren, fauchte und spuckte er, die Angriffe des anderen abwehrend, sein Gegenüber an.

Langsam zog Jeng‘a zwei Pfeile heraus, einen ganz und den zweiten nur halb. Sie war nicht sicher, ob das was sie da tat Torheit oder das Nutzen einer seltenen Chance war. Jima, Yukko oder Ran‘gun hätten es ihr sagen können, aber die waren tot oder weit weg und so verschwand der Gedanke so schnell wie er gekommen war.

Leise legte sie den Pfeil auf die Sehne, nockte ein und zog den Bogen durch.
Das Ächzen des Holzes neben ihrem Ohr kam ihr laut vor, viel zu laut, aber die Katzen in ihrem Kampf hörten es jedenfalls nicht. Dann liess sie den Pfeil frei und noch während der eine Panther wie im Flug inne hielt und zu Boden fiel, hatte sie schon den zweiten auf den mit dem verletzten Bein abgefeuert. Leider hatte sie nicht genug Zeit gehabt, genauer zu zielen und während das erste Tier schnell verendete, bäumte sich das zweite immer wieder und schrecklich kreischend auf, fiel wieder um, nur um sich wieder im Todeskampf auf die andere Seite zu werfen. In dieser Situation war es schwer einen Punkt anzuvisieren, schon gar nicht eingeschränkt durch das Gestrüpp und so trat sie vorsichtig und mit einem dritten Pfeil, den Bogen nur halbgezogen, hinter dem Grün hervor und versuchte einen tödlichen Punkt auszumachen.

Sorgsam vermied sie es auch nur in die Nähe des toten Tieres zu kommen, wer weiss, vielleicht fand sich noch Leben in dem Panther und er sprang sie noch plötzlich an.
Nachdem sie einige endlos wirkende Minuten erfolglos um die sich windende Katze herumgeschritten war, wurden deren Bewegungen langsamer und die Pausen zwischen ihnen länger und endlich konnte sie das Tier erlösen.

Die Stille hiernach erschien ihr lauter als der Todeskampf des Panthers und erst als die ersten Vögel wieder anfingen ihre Rufe ertönen zu lassen, fing ihr Atem an wieder normal zu werden. Sie betrachtete die drei toten Tiere vor sich, dankte nacheinander Hir‘eek, Gonk und Bethekk. Bethekk dafür, dass sie ihr zwei ihrer Kinder geschenkt hatte, Gonk für die erfolgreiche Jagd und Hir‘eek, als dem ihr seit ihrer Geburt zugeordnetem Loa, grundsätzlich. Noch bevor sie sich daran machte die beiden Schattentatzenpanther auszunehmen und zu häuten, beschloß sie den Talheuler an Ort und Stelle zu verspeisen. Also machte sie erst ein Feuer und präparierte den kleinen Affen, damit er, während sie sich an den beiden Großen zu schaffen machte, garen konnte. Dann machte sie sich an die blutige und anstrengende Arbeit.

Von den Lebern und den Herzen der Großkatzen ass sie direkt und roh nur die der mit dem verletztem Bein. Diese hatte schließlich den Talheuler erlegt, während die andere nur versucht hatte diesen dem anderen zu stehlen. Und wie er sich gewehrt und seine Beute verteidigt hatte! Alles in allem, erschien ihr dieses Tier als das bewundernswerte. Vielleicht hätte es auch trotz seiner Verletzung das andere noch in die Flucht geschlagen. Ob Jima auch so entschieden hätte? Ihre Gedanken wanderten zurück zur Zeit, als sie noch mit dem kleinen Stamm abtrünniger Splitterspeere lebte, genau jetzt besonders die Runden der Jäger nach erfolgreicher Jagd. Wie hiessen die Tiere noch, die drüben in Kalimdor, weit über dem Meer den Raubkatzen dort ihre Beute klauten? Und mit denen sie verglichen wurde?
Yänen? Nachdenklich kaute sie auf dem Talheuler. Bin ich etwa doch ne Yäne? Sie fragte sich was die Jäger ihres Stammes gesagt hätten, wenn sie sie hier sitzen sehen würden. Auf einmal wurde sie ihrer Einsamkeit und Stammeslosigkeit bewusst und verscheuchte die Gedanken. Heute würde sie mit großer Beute zurück nach Grom‘Gol kommen. Das war alles was jetzt zählte.

Und so war Jeng‘a satt, zufrieden und stolz, als sie ihre Jagdbeute Nargatt vor die Füße legte. Der Orc blickte erst sie an, dann die drei roten Fleischhaufen vor ihm und schließlich wieder die junge Troll. Es fiel ihr immer noch schwer die Blicke der Orcs zu deuten, aber als er nicht wie sonst auch die Felle, Zähne und Krallen forderte, sondern nur gunzte und nickte, wusste sie, dass sie sich bewährt hatte und endlich als Jägerin hier anerkannt wurde. Mit erhobenen Hauptes und um einige Zentimeter gewachsen wandte sie sich um, ihren Teil der Beute zu reinigen und Kuyenda beim Stallmeister abzugeben.

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Nachdem Hyaena in Schweigen versunken ist, wirft ihr Bruder ihr einen langen Blick zu. Als sie diesen bemerkt blickt sie ihn direkt an.
“Was’n?”
“Soll ich ma weitererzähl’n?”
“Du? Du warst da doch gar nich dabei, maan.”
“Na und?” Er fängt an breit zu grinsen. “Hast mir das schon so oft erzählt, kenn ich auswendig.” Er lehnt sich zurück und fragt, den Blick in die Sterne über ihnen gerichtet : “Soll ich?”
“Versuchs nur. Ich untabrech dich wennde Mist erzählst”
Einen Augenblick ist es still, nur das Knistern des Feuers und die entfernten Schreie der Nachttiere sind zu hören. Dann setzt sich der Troll auf und fängt an.

Teil 9

Kapitel 2

Schlingendorntal

Mit geübter Hand befreite sie die Bälger und Krallen vom Fleisch und warf die kleinen Brocken dem kleinen Raptor zu, der zu ihren Füßen um sie herumwuselte und bettelte.

Während sie auf Jagd ging liess sie den Kleinen immer in Obhut des Stallmeisters von Grom‘Gol, für zu jung befand sie den vor wenigen Wochen geschlüpften Kerl noch, als dass sie sich traute ihn schon mit in den Dschungel zu nehmen.

Durik, so hiess der Orc, grunzte zwar irgendetwas von „Haare vom Kopf fressen“, aber wirklich beschweren konnte er sich nicht, jagte Jeng‘a doch schließlich auch für ihn mit. Aber vielleicht war es auch gar nicht bös gemeint, so sicher war sie sich noch nicht im Orcisch um solche Feinheiten zu unterscheiden.

Ja, endlich war es passiert.

Das Raptorei, dass ihr Yukko beim Turnier vor und für ihren ersten Hitzetanz zugedacht hatte, wiess eines Tages einen deutlichen Riss auf, als sie von einer Jagd zurückkehrte. Sie erschrak, war ihr erster Gedanke doch, dass das Ei Schaden genommen hätte, es womöglich von seinem Platz heruntergefallen war, doch als sie es hochgenommen hatte, konnte sie deutlich Bewegungen spüren und wenn sie genau hinhörte, waren Kratzgeräusche zu vernehmen.

An diesem Tage nahm sie die Mahlzeiten nicht mit den anderen ein, sondern blieb bei dem Ei. Sie wollte auf gar kein Fall verpassen da zu sein, wenn es schlüpfen sollte. Jima hatte sie immer wieder darauf hingewiesen, dass es wichtig sein, dass der kleine Raptor sie als erstes zu sehen und riechen bekäme. Die Verbindung wäre auf diese Art und Weise stärker als es je nachträglich herzustellen möglich wäre.

An dem Tag übernahm sie keine Aufgaben mehr und sie wahr dankbar, dass die Orcs ihr deshalb keinen Ärger machten.

„S‘hungrig, der Kleine.“

Jeng‘a brauchte sich nicht umzudrehen um zu sehen wer da sprach. Ausser ihr waren nur wenige Trolle in Grom‘Gol anwesend und von der Stimme und Geruch konnte es nur Mazaan sein. Ein nur wenig älterer Troll der zur Gruppe Dunkelspeere gehörte die Vol‘jin zur Beobachtung Zul‘Gurubs im Schlingendorntal stationiert hatte und der regelmäßig zwischen Grom‘Gol und einem Dorf namens Bambala unterwegs war.

„Ja maan, un das geht ers noch los. Letzte Woche hat er nur die Hälfte von dem hier gefressen.“ Sie hielt ein eben abgeschnittenes Stück stellvertretend für die heutige Mahlzeit hoch und wedelte damit in der Luft. Der kleine Raptor fauchte und sprang an ihr erfolglos hoch. Wütend grub er seine kleinen Zähne in ihre Waden, allerdings kaum Spuren hinterlassend. Beide Trolle lachten als sie ihm den Brocken runterwarf und er damit wie der Blitz hinter eine herumstehende Kiste huschte.

„Noch‘n paa Woch‘n un dann bleibt weniger davon über.“ Mazaan zeigte auf ihr Bein. „Wär schade“ fügte er noch hinzu. Nachdenklich betrachtete sie ihr Bein.

„Has recht.“ Sie seufzte. „Muss wohl anfang‘n n zu erzieh‘n. Mir fehlt schon genuch.“ Ihre Stimme wurde ernster und leiser. Unwillkürlich griff sie zu ihrem blinden Auge und drehte ihren Kopf so, dass Mazaan es nicht sehen konnte.

Nachdem sie in einem stillen Tümpel, als das Licht gerade günstig war, die Gelegenheit hatte sich selbst zu betrachten, war sie erschrocken zurückgewichen. Das heftige Jucken macht sie zwar nicht mehr verrückt, doch war es beständig und oft kamen Schmerzen dazu, wenn trotz der sagenhaften Trollheilkräfte das Lid wundgescheuert und von Eiter erfüllt war. Was eigentlich ständig der Fall war. Insgesamt ein grausiger Anblick. Einen Augenblick sagte keiner mehr etwas von ihnen, dann sprach Mazaan wieder.

„Haste mal Kin’weelay das anseh’n lass’n?“ Seine Stimme war sanft und klang ehrlich besorgt. Kin’weelay war ein Dunkelspeer-Hexendoktor mit dem sie aber noch nichts zu tun gehabt hatte. Sie hatte großen Respekt vor ihm und außerdem schien er sehr beschäftigt, einen Hexendoktor mochte sie nicht wegen so etwas unwichtigem belästigen. Als sie nicht darauf reagierte, betrachtete Mazaan die junge Trollfrau.

„Ich sprech ma mit ihm“ und ohne eine Antwort abzuwarten drehte er sich um liess Jeng‘a mit ihren Gedanken alleine.

Erst der kleine Raptor holte sie ins Jetzt zurück. Stumm schnitt sie ein neues Stück Fleich aus der Tigertatze.

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Da Tai eine Pause machte und nicht weiter sprach, übernahm wieder seine Schwester die Geschichte.

Gerade hatte sie die drei Katzenfelle eingesalzen, zusammengefaltet und zu den anderen Häuten gelegt, da tauchte Mazaan auch schon wieder auf.
„Hey Jeng‘a, komm mit. Kin’weelay hat Zeit grad. Hab ihn gefragt.“
„Wie … was … du hast ihn gefragt? Schon? Wieso … so schnell?“ Sie war überrumpelt und schaute den Troll erschreckt an.
„Wieso?“ Mazaan war erstaunt. „Schau ma dein Auge an, ey. Das muss doch übel wehtun.“
„Aber …“
„Nix aber, jetzt hat er Zeit. Jetzt. Das die Gelegenheit!“ Mazaan klang euphorisch. Was man von Jeng‘a nicht behaupten konnte. Sie bickte an sich herunter, überall Blut-, Fleisch- und Salzreste. Der kleine Raptor lief unentwegt um sie herum.
„Der Kleine … un ich muss mich wasch‘n un …“
„Neee“ unterbrach er sie. „Wenn dann jetzt. Nachher hat er zu tun.“ Als sie immer noch keine Anstalten machte, wurde er ungeduldig.
„Willst ihn warten lassen? Komm, ich nehm den Kleinen.“ Geschickt griff er sich den protestierenden Mini-Raptor und ging los. Unfähig zu widersprechen folgte sie ihm, während sie versuchte ihre Hände an ihrer einfachen Robe sauberzukriegen. Die Angst den Hexendoktor warten zu lassen war größer als die Scham ihn in diesem Zustand gegenüberzutreten.

