Aus der Reihe: Urk’s urktastische Unternehmungen
Shu’halokalypse Kau
Urk saß am Rande der Klippen von Donnerfels und betrachtete ein wahrlich seltsames Schauspiel. Seit er in der neuen Welt war, hatte er sich schnell daran gewöhnt, seinen Auftraggebern die seltsamsten Jagdwünsche zu erfüllen. Einer wollte mal Krokoliskeneier und ein anderer eine lebendige Harpyie. Was auch immer gewünscht war, Urk machte sich stets daran, die außergewöhnlichen Forderungen zu erfüllen. Wie er so dasaß und dem fast schon realitätsfernen Geschehen vor seinen Augen folgte, erinnerte er sich daran, wie dieser bizarre Auftrag hier mal angefangen hatte…
Der Herbst war nun auch in Mulgore eingekehrt und Urk durchstreifte mit Oyekeh Sanfthuf, einer Jägerin aus Mulgore, das weite Grasland um den Donnerfels. Urk und Oyekeh begegneten sich, wie sollte es auch anders sein, bei der Jagd und freundeten sich schnell an. Der Orc mochte Oyekeh vom ersten Augenblick an und war beeindruckt von ihrer Art auf offenem Felde Beute zu machen. Sie teilte ihr Wissen mit ihm und lehrte den Orc die wilde Hatz im seichten Grasland. Die beiden verbrachten viele Tage miteinander und eines Abends schlugen sie ihr Lager unter einem Felsvorspung auf. Wolken waren aufgezogen und die beiden Jäger vermuteten Regen. Sie entfachten ein kleines Feuer und teilten wie jeden Abend Fleisch, Wasser und Geschichten aus ihrer Heimat. Bald begann ein leichter Regen und die beiden bezogen ihre Nachtlager. Wann der Regen aufhörte, daran kann Urk sich nicht erinnern. Woran er sich sehr wohl erinnern kann, war sein Erwachen oder viel mehr das, was kurz danach geschah. Der Orc war bereits erwacht und stellte fest, dass der Regen wohl nur von kurzer Dauer war. Er betrachtete das feuchte Gras und dann hörte er diesen Schrei. Irgendwo über ihm ertönte ein kurzer Schrei, darauf folgte etwas das nach einem Flattern klang und dann stürzte direkt vor dem Vorsprung etwas großes in den feuchten Boden. Urk richtete sich blitzschnell auf und auch Oyekeh stand bereits mit ihrem Speer bewaffnet und bereit zum Angriff auf den Hufen. Das große Bündel am Boden bestand aus Fell, Federn, Hörnern und Holz und es stöhnte schmerzerfüllt.
„Uärghs… ich liebe den Geruch von Grasland am Morgen…“ tönte es stöhnend aus dem Bündel.
*Oyekeh entspannte sich sofort und schloss kopfschüttelnd die Augen * „Darf ich vorstellen Urk, das ist der fliegende Kau…“
Urk sah irritiert zwischen dem sich aufrappelnden Bündel und der Jägerin hin und her. Er begriff nicht was gerade passiert war und sein Blick verharrte auf dem Fremden. Aus dem Absturzbündel entfaltete sich ein stattlicher Shu’halo der offenbar Flügel hatte. Ein vom Absturz zerbrochenes hölzernes Gestänge voller Federn war mit Ledergurten an seinen Armen und Beinen befestigt. Umständlich befreite sich der Fremde davon, baute sich vor Urk zu voller Größe auf und stellte sich vor.
