Zum einen finde ich es immer noch sehr früh zu diskutieren, da die meisten wohl noch im Levelprozess sind, sofern sie Classic spielen, auf der anderen Seite ist das auch einer der großen Unterschiede (zumindest ist das mein Eindruck).
Retail (seit längerem) versucht die Spieler auf dem Maximallevel mit allem möglichen zu Beschäftigen und bietet dort verschiedene Systeme wie man den Charakter auf dem Maximallevel verbessern kann, dafür haben die Level zuvor sehr viel an Wert verloren. Bis 40 gibt es sehr viele neue Fähigkeiten und man hat das Gefühl den Charakter weiterzuentwickeln, von 40-80 gibt es noch die ein oder andere Fähigkeit, aber sehr vereinzelt (alles wird passiv stärker und wenn es nicht der erste Char ist tauscht man meist auch nur wenige Rüstungsteile aus, sodass sich alles sehr gleich anfühlt) ab 80 gibt es noch 2 Talentpunkte zu verteilen, die zwar einen großen Einfluss auf die Spielweise haben (bzw wertvolle große Cooldowns sind), aber für 40 Level ist das schon recht knapp.
Auf Maximallevel hingegen kann man sich dann ausgibig mit Ausrüstung, Azeritessenzen, dem Herzlevel, PvP-Rang einige Progresssysteme, aber auch Anreize wie M+ (den Score extern, aber eben auch intern die besten gelaufenen Dungeons), Raidfortschritt (für jeden in einer passenden Schwierigekeit - und hier möchte ich wert darauf legen, dass es eben nicht nur einfacher ist, denn ja der Einstieg ist einfacher, aber mythische Bosse sind um ein viellfaches komplexer als früher) und wiederkehrende Wöchentliche Events oder Belohnungen (was mich leider sehr abschreckt, diese Turnusmäßigen großen Belohnungen, die man verpasst, wenn man in einem gewissen Zeitraum nicht spielt, wirken auf mich so drängend anstatt das Angebot zu geben, dass man eben wenn man dazu aufgelegt ist etliche Zeit versenken kann).
WoW Classic hingegen präsentiert das Leveln noch als eigenen Fortschritt der es wert ist zu spielen, man lernt immer wieder neue Fähigkeiten und bekommt auch jedes einzelene Level einen Talentpunkt (ja ich weiß, dass sie deutlich weniger Einfluss haben als die Retail Talentpunkte, aber sie geben eben den einzelnen Leveln Sinn, statt nur eine Zahl zu sein, die Dank Skallierung der Umgebung nun absolut keine Relevanz mehr hat).
Klassenquest haben für mich besonderen Flair, denn so fühlt man sich seiner Klasse zugehörig (fand ich in Legion mit den Ordenshallen auch klasse).
Im Endgame hingegen gibt es noch die Ausrüstung als Fortschritt, aber dann ist es dort eher limitiert, dann wird es in gewisser Weise etwas mehr zum Sandbox MMO, denn es gibt noch einiges zu holen, aber den Charakter verbessert man in der Regel aufeinander aufbauend durch die Raids (oder Instanzen). PvP Ränge kommen später noch hinzu, aber abgesehen davon gibt es keinen Fortschrittsbalken mehr, um den man sich kümmern könnte.
Diese Langsamheit, Leveln als Teil des Spiels sehen und im Endgame nur durch den Reset beschränken Fortschritt, gefallen mir gerade sehr an Classic.
Was das Drumherum angeht sehe ich Retail deutlich überlegen.
- Ich mag die verschiedenen Schwierigkeitsgrade, denn es ist eben ein Erlebnis den Raidbossen gegenüberzustehen, auch wenn es durch den LFR keine Herausforderung ist.
- Ich mag den Dungeonfinder, denn es ist einfach enorm unpraktisch in Chatkanälen suchen zu müssen, wo Nachrichten überlesen werden, oder die gar nur in wenigen Zonen zu lesen sind. Das geht noch so lange die Gebiete der Dungeons gut besucht sind, aber für das Leveln ist Blizzard mit dem Dungeonfinder den einzig richtigen Weg gegangen um allem auf dem Weg zum Maximallevel nicht die Daseinsberechtigung zu nehmen.
- Ich mag M+ denn da kann jeder seine Grenzen austesten und/oder auf dem Level spielen, auf dem er gerne Unterwegs ist, ohne unter-/überfordert zu werden.
- Questunterstützung (seien es Anzeigen wo man Gegner findet oder vernünftige Droprates von Questitems)
- viele kleine Verbesserungen oder Beschäftigungen (seien es Petbattles oder Erfolge - für manche ist es Pseudocontent, aber ich sehe es als Beschäftigungsmöglichkeit in einer unglaublich großen Welt, die noch ein paar Anregungengeben andere Ecken zu erkunden, auch wenn ich sie persönlich vielleicht nicht mag - ich spiele z.B. keine Petbattles außerhalb von vereinzelten Daylies)
An Classic mag ich dahingegen
- Den stringenden Loot, ich weiß wo ich mich verbessern kann und habe etwas auf das ich hinfiebern kann. Ich persönlich bin aber auch motiviert mit meinen Freunden und Gildenkollegen Dungeons zu laufen aus denen ich nichts brauche, weil es mir Spaß macht, wenn sie sich verbessern. Dass kommt mir in Retail abhanden, weil potentiell überall Verbesserungen kommen könnten und damit fühlt es sich so beliebig an, was man macht.
- Die Langsamheit des Spiels. Dies ist ein extrem subjektiver Punkt, aber mir gefällt es nicht, dass ich jeden GCD eine Fähigkeit nutzen muss. Natürlich ist es aufregender, wenn man aktiv dabei ist und quasi alles steuert und einen Schlagabtausch zwischen ausweichen, angreifen, parrieren, kontern, … hat, aber dieser Spielstil erinnert mich mehr an ein Action-RPG und am besten noch aus der Egoperspektive oder direkt über die Schulter (z.B. Skyrim oder Dark Souls), aber in WoW mag ich es auch einfach die Situation zu beobachten und dann hin und wieder mit mächtigen Zaubern/Fähigkeiten einzugreifen, wenn es die Situation hergibt. Strategisch abzuwarten, weil man noch 2 Sekunden Manareg mitnehmen möchte oder die Wut lieber für eine andere Fähigkeit aufzusparen statt mit Heroic Strike direkt auszugeben hat etwas das mir persönlich gefällt, auch wenn ich da vermutlich zur kleineren Gruppe zähle (und wie gesagt ich kann es verstehen)
Das klingt jetzt so als hätte Retail viel mehr Vorzüge, aber momentan überwiegt das langsame Spielgefühl von Classic sehr stark als Faktor der mir gefällt.
Aber wie gesagt, ich kann beiden Spielen etwas abgewinnen und trotz all der Negativität die oft aufkommt halte ich beide Versionen für gute Spiele, wo jedes Vor- und Nachteile bietet und gut möglich, dass ich einfach nach Lust und Laune abwechsle.