Estralma

Da dies hier ja eigentlich für Kreationen aus der Community gedacht ist, welche sich am besten um Werke aus den Mitgliedern zentrieren sollten, dachte ich, ich setze hier auch mal ein Werk ein, an welchem ich schon einige Zeit lang drann bin :slight_smile:

Dies alles ist sicherlich noch nicht ganz ausgegohren und bedarf wohl noch einiger Überarbeitung, Korrektur und Anpassung … Aber ich hoffe dennoch, dass Euch die ersten wenigen (um die 60) Seiten erfreuen und auf mehr hoffen lassen :slight_smile:


Glaube mir. Bücher verspühren nicht den Drang in dunklen Ecken zu verstauben, sondern sie sehnen sich danach gelesen zu werden.
Sie streben danach ein Band des Verständnisses zwischen dem Protagonisten und dem Leser zu weben und sie gemeinsam auf eine Reise zu entführen.
Sie in schweren Zeiten zu Tränen zu rühren, sie in brenzligen Situationen mitfiebern zu lassen, aber auch um hin und wieder dieses mysthische Lächeln, welches so viele ungesehen auf ihren Lippen tragen in ein breites Grinsen zu verwandeln.

In jedem Buch steckt so viel Herzblut und Arbeit des Verfassers.
Ganze Welten eingebunden zwischen wenigen Seiten. Und ein jedes Buch und ein jeder Autor, tut freudig darauf warten, das andere diese erkunden.
Die Welten mit ihrer eigenen Fantasy weiter ausschmücken und ihnen mehr Leben einhauchen, als es die wenigen Worte vermögen, die im grunde nur das Grundgerüst bildeten.

Die Schatten von Estralma

Das Labyrinth der verlorenen Seelen


Der Aufbruch

Eine unerwartete Entdeckung

Die Ankunft

Das Leben einer Studentin

Die Vereidigung

Der Tempel Adanos

Die ersten Schritte

Ein Vorfall mit Folgen

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Der Aufbruch

Langsam waberte der Rauch aus der Nyyrbaumpfeife nach oben, wo er vom lauen Lüftchen des gemächlich dahin rollenden Wagens leicht zerfasert wurde. Am ansonsten strahlend blauen Himmel trieben zwei einzelne Wolken und die ungewöhnlich breite Straße war gesäumt von einigen uralten, riesigen Fichten zur Linken und scheinbar sich endlosen erstreckenden Feldern auf der rechten Seite.
Wohlig seufzend ließ sich Elina im Schatten eines großen Tuches, welches über dem Führerstand gespannt war, in zwei weiche Kissen zurück sinken, nahm einen Schluck vom samtigen Samur-Kaffee und winkte zu Rhogar, einem alten Freund aus der Akademie für angewandte Magie hinüber.