Kin’weelay schien den Zustand ihrer Kleidung gar nicht wahrzunehmen, oder vielmehr einer Beachtung überhaupt wert zu sein. So ganz liess sich das nicht sagen, war sein Gesicht wie üblich hinter einer hölzernen, bemalten Maske verborgen.
Dicht trat er an sie heran, so dicht, dass seine Maske fast ihre Nase berührte. Ein schwerer Geruch nach Rauch diverser Kräuter und Substanzen umgab ihn. Ohne Zögern drückte er auf das geschwollene Lid und der Gestank von Eiter gesellte sich dazu.
„Wie?“ Sie atmete schnell ein und aus, versuchend den Schmerz wegzuatmen.
„Wie?“ Ungeduldig wiederholte er seine Frage.
„Nen Troll hat mich gepackt un …“
„Erzähl mir keine Geschichten. Wie?“ Was wollte er bloss wissen? Sie versuchte es neu.
„Hab nen Basilisken …“ Er macht ein Zeichen dass sie Schweigen sollte, zog das Lid auseinander und kratzte mit seinem Finger an ihrem versteinerten Aufapfel. Obwohl sie dabei nichts spürte, was es doch ein widersinniges Gefühl das sie durchströmte. Leicht schwindelte ihr und sie musste sich zusammenreissen. Schwäche wollte sie vor dem Hexendoktor nicht zeigen. Er überlegte nur kurz.
„Das Lid muss wech.“ Er trat zurück, seine Maske immer noch in ihre Richtung gewandt.
„Einfach wegschneid‘n is nich drin. Wächst eh wieda nach. Geh nach Bambala, geh zu Pechanga. Pechanga hat Kräuta das zu verhindern. Dann komm wieda zu Kin’weelay. Kin’weelay hilft dann.“ Damit war für den Hexendoktor offensichtlich die Sache für heute beendet und er wand sich ab und beachtete sie nicht mehr. Jeng‘a wäre noch länger dagestanden, überrumpelt und zu keiner Reaktion fähig, hätte sie Mazaan sie nicht am Arm gepackt und sanft weggezogen.

Bei ihrer Hängematte im Hauptgebäude drückte er ihr wieder den kleinen Raptor in die Arme. Immer noch wie in Trance setzte sie sich in die Matte.
Ein Gemisch aus Eiter und Tränenflüssigkeit rann ihr vom rechten Auge herunter. Das Lid pochte, tat aber nicht mehr so weh. Mazaan wischte ihr das Zeug mit dem Daumen weg ohne eine Mine zu verziehen.
„Drei Tage noch, dann is Mazaan wieder auf‘m Weg nach Bambala. Will Jeng‘a Mazaan begleit‘n?“ Sie blickte zu ihm auf. Fast war es, als sähe sie ihn zum ersten mal. Mehr als nur ein Nicken war ihr jedoch gerade nicht möglich.
„Klasse ey.“ Der Troll schien wirklich erfreut. Für einen kurzen Moment stand er noch da, aber Jeng‘a sagte immer noch nichts.
„Okay maan, Mazaan geht dann ma wieda.“ Am Eingang blickte er sich noch mal kurz zu ihr um, wie um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich da war. Dann war er verschwunden.
Noch eine ganze Weile lag Jeng‘a da und starrte die grobe Holzkonstruktion über ihr an. Was für ein Tag. Nur langsam verdaute sie das Geschehen. Und obwohl es noch mitten am Tag war schlief sie bald ein. Das Raptorjunge in einer Armbeuge während eine Hand die ausgestopfte Fledermaus um ihren Hals fest umschlossen hielt.

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An dieser Stelle schwieg sie wieder und ohne es selber zu merken wanderte ihre Rechte zur Stelle wo die Augenklappe sass, hob diese für einen Augenblick an und rieb sich die Haut die deutliche Spuren aufwiess, da wo die Ränder der Klappe in das Fleisch drückte.
Taih befand, dass er wieder mit erzählen dran war.

Teil 9

Kapitel 4

Schlingendorntal

Zufrieden nickend ging Se‘jib die Felle und Bälger durch, die Jeng‘a mitgebracht hatte. Ein durchdringender Geruch nach Gerbstoffen umgab die Hütte des Ledermeisters, weshalb sie auch auf der anderen Seite des Flusses stand der sich südlich von Grom‘Gol träge ins Meer ergoss.
„S‘wird. S‘wird.“ Beim Fell eines Schattentatzenpanthers stoppte er kurz und hielt eine Ecke hoch in der vier kurze Schnitte waren.
„Verschnitt‘n? Musst dir mehr Mühe geb‘n, auf jeden bei den Katz‘n. Verlier‘n voll an Wert so“ sagte er tadelnd. „Weg‘n sowas versuch‘n die Gobos in Beutebucht dir nur noch die Hälfte zu zahl‘n.“
„War ich nich“ verteidigte sie sich. „Das war ne andre Katze. Ham gekämpft als ich dazu kam.“ Se‘jib starrte sie kurz an, liess aber ohne ein weiteres Wort die Ecke vom Fell wieder fallen und besah sich den Rest.

Jedes Mondviertel tauchte Jeng‘a bei dem Troll auf, seiner Einladung ihm die Bälger zu bringen folgend und nach und nach entwickelte sich ein Lehrer-Schüler-Verhältnis daraus. Sie lernte zu gerben, wie man Leder so härtet, dass es besser als Kupfer oder Bronze Klingen abhielt, oder es aber auch schafft, dass es geschmeidig wie Stoff wurde. Wie man es fettete und pflegte, in dünne Streifen schnitt um Bänder herzustellen und seit den letzten Besuchen endlich wie man es miteinander vernähte.
Es begann mit ganz einfachen Sachen wie Beutel und Gürtel die er sie aus seinen Lederesten fertigen liess, aber sie stellte sich so geschickt an, dass sie schon bald an die wertvolleren Materialien durfte.
Lob wie Tadel waren selten, aber ehrlich und immer mit ruhigem Ton gesagt, was sie zuerst verwirrte, aber schnell zu schätzen lernte, denn es hatte zur Folge, dass sie sich entspannte und somit schneller lernte. Se‘jib war ein sehr guter Lehrer.

Normalerweise schwiegen sie die meiste Zeit, aber heute erhob Se‘jib wie nebenbei und ohne von seiner eigenen Arbeit aufzublicken das Wort an sie.
„Wie läuft‘s mit den Orcsen? Behandeln sie dich gut in Grom‘Gol?“ Auch Jeng‘a blickte nicht auf, sie war gerade dabei für eine Lederschnürung die passenden Löcher mit einer Ahle in die schon zurechtgeschnittenen Stücke zu bohren. Auch wenn der Troll pingelig war, was den Abstand der Löcher vom Rand und zueinander betraf, war es keine Aufgabe die sie für eine Unterhaltung unterbrechen musste. Trotzdem liess sie sich Zeit mit der Antwort.
„Gut“ sagte sie schließlich. „Sie behandeln mich gut.“ Nach einer kurzen Pause sprach sie weiter.
„Sis nich so, dass sie besonders freundlich wär‘n oder so. Aber hab das Gefühl, dass sie jedem ne Chance geb‘n. Sie beobacht‘n genau wie du bist, was de machst und wie dus machst. Ohne sich einzumisch‘n“ fügte sie noch hinzu. Sie unterbrach sich um die Abstände für die nächste Reihe zu überprüfen.
„Scheint ganz un gar bei dir selbst zu lieg‘n welch‘n Stand du bei ihn hast.“ Sie richtete sich auf und betrachtete den Stand ihrer Arbeit.
„Glaub ich zumindest, ganz sicha bin ich mir aber nich. Obwohl mein Orcisch besser wird.“ Sie sagte einen typischen Satz den sie oft hörte, allerdings die für einen Troll komisch klingenden Laute übertrieben deutlich betonend. Beide lachten kurz.
Sie beobachtet gut. Un das mit nur einem Auge. Nun, nachdem was sie anscheinend erlebt hat muss sie das wohl auch dachte er. Für eine Weile waren sie wieder still am arbeiten.
„Hat sich ma jemand dein Auge angeseh‘n?“ Auch diese Frage klang wie beiläufig gestellt. Dieses mal hielt sie aber inne.
„Ja. Kin’weelay. Grad gestern.“
„Und?“
„Das Lid muss wech, sacht er“ Ungewollt atmete sie stärker als gewöhnlich aus.
„Aber dasses nich nachwächst braucht er was aus Bambala. Irgen ein Zeuch von irgeneiner Pachenga.“
„Pechanga“ korrigierte sie Se‘jib.
„Genau, Pechanga. In zwei Tagen nimmt mich Mazaan mit hin.“
„Mazaan?“
„So‘n Troll. Hab ich in Grom‘Gol kenn‘gelernt. Reist oft zwisch‘n den beid‘n Plätz‘n hin und her.“ Ihre Stimme kam ihr seltsam hastig vor, als sie es erzählte. Se‘jib jedoch schien nichts bemerkt zu haben.
„Sehr gut. Wennde dort bist geh ma zu Murango und bring mir von seinem roten Stoff was mit. Drei … nee, besser gleich vier Flaschen sollt‘n reichen. Er hat das beste Rot zum Färben weit un breit. Scheint ne Stelle mit gut‘n Pflanz‘n zu kenn‘. Das Silber dafür geb ich dir nachher mit.“ Stolz über das Vertrauen welches der Ledermeister ihr entgegenbrachte, beugte sie sich wieder über ihre Aufgabe. Ihre Gedanke jedoch sprangen immer wieder zwei Tage vor und jedesmal verspürte sie tief in sich ein leichtes Kribbeln.

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Taih hörte auf und sah seine Schwester an.
“Mach ma weiter, ich muss ma für kleine Taifune.” Er erhob sich. “Das is immer nen Spaß, Wasser und Wind” lachte er und ging.
Jeng’a verdrehte die Augen, seufzte und erzählte weiter.

Teil 9

Kapitel 5

Schlingendorntal

Jeng‘a genoß den morgenlichen Ritt.
Hier und da hörte man die Rufe von Talheulern, doch allgegenwärtig waren in erster Linie die Stimmen der vielen Vögel. Es war der Moment zwischen der Dämmerung und der einsetzende Tagesschwüle, eine kurze Zeit in der die nächtlichen Jäger sich satt zu ihren Ruheplätzen aufmachten und die Gejagten aufatmen konnten, wieder eine Nacht überlebt zu haben.

Wie sie dem Pfad, der sie von Grom‘Gol auf den breiteren Hauptweg, der sich durch das Schlingendorntal von Nord nach Süd schlängelte, folgten, vergaß sie für einen Augenblick den Grund für ihren Ritt. Das Gefühl von Kuyenda unter sich, die kraftvollen Muskeln unter der Raptorhaut an ihren Beinen spürend und Mazaan neben ihr, ebenfalls auf einem Raptor sitzend, liess sie ganz und gar in den Augenblick eintauchen. Selbst das Strampeln des kleinen Jungraptoren, den sie vorsichtshalber in einen großen Beutel mit Luftlöchern gesteckt hatte, vermochte sie nicht dabei zu stören. Zu klein war er noch um die ganze Strecke mitzulaufen. Wenn sie später den Hauptweg erreicht hätten, würde sie ihn herauslassen.

