Aus Rücksicht und im Auftrag derer die durch das RL verhindert waren, aber gerne bei gewesen wären, habe ich die Erlaubnis von Girion bekommen die Messe einmal hier zu veröffentlichen. Dafür nochmal dicke Bussis auf die Augen! Eine Packung Taschentücher musste dafür ihr Leben lassen. Das war wirklich eine schöne Messe mit euch zusammen.
Die Messe
Girion tritt nach vorne und lässt für einen Augenblick seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Stumm und ruhig steht er da, wartet ab. Der alte Herr scheint keine Waffe mit sich zu führen, dafür trägt er ein klerikales Gewand. Neben den Farben Weiß, Schwarz und Gold mengt sich jedoch auch Purpur hinzu. Die Stola steigt einen weißen Phönix auf Purpurgrund. Offenbar scheint er frei zu sprechen, denn es sind keinerlei Notizen für eine Rede zu erkennen. Nachdem seine markanten grünen Augen die Menge betrachteten, hebt er leicht das Kinn an und spricht überlegt und in einem angenehmen Redetempo, doch mit viel Gefühl in der Stimme. Die tiefe menschliche Männerstimme erklingt warm, aber deutlich für alle Anwesenden.
„Ich möchte alle hier anwesenden Personen recht herzlich begrüßen. Unterschiedliche Gesichter sind es, in die ich blicke. Frauen, Männer, Kinder… aber auch Zwerge und Elfen. Einheit durch Vielfalt ist ein Motto der Allianz. Eine Allianz, die nicht nur gegen äußere und innere Feinde, sondern auch in hellen und dunklen Tagen zusammensteht. So, wie die Allianz im Großen, so kann dies nur von Erfolg gekrönt sein, sofern wenn dies auch im Kleinen gelingen mag. Jeder einzelne der hier Anwesen mag vom Äußeren her unterschiedlich sein. Das Volk, die Herkunft, gar der Stand. Doch eines haben wir alle gemeinsam. Ein jeder von uns hatte mit einem geliebten Menschen zu tun, der vor knapp einem Monat für immer von uns gegangen ist. Lady Shanelle Ashford, alias Frühling.“
„Zwei Namen, eine Person. Und doch fällt es bis heute auf, wenn ich darüber nachdenke, und so mag es wohl vielen von uns ergehen, dass niemand die komplette Person kannte. Frühling war keine Frau, die zu Lebzeiten leicht zu durchschauen gewesen wäre. Leichter wäre es wohl gewesen, klar sagen zu können, Frühling, ja dies war eine Frau, die gerne anderen half. Ja, dies war eine Frau von Stand, eine Frau von der Straße, eine Frau mit Kind. Doch nein, genau so ist es eben nicht. Frühling war eine Frau, von der jeder nur ein Stück zu kennen vermochte. Ein Mosaik, von dem wir alle Stücke in unseren Herzen tragen. Die einen mögen mehr Stücke besitzen, die anderen weniger. Manche mögen dunkel wie die Nacht sein, andere hell glänzen, wie die Sterne. Doch was würde dies für ein Bild ergeben, setze man es zusammen?“
„Es wäre ein buntes Bild. Hell und Dunkel. Als Paladin würde ich sagen, wo Licht ist, da ist auch Schatten und das eine kann ohne das andere nicht existieren. Doch heute stehe ich nicht hier als Lichtdiener, sondern in erster Linie als Freund. Obgleich ich Shanelle als Lady Ashford kennenlernte, so nahm die Bekanntschaft als Frühling die meiste gemeinsame Zeit ein. Ob auf dem Winterturnier von Bärenfels, auf Cordberg selbst, im Atelier oder in Sturmwind auf der Straße, es waren viele Begegnungen. Ob ich sie kenne? Ob ich weiß, wer sie wirklich war?“
„Nein, gewiss nicht. Jedoch durfte ich einen Ausschnitt kennen lernen, ein Mosaikstück, das ich in mein Herz geschlossen habe. Doch auch Shanelle selbst hat viele von uns in ihr Herz geschlossen. Allen voran ihre Tochter Marigold.“