Sie und siebzehn weitere Novizen aus der Hauptstadt Fenier hatten sich vor gut drei Wochen auf den Weg zur magischen Stadt Estralma gemacht. Einem Campus von schier atemberaubenden Ausmaß, an dem sich die Studenten des gesamten Kontinents trafen, sobald sie ihre Prüfungen als Novizen abgeschlossen hatten.
Zwar gab es auch eine direkte Teleportverbindung zwischen Fenier und Estralma, aber auf Grund der hohen Preise und dem Umstand das die Reise ein eigenes Ritual darstellte, hatten sie nur eine Verbindung nach Wordan nehmen können, wo sie sich den dortigen Studenten auf ihrem Weg angeschlossen hatten.
Jeder in einem Wagen den sie, im letzten halben Jahr, eigenhändig hatten bauen und ausstatten müssen. Was ebenfalls ein Teil ihrer Prüfungen gewesen war.
Wärend der letzten drei Wochen der Reise, kamen immer mehr Novizen aus den unterschiedlichsten Akademien, Städten und anderen Ländern hinzu, sodass ihre Karawane inzwischen eine beachtliche Länge erreicht hatte.
Viele von ihnen, meist aus den höheren Häusern, waren direkt nach ihrer Schullaufbahn in die Akademien eingetreten um den Beruf des Magiers, des Priesters oder des magischen Heilers zu erlernen. Aber es gab auch fast genauso viele Handwerker, welche für ihre Prüfung des siebten Grades mindestens einen Abschluss zum Adepten oder höher benötigten.
Auch konnte man einige der berüchtigten Abenteurer ausmachen. Einem Berufsstand der sich zum einen durch Söldnerdienste aber vor allem durch das Kämpfen in den legendären Labyrinthen von Myrnar, Solingon und Vasketh über die letzten vierhundert Jahre einen eigenen Namen gemacht hatte.
Die meisten dieser Abenteurer besaßen nicht viel mehr als das was sie am Leibe trugen. Dennoch konnte man in diesen Katakomben auch zu ungeheuren Reichtum gelangen und es gab immer mal wieder Gerüchte von vereinzelnden Abenteurern welche über mehr Gold und Einfluss verfügten, als der Herrscher der den Landstrich verwaltete.
Auch wenn diese Abenteurer nicht unbedingt über einen tadellosen Ruf verfügten und lieber unter sich blieben, so war Elina dennoch froh einige Schwert erprobte Kämpfer an ihrer Seite zu wissen.
Ihre Karawane zählte zwar schon über mehr als zweihundert Mitreisende, darunter auch einige erfahrende Magier sowie mehrere Soldaten die in den Paladinstand aufsteigen wollten. Dennoch hörte man alle paar Jahre Geschichten über Banden die nur für diesen Zweck aus dem gesamten Land anreisten und sich zusammen schlossen. Von daher boten diese Narben übersäten und vor Waffen strotzenden Kämpfer eine zusätzliche Sicherheit.

