Ich denke, es geht den meisten um den Umgang mit dem Rang.
Es macht einen Unterschied, ob man sagt:
„Mein Charakter ist Hauptmann Karl-Franz, einer von vielen Offizieren in der Allianz-Armee.“
Oder ob man sagt:
„Mein Charakter ist Hauptmann Karl-Franz, einer der größten Helden der Allianzarmee und ein Mann, dessen Name alleine schon ausreicht, um die Herzen seiner Kameraden am Feld mit Zuversicht zu füllen. Jeder Soldat kennt ihn, jeder Rekrut möchte sein wie er und viele davon haben ihn vermutlich während ihrer Ausbildung sogar schon einmal zu Gesicht bekommen.“
Im ersten Fall wirft man einfach nur ein Konzept in den Raum (idealerweise mit Support im Rücken), das eines von vielen sein kann. Ein Offizier, wie es Tausende andere auf der Welt gibt und nichts, bei dem man von seinen Mitspielern verlangt, dass sie diesen Charakter nun als Teil ihres Hintergrundes nachträglich einfügen. Er war halt da, aber man hat ihn persönlich nicht gesehen, schließlich gibt es genug Schlachtfelder und Möglichkeiten, dass Spielercharaktere sich nicht zwangsweise über den Weg laufen müssen.
Solang dieser Charakter gut gespielt wird und man ihm oder ihr den militärischen Rang abkauft, ist es dann auch total egal, ob dieser Charakter vor zehn Jahren oder zehn Minuten erschaffen wurde. Wie schon geschrieben wurde „ist erspielt“ ist kein Qualitätsmerkmal, denn man kann sich auch mit zwei gleichgesinnten Freunden sehr viel Unfug erspielen.
Erstellt man jedoch einen neuen Charakter und schreibt in dessen Hintergrund, dass quasi jeder, der mal beim Militär war, diese Person schon mal erlebt haben muss oder Ähnliches, dann kommt das einem „Poweremote“ gleich, mit dem man aktiv versucht, in die Backgroundstory einer anderen Person einzugreifen und das ist schlichtweg nicht fair, schlechter Stil und einfach ein Fehler.
Wenn man seine Mitspieler:innen durch Qualität überzeugt, werden diese sich vielleicht von selbst dafür öffnen, dem Charakter Raum im eigenen Hintergrund zu geben. Aber man kann es niemandem aufzwingen und wenn man Charaktere in hohen Rängen, egal ob Militär, Licht oder auf gesellschaftlicher Ebene, spielen möchte, dann ist es immer der ungeschickteste Weg, diesen Rang lediglich auf einer blumigen Hintergrundgeschichte aufzubauen und dann von seinen Mitspieler:innen zu erwarten, dass sie diese ungefiltert kaufen. Es hat einfach immer einen bitteren Beigeschmack, wenn man einen Charakter sieht, der komplett alleine dasteht, aber einfach alles und davon noch das Doppelte sein möchte.
Heißt nicht, dass es deshalb verboten ist, Hauptmänner, Grafen oder Erzmagier zu spielen, aber es sind Rollen, mit denen man sich automatisch stärker einem kritischen Blick aussetzt und dann muss man auch die Qualität abliefern, um das Misstrauen der Leute zu zerstreuen. Da mag es in manchen Fällen reichen, dass die Person alleine durch RP überzeugt, aber in anderen Fällen bedarf dieser Charakter auch noch einem bespielten Umfeld.
Ein Herzog, der z.B. spätabends alleine im Hafen herumspaziert und mit jedem Bettler per du ist hat eine schlechtere Außenwirkung als der Herzog, den man nur innerhalb kontrollierter und sicherer Orte antreffen kann und der auch stets mit Wache oder Berater unterwegs ist. Gleiches gilt für hohe Militärs. Ein Hauptmann ohne Soldaten wirkt auf Dauer einfach nicht authentisch bzw. einfach nur wie ein weiteres, rein social-RP fokussiertes Konzept, in dem der Rang nicht mehr als schmückendes, hohles Beiwerk ist.