„Die Tage ziehen ins Land, Wochen vergehen und bald Monate. Und doch wird man sich fragen, wie dies alles gekommen sein mag. Ich für meinen Teil möchte nicht miteinstimmen in bestehende Gerüchte, sondern vielmehr darauf eingehen, was ihr zu Lebzeiten wichtig war. Allen voran hing sie an ihrer Tochter Marigold. Sie zu schützen, war oberstes Gebot und dazu war sie bereit, Entbehrungen auf sich zu nehmen. Räumliche und zeitliche Distanz, sogar Streitigkeiten. Sie war bereit, ihren Titel abzulegen, unterzutauchen, eine neue Identität anzunehmen. Bereit, sich im gefährlichen Zwielicht zu bewegen. Und doch war sie keineswegs naiv, sondern wusste ob der Gefahr, denn sie verfasste vor ihrem Tod noch einige Briefe an nahestehende Personen. Und wieder schließt sich der Kreis. Marigold ist es, um die sie sich sorgt, dass es ihr gut ergehe, nicht sie selbst. Ihr Schicksal in Kauf nehmend und die Schwierigkeiten erduldend war und ist es bis heute dieses Ziel. Ich denke, dies ist ein Charakterzug, der in der heutigen Zeit oftmals in Vergessenheit gerät.“
„Nächstenliebe. Sich selbst für jemanden aufzuopfern, jemanden zu helfen, ohne den eigenen Vorteil im Hinterkopf zu bedenken. Heute begehen wir eine Trauerfeier. Trauer, das ist ein negatives Gefühl. Feier, dies klingt obszön, zynisch in Anbetracht des Grundes. Doch weshalb Trauerfeierlichkeiten? Weil wir mit einem lachenden und einem nassen Auge hier stehen. Wir trauern um den Verlust. Ob unseren Verlust. Hier geht es um uns, dass wir sie nicht mehr unter uns wissen können. Doch gleichzeitig bedauern wir Frühling nicht. Nein, wir freuen uns für sie, denn ihr Weg, der auf Azeroth endete, wird im Licht fortgesetzt. Die Leiden dieser Welt, die Kälte, Krieg, Verzweiflung, Tod…all dies ist vergessen. Ihre Tränen werden von Heiligen Licht für alle Zeit getrocknet und während wir hier stehen, können wir sicher sein, dass wir in ihrem Sinne handeln. Dass dies in ihrem Sinne gewesen wäre. Was können wir also tun? Versinken wir nicht in endloser Trauer oder in Mitleid, denn schließlich schwingt darin auch ein gewisser Egoismus mit. Stellen wir gedanklich Frühling in den Mittelpunkt. Bestimmt kann sie jetzt die hier Anwesenden sehen und unsere Worte hören, die ganz in ihrem Sinne sind.“
„Das Licht möge mit dir sein, Shanelle. Doch auch unsere Liebe möge mit dir sein. Solange wir dein Gedenken in lieber Erinnerung halten, solange wirst du nicht vergessen sein, sondern immer unter uns, mit deinen Freunden und mit deinem Kind. Wir alle stehen vereint, so unterschiedlich wir auch sind, zu deinem Gedenken. Vereint in der Allianz, vereint im Licht, vereint in der Familie. Leben wir in ihrem Sinne weiter. Setzen wir unsere Taten in ihrem Geiste. Im Gedenken an eine Frau, eine Freundin, eine Kameradin, an eine Mutter. An Frühling.“
So endet er schließlich und geht zur Seite, damit ist die Messe wohl beendet und ein offizieller Teil abgeschlossen. Girion wendet sich dem Urnenschrein zu und kniet davor nieder, als er den Kopf senkt und einige Worte spricht, sie sind jedoch tonlos. Daraufhin erhebt er sich und führt eine senkrechte Bewegung aus, gefolgt von einer waagrechten Bewegung. Es scheint rituell zu sein und als Zeremonie abzuschließen. Zuletzt hört man ihn in Richtung des Urnenschreins sprechen.
„Licht, segne diese menschlichen Überreste, auf dass keine dunkle Magie noch anders Böses ihnen Schaden zufügen möge. Nimm den Geist Frühlings auf in deinem Licht und spende ihr Wärme und Trost.“
Daraufhin sieht man ein goldweißliches Glänzen, wie ein leichter Nieselregen bei der Urne, der zu Boden sickern. Dann dreht er sich um und sieht zu den Anwesenden, bedenkt sie mit einem Nicken und tritt zu Marigold heran, legt ihr ein Hand auf die Schulter, spricht leise „Deine Mutter wäre stolz auf dich!“ So reiht er sich ein.