Noch einmal sog Elina an der Nyyrbaumpfeife und während der Rauch langsam zwischen ihren Lippen hervorquoll und von den Elementen der Luft auf eine eigene Reise hinfort gezerrt wurde, blickte sie über die schier endlosen Felder, zwischen denen sich in weiter Ferne weitere Wagenzüge schlängelten.
Nun wo sie nur noch drei oder vier Tage von Estralma entfernt waren, würden sie wohl auf immer mehr Karawanen treffen, bis sie alle vor den Toren ankamen und dort aufgrund der verschärften Einlasskontrollen mehrere Tage lang ihr Lager aufschlagen würden.
Wie sie aus den Vorlesungen in der Akademie wusste gab es vor der Stadt einen gigantisch zu nennenden Platz, welcher von etlichen Wasserstraßen durchzogen war und einzig dem Zweck diente die tausenden eintreffenden Studenten auf zu nehmen, bis ihre Papiere überprüft und die zugewiesenen Fahrtrouten frei waren.
Langsam wand die junge Novizin den Blick von den noch fernen Karawanen ab, klopfte ihre Pfeife aus und griff durch den mit einem Vorhang verhängten Durchgang nach einen schon halb leeren Sack mit Grass und speziell getrockneten Früchten.
Das Frühstück für ihre treuen Begleiterinnen, Dörte und Elfriede.
Die wenigsten Wagen in der Karawane hatten Pferde, waren diese einfach ungemein teuer und die Traditionen besagten, dass die Familie für das Zugtier aufkommen musste. Somit sah man fast jegliches Lastentier welches in den jeweiligen Regionen eingesetzt wurde.
Von den monoton vor sich dahin stampfenden Uprans, die wie mit zottigen Fell bewachsene, übergroße Schildkröten aussahen und deren Kopf den einer Ziege ähnelte. Über die langbeinigen, stakenden Zepriesen, einer nicht flugfähigen Vogelgattung die zum Pflücken der Cammisfrüchte auf den überfluteten Feldern in der Bastach Region verwendet wurde. Bis hin zu den gewöhnlicheren Lasttieren wie Eseln, den kräftigen Bergon-Schweinen und Rindern.
Und Dörte und Elfriede waren Elinas ganzer Stolz.
Zwar war die Novizin bei Simur, einem angesehenen Hohe-Priester aufgewachsenen und hätte sich wohl jedes beliebige Pferd kaufen können. Aber die Beiden selbst waren das Geschenk ihrer Großmutter, bei der sie damals täglich im Haushalt und auf dem kleinen Hof ausgeholfen hatte. Und sie waren die beiden Zwillingskälber gewesen, die sie damals selbst hatte entbinden dürfen. Deshalb war sie auch vor Rührung in Tränen ausgebrochen als ihre Großmutter sie gefragt hatte ob sie sie nicht mit auf diese bedeutende Reise in ein neues Leben mitnehmen würde.

