Erinnerungen an Lebensabschnitte. Diese nimmt man unweigerlich mit, wenn man als junger Mensch mit WoW begonnen hat und etwa die Hälfte seiner Lebenszeit bis heute damit gefüllt hat bis zu einem gewissen Grad.
Meistens war es ein schlichtes Hobby. Manchmal ein Trostspender. Manchmal der Anlass für Ärger. Hin und wieder der Entstehungspunkt großartiger Freundschaften. Jeder empfindet es anders, doch ist es unbestreitbar, dass World of Warcraft für viele Menschen mehr als einfach nur „zocken“ war und ist.
Ich war nie der Mensch, der auf große Gruppenaktivitäten und Vereine stand. Meine erste Raidgruppe, die mich einfach aus Gutmütigkeit, ohne dass ich Wissen über das Spiel oder jeglichen Skill gehabt hätte, durch Karazhan geschliffen und mir zum Loot gratuliert hat, hat mich Pflichtbewusstsein gegenüber anderen Menschen gelehrt. Andere nicht hängen zu lassen, obwohl es „nur ein Spiel“ war… pünktlich zu sein und auch mal zu verzichten als Teenager, der eine treulose Tomate war.
Ich denke auch zurück an mein erstes Gildentreffen, auf dem es sofort gefunkt hat. Da stand er, der Typ, der im TS eine unfassbar angenehme Stimme hatte und attraktiver war als ein junger Anduin. Der Raidleiter, der mich für einen absoluten Noob hielt und mich eigentlich aus der Gruppe schmeißen wollte, aber mich stattdessen einfach auch noch in sein echtes Leben mit aufgenommen hat. Eine lose Onlinebekanntschaft, die vier Jahre später zur Hochzeit führte und heute nach 14 Jahren noch Bestand hat, glücklicher denn je.
Die besten BiS-Items, die ich im Spiel jemals bekommen habe, sind meine Freunde und Bekanntschaften, die ich in all den Jahren mitgenommen habe. Unglaubliche Menschen, die mir beim ersten Treffen einfach spontan beim Umzug geholfen haben. Mit denen ich Urlaube verbracht habe… die mir zuhause an Silvester meine Gläser geschrottet haben und mit welchen ich im Pub meine Pommes geteilt habe. Die ich habe aufwachsen sehen, weil sie selbst noch so jung waren. Und die auch heute noch da sind, selbst wenn sie schon längst aus dem Spiel verschwunden sind.
Ich erinnere mich auch daran, wie ich vor 9 Jahren krank in meiner Wohnung verschanzt war und alles sinnlos schien - bis auf die Leute, die mich im Spiel immer wieder aufgemuntert haben. Und das Spiel selbst, das mir ein bisschen Trost geschenkt hat und mir dabei geholfen hat, fokussiert zu bleiben und nicht den Verstand zu verlieren. So lange, bis es mir wieder gut ging und ich als neuer Mensch weitermachen und wachsen konnte. Tetris hätte das wahrscheinlich nicht erreicht, aber WoW mit seiner riesigen Welt, den Spielern und seinen tollen Geschichten konnte das.
Ich dachte immer, ich sei der unkreativste Mensch im Umkreis von 10.000 Kilometern. Bis ich bemerkte, dass andere Menschen im Rollenspiel Spaß daran haben, die Geschichten meiner Charaktere zu erkunden. Die Kampagnen zu bespielen, die ich mir für sie ausgedacht habe und sich an meinen völlig bescheuerten Bildern zu erfreuen, die ich für gemeinsame Situationen gemalt hatte. Mein Gott, und die Dramen erst, die beim RP rumkamen und für allgemeine Belustigung sorgten. Die Story von der Mondpriesterin, die 10.000 Jahre alt war und keine Ahnung hatte, wie man Kinder macht und wo die herkommen, ist heute noch für einen Schmunzler gut.
Nun… was ist eigentlich der ganze Punkt?
Ich möchte mir all diese Erinnerungen so gut es geht beibehalten. Saß lange hier und habe all die Jahre, die ich ohne Pause im Spiel und hier im Forum verbracht habe, Revue passieren lassen. Es macht mich traurig, was die verantwortliche Firma aus sich und ihren Spielen macht beziehungsweise damit umgeht. Es gäbe so vieles, was ich dazu sagen und anklagen könnte. Aber ich lasse es einfach, gerade mit dem Wissen, dass ich meine Kritik in den letzten zwei Jahren oft genug angebracht habe und so manches davon auch auf Unmut stieß. Es hat einfach keinen Zweck, an alten Gewohnheiten festzuhalten, wenn sie einem nichts mehr zurückgeben.
Ich wünsch euch was. Tschüsseldorf.