Seitdem Mazaan die Sache mit dem Auge vor ein paar Tagen angesprochen hatte, hatte sie sich ein Streifen Leinentuch um den Kopf gebunden, dass sie mehrmals am Tag wechselte. Das zeitweilige Pochen wurde davon zwar spürbarer, aber so ersparte sie den anderen den Anblick des nässenden und wundgescheuerten Lid.
Es war ein ewiges hin und her. Die berühmte Regenerationsfähigkeit der Trolle konnte dem ewigen Scheuern des Lides an dem versteinerten Auge nur bedingt etwas entgegensetzen. Zu stetig war der Reiz.

Nach kurzer Zeit erreichten sie den Hauptweg und Jeng‘a liess den kleinen Raptor frei. Mazaan blickte lange und lauschend in beide Richtungen des Weges.
Es war nicht ungewöhnlich, dass ab und an ein Trupp Menschen sich durch das Schlingendorntal wagte. Abenteurer die vom Dämmerwald hinter den Bergen im Norden sich auf den Weg nach Beutebucht machten oder von dort wieder zurück kamen. Doch es war still, auch Jeng‘a vermochte weder etwas anderes als den Dschungel zu hören wie auch zu riechen.
„Ok maan, Luft is rein“ sagte Mazaan und sie beide bogen links auf den Weg ein. Jeng‘a lenkte Kuyenda näher an den Troll heran.
„Isses noch weit?“
„Nee, wir müssen über die Brücke da und dann nur nen kurzes Stück weiter, dann gehts links über noch mehr Brücken direkt hin.“
„Wie is‘n Bambala?“
„Ich mags“ antwortete Mazaan, „nich so viel los wie bei den Orcs, wir sin da unter uns.“ Er korrigierte sich schnell. „Naja, ab un an hängt nen Goblin auch rum da, aber der stört nich weiter. Dir wirds gefalln, echt jetzt.“
„Alles Dunkelspeere?“
„Ya maan, nur.“ Er warf ihr einen Blick zu. „Schlimm?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Nee, gar nich, frag nur …“ Beide schwiegen. Wie auch auf den Streifzügen die sie machte um zu jagen oder die Gegend zu erkunden, erwartete sie fast ständig auf ein Mitglied ihres alten Stammes zu treffen. Jima würde bestimmt ebenso nach ihr Ausschau halten. Oder auch Ran‘gun, oder irgendein anderer der Jäger.
Bestimmt dachte sie, aber wenn sie ehrlich war, spürte sie tief in sich auch Zweifel. Vielleicht hielten sie sie auch schon für tot. Oder waren es selbst. Möglicherweise war Zej‘ tot und sie könnte zurückkehren. Vielleicht aber war er es auch nicht und hatte die Stammesführung übernommen. Wie ging es wohl Num‘a?

Jeng‘a rieb sich die Schläfen. Es half nichts, sie wusste rein gar nichts. Und sich über tausend Möglichkeiten den Kopf zu zerbrechen brachte ihr nichts ausser Kopfschmerzen ein. Ausserdem war ihr Jagdgebiet ganz woanders.
„Vermisst ihn, was? Dein‘ Stamm.“ Mazaan sah sie dabei nicht an, dafür war sie ihm dankbar.
„Ja“ sagte sie mit rauher Stimme. Mazaan liess das so stehen und schwieg. Dafür war sie ihm noch dankbarer. Er war wohltuend zurückhaltend was ihre Herkunft anging, gefragt hatte er sie, aber schnell merkte er, dass nicht viel aus ihr herauszukriegen war und so liess er sie in Ruhe. Dass sie einer zurückgebliebenden kleinen Gruppe von Splitterspeeren angehört hatte und nach einem Überfall der Schädelspalter den Stamm verlassen hatte, war bekannt. Der Anführer der Orcs in Grom‘Gol hatte es wissen wollen, bevor er ihr gestattete zu bleiben. Und damit schien es auch den anderen zu genügen.

Ihre Stimmung war gekippt und selbst der Anblick des herumflitzenden kleinen Raptoren holte sie nicht daraus zurück.
Plötzlich hielt Mazaan an und Kuyenda kam kaum verzögert dicht neben ihm zu stehen. Jeng‘a blickte auf. Mazaan berührte sie kurz mit der Hand am Arm und wies nach links. Eine riesige Hängebrücke ersteckte sich von ihnen weg und schien sich endlos hinzuziehen. Mazaan setzte sich in Bewegung. Jeng‘a brauchte einen Augenblick bevor sie ihm folgte. Der Moment verflog wie er gekommen war und sie folgte ihm. Noch eine ganze Weile spürte sie die Stelle, wo er sie berührt hatte.

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Tai unterbrach sie.
“Lass mich weitermachen. Is eine meiner Lieblingsstellen. Ja? Sach ja!”
Als seine Schwester nickte, rieb er sich die Hände und richtete sich auf.

Teil 9

Kapitel 6

Schlingendorntal

Es war nicht eine Brücke, sondern zwei hintereinander. Aber immer noch beeindruckend lang. Jeng‘a hoffte, dass sie halten würden, als sie zu zweit mitsamt Raptoren auf ihnen entlangritten.
Auch wenn es Kuyenda war, die sich ihre Schritte suchen musste, begutachtete die Troll immer wieder vom Rücken ihres Reittieres die Stricke und Bohlen aus denen die Brücke gebunden und geknotet war. So kam es, dass sie gar nicht mit bekam wie nahe das Trolldorf schon war, erst als sie auf Hälfte der Strecke stoppten und den festen Boden unter sich nutzten um kurz innezuhalten bevor sie die zweite betraten.
„Bambala“ sagte Mazaan und blickte nach vorn.
Vor ihnen erhoben sich ein paar einfache Gebäude, wobei das zur Linken alle anderen weit überragte. Abgesehen vom Zandalari-Dorf auf Yoyamba hatte sie seit Verlassen ihres Stammes kein Trolldorf mehr gesehen und widersprüchliche Gefühle machten sich in ihr breit. Entsprechend sagte sie nichts, sondern schaute nur. Der Troll neben ihr blickte sie an.
„Komm. Sie ham uns bestimmt schon geseh‘n.“ Mazaan gab seinem Raptor ein Zeichen und setzte sich wieder in Bewegung.

„Taz Mazaan!“ Ein Troll kam ihnen entgegen als sie das Dorf erreichten und wollte die Raptoren in Empfang nehmen. „Gut Dich zu seh‘n. Wirst schon erwartet.“
Mazaan stieg ab und reichte dem Troll seine Zügel.
„Glaub ich maan“ lachte er. Dann drehte er sich zu Jeng‘a um.
„Das hier is Mokimbe. Auch wenn er sonst nix kann, mit Raptoren kann er. Kanns ihm Kuyenda also anvertrau‘n.“ Sein Grinsen war breit und wurde sogar noch breiter als ihm Mokimbe freundschaftlich aber fest auf den Oberarm schlug.
„Manchmal glaub ich, sein Vater warn Raptor, so wie er sich benimmt.“ Sofort folgte ein weiterer Faustschlag.
„Würd auch erklärn warum nur die Biester ihn mögen.“ Ein dritter Schlag.
„Wenn ichs recht überlege …, gib ihm Kuyenda nich. AU!“ Ein vierter war auf die immer gleiche Stelle niedergegangen.
„Reiss dich zusamm‘ Mazaan. Wenn sie nich dabei wär, hätt ich dich schon längst verprügelt.“ Mokimbe hob lachend seine Faust, dann wandte er sich Jeng‘a zu.
„Taz bedauernswerte Unbekannte! Willkommen in Bambala.“ Er verneigte sich leicht.
„Taz Mokimbe!“ sagte sie, unsicher ob der Troll vor ihr sich über sie lustig machte.
„Ich bin Jeng‘a.“ Sie gab ihm die Zügel. „Wieso bedauernswert?“ fügte sie mit leichtem Stirnrunzeln hinzu.
„Is das nich offensichtlich?“ Mokimbe war es jetzt der grinste. Er wies auf Mazaan, der bereits seine Bündel und Satteltaschen losband.
„Mit dem da unterwegs sein … haste was ausgefress‘n, dass se dich so bestrafen?“ Er stutzte plötzlich und riss die Augen übertrieben weit auf.
„Oda seid ihr … „ Er blickte in schneller Folge zwischen den beiden hin und her. Jeng‘a spürte wie ihr das Blut ins Gesicht schoss.
„Wa … wir … nee nich“ stammelte sie. Mokimbe sah sie erleichtert an.
„Was‘n Glück. Du ahnst ja nich!“
„Mo?“ kam es von Mazaan der gerade das letzte Bündel auf den Boden legte. Mokimbe beachtete ihn nicht.
„Wenn de mehr über ihn wiss‘n willst, frag Mokimbe. Mokimbe kennt alle dunklen Geheimnisse dieses Trolls.“ Er riss wieder seine Augen auf. „Alle!“ Mokimbe machte ein so übertrieben erschrockenes Gesicht, dass sie lachen musste.
„So schlimm?“
„Schlimmer. Viel schlimmer. AU!“ Jetzt war es Mokimbe der sich seinen Arm rieb.
„Was soll das?“ empörte er sich. „Ich bin nur nett zu Jeng‘a. Einer muss se ja warn‘.“ Er zwinkerte ihr zu und konnte sich wieder das Grinsen nicht verkneifen.
„Komm“ sagte Mazaan. „Lass uns hier verschwind‘n bevor ich ihn verprügeln muss.“ Mazaan wirkte jedoch eher belustigt als verärgert.
"Hilfste Mazaan?“ Er hielt ihr ein kleines, aber schweres Bündel hin.
„Genau das meinte Mokimbe. Das erst der Anfang.“ Mazaan drohte ihm wieder scherzhaft mit der Faust. Dann griff er sich die großen und unhandlichen Bündel und lud sie mit einem Kopfnicken ein ihm zu folgen.
Jeng‘a nickte Mokimbe ihrerseits nun grinsend zu, bevor sie in Mazaans Richtung ging. Sie beschloß, dass es ihr in Bambala gefiel.

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Teil 9

Kapitel 7

Schlingendorntal

Tai grinste sie an und machte ein Zeichen mit der Hand, dass sie jetzt gerne wieder übernehmen könnte.

Mazaan zeigte ihr das ganze Dorf.
Er hatte Waren für fast alle dabei und so kamen sie an allen Hütten vorbei und schon bald schwirrte ihr Kopf vor lauter Namen. Jetzt bekam sie auch mit, was sie in ihrem, dem kleineren aber schweren Bündel trug. Es waren Klingen, Speer- und pfeilspitzen, aber auch Nägel und anderes Werkzeug. Es gab kein Schmied in Bambala und so kam es immer wieder vor, dass Mazaan Felle, Krallen und getrocknete Heilpflanzen nach Grom‘Gol brachte und im Tausch dafür Schmiedewaren, alkoholische Getränke und Stoffe zurückbrachte.
Das wichtigste was Mazaan aber brachte schien ganz anderer Natur zu sein und wog glücklicherweise nichts. Nachrichten.
Jeng‘a kam sich etwas überflüssig vor, wie sie da neben Mazaan stand und all den fremden Trollen vorgestellt wurde. Sie blieb meist still, beobachtete und lauschte den Gesprächen. Ihr Bündel wurde schnell leichter und schon bald konnte sie es in einer Hand tragen.

Als sie zu Murango kamen und sie vier Fläschchen mit einem unglaublich leuchtenden, tiefen Rubinrot vorsichtig in ihre Ledertasche versenkte, nicht ohne jede einzeln in weiches Vlies gewickelt zu haben, verliess sie das Gefühl nur nebenbei herzulaufen. Sie hatte ja auch eine Aufgabe wegen der sie hier war. Im Gegenteil, sie war auch ein bisschen stolz, eine so kostbare Ware anvertraut zu kriegen.
Wie sehr sie den anderen Grund verdrängt hatte, wegen dem sie hier war, wurde ihr klar, als sie Pechanga gegenüberstanden.