So in Gedanken, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, füllte sie also den Futterbeutel, schwang sich vom Bock und hängte ihn vorne an das Gestänge, während es langsam aber stetig voran ging.
„Boa ist das heiß, wie hältst du das nur aus Dörte“, freundlich tätschelte Elina die Flanke ihrer Begleiterin und strich ihr die Haare aus den Augen.
„Was hast du gesagt?“ Ein roter Schopf schob sich zwischen den rückwärtigen Planen des vorher fahrenden Wagens ins Freie, gefolgt von einer Sommersprossen bedeckten Nase, einem frech grinsendem Gesicht und vor Lebenslust sprühenden Augen.
„Ja guten Morgen Fiona. Ist unsere Prinzessin auch schon aufgestanden?“, witzelte Elina, schüttelte mit dem Kopf und brachte vom Bock zwei Tassen Kaffee mit. „Hier, gegen deinen Kater“
„Danke“, ein wohliges Seufzen lag zwischen zwei Schlucken. „Also, was beschwerst du dich nun schon wieder über das Wetter? Es ist erst Vormittag und du schimpfst schon wie ein Rohrspatz?“
„Ha“, schnaufte die junge Frau spöttisch, wobei sie sich die blonden Haare aus dem Gesicht strich. „Du hast ja keine Ahnung. Erst pennst du hier bis in die Puppen, während ich schon seit in der Früh auf den Beinen bin und nicht nur meinen sondern auch Euren Wagen zur Abfahrt bereit gemacht habe. Und dann weist du genau was los ist.
Bei dieser Hitze werde ich mich heute schon wieder mindestens drei Mal umziehen können. Wären wir hier am Wasser würde ich mich ja noch nicht einmal beschweren.
Aber es ist nicht einmal eine Wolke am Himmel, dann verbringen wir auch noch den ganzen Tag zwischen den Tieren und Wind oder selbst nur eine kleine, leichte Brise scheint hier zu Lande ernsthaft ein Fremdwort zu sein. Es ist einfach echt ne Qual.“
Liebevoll kraulte Elina ihre Kuh hinter den Ohren. „Nichts gegen dich Dörte. Aber gerade du lässt gefühlt jeden zweiten Kilometer einen Fladen fallen, bei dem selbst die Fliegen ohnmächtig werden.“
Ein freches Grinsen stahl sich auf Fionas Gesicht.
„Tja meine Liebe. Drei Mal am Tag umziehen?
Wärst du mal nicht jedes Wochenende mit den Jungs um die Häuser gezogen und hättest dein Geld für diesen Waffengurt mit Schwert und Langdolch ausgegeben, dann hättest du dir evtl. auch ein Artefakt kaufen können, das deinen Wagen kühl wie die Morgenbrise hält. Schau dir uns an. Hier drinnen ist es so schön kühl, manchmal wissen wir gar nicht, ob wir unsere Hemdchen anbehalten oder doch lieber in langer Hose und Wams bei einem heißen Grog am Tisch sitzen sollten.“; und streckte ihr die Zunge raus.
„Du freches Biest du“, lachte Elina. „Wer hat mich denn hier ständig von einem Wirtshaus ins nächste gezerrt?
„Tja Linchen, so was nennt man dann wohl Berufsrisiko, nicht?“, witzelte Fiona, zwinkerte ihr zu und rutschte etwas beiseite als sich ein zweiter Kopf, mit strohblondem Haar neben ihr durch die Planen schob.
„Da hat sie wohl Recht, Elli. Als Studentin, gerade wenn du auf unserer Etage wohnst, müsstest du dir eigentlich darüber im Klaren sein, das du nicht drumherum kommst, dass du auf jede sich bietende Party mitgenommen wirst.“; murmelte Sabrina noch schlaftrunken, rieb sich die Augen und fügte mit einem Gähnen hinzu: „Immerhin hat unser Stockwerk einen Ruf zu verlieren.“
„Einen Ruf, du Schlafnase? Dieser Ruf besagt aber auch, dass wir am nächsten Morgen alle wieder Tau frisch sind und nicht bis zur Mittagszeit durch pennen.
Oder hast du vergessen dass sich Oldran angeboten hatte uns einen Einsteigerkurs im Schwertkampf zu geben; damit wir mit diesen nicht wie mit Staubwedeln herumfuchteln?
„Oh keine Sorge. Das IST ja gerade der Grund weshalb wir so gut schlafen konnten. Denn während du dich nachher beim Training abrackerst, werden Fiona und Ich ganz genau hinsehen, wie Oldran und Wickert dir mit ihren verschwitzten, muskulösen Körpern die Übungen vormachen. Da brauchst du dir nun wirklich keine Gedanken machen. Da werden wir gewiss aufpassen.“
Schelmisch steckte Sabrina ihre Zunge in den Mundwinkel und verdrehte leicht ihre Augen nach oben.
„Keine Sorge Linchen. Dich werden wir natürlich auch anfeuern“, behauptete Fiona mit einem Blick der keinen Spielraum ließ zu erahnen was sie sich gerade vorstellte.
„Und als Belohnung für deine Mühen und den heroischen Absichten uns in Zukunft mit deinem Leben zu beschützen, gibt es anschließend auch einen Blaubeerkuchen, den Sabrina und ich gestern schon vorbereitet hatten.“, schob sie schnell noch hinterher, riss sich von ihren Fantasien los verschwand kurzzeitig im Wagen ehe sie mit einem Buch in den Händen zurück kehrte und Elina ernst ansah.

