Nach einer ermüdenden Reise durch die unerbittliche Wüste Desolaces, deren Sandkörner wie winzige, feurige Nadeln in der sengenden Sonne glühten, erreichten Mia’ze und ihr treuer Raptor, dessen Schuppenpanzer unter der Last der Vorräte ächzte, ein Lager, das so unscheinbar war, dass es leicht von den zermürbenden Winden der Ödnis verschluckt werden könnte. Das Zentrum des Lagers bildete ein Tipi, dessen Durchmesser kaum die Länge eines ausgewachsenen Drachen erreichte. Seine Wände, aus dem Leder längst vergessener Kreaturen gefertigt, zeugten von einer Robustheit, die selbst den härtesten Stürmen trotzen konnte.
Mia’ze selbst, deren Haut von einer Kruste aus Schweiß und Sandstaub überzogen war, trug die Spuren der Wüste wie eine zweite Haut. Nur vereinzelte, saubere Flecken auf ihrem Gesicht verrieten, dass sie sich gelegentlich mit den wenigen kostbaren Tropfen Wasser, die sie sich leisten konnte, Erleichterung verschafft hatte. Ihr Raptor, ein majestätisches Wesen in traditioneller Panzerung, die in den Farben Braun, Gelb und Weiß erstrahlte, schien die Strapazen der Reise mit einer stoischen Ruhe überstanden zu haben, die seiner Art eigen ist.
Mit einer sanften Geste ihrer rechten Hand signalisierte Mia’ze ihrem Raptor, innezuhalten. Sie selbst schritt mit entschlossenen Schritten auf das Tipi zu, schob den schweren Ledervorhang, der mit den mystischen Runen ihres Volkes verziert war, beiseite und trat in das Innere der Behausung. Der Boden war mit Leder ausgelegt, in dessen Mitte eine Feuerstelle ruhte, umsäumt von frischem Holz, das nur darauf wartete, entfacht zu werden. Um die Feuerstelle herum waren Felle ausgebreitet, die eine einladende Atmosphäre schufen und zum Verweilen am wärmenden Feuer einluden. An der linken Seite, nahe dem Eingang, stand ein kleiner Tisch, auf dem eine Sammlung alchimistischer Gerätschaften drapiert war, während an der Wand dahinter Kräuterbeutel und -bündel in einer sorgfältigen Ordnung aufgereiht waren. Zur rechten Seite des Eingangs befanden sich Regale, die eine Vielzahl von Utensilien beherbergten – von Waffen über Totems bis hin zu Holzschalen und anderen Artefakten. Im hintersten Teil des Tipis, gegenüber dem Eingang, lag das prächtige Fell eines Bären ausgebreitet, auf dem ein drahtiger Troll mit blauen Haaren und milchig trüben Augen hockte, sein Körper und Gesicht gezeichnet von den heiligen Symbolen Bwonsamdis.
Ein zartes Lächeln umspielte Mia’zes Lippen, als sie auf den Troll zuging und sich vor ihm aufbaute. Mit einem respektvollen Neigen ihres Hauptes begrüßte sie ihn: „Taz’Dingo Zaku’ra!“ Der Troll erhob langsam seinen Kopf, richtete seinen Oberkörper auf, ohne seine hockende Position zu verlassen, und war so fast auf Augenhöhe mit Mia’ze. „Zaku’ra’aka, du hast eine lange Reise hinter dir. Es ist gut zu sehen, dass du wohlbehalten bist“, erwiderte der Troll mit einer Stimme, die so tief und ruhig war wie die Erde selbst, und nickte ihr zu, sich neben ihn zu setzen.
Der Troll wartete geduldig, bis Mia’ze Platz genommen hatte, bevor er fortfuhr: „Was bedrückt dein Herz, Kind des Dschungels?“ Auf seine Worte hin begann Mia’ze zu erzählen, ihre Worte flossen in der melodischen Sprache Zandali: „Als wir zuletzt über jene Visionen sprachen, rietest du mir, mich in Schattenflucht und beim Hain umzuhören. Leider konnte ich keine neuen Erkenntnisse über die Visionen gewinnen, doch ein befreundeter Schamane könnte mir möglicherweise weiterhelfen. Die Wachen aus Schattenflucht berichteten auch von einer Gruppe Sonderlinge, die in Desolace umherstreifen. Als Gegenleistung für ihre Informationen und die Vermittlung eines Treffens mit dem Schamanen habe ich zugestimmt, Vorräte von Furiens Posten zu holen, im Austausch gegen Fisch aus Schattenflucht. Und als hätte Bwonsamdi selbst die Fäden gezogen, traf ich genau vor Furiens Posten auf diese Gruppe von Sonderlingen…“
Mia’ze hielt inne, gab dem Troll Raum für mögliche Fragen. Doch als er nur sanft nickte, fuhr sie fort: „Ein Drachkin, ein Taure, zwei Menschen und Verlassene. Einer der Verlassenen schien ihr Anführer zu sein, ein weiterer war ein Ritter aus dem Norden. Der Anführer der Untoten hielt eine Ansprache und enthüllte, dass sie Teil eines Kultes sind – eines Kultes, der die Wahrheit der Leere verbreiten will…“ Mia’ze machte eine kurze Pause, doch als keine Einwände oder Fragen kamen, sprach sie weiter: „Ich habe mit dem Tauren vereinbart, dass ich versuchen soll, Felle gegen Stahl zu tauschen – in Schattenflucht. Es scheint, als bereite sich dieser Kult auf einen Kampf vor, oder sie fühlen sich bedroht. Ich verstehe noch nicht ganz, was vor sich geht.“ Das Trollweibchen nickte zu ihren eigenen Worten, als wollte sie deren Bedeutung unterstreichen. Dann fragte sie knapp: „Was nun?“
Der Troll schloss seine Augen, atmete tief ein, hielt den Atem einen Moment lang an und ließ ihn dann langsam durch die Nase entweichen. Als er seine Augen wieder öffnete, leuchteten sie für einen kurzen Augenblick in einem strahlenden Hellblau auf, bevor das Licht wie aufsteigender Rauch verblasste. „Die Leere also… Sehr interessant… Ich werde dies mit Bwonsamdi besprechen. Du wirst tun, was du versprochen hast. Tausche, bringe dem Tauren den Stahl und versuche, mehr herauszufinden… Aber sei vorsichtig!“ Mia’zes Augen weiteten sich vor Vorfreude, und sie nickte bestätigend: „Verstanden, ich werde es tun!“ Der Troll lachte tief aus seiner Kehle und schnippte mit Mittelfinger und Daumen, woraufhin sich das Feuer in der Feuerstelle entzündete. „Jetzt solltest du dich erst einmal baden, die Strapazen der Reise von dir waschen. Ich werde das Essen vorbereiten, und dann werden wir den Abend genießen… Es reicht, wenn du morgen nach Schattenflucht aufbrichst.“