Bl.ödstich war heute auf dem Siegelmarkt einkaufen. Die Enklave ist verwirrt.
Was schenkte man einem Todesritter?
Die Frage schwirrte Blindstich den ganzen Rückweg vom Wegekreuz bis nach Orgrimmar durch den Kopf. Der Markt war trubelig gewesen, eine ungewohnte Erfahrung für die kleine, unauffällige Todespirscherin. Schatten und Einsamkeit waren ihre Verbündeten. Dort, mitten in der ihr so fremden Siedlung, umringt von noch fremderen Marktbesuchern und Händlern, war sie sich fehl am Platz vorgekommen.
Nur ein vertrautes Gesicht war an ihrer Seite geblieben. Herr Dal’danil. Und natürlich war auch Herr Kokytos kurz da gewesen, allerdings hatte sie ihn aus den Augen verloren sobald er sich auf eigene Faust ins Getümmel gestürzt hatte.
Dennoch empfand sie den Tag im Nachhinein als angenehm. Herr Dal’danil war immer nett zu ihr. Herr Kokytos ebenfalls. Er mochte noch nicht offiziell zur Enklave gehören, aber sie konnte sich nicht vorstellen dass Meister Varnin einem zweiten Todespirscher die Mitgliedschaft verwehren würde.
Mittlerweile war sie zurück in der vertrauten Umgebung der Kluft im Herzen von Orgrimmar. Und sie war nicht untätig. Die just erworbenen Geschenke wurden verteilt, bei ihnen kleine Zettelchen hinterlassen, auf denen die Pirscherin in ihrer krakeligen Handschrift einen Gruß zu Papier brachte. Nur der Anfang unterschied sich jeweils darin, wer der Empfänger des Geschenks war.
Lieber Meister Vendral, …
Lieber Herr Zornklinge, …
Liebe Frau Va’zan, …
Lieber Herr Rah’ziar, …
Lieber Herr Pox, …
Lieber Meister Varnin, …… hier ist ein Geschenk.
Geduld und Disziplin
BlindstichSie hatte nicht für jeden etwas passendes gefunden. Herr Kokytos hatte erwähnt nichts vom Markt zu benötigen, und sie war bis jetzt immer noch nicht schlauer was man einem, geschweigedenn drei, Todesrittern schenken konnte. Aber die Dinge, die sie ergattert hatte, fanden sich bald in den Zelten ihrer Empfänger.
Für Xernoth handelte es sich um sechs mittelgroße, hellviolette Duftkerzen, die nach Veilchen und Patchouli rochen. Aethrion bekam eine Flasche Alkohol - Blindstich wusste nicht einmal was für eine Sorte es war, aber der Händler hatte ihn als ‚Besinnliche Oase‘ bezeichnet, etwas hochprozentiges und gleichzeitig süßes das rasch zu Kopf steigen sollte. Für die Trolle Va’zan und Rah’ziar hatte Blindstich Würzkräuter gekauft. Rosmarin, Dill und Petersilie, laut der Verkäuferin am besten geeignet um Fleisch schmackhafter zu machen.
Herr Pox sollte in seinem Bereich des Heilerzelts eine Ansammlung aus Kräutern aus aller Welt finden, jeweils zwei Büschel weniger seltener Exemplare und ein Büschel seltener Pflanzen von jedem Kraut. Nur die seltenen Kräuter aus Zandalar und von den Verheerten Inseln fehlten, aber daran war nichts zu machen. Und Meister Varnin bekam eine Teemischung aus Zimt, Kakaoschalen und Nelken auf dem Tisch mit den Dokumenten hinterlassen, über die er sich immer so sehr aufregte. Vielleicht regte er sich dann weniger auf. Blindstich hoffte es.
Sie war zufrieden, als sie alle Präsente hinterlassen hatte, und zog sich wieder in ihr übliches Versteck hoch oben zwischen den Zeltpfeilern zurück. Jetzt musste sie nur noch Angeln lernen.
Jindra fand sein Geschenk noch im Laufe des selben Abends. Er trat hinter dem Bücherregal hervor und erfasste die Kluft und das Zeltinnere sogleich in rasanter Abfolge aus verschiedenen Blickwinkeln, als er innerhalb von Sekundenbruchteilen seine Sicht an die unterschiedlichen Augen von Kilrogg band. Die einzige Unstimmigkeit, die er bei seiner Überprüfung ausmachte, war ein Kästchen auf dem Tisch direkt vor ihm.
Seine Brauen zogen sich zusammen als eines seiner Augen näherschwebte um es unter die Lupe zu nehmen. Routiniert vollzog er eine magische Überprüfung und furchte die Stirn weiter, als er nicht einmal den Hauch einer schädlichen Verzauberung daran feststellen konnte. War dies das Werk des inkompetentesten Attentäters aller Zeiten?
„Glynaith“, sprach er aufffordernd, und die Sayaad, die ihm vertrauter war als sein Körper, löste ihre Unsichtbarkeitsverzauberung und öffnete das kleine Kästchen ohne Umschweife. Keine Giftbombe platzte daraus hervor. Auch der Dämon runzelte nun die Stirn, schnüffelte am Inhalt… und blickte verdutzt drein.
„Das riecht wie… Oh.“ Sie hielt inne und bückte sich nach dem Papier, das unter dem Kistchen geklemmt hatte. Vorlesen musste sie es nicht. Eines von Jindras Augen schwebte bereits neben ihr und las die kurze Botschaft.
„Was“, sagte der Hexenmeister tonlos, wie festgewurzelt an seinem Platz beim Regal verharrend.
„Tee. Das riecht wie Tee. Und hier steht… ‚Wohlige Wärme‘?“ Die Sayaad gluckste zuerst nur, dann fing sie ungehalten an zu kichern, schließlich zu lachen.
Jindra indes starrte nur, jetzt sowohl mit seinen eigenen Augen als auch den teuflischen schwebenden Augäpfeln.
Und noch einmal sagte er nur ein Wort.
„Was.“