„Hmm? Was hast du denn da?“
„Also. Während du und Sabrina gestern Abend noch mit dem Abwasch und den Tieren beschäftigt wart, hatte ich mich noch ein wenig in den anderen Lagern umgesehen und mich mit Thomas unterhalten. Kennst ihn noch?“
„Thomas? War das nicht der junge Dozent von den Novizen aus Elsbred, der diese begleitete weil er sein Studium vom Magier zum Hochmagier in Estralma beginnen wollte?, fragte Elina
„Ja. Genau den meinte ich“, bestätigte Fiona.
„Also. Als wir uns so über die bisherige Reise und das bevorstehende Camp vor der Stadt unterhielten, begann er einen merkwürdigen Lichtzauber auf die Augen seiner Pferde zu wirken.“
Sie unterstrich ihre Worte mit einer Geste die andeutete wie der Magier wohl seine Hände über die Augen der Pferde gleiten ließ.
„Natürlich hatte ich ihn sofort gefragt was dies den bringe. Und als er mir erklärte das seine Pferde immer unruhig würden, sobald sich der Morgen anbahnte, er es aber liebte aus zu schlafen ohne von ihnen geweckt zu werden und er deshalb einen Lichtzauber verwendete der das Sonnenlicht zumindest soweit abdunkelte dass er ein paar Stunden mehr schlafen konnte. Da war mein Interesse natürlich sofort geweckt.“
Du weißt ja wie schlecht ich im Sommer immer schlafe. Besonders wenn es schon morgens um vier hell wird.
Von daher hatte ich ihn gefragt ob es möglich wäre diesen Zauber auch zu lernen.“ man merkte richtig wie aufgeregt Fiona war, ihre Stimme war etwas in die Höhe geschnellt und ihre Augen leuchteten vor Begeisterung.
„Nun. Er lieh mir also dieses Buch hier, welches er damals auf seiner Reise als Jungmagier gefunden hatte und meinte, dass die Verwebungen für diesen Lichtzauber eigentlich noch einfach genug sein könnte, dass es möglich wäre sie auch als Novizin zu erlernen.“, fuhr Fiona weiter fort, während ihre Stimme von Euphorie langsam in leichte Niedergeschlagenheit um schwankte.
„ Leider kapiere ich das Gekrakel überhaupt nicht.“, gab sie resigniert zu.
„Ich sehe zwar die Ansätze des Lichtzaubers, aber einige der anderen Zeichen tuen mich total verwirren. Ich werde einfach nicht schlau aus ihnen.“
Eilig schlug Fiona die Seiten auf, die mit einem Lesezeichen gekennzeichnet waren. Deutete mit ihrem Finger auf mehrere Stellen der Verwebung, welche sich über fünf Seiten erstreckte und blätterte immer wieder vor und zurück, während sie mit einem gequälten Gesichtsausdruck den Kopf schüttelte.
„Wirst du eventuell schlau daraus, Elina? Immerhin bist du bei einem Magier aufgewachsen und hattest schon einige Jahre vor uns angefangen dich mit diesen wirren Zeichnungen auseinander zu setzen.“ Hoffnungsvoll schaute nun nicht nur Fiona, sondern auch Sabrina zu ihrer Freundin hinüber, während Fiona erneut zurück blätterte und auf einen der Knotenpunkte innerhalb der tieferen Schicht der Verwebung, nahe dem Übergang zur dritten Ebene deutete.
„Schau dir nur alleine diesen Knoten hier an. Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich behaupten dass dies zu einer Luftmagie gehört. Was aber nicht möglich ist, da hier ja die Hauptkanalisierung der Lichtmagie stattfindet. Das ganze ergibt doch überhaupt keinen Sinn“, fast schon wütend schnaubte Fiona nun ihren ganzen Frust raus und verzog ihr hübsches Gesicht zu einer hinreißenden Grimasse die Elina lauthals auflachen ließ.
„Haha, sehr Witzig. Machst du dich nun auch noch über mich lustig oder wie? Ne schöne Freundin haben wir uns da geangelt, meinst du nicht auch Sabrina?, meinte Fiona, während sie ihren Arm um die blonde Novizin legte und Elina demonstrativ die Zunge raus streckte.
„Ich kann es ihr schlecht verübeln, Prinzessin,“ konterte diese, drückte Fiona einen dicken Schmatzer auf die Wange und schälte sich aus der Umarmung.
„Immerhin bist du einfach zu süß an zu sehen, wenn du wütend wirst.“
„Verschwörung“, brüllte Fiona protestierend und mit gespieltem Ernst.
Alle drei brachen in schallendes Gelächter aus, dass es ihnen die Tränen in die Augen trieb.

