Gute Tag, liebe Lorefreunde
Heute möchte ich mich mal einem Thema widmen, welches mich seit geraumer Zeit in WoW beschäftigt. Die Kunst der Informationslücke als Stilmittel. In einigen der (wie ich finde) besten Fantasy und Horrorgeschichten bestand oft ein wichtiges Stilmittel darin gewisse Fragen, die sich beim lesen ergeben nie zu beantworten um eine Spannung nicht nur aufzubauen, sondern sie dauerhaft, manchmal gar über Jahre aufrecht zu erhalten.
Als Beispiel: Tom Bombadil aus dem Herrn der Ringe. Auch wenn bis heute Fans der Bücherreihe darüber spekulieren wer sich hinter diesem ominösen Charakter verbirgt, so hat Tolkin Zeit seines Lebens nicht verraten wer wirklich hinter dem mysteriösen Charakter des Tom Bombadils steckt. Die Identität ist bis heute nicht einwandfrei zu beantworten und wird es wohl auch nie sein, doch birgt diese Wissenslücke auch eine gewisse Spannung, denn es hält das Mysterium der Figur lebendig. Ähnliches könnte man auch über die frühere Identität der Ringgeister sagen. Zwar hat Tolkin zumindest einem von ihnen einen Namen verliehen (Khamûl der Ostling), sowie dem Hexenkönig eine eigene Geschichte (die er jedoch schon als Diener Saurons verbrachte), doch wer diese ominösen Könige wirklich mal waren ehe ihnen die 9 Ringe verliehen wurden, dass bleibt bis heute ungewiss und daher ein Mysterium welches nur von unserer eigenen Fantasie mit Inhalt gefüllt werden kann.
Ähnliche Beispiele lassen sich auch im Lovecraftschen Universum finden. Wenn man sich einmal durch die Horrorgeschichten hangelt, die Lovecraft noch persönlich schrieb so fällt einem schnell auf wie wenig Informationen der Leser doch an besonders interessanten Stellen erhält. Selbst die größeren seiner Geschichten, wie die Berge des Wahnsinns lassen den Leser im Ungewissen, wenn es um die Einzelheiten geht, die sich in diesem Kosmos nur knapp unterhalb unserer Erde abspielen und welch Schrecken in den Tiefen schlafen und darauf warten ihren rechtmäßigen Platz auf unserem Planeten zurück zu fordern. Auch hier wird die Spannung beibehalten und es der Fantasie der Leser überlassen diese Lücken selbstständig zu füllen.
Und damit zu WoW: Auch hier hatte ich früher dieses Spannungsgefühl an vielen Stellen. Ein gutes Beispiel dafür wären für mich Argus und Nazjatar. Beide Orte waren für mich lange ein Mysterium über welches ich nur sehr wenige Informationen hatte und welches ich somit mit meiner eigenen Fantasie füllen musste. Natürlich war auch ich begeistert, als wir endlich Argus (soweit wie möglich) erkunden durften und in Nazjatar herumspazierten. Doch abgesehen davon, dass ich Nazjatar ohnehin als enttäuschend empfand war ab dem Zeitpunkt wo wir es bereisen und mit unseren eigenen Augen erkunden konnten die ganze jahrelange Spannung für mich zerstört. Nun weiß ich wie es auf Argus ausschaut, wie die Ruinen von Nazjatar nach dessen Untergang aussehen und welche Kreaturen sich in den Winkeln dieser beiden einst so mystischen Orte verborgen halten. Ich muss sie mir nicht mehr selber ausmalen und mit Schrecken befüllen, die sich meine Fantasie überlegen kann. Einen Teil nahmen mir bereits Bücher ab, die ich natürlich noch bewusst ignorieren könnte. Doch spätestens, wo sie ins Spiel wanderten war der Zauber für mich vorbei. Manchmal (so gebe ich offen zu) wünschte ich sogar, Blizzard hätte die Heimat der Naga in den Fluten des Meeres belassen und N´Zoth wäre niemals frei gekommen. Dann hätte ich dieses Spannungsgefühl noch. Nun… sei es drum, es lässt sich ja eh nicht mehr ändern.
Doch wie viele dieser Mysterien verbleiben eigentlich noch, jetzt wo wir gar das Jenseits bereisen. Die Ebene des Lichts und die Ebene der Leere fielen mir da spontan noch ein. Und vielleicht auch die Heimat der Astralen. Und auch wenn es sicherlich einige anders sehen werden, so frage ich mich manchmal ob es der Lore und der Spannung am Ende nicht vielleicht mehr schadet als nützt, wenn wir im Zuge zukünftiger Expansions immer mehr Geheimnisse lüften und Orte entmystifizieren, sowie Charakteren begegnen, welche bisher nur durch unsere eigene Fantasie Gestalt annehmen.
TL;DR: Wie steht ihr zu bewussten Informationslücken als Stilmittel? Gibt es für euch noch offene Fragen, von denen ihr euch wünscht, dass sie wegen ihrer inne wohnenden Spannung niemals beantwortet werden. Wenn ja, welche Fragen könnten dies für euch sein, ohne die Loreinhalte zu künftigen Expansions komplett zu verbauen?
Ich bin gespannt auf eure Überlegungen