Pechanga war ihr unheimlich.
Die Finger der Troll hatten Flecken in verschiedenen Größen und Farben und seltsame Gerüche umgaben sie. Als sie bei ihr vorbeikamen hatten sie alle anderen Besuche erledigt und Jeng‘a wurden die Beine schwer. Mazaan kriegte das sehr wohl mit und drängte sie nicht, aber gab ihr auch keine Gelegenheit stehenzubleiben.
„He, Pechanga! Mazaan ist hier und hat jemanden mitgebracht“ rief er als sie die Hütte der Kräuterkundigen erreichten. Aus der nach allen Seiten offenen, aber dank des Daches aus Bast und Palmwedel schattigen Hütte, kam ein Schnauben.
„Kommt rein, setzt euch, seid still. Pechanga hat zu tun.“

Jeng‘a wäre am liebsten wieder gegangen, aber Mazaan schritt leise die Stufen hoch und setzte sich gleich auf eine Matte am Rand des „Raumes“ und liess neben sich Platz. Jeng‘a folgte ihm und setzte sich neben ihn.
Auf der anderen Seite beugte sich eine ausgezehrt wirkende Troll mit strengem Gesicht über einen mittelgroßen Steinmörser und bewegte einen Stößel in schnellen und kräftigen Bewegungen darin hin und her. Die Lippen der Troll bewegten sich unentwegt, aber was sie dort murmelte, war nicht zu hören. Ein beissender Geruch breitete sich aus. Es dauerte eine ganze Weile, aber schließlich schien die Troll zufrieden und kratzte einen grünlichen Brei mit Hilfe eines Knochenspatels aus dem Mörser in ein altes fleckiges Tuch. Geschickt knotete sie an zwei Seiten lange Stöckchen mit ein und fing an diese in entgegengesetzte Richtungen zu drehen. Schnell fing an eine grünliche Flüssigkeit aus dem Stoffbündel hervorzutreten. Pechanga liess das ganze in einen kleinen Tontopf fliessen und erst als der Stoff so fest aufgedreht war, dass auf ihrem Arm die Adern deutlich hervortraten und kein Tropfen mehr sich lösen wollte, drehte sie die Stöcker wieder anders herum und kippte die ausgedrückten Masse einfach in eine größere Schale in der schon diverse Pflanzenreste in ähnlichen Zuständen befanden, hinein. Schnell verschloss sie den Tontopf mit einem Deckel und fixierte diesen mit Baststreifen die sie kreuz und quer um das Gefäß band. Erst dann wandte sie sich den beiden jüngeren Trollen zu.

„Was brauch‘n die Orcs diesmal von Pechanga?“ Sie wischte sich die Hände an einem Stück Stoff ab und griff zu einer Schale mit getrockneten Knollen die Jeng‘a nicht identifizieren konnte und hielt sie den beiden hin. Mazaan winkte dankend ab und Jeng‘a tat es ihm gleich. Pechanga nahm sich selber ein Stück heraus und fing an darauf herumzukauen. Jeng‘a konnte sehen, dass auch ihre Zunge verfärbt war.
„Nich die Orcs brauch‘n was.“ Mazaan blickte zu Jeng‘a, ihr freundlich zunickend.
Sie fasste sich ein Herz.
„Kin’weelay schickt mich.“ Sie band den Stoff, der ihr rechtes Auge verbarg, los. Die ältere runzelte die Stirn.
„Was soll das? Pechanga is keine Heilerin.“ Pechanga klang leicht gereizt.
„‘s geht nich um Heilung grad nich.“ Jeng‘a musste allen Mut zusammennehmen. „Kin’weelay sacht, du hast ne Salbe die nich heilt.“ Pechanga lachte sie aus.
„Das meiste was ich hier hab heilt nich.“ Jeng‘a schoß das Blut ins Gesicht doch wartete sie bis das Lachen aufhörte.
„‘ne Salbe die Heilung verhindert, darum gehts.“ Pechanga kniff die Augen zusammen und beugte sich vor.
„Das Lid …“ Jeng‘a schluckte schwer, es war nicht leicht, es selber auszusprechen.
„Das Lid soll wech … und nich wieder nachwachsen.“ Pechanga starrte das versteinerte Auge der jungen Troll vor sich an.
„Ob ne Salbe reicht …“ wandte Pechanga ein. „Pahh! Kin’weelay wird wissen was er tut.“ Sie lehnte sich zurück.
„Pechanga hat so eine Salbe, vielleicht is sie auch zu alt. Wird nich oft nach gefragt nach sowas. Pechanga kann sich nich ma genau erinnern wann das war.“

Sie erhob sich und ging zu einer Truhe aus dunklem tropischen Holz und wühlte darin herum. Endlich schien sie gefunden zu haben, was sie suchte und kehrte zurück.
„Hier, nimm.“ Jeng‘a nahm den kleine verschlossenen Tiegel entgegen.
„Danke. Was kann Jeng‘a Pechanga dafür geb‘n?“ Sie hoffte es wäre nicht allzuviel. Kupfer und Silber, geschweige denn so etwas wie Gold, besaß sie nicht. Im Geiste ging sie ihre besten Felle durch.
„Nix.“
„Nix?“ Jeng‘a war baff.
„Nix jetzt un nix was man geben kann. Pechanga hat was gut bei … Jeng‘a. Das reicht Pechanga.“ Sie lachte wieder laut. „Kann ja sein da se nich mehr wirkt. Aber das ändert nix an der Abmachung.“ Ihre Augen glitzerten.
„Abgemacht?“
„Abgemacht!“
„Gut. Jetzt lasst Pechanga wieder allein. Pechanga hat viel zu tun.“

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Jeng’a brach ab und blickte nach oben in den Sternenhimmel.
“S’s soweit, wir sollten los”
“Ok” Sie erhob sich. “Ich geh ma mein Bogen hol’n” Taih blieb sitzen, also sah sie ihn fragend an. “Was mit dir?”
“Alles dabei” grinste er sie an und klopfte neben dem Stab der rechts von ihm auf dem Boden lag.
“Gut, dann treff’n wir uns gleich am Felsen, ja?” Taih hob zustimmend seine Hand und sie verliess den Schein des Feuers. Ihr Bruder sah ihr nach, warf dann etwas Holz nach und blickte in die Runde.
“Für ein’ is noch Zeit.”

Teil 9

Kapitel 8

Schlingendorntal

Mit ehrlichem Bedauern verliessen sie einige Tage später Bambala.
Es war nicht nur so, dass die Aussicht Kin’weelay an ihr Auge zu lassen, sie nicht gerade Grom‘Gol entgegeneilen liess. Nein. Bambala hatte ihr wirklich gefallen.

Am Tage war sie, wenn sie nicht gerade in der großen Mittagshitze irgendwo im Schatten abhing, auf Streifzügen unterwegs gewesen um die Gegend zu erkunden. Dabei war sie auf die Stufen gestossen die nach Zul‘Gurub führten. Aus Geschichten wusste sie von der Tempelstadt der Gurubashi, aber nur wenige ihres Stammes hatten sie mit eigenen Augen gesehen. Als kleine Troll hatte sie sich oft ausgemalt wie die Anlage aussehen mochte, aber als sie nur vor diesen Stufen stand, war sie schier überwältigt von der Größe.
Im allerersten Augenblick hatte sie es schon für die Stadt selbst gehalten, doch als sie ein Stück den Weg hinan schritt, wurde ihr klar, dass sie noch nicht einmal das Tor erreicht hatte. Schier überwältigt blieb sie stehen. Unwohlsein breitete sich in ihr aus. Augen fühlte sie auf sich gerichtet, sie wurde beobachtet, ganz gewiß!
Dunkelspeerwachen, ganz bestimmt redete sie sich zu. Hatten nicht die Dunkelspeere die Aufgabe übernommen Zul‘Gurub im Auge zu behalten, nachdem die Zandalari abgezogen waren? Ihr fielen die Geschichten von Hakkar ein, die die alten Trollfrauen des Stammes den Welpen zu erzählen pflegten um sie davon abzuhalten sich allzuweit zu entfernen.
„Hakkar kommt Dich holen“ war eine beliebte Drohung und tatsächlich lief ihr bei der Erinnerung ein Schauer über den Rücken. Was, wenn Hakkar doch nicht ganz besiegt war und er noch in Zul‘Gurub rastlos herumstrich? Sie umfasste den Fledermausbeutel um ihren Hals und machte sich auf den Rückweg.

Die meiste Zeit in Bambala jedoch war mehr als erquicklich.
Sie war Gast und brauchte sich um nichts kümmern, einmal ging sie auf mit auf Jagd, aber ansonsten hatte sie viel Zeit für den kleinen Raptor und beschäftigte sich ausgiebig mit ihm. Er wuchs schnell und mit ihm sein Hunger. Es war höchste Zeit ihm einen Namen zu geben und sein schier nicht zu stillender Apettit verleitete sie ihn Nambu zu nennen. Er schien gut gewählt, denn sehr schnell kam er angelaufen wenn sie ihn damit rief.
Mazaan hatte zwar viel zu tun, aber wann immer es möglich war leistete er ihr Gesellschaft und zunehmend genoß sie seine Gegenwart.

Am liebsten waren ihr jedoch die Abende, wenn sich das Dorf um ein Feuer versammelte und gemeinsam speiste, lachte, stritt und sich Geschichten erzählte. Kein Gedanken verschwendete sie an Grom‘Gol und das was sie dort erwarten würde. Erst als am vierten Abend Mazaan ihr eröffnete, dass er am nächsten Tag aufzubrechen gedenke, holte sie ihr neues altes Leben zurück. Mazaan merkte sehr wohl wie wenig ihr der Gedanke gefiel in die Orcfeste zurückzukehren.
„Kannst ja nochma mitkommen, wenn Mazaan wieder nach Bambala reitet“ sagte er ihr am letzten Abend während sie am Feuer saßen. „Kannst immer mitkommen.“

Der Abschied am nächsten Tag war herzlich und es gab sogar ein paar Trolle die ganz direkt sie dazu einluden wiederzukommen. Auch ohne Mazaan.
Fast schmerzte es, so gut taten ihr diese Worte und bestimmt die erste Hälfte des Weges zurück verbrachte sie in Schweigen und in tiefen Gedanken versunken. Als sie an die letzte Biegung auf dem Weg nach Grom‘Gol kamen, hielten beide an. Schweigend blickten sie auf die schweren Palisaden. Dann räusperte sich Mazaan.
„Du musst das nich machen, das weisst du, oder? Mazaan dachte nur …“ Sie unterbrach ihn mit einer schnellen Handbewegung und wandte sich ihm zu.
„Ich mach kein Schritt zurück nich mehr“ sagte sie, musste dabei aber schwer schlucken. „Is doch Mist, s‘s tut weh, stinkt und die Fliegen nerven. Bin froh wenns vorbei is.“ Ihre Stimme wurde leiser. „Ausserdem glotz‘n alle immer hin. Hab das Gefühl alle sehn nur das.“ Jeng‘a sah vor sich auf den Sattel.
„Mazaan nich.“ Der Troll neben ihr blickte sie an. Dann sprach er mit sanfter Stimme weiter. „Ja schon, klar seh ich auch das Auge, aber Mazaan sieht auch alles andere. Und was er sieht gefällt ihm. Ehrlich ey.“
Seine Stimme blieb leise, aber fest. Jeng‘a hob den Blick, wagte aber nicht zu ihm rüber zu schauen. Ausser Vogelstimmen und entferntes Hämmern auf einem Amboß war nichts zu hören.
„Is das wahr, maan?“ Kaum mehr als ein Flüstern kam von ihren Lippen.
„Jen?“ Endlich hob sie ihren Kopf und erwiderte seinen Blick.
„Jen,“ wiederholte er. „Weg‘n mir musste das nich tun. Mazaan mag Dich auch mit …“ sein Blick sprang kurz zu ihrem Auge, die am Morgen neu umgebundene Bandage war schon wieder durchnässt. Einen Augenblick starrte sie ihn an, abwägend, dann richtete sie sich auf und zog ihre Schultern nach hinten.
„Ich hab keine Angst. Und ich will es wegen mir. Aber nich nur. Jeng‘a will dass Mazaan kein Grund nich hat damit aufzuhör‘n sie anzusehn.“ Bevor Mazaan auch nur die Gelegenheit hatte etwas darauf zu erwidern, schlug sie ihre Hacken in Kuyendas Flanken und mit einem empörten Fauchen preschte der Raptor hinweg, auf das Tor von Grom‘Gol zu.