„Na los, dann gib schon her du Lernmuffel.“ keuchte Elina, noch immer um Atem ringend.
„Ich werde mir das ganze nach dem Mittag auf der Weiterfahrt etwas genauer ansehen.“
„Aber erwarte nicht allzu viel von mir. Das ganze scheint sich hier wirklich um einen ziemlich verzwickten Zauber zu handeln.“, fügte die junge Novizin mit einem ernstgemeinten Stirnrunzeln hinzu.
„Zwar kommt mir diese Art der Verwebungen erstaunlich Bekannt vor, aber vielleicht sollte ich mich auch einmal mit diesem Thomas unterhalten.“

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Eine unerwartete Entdeckung

Der Abend mit seinem schwindenden Licht war schneller gekommen als es Elina recht gewesen wäre. Und das erste Mal seit Wochen wünschte sie sich die andauernde Fahrt, vorbei an den scheinbar endlosen Feldern und den verstreuten Gehöften, würde noch weiter gehen.
Während sie beim Training mit Oldran und Wickert entscheidende Fortschritte in ihren Ausfallschritten und ihrer Parier Technik machen konnte, so war sie dennoch nicht richtig dabei gewesen. Selbst ihr Mittagessen, welches Rhogar und Vincent zubereitet hatten, sie wechselten sich immer in einer Gruppe von acht Leuten ab, konnte sie nur hastig herunter schlingen obwohl es ausgezeichnet schmeckte und Vincent zu einen ihrer besten Köche auf dieser Reise gehörte.
Den ganzen Tag über schon, seit dem späten Morgen als sie einige der Randbemerkungen in dem Buch gelesen hatte, welches ihr Fiona unter die Nase gehalten hatte, konnte sie sich nicht mehr davon lösen.
Sobald die Karawane das Mittagscamp aufgelöst und sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, war Elina in ihrem Wagen verschwunden, wo sie sofort damit begonnen hatte das fremde Buch nahezu zu verschlingen.
Viele der dort beschriebenen Themen und angesprochenen Theorien waren anfangs häufig auf gewisse Art und Weise derartig simpliziert und banal vereinfacht dargestellt, während sie allesamt im Verlauf des Geschriebenen stetig weiter abschweiften, als hätte der Verfasser versucht alles mit immer weiter ausufernden Querverweisen stützen zu wollen.
Die Artikel und Abschnitten wurden so schnell immer verworrener, das Elina schon nach dem ersten Überfliegen damit begonnen hatte ihre eigenen Lernbücher aus dem Stauraum unter dem Bett hervor zu kramen.
Alleine für den Lichtzauber, für den sich Fiona interessierte, hatte Elina mehr als über achtzig Querverweisen nachgehen müssen. Nicht einmal die Hälfte dieser Fachverweise waren in den von der Akademie gestellten Büchern und Nachschlagewerken zu finden.
Für sie war es also eher Glück gewesen, dass Simur sie mit fast zwei Kisten einzigartiger Lektüre aus seiner Privatbibliothek zur Akademie entsandte und sie diese nicht mit dem Rest ihrer Zimmerausstattung über den Teleportweg nach Estralma geschickt, sondern im Wagen mitgenommen hatte. So waren auch schon innerhalb weniger Stunden jede freie Ablagefläche ihres Wagens mit aufgeschlagenen Büchern, Notizen und provisorischen Versuchsaufbauten vollgestellt welche ihr helfen sollten das Grundmuster dieses Zaubers besser zu verstehen.
Erst als es draußen bereits dunkel geworden war, war der jungen Novizin aufgefallen, dass sie wie eine Besessene die letzten acht Stunden damit verbracht hatte die Spur der Querverweise zu verfolgen, wobei sie die so einfach dargestellten Eingangsworte durch die Flut an Informationen völlig außer Acht gelassen hatte.

Erschöpft stopfte sich Elina eine Pfeife, brühte einen frischen Samur-Kaffee auf und blickte mit einem Lächeln erneut auf die Aufzeichnungen, während sie mit dem Kopf schüttelte.
„Du vermaledeiter Dickschädel.“, murmelte sie. „Scheinbar konntest du es noch nie bei einer einfachen Erklärung belassen.“
Müde und mit schmerzenden Rücken erhob Sie sich, legte den Waffengurt an, schlüpfte in ihre weiten und weichen Stiefel aus hellem Rehleder und verließ den Wagen. Draußen angekommen musste sie erst einmal ihren Rücken unter einem leisen ächzen durchstrecken, nahm einen tiefen Zug der frisch würzigen Luft und ging nach vorne um ihren Kühen ihr Futter zu geben und nach Fiona und Sabrina zu sehen, welche aber nicht in ihrem Wagen waren.
Wahrscheinlich waren die beiden hübschen und draufgängerischen Frauen schon wieder irgendwo mit einigen der Männer aus den Nachbarlagern unterwegs und Elina wusste nur allzu gut, dass es keinen Sinn mehr machen würde sie jetzt noch suchen zu gehen.
Statt dessen vergewisserte sie sich noch einmal das beide Wagen gesichert waren, bat Rhogar und dessen Freundin Nancy ein Auge auf diese zu haben und unternahm einen kleinen Spaziergang um den Kopf wieder frei zu bekommen, der sich nach der Flut an Informationen immer noch anfühlte als hätte sie drei Tage und Nächte durch getrunken.
Wobei das Trinken derzeit wie eine wunderbare Alternative erschien.
Gerade als sie sich umdrehen und zu einer Gruppe Novizen gehen wollte, die laut lachend und schon stark beschwipst an einem Feuer saßen, kam ihr eine bekannte Person entgegen die eine andere stützte.

