Die Kälte kroch ihr langsam durch den dicken Stoff, aber störte Luzula nicht genug, um von dem Stein aufzustehen. Seit geraumer Zeit saß sie auf einem großen Findling; im Schatten einer Säule titanischen Ausmaßes. Würden nicht gewaltige Stalaktiten durch den bläulichen Dunst an der Höhlendecke brechen, hätte es ein angenehmer sonniger Tag unter freiem Himmel sein können. Beledar wanderte allerdings nicht wie die Sonne über das Firmament, sondern verharrte an seinem Platz, sodass er ihr an ihrem Standort verborgen blieb. Die hellen, warmen Strahlen des Kristalls streiften jedoch den Rand der Säule und brachten das entferntere Umland zum Glühen. Die Köpfe der riesigen Blumen hatten sich diesem Schein längst entgegengestreckt und neigten förmlich aus Dankbarkeit ihre orangegelben Häupter zum Licht.
Im Rücken der Dunkeleisenzwergin ging das Lagerleben hingegen seinen gewohnten Trott. Luzula lauschte den vertrauten Stimmen der Ordensmitglieder, hörte ihnen jedoch nicht zu. Nicht die Worte waren wichtig, sondern die Gewissheit, dass sie da waren. Der Klang der Stimmen. Das gelegentliche Witzeln im Tonfall. Sie waren auf der Heimreise. Die Zauberin kam allerdings seit einer geraumen Weile nicht mehr um die Frage herum, was Heimat für sie bedeutete. Der Schwarzfels? Ihre Hand tasteten blind nach der Pfeife zu ihrer Seite, fühlte über den rauen Stein und klaubte das Objekt auf. In nachdenklicher Manier zwirbelte Luzula die Pfeife zwischen ihren schlanken Fingern. Für viele Dunkeleisenzwerge wurde die Schattenschmiede zur Heimat, aber auch für den Flammenhort? Sie kannte bereits die Antwort. Eisenschmiede wiederum war komplizierter. An jenem Gemäuer mochten nicht dieselben Erinnerungen kleben, aber der Geist eines lang zurückliegenden Bürgerkrieges haftete wie ein düsterer Schatten über dem Ort und seinen Bewohnern. Sicher, die Stimmung war besser geworden, und dennoch…
… warum fühlte sie sich hier in der Ferne mehr Zuhause, als im düsteren Viertel? Es hatte dabei keinen Unterschied gemacht, ob ihre Füße in einem der vielen Bäche nass geworden waren, über ihren Köpfen noch Spinnenweben klebten, oder Beledars Licht fast ihr Gesicht streifte. Luzula hob die Mundwinkel zum dezenten Schmunzeln an und klemmte ihre Pfeife zwischen die Lippen, bevor sie vom Findling rutschte und im gemächlichen Schritt zurück zu den kleinen Zelten des Lagers schlenderte. „Was meint ihr? Gibt es in Mereldar Tabak?“, fragte sie laut und deutete mit einem amüsierten Glucksen auf ihre Pfeife. „Mich beschleicht etwas das Gefühl, dass ich Pech haben könnte…“
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