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Teil 9

Kapitel 9

Schlingendorntal

Jeng’a hatte bald nach ihrer Rückkehr in Grom’Gol Kin’weelay aufgesucht, sie wollte es schnell hinter sich bringen, bevor sie den Mut verlor. Aber der Hexendoktor war nicht da. Sie traf nur einen Gehilfen von ihm an, der ihr sagte, sie solle gegen Sonnenuntergang wiederkommen, dann würde Kin’weelay zurück sein. Sonnenuntergang. Dass hiess noch drei weitere Stunden mit flauem Gefühl zu warten. Da sie nicht still dasitzen konnte und wollte, begann sie sich zu beschäftigen. Sie reinigte und fettete das Reitgeschirr, schärfte ihr Messer, sah die Pfeile durch und immer wieder gingen ihre Hände zum kleinen, aus einer Fledermaus gefertigten, Beutel um ihren Hals, Hir’eek um Kraft bittend. Doch so sehr sie versuchte an etwas anderes zu denken, ihre Gedanken kreisten beständig um ihr Auge, wie Motten um das Licht. Doch als die Schatten immer länger wurden und Mazaan sie abholen kam, erschrak sie. Der Troll hockte sich neben sie und sah sie fragend an. Jeng’a nickte nur, unfähig zu sprechen und erhob sich. Mazaan griff in einen seiner Lederbeutel, die er bei sich trug, und holte einige verschrumpelte Wurzeln hervor.
„Hier, nimm. Kau sie, die helfen bei Schmerzen.“ Sie warf einen Blick auf die Pflanzenteile in seiner Hand. Und winkte ab.
„Nee, danke maan.“ Sie wollte ihm erklären, dass sie sich stark zeigen wollte, beweisen dass sie bereit war die Schmerzen auszuhalten, aber es kam ihr zu lang, umständlich und mühsam vor, allein die Worte dafür zu suchen. Mit leicht mißbilligender Miene liess Mazaan die Wurzeln in seinem Beutel verschwinden.
„Musst es wissen. Sach einfach wennse doch willst.“ Sie antwortete nicht und setzte sich stattdessen in Bewegung, Kin’weelays Platz in Grom’Gol ansteuernd.

Schon von weitem sah sie ihn und als ob er ihren Blick gespürt hatte, drehte er sich um und seine Blicke waren ungeachtet der Holzmaske die er trug für sie wie Finger die sich in ihr bohrten. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und fast hätten ihre Beine nachgegeben, aber sie wollte keine Schwäche zeigen und riss sich zusammen. Es war zu spät, die Entscheidung war gefallen, nun gab es kein Weg zurück.
Vielleicht will er heute gar nicht, oder hat keine Zeit, keine Lust …., ist müde ….
Sie klammerte sich an diese Gedanken, wie an Kuyenda als sie damals versuchte Yoyamba zu erreichen und merkte, wie ihre Kräfte sie verliessen. Diese Hoffnung verpuffte jedoch in dem Moment, in dem sie sah, dass der Hexendoktor ein kleines Messer zog und die Klinge in einen Becken mit glühender Kohle schob. Ein Orc hielt an und sprach Mazaan an, was denn los wäre und als der Troll es ihm kurz erklärte, schloß er sich der Gruppe an und winkte anderen zu, sich ihnen anzuschliessen. Jeng’a nahm das nur am Rande wahr, beachtete es aber nicht weiter. Ihre Aufmerksamkeit und Blick klebte förmlich an dem Messer, dessen Klinge bereits anfing sich zu röten. Es kam immer mehr Volk zusammen und bildete einen Halbkreis um sie herum.

„Hat sie mit, was sie holen sollte?“ Die Stimme des Hexendoktors war unaufgeregt, fast unbeteiligt, als Jeng’a ihm schließlich gegenüberstand.
„Ja“ kam es heiser aus ihr hervor und sie streckte ihm die Salbe, die ihr Pachenga gegeben hatte. Kin’weelay nahm sie entgegen, öffnete sie und roch daran. Er reichte sie seinem Gehilfen.
„Auf die Knie“ forderte er von Jeng’a.
„Ich kann stehn“ entgegnete sie. Sie wollte zeigen wie furchtlos sie war. Doch der Hexendoktor spuckte aus und herrschte sie an.
„Nix da, du wirst wanken und dein Kopf muss still halten. Hier du ….“ Kin’weelay zeigte mit einem Finger auf Mazaan. „Du wirst ihren Kopf halten, fest! Wehe sie zuckt“ Mazaan machte schnell einen Schritt, dass er hinter ihr zu stehen kam. Kin’weelay drehte sich um und zog das Messer aus der Glut. Als er sich umdrehte stand Jeng’a immer noch.
„Knie …“ zischte er, aber erst als Mazaan seine Hände auf ihren Schultern legte und sie sanft aber bestimmt nach unten drückte, nahm Jeng’a die gewünschte Position ein. Kin’weelay trat auf sie zu, ihre Gedanken rasten in ihrem Kopf. Sie hatte fest damit gerechnet, dass es eine Zeremonie geben würde, Kin’weelay irgendetwas sagen oder singen würde, mindestens Räucherwerk verbrennen würde.
Es is nix für ihn, nich von Bedeutung dachte sie und für einen winzigen Augenblick war sie enttäuscht, dann aber griff Mazaan von links und rechts ihren Kopf und hielt diesen fest. Kin’weelay zog mit seiner Linken ihr Augenlid herunter. Schmerz durchschoß sie und sie spürte wie etwas auf ihre Wange tropfte. Unwillkürlich wollte sie den Kopf wegziehen, doch Mazaans Griff war stark. Das Messer näherte sich, Mazaans Griff wurde stärker. Das Kratzen und Knirschen des Messers auf ihrem versteinertem Augapfel nahm sie kaum wahr, so heiß und unglaublich schneidend war der Schmerz der ihr der Schnitt zufügte. Mazaan sagte ihr Tage später, dass sie geschrien hatte, doch erinnern konnte sie sich nicht daran. Nur verschwommen meinte sie zu wahrzunehmen, dass Kin’weelay etwas in die Glut warf und sich wegdrehte. Dann war er wieder bei ihr und schmierte etwas auf die Wunde. Alles um sie herum drehte sich. Halb war ihr bewusst, dass sie aufstand und ebenso der Weg zurück zu ihrer Unterkunft blieb weitesgehend schemenhaft. Die Orcs hinter ihr traten zur Seite. Hier und da grunzten einige und einer legte eine Faust auf seine Brust. Aber in diesem Moment war es für sie ohne Bedeutung. Selbst dass Mazaan sie begleitete, da zu sein falls sie stolpern sollte, nahm sie nicht war. Erst als sie in ihrer Hängematte lag, hörte sie auf zu kämpfen und wurde ohnmächtig.

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Teil 9

Kapitel 10

Schlingendorntal

Se’jib beobachtete seine Schülerin.
Schon seit ein paar Tagen hatte er nach ihr Ausschau gehalten. Und es war nicht allein das rote Färbemittel was ihn ungeduldig werden liess. Auch nicht das Silber was er ihr dafür mitgegeben hatte. Er vertraute der jungen Splitterspeer. Das war es nicht. Irgendwie fühlte er sich ein wenig für sie verantwortlich seit er sie von Yoyamba nach Grom’Gol gebracht hatte. Heute war sie endlich wiedergekommen. Den Farbstoff von Murango hatte sie ihm gleich gegeben, sich aber schnell etwas abgewandt, so dass er nur kurz einen Blick auf ihr rechtes Auge erhaschen konnte. Und er konnte nicht sagen ob ihm gefiel was er sah. Das Lid hatte es ja ein Stück verdeckt, konnte von der Trolljägerin auch geschlossen werden, aber jetzt starrte es einen unverholen und bar jeder Emotion an. Kein angenehmer Anblick wie er befand.

Eben unterbrach sie die Arbeit an dem Lederstück über dem sie gerade gebeugt saß um sich etwas Salbe über ihrem rechten Auge zu schmieren. Er räusperte sich.
„Wirkt se?“ Sie sah ihn fragend an.
„Die Salbe, Klappt’s?“ Sie zuckte mit den Schultern.
„Weiss nich. S’ Lid scheint nich nachzuwachs’n. Aber die Wunde will auch nicht richtig schliessen.“ Sie lachte unfroh. „Auch klar, wenn das Zeug das Heilen stoppt“ fügte sie noch hinzu.
„Darf Se’jib ma seh’n?“ Wieder Achselzucken. Ohne etwas zu sagen richtete sie sich etwas auf und drehte sich in Richtung ihres Lehrers. Der stand auf, hockte sich ihr gegenüber hin und begutachtete Kin’weelays Werk.
Tatsächlich, eine schmale, aber offende Wunde lief über dem steinernen Augapfel entlang. Wenn man aber genau hinsah, schien sich ein Wulst von oben und unten über die Wunde zu bilden, der sie bald verdeckt haben sollte. Dann würde keine Salbe mehr an die Wunde kommen, aber auch kein Lid mehr nachwachsen können. Nun, viel hübscher würde das Ergebnis auch nicht werden, die Abwesenheit des Lides sah für sich schon gruselig aus. Aber zumindest würden die Schmerzen und das Eitern aufhören. Se’jib lehnte sich wieder zurück.

„S’wird. Brauchst noch Geduld. Da wächst was drüber.“ Wie es genau aussah und womöglich aussehen würde, erwähnte er nicht. Sie sah ihn an. Müde wirkte sie.
„Noch Schmerz’n?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Juckt wie irre, aber wenn die Salbe drauf is, geht’s.“ Se’jib nickte, sagte aber nichts weiter und stand auf. Nachdenklich ging er zu seinem Korb mit Lederresten und sah sie durch. Schnell fand er was er suchte und ging mit ihnen zu seinem Platz.
Es war keine schwierige Aufgabe und die Sonne war nur wenig weitergewandert, als er fertig war. Er drehte und wendete sein Werk und prüfte es kritisch. Die Nähte waren sauber gesetzt, die Innenseite nicht zu weich gepolstert und die Ränder sauber abgerundet. Sie würde nicht scheuern, auch wenn sich die Haut darunter natürlich erstmal dran gewöhnen müsste. Schliesslich legte er sein Werk für einige Minuten in eine Schale mit Wasser.
Dann fehlte nur noch eines. Er nahm es wieder heraus, drückte das Wasser heraus, stand auf und schlenderte zu seiner Schülerin. Als sie sein Kommen bemerkte legte sie die Ahle nieder und hob das Stück an dem sie gerade arbeitete an, damit er es besser begutachten könne.
Doch Se’jib winkte ab.
„Se’jib braucht deinen Kopf.“ Ein breites Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht ab. „Leihst ihn mir kurz ma? Will das hier anpass’n“ In seiner ausgestreckten Hand lag ein kleines bearbeitetes Stück Leder. Erstaunt griff sie danach.
„Das …“ Sie besah sich das Stück. „Für mich?“
„Für wen sonst? Oder kennste noch mehr mit nur einem Auge?“ Überflüssigerweise schüttelte sie den Kopf.
„Na komm, lass mich ma die Länge nehm’n“ Er nahm ihr die Augenklappe aus der Hand, trat hinter ihr und legte sie vorsichtig über das steinerne Auge.
Passt dacht er nicht ohne stolz. Se’jibs Auge nimmt immer noch gut Mass. Sanft aber fest verknotete er die Enden miteinander.
„S’wird etwas eng wenn’s trocknet, aber dafür bleibts dann stramm. Nix nervt mehr als wenn’s immer rutscht.“ Nachdem er fertig war schritt er um sie herum und betrachtete sie. Er nickte zufrieden.
„So isses gut. Drückts irgenwo?“ Sie betastete die Augenklappe und bewegte sie etwas hin und her, schüttelte dann den Kopf. Für einen Augenblick war sie sprachlos.
„Danke maan“ kam es dann endlich heraus. „Danke.“ Se‘jib winkte ab.
„Nix da. Hast mir ja Murangos‘ Rot gebracht. Nimms als mein‘ Dank dafür.“ Als sie trotzdem wieder danken wollte, unterbrach er sie barsch.
„Wie weit biste mit den Stiefeln? Zeig ma her“ verlangte er und sie reichte ihm die Stiefel an denen sie gerade arbeitete.
„Hier. Und hier! Das musste nochma mach‘n. Viel zu breit. Das sin Stiefel für‘n Orc un nich für‘n Oger. Und nimm für die Sohle von dem Leder da.“ Er zeigte auf einen Stapel mit besonders dicken und steifen Häuten. Dann ging er wieder zu seiner Arbeit und sprach sie für den Rest des Tages nur noch für das Notwendigste an.
Jeng‘a vertiefte sich wieder in die Stiefel vor ihr, aber ihre Hände wanderten immer wieder zu der Augenklappe. Dankbar. Doch war das nur ein Bruchteil von dem was sie in den kommenden Tagen noch an Dankbarkeit empfinden würde.

