Erzählung von Attra
~13.11.2012~
Die Sturmschwester steht oben auf den Zinnen der Donnerfestung und blickt versonnen über das weite Land. Nebel hängt in Fetzen über dem Boden, die Luft fühlt sich feucht und kalt an. Langsam wird es Winter über der Steppe.
Auf einer anderen Festung, Jahre in der Vergangenheit, fast in einem anderen Leben, hätte sie jetzt schon den Schnee im Wind schmecken können. Die ersten Vorboten von Frost und Eis, die sich wie ein schützender Mantel über das Land gelegt hätten.
In Erinnerungen versunken steht sie da. Makhai der Sturmschwestern. Des Donneraxt Clans. Wer hätte gedacht, dass sie das jemals über sich sagen könnte. Dass andere es über sie sagen. Im letzten Licht des Abends schimmern die ersten Strähnen in ihren Haaren silbern auf, das Alter hat vor keinem Orc Halt gemacht.
Tief unter sich kann sie den Rauch der Totenfeuer riechen. Da gehen sie hin, die Gefährten der Vergangenheit. Brüder, Schwestern. Ein Blut. Verloren, vergessen, verschollen. Tot. Der Orc, von dem sie dachte, nichts würde sie je trennen. Die Clanschwestern, die sie damals - vor so langer Zeit - im Clan begrüßt und als eine von ihnen aufgenommen haben. Die Orcs, die ihr Blut auf dem Schlachtfeld vergossen haben, um sie zu schützen.
Aber sie kann sich erinnern. An das Damals. An das … Es war einmal … Vor langer, langer Zeit.
Die Sturmschwester wendet ihr Gesicht ab, hält es in den feuchten Wind. Bloß nicht mehr daran denken, was einst war. Sie kann es nicht mehr ertragen. All die Gesichter, die nur noch in ihren Träumen mit ihr reden. All die Weggefähren, die Opfer der Zeit geworden sind.
Sie schließt die Augen und schluckt hart.
Aber da sind noch Orcs, die ihren Rat brauchen. Ihren Schutz, die wissen müssen, wer diese Orcs waren, die dort den reinigenden Flammen übergeben werden, um Eins zu werden mit dem Kreislauf des Lebens, um den Ahnen gegenüber zu treten.
Grom uur Grom.
Die Sturmschwester flüstert nur diese drei Worte und verstummt dann. Blickt weiter gen Horizont.
Sie wird noch gebraucht.