„Ich bin Kauanahé, mein Volk nennt mich den fliegenden Kau!“ sprach der dreckverschmierte Taure, dem hier und dort noch Federn von seinen Bastelflügeln aus dem Fell lugten. Urk sah diesen Kerl nach wie vor fassungslos an, während Oyekeh zu einer Erklärung ansetzte. „Der fliegende Kau träumt davon, eines Tages den Himmel zu erobern. Sein Geist ist verwirrt!“
„Sein Geist ist verwirrt!“ äffte der fliegende Kau die Jägerin nach und schnaufte. „Sein Geist ist verwirrt… also MEIN Geist ist überhaupt nicht verwirrt! Nur weil die Erdenmutter uns keine Flügel gab, heißt es noch lange nicht, dass die Shu’halo den Boden mit ihren Hufen nicht verlassen dürfen!“ um seine Worte zu bekräftigen, stampfte der Kau mit seinem Huf kräftig auf. „Außerdem,…“ er beugte sich geheimnisvoll zu Urk herüber und begann fast zu flüstern „Außerdem, wenn wir mich in die Luft bekommen, dann schaffen wir das auch mit jedem anderen." er hielt kurz inne, sah Urk tief in die Augen und ließ seine Worte wirken, bevor er unvermittelt die Stimme hoch und sowohl Urk als auch Oyekeh zusammenzuckten "Und jetzt brauche ich bessere Federn! Dieses Hühnerzeug hier… gackgackgackgackgack ist überhaupt nichts Wert.“ Er winkelte die Arme an und flatterte mit den Ellenbogen, während er versuchte, das Krähen eines Hahnes nachzuahmen und kläglich versagte. „Ich brauche gute Federn, nein! Ich brauche am besten gleich ganze Flügel. Du da!“ Der fliegende Kau zeigte euphorisch auf Urk und der Orc sah den Tauren mittlerweile mit völlig entgleister Miene an. „Besorg mir Federn! Große starke Federn! Und besorg mir Holz das leicht und stabil ist!“ Der Taure hatte Urk regelrecht überrumpelt mit diesem harschen Befehl und der fassungslose Orc gab ein tonloses „Dabuh“ von sich. Oyekeh senkte das Haupt und legte dem Orc wohl zum Trost ihre Hand auf die Schulter. Urk starrte den fliegenden Kau an und nickte langsam, während dieser bereits dabei war sein gefiedertes Fluggestänge einzusammeln und sich anschließend davon zu machen.
„Er ist ein Verrückter, der sich mit seinen nutzlosen Federbauten von Hängen und Klippen stürzt. Er ist ebenso mutig wie wahnsinnig. Vermutlich ist er nur wahnsinnig. Aber er hat nun Dein Wort, Du wirst ihm wohl helfen müssen.“ sprach Oyekeh. Der Orc schwiegt und sein Blick verfolgte den verrückten Tauren bis dieser nicht mehr zu sehen war.
Bald schon versorgte Urk den Tauren regelmäßig mit allerhand Federn, Stoffen, Hölzern, tierischen Extremitäten und so ziemlich allem was im Verdacht stand, einen Tauren länger als für den Moment eines Sturzes in die Luft zu bringen. Mit der Zeit wuchs Urks Interesse daran, ob der Taure es jemals schaffen sollte, seinen Wahnsinn Realität werden zu lassen und der Orc konnte die nächsten Flugversuche kaum abwarten. Urk reiste über Wochen und Monate viel herum und erst der pandarische reisende Händler Onkel Ho, dem Urk in Orgrimmar begegnete und der dem Orc von den pandarischen Drachengleitern erzählte, brachte den Jäger auf die Idee, dem fliegenden Kau genau so ein Ding zu beschaffen. Onkel Ho erklärte dem Orc alles über Auf- und Abwinde, über den Bau und die Handhabung der Drachengleiter und über die besten Materialien. Mit diesem Wissen und einigen Materialien reiste der Jäger zurück zum fliegenden Kau und gemeinsam machten sie sich ans Werk einen solchen Gleiter zu bauen. Nun saß Urk in der Morgensonne auf den Klippen von Donnerfels und beobachtete einen jubelnden und schreienden Kauanahé, der schnell wie ein Pfeil durch die Lüfte glitt. Er hatte es geschafft. Dieser vollkommen verrückte Taure hatte es tatsächlich geschafft und seinen massigen Bullenkörper mit all den unendlich oft gebrochenen und wieder verheilten Knochen in die Lüfte gebracht. Ein Shu’halo hat den Himmel erobert. Neben Urk saß eine ebenso ungläubig starrende Oyekeh und rieb sich immer wieder die Augen.
„ICH LIEBE DEN GERUCH VON GRASLAND AM MORGEN!“ ertönte der Ruf des fliegenden Kau aus der Ferne.