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Teil 9

Kapitel 11

Schlingendorntal

Erstaunt blickte sie dem Orc hinterher.
Dabei war gar nichts besonderes geschehen. Sie hatte ihre Jagdbeute bei Mudduk, abgegeben. Der Koch der Garnison hatte ein paar Worte fallen lassen, je nach Jagdglück fielen sie unterschiedlich aus, hatte die gehäuteten Kadaver auf seine Karre geladen und zum Zerlegen zu seinem schweren Holztisch gefahren. Alles wie immer. Und doch war es grundlegend anders gewesen. Hätte man ihn, oder irgendeinen anderen mit dem sie die letzten Tage zu tun gehabt hatte, danach gefragt ob irgendetwas anders gewesen wäre, hätten sie wahrscheinlich die Stirn zusammengezogen und spontan den Kopf geschüttelt.

Nicht so jedoch Jeng‘a.
Für sie war alles anders seit dem sie die Augenklappe trug. Zum ersten mal seit sie hier in Grom‘Gol angekommen war, wanderten die Blicke der anderen nicht ständig von ihrem gesunden zum versteinerten Auge hin und her, wobei sie immer länger vom unschönen Anblick ihres zerstörtem, rechten Auge gefesselt schienen.
Nein, sie schauten jetzt immer in ihr Gesundes. Ihr kam es vor, als ob sie erst jetzt Jeng‘a, die Splitterspeer und Jägerin, wirklich wahrnahmen und nicht nur eine Troll mit entstelltem Gesicht. Mochte es den anderen auch nicht auffallen, für sie fühlte sich jede Begegnung anders an. Dass sie im Gegenzug selbstbewusster wurde, sich aufrichtete und sich nicht mehr leicht wegdrehte, wenn sie mit jemanden sprach, war wiederum den anderen mehr bewusst als ihr selbst. Und gerade die Orcs, die ein feines Gespür dafür zu haben schienen, wie aufrecht jemand durch die Welt schreitet, reagierten und behandelten sie instinktiv anders als zuvor. Sie dankte tief in ihrem Inneren ihrem Lehrer für dieses kleine, aber doch so folgenschwere Geschenk.

„Hey Jen‘!“
Mazaan schoß es ihr durch den Kopf, als sie den Ruf hörte und drehte sich schnell um. Sie sah den Troll auf sie zuschlendern und ihr Herz fing an zu klopfen. Auch mit Mazaan war es anders geworden.
„Hey“ sagte er nochmal. „Mazaan soll morgen wieder nach Bambala. Irgenwas wichtiges. Kommste mit?“ Breit grinste er sie an. Sie nickte und lächelte ihn an.
„Logo maan, was dachtest du denn?“ Die Augen des Trolls fingen an zu strahlen.
„Klasse. Was machste heut noch?“ Sie überlegte kurz.
„Denk ich werd noch rüber zu Se‘jib machen. Vielleicht braucht er wieder was von da.“ Ein Anflug von Enttäuschung überflog Mazaans Gesicht. Doch ebenso schnell wie er gekommen war, war er auch schon wieder verflogen.
„Ok, aber zum Essen biste wieder da?“ Sein Blick ging an ihr vorbei zur Karre mit dem Fleisch. „Gute Jagd gehabt“ fügte er noch hinzu. Sie nickte.
„Bin ich, auf jeden.“ Sie folgte seinen Augen. „Ja, die war‘n heute besonders unvorsichtig.“ Beide standen noch eine Weile da und sagten nichts. Dann regte sich Mazaan. Als er sie wieder anblickte war sein Blick aufmerksamer und intensiver als sonst. Er räusperte sich.
„Ja … ich geh dann ma. Bis später!“ Mazaan zwinkerte ihr zu und ging davon.

Für einen kurzen Moment war sein Geruch auffällig intensiv gewesen und hatte sich wie ein Schleier über ihr Denken gelegt. Irritiert blickte sie ihm nach. Plötzlich war da ein Impuls ihm zu folgen. Jetzt. Sofort.
Sie erschrak leicht. Sollte es wieder soweit sein? Im Kopf überschlug sie die Zeit die sie schon hier war. Möglich war es. Keine Frage. Und auf einmal mischten sich noch ganz andere Gefühle zu der Vorfreude darauf bald wieder in Bambala sein zu können.
„Reiss dich zusamm‘ Jeng‘a“ murmelte sie. „Hast noch was zu tun. Morgen gehts los.“
Erst fügte etwas noch in Gedanken hinzu. Mit einem Ruck drehte sie sich um und machte sich auf den Weg zur anderen Seite des großen Flusses der sich südlich von Grom’Gol ins Meer ergoß. Zu Se‘jibs Hütte war es nicht weit, aber sie wollte rechtzeitig zum Essen wieder da sein.

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Teil 9

Kapitel 12

Schlingendorntal

Dichter Regen fiel, seit zwei Tagen schon.
Überall stieg Dampf auf und die Luft war drückend schwül. Schon nach dem ersten Tag waren die Wege matschig geworden und selbst die Raptoren hatten Schwierigkeiten ihr Gleichgewicht zu halten. Das Leben in Bambala machte Pause. Zwangsläufig.

Ausserhalb der Hütten war kaum einer zu sehen. Überall hockten oder lagen Trolle, dem unaufhörlichen Tropfen und Trommeln lauschend. Einige machten sich daran Waffen, Kleidung und Gegenstände jeglicher Art auszubessern, andere spielten um ihre Trollkrautvorräte indem sie vom tausendmaligen Gebrauch glattpolierte Fingerknöchel, die mit verschiedenen Piktogrammen verziert waren, immer wieder aus einem Holzbrett mit Schälchen herausnahmen und diese wieder neu befüllten. Oft von Gefluche und Gelächter begleitet. Andere wiederum dösten nur herum.

Jeng‘a streckte sich wohlig und liess ein heiseres Gurren dabei hören.
Sie lag ein Stück abseits vom Dorf auf einer kleinen Erhöhung, über sich ein Dach aus breiten Blättern einer Dschungelpflanze. Ab und an gelang es jedoch einem Tropfen Regenwasser hindurchzukommen. Im Moment beobachtete sie träge wie ein Tropfen über ihr langsam immer größer wurde.
Die Troll fühlte sich großartig. Der Regen hielt sie länger in Bambala fest, als sie geplant hatten. Und das genoß sie. So hatte sie sich noch nie gefühlt. Wenn es nach ihr ginge, könnte es immer so weiter gehen. Ein tiefer Seufzer löste sich aus ihrer Brust. Jetzt erst verstand sie das Gegrinse, das Gelächter und die Andeutungen der Trolle ihres Stammes seit sie das erste mal in der Hütte gewesen war, die allein den Trollfrauen vorbehalten waren wenn die Mondflut sie packte.
Schon während des Rittes nach Bambala wurde ihr bewusst, dass sie dabei war in Hitze zu geraten. Sie hatte also die Anzeichen am Tag vorher richtig gedeutet.

Der Tropfen löste sich und fiel ihr auf den nackten Bauch. Sie erschauerte, als es wie eine Welle durch ihren Körper ging. Verträumt schaute sie zu wie der Regentropfen vom Bauch an der Seite herunterlief und eine glänzende Spur hinterliess.

Am ersten Abend, das war noch bevor der Regen einsetzte, setzte sich Mazaan ganz dicht zu ihr ans Feuer und als sie bemerkte wie intensiv sein Geruch sich für sie verändert hatte, wäre sie beinahe schon dort über ihn hergefallen.
Irgendwann an diesem Abend setzte der Regen ein und alle verzogen sich in die Hütten. Bis auf Jeng‘a und Mazaan. Die beiden sahen sich an und ohne irgendetwas sagen zu müssen gingen sie durch den Regen sich einen Platz im Dschungel zu suchen. Dort blieben sie. Mazaan ging ab und an weg um etwas zu trinken und zu essen zu holen, aber Jeng‘a hatte den Platz seitdem nicht mehr verlassen.

Hoffentlich regnets jetzt immer dachte sie. Sie betastete ihre Schultern wo sie noch Zahnabdrücke spüren konnte. Dann entdeckte sie wie sich ein neuer Tropfen im Blattwerk sammelte. Sie streckte das linke Bein um mit der Zehe gegen das Blätterdach ganz sachte zu tippen. Der Plan gelang. Der Tropfen eilte zu einem anderen Blatt unter dem Mazaan lag und schlief. Dort fiel er herunter, dem Troll genau auf die Wange. Keine Reaktion.
So tief ? Fragte sich Jeng‘a halb belustigt, halb empört. Nee nee, so nich, maan.
Sie senkte wieder das Bein und stupste den erschöpften Troll mit dem Fuß zunehmend fester in die Seite. Mazaan murmelte etwas, immer noch tief schlafend. Schließlich drehte sich sich auf die Seite und kam auf die Knie. Mit einem Grinsen beugte sie sich über sein Ohr.
„Ma-zaa-aan“ sang sie leise. „Du verpennst das beste.“ Dann weckte sie ihn. Wieder.

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Teil 9

Kapitel 13

Schlingendorntal

Das Rauschen wurde stärker.
Auf ihrer Suche nach einem ganz bestimmten Kraut hatte sie ihre üblichen Jagdgründe verlassen und war weiter südlich gekommen als je zuvor. Num‘a hatte ihr damals einen Beutel mit verschiedenen getrockneten Pflanzen, Wurzeln und Samen überreicht.
„Bewahr sie gut. Die werd‘n ma nützlich sein“ hatte ihre Ziehmutter gesagt und ihr dann genau erklärt wofür und in welcher Dosierung welches Pflanzenteil gut sei.

Die Hitze war vorüber und gleich nachdem sie wieder in Grom‘Gol angekommen waren, ging sie ihr Hab und Gut durch. Zu ihrem Erschrecken musste sie feststellen, dass alles verschimmelt war. Leise fluchend warf sie den Beutel ins Feuer. Sie wollte keine Welpen. Nicht hier, nicht jetzt und nicht von Mazaan. Ohne Stamm Welpen großziehen? Wie sollte das gehen? Jetzt, wo sie wieder bei Verstand war, war das ihre Hauptsorge. Nicht dass sie tatsächlich tragend war, aber sie wollte kein Risiko eingehen. Num‘a hatte ihr gesagt, dass es nur in den Tagen danach wirken würde, also blieb ihr nicht viel Zeit. Und dass sie niemanden erzählen sollte dass sie so etwas überhaupt verwenden würde. Also brach sie am nächsten Morgen in aller Frühe auf. Zur Jagd. Dass es diesmal um eine Jagd nach Pflanzen gehen würde sagte sie niemanden.

