Die Finger der Hexe bewegen sich durch die Luft und weben ein komplexes Muster in der Luft über einer kleinen, unscheinbaren, dunklen Kugel. Schwarz-Grünes Schimmern folgt den Bewegungen und zeichnet das Muster nach, macht es direkt sichtbar. Die Spuren der Felmagie stehen in scharfem Kontrast zu der weißen Seide, die ihre Schlanken Finger umhüllt. Ein Griff in die Schale, die neben der sitzenden Blutelfe auf dem Boden steht. Sie mustert einen Moment lang, was sie zutage gefördert hat. Ein Augapfel aus kristallinem Material blickt zurück, eine schmale, Pupille in festem Quartz, der Blick kaum toter wirkend, als er tat, als sein früherer Besitzer noch am Leben gewesen ist. Ihre eigenen, schmalen, schlangenartigen Pupillen in den giftgrünen Iriden halten den Blick des körperlosen Lavahaiauges noch einen Moment lang, dann schließt sie die weiß behandschuhten Finger um das Auge und giftgrüne Felflammen lodern zwischen der Seide hervor und als sie die Hand wieder öffnet, ist nichts als feine, weiße Asche übrig.
Ein sachtes Lächeln spielt über ihre Züge. Warum einen angelnden Dracthyr-Koch beschäftigen? Nun, Lavahaie aus den sengenden Strömen um die Obsidianzitadelle ziehen können ist sicherlich ein guter Grund. Das Fleisch der Biester soll recht wohlschmeckend sein, wenn man es einmal durch die Haut geschafft hatte, aber das würde sie erst später herausfinden, sobald Ifranji zum Abendessen ruft. Es galt immerhin nichts zu verschwenden, aber nein, ihr war es eigentlich nur um die Augen der Kreaturen gegangen. Ein potenter, magischer Fokus für ihre Magie und, Flammen des Nethers, den würde sie auch brauchen. Der Plan setzt immerhin voraus, dass es gelang eine Anlage der Weltenbrecher zu infiltrieren und ihnen ihre Artefakte zu stehlen.
Im Vergleich zu den Drachen und Drakoniden des neuen Obsidianschwarms waren die religiösen Fanatiker sicherlich nicht die hellsten, aber dennoch, ein Drakonide blieb ein Drakonid und man verlor seine Tarnung nur ungern in einem ganzen Nest von ihnen. Es ist die Art Fehler, die man wohl nur einmal macht, aus Mangel an Gelegenheit ihn zu wiederholen. Die Illusion musste daher annähernd perfekt sein. Nicht nur optisch, nein auch haptisch und akustisch. Sie musste in beide Richtungen gehen, so dass die Person, die unter ihr verborgen war auch auf eine Berührung oder ein Anrempeln reagieren konnte, als wäre sie das, wofür sie sich ausgibt. Der Nutzer musste spüren können, als wäre er ein Drakonide. Diese Art der Illusion übersteigt selbst ihre eigenen, ganz unbescheiden festgestellt, beachtlichen Fähigkeiten. Glücklicherweise ist es aber auch nicht an ihr allein den Zauber fertigzustellen. Nein, die Direktorin des Kuratoriums muss nur einen Aspekt des ganzen stellen. Rohe Energie um den Zauber zu füttern hatte das Ritual des alten Docs Jil’khan gliefert. Die Projektion selbst konnte durch die arcano-technologischen Maschinen ihrer Sekretärin erfolgen. Thetis Maschinen können automatisieren, was ansonsten absurde Mengen an Konzentration verlangt hätte;- was sie schaffen muss ist nur der magische Kern des ganzen, das Programm im Hintergrund. Ein sachtes Lächeln. Die sturmwinder Magier, mit denen ihr Kuratorium zusammen unterwegs gewesen war, als man die Expedition der Markgräfin van Haven begleitet hatte, hatten nicht so recht verstehen können, warum man mit jemandem wie ihr zusammen arbeiten sollte, warum ein Troll und eine Gnomin Seite an Seite zusammenarbeiten konnten;- die Antwort ist erstaunlich simpel, trivial, wirklich. Weil man mit so unterschiedlichen Talenten Dinge erreichen kann, die ansonsten vollständig unmöglich sind. Wie die Art Illusion, die sie nun schaffen würden.
Die Blutelfe streut die Asche über die Kugel und das nethermagische Konstrukt, welches sie über ihr und um sie gezeichnet hat erstrahlt einmal hell. Die Art Zusammenarbeit und Ergänzung der Talente der jeweils anderen, die erlauben würden ins Herz des Feindes vorzustoßen, im Auftrag eines schwarzen Drachens und zu bergen, was sonst nicht geborgen werden würde. Ihr Lächeln wird sehr schief, das schimmern der Magie verblasst und lässt nur eine unscheinbare Kugel zurück. Eine von vielen, eine für jeden ihrer Mitarbeiter, der sie begleiten würde. Sollte das Sanktum seinen Vorurteilen und Eitelkeiten fröhnen;- sie hat keine Zeit für derlei Limitationen, hatte sie nie gehabt. Ergebnisse sprechen immer für sich selbst. Erfolg benötigt keine weitere Erklärungen und nur Mittelmäßigkeit und Misserfolge benötigen Rechtfertigungen. Das Lächeln wird etwas schiefer, sie greift nach der nächsten Kugel und dem nächsten Auge.