Die Suche hatte sie immer weiter den Dschungel durchforsten lassen. Immer weiter südlich suchte sie. Plötzlich stand sie vor einer riesigen alten, halb zugewucherten Mauer die vor ihr hoch aufragte und sich links wie rechts in einem Bogen von ihr entfernte. Sie umschritt es rechtsherum und musste feststellen, dass die Biegung nicht aufhörte.
N‘Kreis. Das is‘n riesiger Kreis dachte sie voller Staunen. Es juckte sie, das Gemäuer einmal zu umrunden, aber zuviel Zeit war schon verstrichen, sie musste zusehen, dass sie ihre Suche beendete, wenn sie noch vor Dunkelheit zurück in Grom‘Gol sein wollte. Die Mauer musste auf ein anderes mal warten.

Sie wollte die Suche schon aufgeben, da erblickte sie in der Nähe, an der Seite eines kleinen Berges, endlich das was sie suchte.
Wo eine is, sin bestimmt auch mehr dachte sie und fing an die Erhebung zu untersuchen. Und tatsächlich, hier und da entdeckte sie mehr der Pflanze. Plötzlich stiess sie auf einen kleinen, offensichtlich schon eine Weile nicht mehr benutzten Pfad. Sie führte Kuyenda, der kleine Nambu lief ihr sowieso ständig um die Beine herum, und folgte dem sich schlängelnden Pfad bergauf. Beinahe wäre ihr ein kleiner Abzweig nach links entgangen und da das mittlerweile ohrenbetäubende Rauschen aus dieser Richtung kam, beschloß sie dort langzugehen. Was sie nach wenigen Metern dort zu sehen bekam raubte ihr den Atem. Links von ihr, tief unten, war ein Wasserfall. Aber der Lärm kam ganz deutlich nicht von diesem. Das Rauschen kam eindeutig aus Richtung des Pfades. Neugierig ging sie weiter. Schon nach wenigen Schritten blieb sie mit großen Augen stehen. Vor ihr öffnete sich der schmale Pfad zu einem Felsenplateau hin. Über diesem Plateau schob sich in Übertrollhöhe ein gewaltiger flacher Felsen über das Wasser hinwegschoß. Sein Gischt glitzerte wie ein Juwel in der Sonne.

Verzaubert ging sie langsam, bei jedem Schritt sich alles genau ansehend, herum. Als sie direkt unter dem oberen Felsen stand, war das Fallen des Wassers ohrenbetäubend. Hier war es jedoch trocken und es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass dieser Ort in letzter Zeit aufgesucht worden war. Kaskaden von Wasser stürzten an zwei Stellen vor ihr in die Tiefe. Wie in einem Traum setzte sie ihre Erkundigung fort. Ganz dicht bei ragte ein Felsen über den Abhang und von dort konnte sie sehen, wie sich zur Linken ein Strom als Wasserfall aus dem Dschungel ergoß und sich mit dem Meer vereinigte. Ja, das Meer war von hier auch zu sehen. Sie blickte hinaus in die Ferne, alle Zeit vergessend.

Irgendwann gewahrte sie, dass die Sonne tief stand. Ohne Nachzudenken ging sie zu Kuyenda und sattelte sie ab. Nachdem sie die Satteldecke für sich selber zum Schlafen ausgelegt hatte und etwas Feuerholz gesammelt hatte, ging sie wieder zum Felsvorsprung und vertiefte sich in das Panorama vor ihr. Die Wurzeln des gesammelten Krauts kauend versank sie in Gedankenlosigkeit. Eine Ruhe empfindend, die sie so noch nie erlebt hatte.

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Teil 9

Kapitel 14

Schlingendorntal

„Wo warste?“
Mazaans Stimme klang gereizt. Jeng‘a war gerade dabei Numba ein paar neue Befehle beizubringen als der Troll plötzlich bei ihr auftauchte.
„Hey Mazaan!“ lächelnd blickte sie ihn an. „Was geht?“
„Wo du warst, will Mazaan wiss‘n.“ Sie runzelte die Stirn.
„Im Dschungel. Wo sonst.“ Sein Ton gefiel ihr gar nicht.
„Mit wem?“ Kurz blickte sie Mazaan fassungslos an. Dann lachte sie.
„Mit wem?“ wiederholte sie. Sie wollte die Frage nicht glauben, nicht in dem Ton in dem sie gefragt wurde. „Mit Kuya. Und Numba hier.“ Jeng‘a zeigte auf den jungen Raptor neben sich. Mazaan packte sie am Arm.
„Verschaukel Mazaan nich“ drohte er ihr. Mit einer Drehung und einer Abwehrbewegung befreite sie sich aus seinem Griff.
„Was is los mit dir, maan? Hast se noch alle?“ fauchte sie ihn an. Sein Gesicht verzerrte sich.
„Seit Wochen bist immer wieder wech und kommst erst Tage später wieder. Ich will wiss‘n wo du hingehst!“

Ja. Seit sie den Platz unter dem Wasserfall gefunden hatte, suchte sie ihn immer wieder auf. Dort fühlte sie sich, nun ja, ganz. Noch nirgends hatte sie sich so zuhause gefühlt seit sie ihren Stamm verlassen musste. Anfangs hatte sie Mazaan sogar davon erzählen wollen, aber zurück in Grom’Gol konnte sie es einfach nicht. Es war ihr zu kostbar, ihr Geheimnis und sollte es auch bleiben. Irgendetwas in ihr sträubte sich dagegen, es jemand anderen zu sagen. Sie wollte den Zauber dort nicht zerstören.

„Das is meine Sache, ey. Geht dich nix an.“ Sie war sauer. Er trat dichter an sie heran. Tief atmete sie ein, eine tiefe, senkrechte Stirnfalte zeigte sich zwischen ihren Augen. Nambu versteckte sich hinter ihr und fauchte in Richtung des Trolls.
„Das glaubste wohl“ knirschte er. „Du gehörst jetzt zu Mazaan.“ Bevor sie etwas erwiedern konnte, brach es aus ihm heraus. „Es is Se‘jib. Gibs zu!“ Fassungslos starrte sie ihn an, dann konnte sie nicht anders, sie musste wieder lachen.
„Mazaan“ lachte sie ihn aus. „Du spinnst total. Komm ma runter maan!“
„Ich soll was?“ brüllte er. „Du sagst mir nich was …“
„Was ist hier los?“ Eine Wache tauchte auf. „Kein Streit hier im Lager, ist das klar?“ Der Orc baute sich neben den beiden auf. Er war zwar ein gutes Stück kleiner als die hochgewachsenen Trolle, aber das schien ihn nicht im geringsten zu beeindrucken. Mazaan schnaubte, drehte sich um und stapfte wütend davon. Die Wache blickte ihm hinterher und musterte dann Jeng‘a. Doch mehr als ein warnendes Grunzen war von ihm nicht mehr zu hören, als er wieder auf seinen Posten ging. Jeng‘a schüttelte ungläubig den Kopf.
Was war in Mazaan gefahrn? fragte sie sich. Se‘jib? Fast musste sie wieder lachen, so absurd war der Gedanke.

Für den Rest des Tages blieb Mazaan fort. Von Zeit zu Zeit fragte sie sich, ob er sich mittlerweile beruhigt hatte, aber sie musste sich eingestehen, dass sie froh darüber war, ihn heute nicht mehr zu sehen. Auch wenn sie ihn wirklich mochte. Tief durchatmend wendete sie sich wieder dem jungen Raptor zu. Der musste noch viel lernen, wenn er einmal mit ihr auf Jagd gehen sollte.

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Teil 9

Kapitel 15

Schlingendorntal

Leise fluchend legte sie ihre Arbeit nieder.
Zum dritten mal schon heute stach sie sich in den Finger. Sie fing an leicht an der Wunde zu saugen. Se‘jib hob eine Augenbraue.
„Nich dein Tag heute, was?“ Jeng‘a blickte zu ihm herüber ohne die Hand vom Mund zu nehmen und schüttelte den Kopf. Dann machte sie den Mund frei und besah sich die neue Verletzung.
„Hast was auf dem Herzen?“
„Ja, nein, ach, ich weiss nich.“ Mit gesenktem Kopf starrte sie auf die Lederweste vor sich. Wieder schüttelte sie den Kopf. „Is grad alles anstrengend.“

Dass sie gerade Probleme mit Mazaan hatte, wollte sie ihm nicht erzählen. Zwar hatte Mazaan sich wieder eingekriegt, aber trotzdem fühlte sich seit dem Streit alles anders an. Er liess keine Gelegenheit ungenutzt, vor anderen zu zeigen, dass sie zu ihm gehörte. Was ihr zunehmend lästig wurde, um es gelinde auszudrücken. Es gab gar kein Grund für ein solches Getue. Er war weit und breit der einzige, den sie auf diese Art und Weise mochte. Wobei er sich wohl nicht darüber im klaren war, dass er stetig daran arbeitete, dass dem bald nicht mehr sein würde.
Sie hatte eine Weile gebraucht, bis sie begriff, dass er eifersüchtig war. Oder geworden war. Dabei war es so schön in Bambala gewesen. Für sie war das schwer nachzuvollziehen. In ihrem kleinen Stamm wurde sehr locker damit umgegangen, wer mit wem, solange kein Bund offiziell vor allen beschlossen wurde. Aber selbst dann war es in den seltensten Fällen ein Drama. Zu wichtig waren alle für den Fortbestand des Stammes.

„Solltest für heute ma besser Schluß mach‘n“ meinte Se‘jib. „Bevor du dir noch was schlimmeres antust.“ Er zwinkerte ihr zu. Sie seufzte und blickte über den Fluss rüber nach Grom’Gol.
„Kann ich hier noch‘ne Weile sitz‘n?“
„Logo, wie du willst.“ Se‘jib blickte zwischen ihr und der Orcfeste hin und her. Es war offensichtlich, dass sie keine Lust hatte dort hinzugehen. Ihm kam eine Idee.
„He!“ sagte er um ihre Aufmerksamkeit zu kriegen. „Ich hätt‘ da nen Spezialauftrag.“ Sie drehte sich zu ihm hin.
„Nen Spezialauftrag? Was‘n Spezialauftrag“ Er überlegte kurz.
„Sowas wie du mir die Farbe geholt hast. Nur das du diesmal was wegbringst.“ Sie schaute ihn neugierig an und wartete dass er weiter sprach. Er zeigte auf einen Stapel Felle.
„Hier, der Stapel deiner Felle is krass gewachs‘n. Nehm‘ viel Platz weg. Wird Zeit dass de die verkaufst.“
„Ich dachte“ wand sie ein, „die sin meine Bezahlung für Dich. Für den Unterricht.“ Se‘jib winkte ab.
„Nix da. Du bezahlst mit den Besorgung‘n die du für mich machst. Wie Bambala. In Beutebucht erwartet einer ne Lieferung von mir. Bezahlt isse, musst nur abliefern.“
„Beutebucht? Echt?“ Erstaunt war sie ganz Ohr. Der Ort wurde ab und an mal in Grom‘Gol erwähnt. Ein Piratennest wie es hiess, voll mit Goblins und anderem Volk. Schiffe aus Kalimdor brachten fremde Waren und stachen vollbeladen mit Abenteurern und Gütern wieder westwärts in See.

„War da noch nie.“ Sie versuchte ihre Aufregung zu verbergen. „Is das nich weit?“ Se‘jib schmunzelte leicht.
„Nun, wenn de nich willst …“
„Doch! Klar maan! Mach ich.“ Fast wäre sie aufgesprungen. Sie unterbrach sich, als sie merkte, dass sie laut geworden war. Se‘jib lachte.
„Dann is ja alles klar. Wann willste los?“
„Morg‘n“ rutschte es aus ihr heraus. Das Blut schoß ihr wieder in den Kopf, während ihr Lehrer wieder lachte.

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Teil 9

Kapitel 16

Schlingendorntal

„Beutebucht?“ Mazaan starrte sie an. „Wieso?“
„Is nen Auftrag.“
„Für Se‘jib?“ Sie nickt nur. Ihr war klar, dass er empfindlich darauf reagieren würde, aber so war es nun mal. Hinter seiner Stirn arbeitete es, das war deutlich zu sehen.
„Mazaan kommt mit.“ Das war keine Frage. Und das verärgerte sie. Der Plan war erstmal ihr neues Versteck aufzusuchen, dort eine oder zwei Nächte zu verbringen und dann erst weiter nach Beutebucht zu reisen. Da sie Mazaan in ihrer Zuflucht nicht dabei haben wollte, zumindest nicht solange er sich so benahm wie in den letzten Wochen, hiess es entweder oder. Entweder Mazaan oder der Platz am Wasserfall. Das er gar nicht erst fragte, macht ihr die Entscheidung leicht.

„Nee“ sagte sie und sah ihm fest in die Augen. „Ich will allein hin.“ Mazaan kniff die Augen zusammen. Vor unterdrücktem Zorn machten ihm die nächsten Worte offenbar Mühe.
„Meinst, allein mit ihm!“
„Ihm?“
„Se‘jib.“ Diesmal war ihr nicht nach Lachen zumute. Sie schloß die Augen und atmete ein paar mal tief ein und aus. Dann sah sie ihn wieder an.
„Ich sachte Für Se‘jib. Das heisst, er is nich mit dabei.“ Sie sprach langsam, wie zu einem Welpen. Das wollte sie nicht, es kam einfach so heraus. Fast tat es ihr leid. Mazaan ballte die Fäuste.
„Du … du … dann …“ er fand keine Worte. Böse fluchend drehte er sich ruckartig um und eilte davon.

Von da an sah sie ihn nicht mehr.
Als schließlich Kuyenda fertig gesattelt und mit ihrem Reisegepäck am Tor stand, suchte sie das ganze Lager noch nach Mazaan ab. Sie wollte sich verabschieden, ihm versichern, dass alles gut und sie bald wieder zurück sei, aber weit und breit war kein Mazaan zu sehen. Auch die Wache wusste nichts, nur dass er vor bestimmt zwei Stunden schnell davongeritten war, ohne zu sagen wohin. Sie seufzte.
Nun gut, dann isses so dachte sie und stieg auf. Jetzt musste sie nur noch die Felle und Lederwaren bei Se‘jib abholen. Mit einem Schnalzen setzte sie Kuyenda in Bewegung und ritt aus der Feste hinaus.

Gegen Abend erreichte sie ihr Versteck beim Wasserfall. Alles war noch so, wie sie es beim letzten mal zurückgelassen hatte. Der Vorrat an Feuerholz war nicht angetastet und auch die Feuerstelle schien unverändert. Schon fast routiniert richtete sie alles her, versorgte Kuyenda und Nambu und genoß wieder den hereinbrechenden Abend auf ihrem Lieblingsplatz.
Schade dachte sie. Das Rausch‘n is so laut, man hört die Stimm‘n des Dschungels gar nich. Vielleicht war es genau das, was sie so der Welt entrückte. Wenn das der Preis dafür war, dann zahlte sie ihn gerne.

Die Sonne war schon eine Weile weg und die Schatten waren endgültig mit der aufkommenden Dunkelheit verschmolzen, als sie ein Stück Wildbret über ein wenig zur Seite geschobener Glut garte. Neben ihr vertilgte Numba sein Anteil. Plötzlich hielt der junge Raptor inne. Er starrte in Richtung des Pfades. Jeng‘a folgte seinem Blick und sah wie eine Gestalt sich aus dem Schatten löste. Numba fauchte.

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Teil 9

Kapitel 17

Schlingendorntal

Mazaan trat aus der Dunkelheit heraus und das Licht der Flammen flackerte unruhig auf seiner Gestalt hin und her. Seine Augen suchten schnell alles ab, das gesamte Lager nahm er in Augenschein. Dann setzte er sich zu Jeng‘a ans Feuer. Die Troll war sprachlos. Numba fing wieder an ihrem Brocken Fleisch herumzureissen, liess Mazaan nicht aus den Augen. Der Troll stocherte im Feuer, legte ein Ast nach und benahm sich, als wäre seine Anwesenheit eine Selbstverständlichkeit. Jeng‘a fasste sich wieder.

„Mazaan! Was machste hier? Wieso … wie hast du mich gefunden?“ Sie musste laut sprechen damit er sie hier unter dem Wasserfall auch hören konnte. Mazaan antwortete ihr nicht, sah sie nicht einmal an. Fragend suchte sie in seinem unbewegtem Gesicht nach Antworten. Dann, nach quälend langen Augenblicken, beendete er sein Schweigen.
„Du kannst N‘zola absatteln und se füttern. Gib ihr viel, hatt noch nix gehabt seit heut morg‘n.“
„Spinnste? Mazaan, was is los mit dir? Bei den Loas! Mach das selbst.“ Sie spürte wie Zorn in ihr aufstieg. Mazaan schien unbeeindruckt.
„Tu was Mazaan dir sagt, Wei-Wei. Wird Zeit, dassde lernst was sich gehört.“ Sie schluckte.
„Wei-Wei?“ Sie konnte kaum glauben was sie da hörte. Wollte es nicht glauben. Das war nicht der Mazaan, den sie kannt und mochte, ja vielleicht liebte. Oder besser, fast geliebt hatte. Ihre Stimme wurde hart.
„Mazaan, ich bin nich deine Wei-Wei. Du hast mir hinterher spioniert, mich verfolgt. Du hast kein Recht dazu. Ich gehör dir nich.“ Mit jedem Wort wurde sie wütender.
„Un ob du das tust“ sagte er immer noch aufreizend ruhig.
„Weg‘n dem was in Bambala war?“ Sie starrte ihn herausfordernd an. „Da brauchts mehr zu. Viel mehr.“ Kurz fragte sie sich, ob sie zu weit gegangen war. Doch Zorn hatte sie bereits im Griff und es gab kein Weg zurück. Jetzt endlich schaute er sie an.
„Schweig und tu was Mazaan sagt, sonst erlebste was.“
„Ach ja? Dann versuchs doch.“ Glühend vor Wut stand sie auf. „Du hast mir gar nix zu sag‘n Mazaan. Verschwinde und komm nie wieder. Los! Hau ab!“ Die letzten Worte schrie sie. Mazaan sprang auf, schneller als sie begreifen konnte und war mit einem Schritt bei ihr. Er verpasste ihr einen Stoß und sie torkelte ein paar Schritte zurück.
„Fass mich nich an“ fauchte sie. „Mach das noch einmal, und du bereust das.“ Sie tastete instinktiv nach dem Messer, das ihr Jima zum Abschied gegeben hatte. Doch es lag beim Feuer. Mazaan liess sich nicht beeindrucken. Sofort war er wieder bei ihr und packte sie mit links, während er mit rechts zum Schlag ausholte.

Plötzlich schrie er auf. Nambu hatte ihn angesprungen und sich in seinen rechten Unterarm verbissen. Wüste Flüche ausstossend packte er den Hals des jungen Raptors mit der Linken und drückte zu. Nambu gab ein schreckliches Geräusch von sich und liess los. Mazaan schleuderte ihn zur Seite und drehte sich der erstarrten Jeng‘a erneut zu. Gerade als er sie wieder packen wollte sprang ihn Numba wieder an. Doch dieses mal war Mazaan gewarnt. Mit einem Fausthieb schlug er den Raptor zu Boden. Der krümmte sich, versuchte aber sofort wieder aufzustehen. Mazaan holte mit dem Fuß aus.
„NEIN!“ Endlich erwachte Jeng‘a aus ihrer Erstarrung und stürmte auf die beiden zu. Doch zu spät. Der Fußtritt des Trolls beförderte Numba über den Rand der Klippe. Wenn der kleine Raptor der seine Herrin beschützen wollte noch einen Ton von sich gab, dann übertönte der Wasserfall seinen Schrei.

„NEIN!“ Mit voller Wucht rammte Jeng‘a Mazaan in die Seite. Der kam ins straucheln und griff nach ihr. Sie schlug nach seiner Hand, tobte und stiess ihn wieder und wieder. Ein roter Schleier legte sich über ihre Augen. Sie schrie, kratzte nach seinen Augen und Flüche, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie sie überhaupt kannte, hagelten nicht weniger dicht auf ihn ein.
„Jen!“ Mazaan wehrte ihre Attacken ab. „Jen …. Jen!“ Er wich zurück und mit einen mal trat er ins Leere. Beim Fallen versuchte er noch einmal Jeng‘a zu packen, diesesmal jedoch aus Todesangst.
„JEEEEEN!!!“ Sein Schrei wurde schnell leiser, das Rauschen des Wasserfalls schließlich war alles was blieb. Die Troll kam langsam wieder zu sich. Am Rand der Klippe fiel sie auf die Knie und starrte hinunter.

„Mazaan“ flüsterte sie. „Numba. ………………………. Yukko ….“

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Teil 9

Epilog

Schlingendorntal

Am nächsten Tag war sie wie betäubt.

Beim ersten Licht packte sie stumm alles zusammen. Sie hatte versucht von der Klippe aus eine Spur von Mazaans Leichnam auszumachen, doch die Gezeiten hatten ihn anscheinend bereits sonstwohin mitgenommen. N‘zola, seine Reitraptorin liess sie laufen. Sie würde schon den Weg nach Grom‘Gol wieder zurück finden.
Grom‘Gol. Ihr wurde auf einmal schwer ums Herz. Wie sollte sie jetzt wieder nach Grom‘Gol zurückkehren? Was sollte sie dort erzählen? Minutenlang saß sie nur da, unfähig irgendetwas zu denken. Se‘jibs Auftrag. Das war das einzige woran sie sich jetzt klammern konnte. Das einzige, was ihr eine Richtung wies. So suchte sie fast schlafwandelnd die Hauptstrasse, fand sie und verfolgte sie südwärts bis sie nach Beutebucht kam.

Goblins, merkürdige und ineinander verschachtelte Bauten aus flach geschnittenen Hölzern, Wesen, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, merkwürdige Waren, Waffen und Völker und über allem ein durchdringender Geruch nach Tang, Fisch und Teer. Aber anstatt dass es sie dazu einlud alles neugierig zu erkunden, sass der Schock noch tief in ihr drin.

Sie frug sich nach Rikqiz durch. Das war der Name, den Se‘jib sie auswendig lernen lassen hatte. Zu ihm, einen Goblin sollte sie die Lederwaren bringen. Bei ihren Fellen sollte sie sagen, sie wären von ihm, dann würde sie einen, für Gobline zumindest, fairen Preis bekommen.
Als das alles erledigt war und ihr Gepäck weniger, der Münzenbeutel aber deutlich schwerer geworden war, ging sie noch eine Weile plan- und ziellos durch die Gassen. Was sie unter anderen Umständen genußvoll in sich aufgesogen hätte, wirkte alles schal und bedeutungslos. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zum gestrigen Abend zurück.

Am Ende das Kais lag gerade ein Schiff vor Anker und als sie sie sich ihm näherte, sprach sie ein Goblin an.
„He Kleine! Suchst du ein Schiff nach Kalimdor? Dieses hier legt in Kürze ab.“ Sein Orcisch klang ihr fremd in den Ohren.
„Wieviel?“ fragte sie ohne nachzudenken.
„Wieviel Gepäck?“ fragte er zurück und musterte sie jetzt eingehender.
„Nich viel. Nur mich, n‘bisschen Krams und nen Raptor.“ Der Goblin kratzte sich am Kopf und nannte eine Summe. Das würde die Hälfte von dem verschlingen was sie gerade eingenommen hatte.
„Mit Essen un Trinken?“ Der Goblin wollte gerade den Kopf schütteln.
Wenn sie jetzt wieder geht um sich mit Proviant einzudecken, überlegt sie sich es vielleicht nochmal dachte er. Es war offensichtlich, dass sie nicht gezielt nach einer Reisemöglichkeit nach Kalimdor gesucht hatte. Also nickte er.
„Der Raptor bleibt aber an Deck und den Dreck musst du selber wegmachen“ sagte er. „In Ratschet müsst ihr von Bord.“ Sie zuckte mit den Schultern. Der Name sagte ihr gar nichts. Es war ihr auch egal. Sie schlug ein und holte Kuyenda.
Als gegen Abend das Schiff ablegte und westwärts in See stach, blickte sie kein einziges mal zurück.

Ende Teil 9

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