„Nabend Thomas. Na? Als Dozent hat man wohl nie Feierabend, wie?
Seufzend setzte dieser seine Fracht an einem Wagen ab, nahm einen Schluck aus einem Weinschlauch und zündete sich eine Zigarette an.
„Ha. Du hast ja keine Ahnung. Selbst wenn man sich mal einen freien Abend gönnen möchte, findet man seine „Gören“ ja dennoch überall in den Gräben liegen.“, er lachte gut gelaunt.
„Aber was solls. Der Ernst des Lebens wird sie schon noch früh genug einholen. Sollen sie hier noch ein wenig Spaß haben, ehe sie bald nichts anderes mehr außer ihre Bücher kennen.“
Genüsslich stieß er den süßlich duftenden Rauch aus und bot der Novizin seinen Weinschlauch an.
„Und was treibst du hier? Wo hast du deine beiden Schatten gelassen?“
„Ach die brechen wieder einmal der halben Karawane das Herz“, lachte Elina.
„Aber gut das ich dich treffe Thomas.,“ Ihr Ton wurde ernster.
„Fiona hatte mir dieses Buch gezeigt, dass du ihr ausgeliehen hattest und ich…“
„Ja. Tschuldigung, tschuldigung,“ unterbrach der angehende Hochmagier die Novizin leicht lallend und winkte lachend mit der Hand ab.
„Das Ganze ist leider nicht ganz so einfach wie selbst ich es mir vorgestellt hatte.“ er schüttelte immer noch leicht amüsiert den Kopf.
„Selbst ich habe erst vor knapp zwei Monaten die ersten Zusammenhänge der Grundstrukturen begriffen. Dabei hatte ich dieses Buch…“
„Thomas“, versuchte Elina ihn zu unterbrechen.
„…schon so viele Jahre, aber erst nachdem der hohe Rat mir die Genehmigung erteilte die zweite Magieform zu erlernen und ich die Grundmuster bei einem Hohepriester in Myrnar lernte fing ich langsam an zu verstehen, was in…“
„Thomas!“, diesmal wesentlich lauter und der Magier schaute die Novizin erstaunt an.
„Ich weiß was in diesem Buch steht. Ich weiß inzwischen auch wie man es anwendet“, warf sie ihm an den Kopf, woraufhin er sie mit großen Augen anstarrte.
„Was ich eigentlich von dir wissen wollte, ist. Wo du dieses Buch her hast? Die handschriftlichen Aufzeichnungen sind die von meinem Meister und Ziehvater Simur. Sie gleichen sich eins zu eins mit den anderen Büchern welche er mir mit auf den Weg gab und die Art wie es geschrieben ist, ist der gleiche hochtrabende Tonfall mit dem er früher ständig versuchte mir Vorträge über die Grundsätze der Magie zu halten, bei denen er derartig abschweifte, dass niemand wirklich verstehen konnte, wo er am Ende wirklich ankam.“
Dem angehenden Hochmagier klappte der Unterkiefer runter und beinahe hätte er sich an seiner Zigarette verschluckt.

„Sagtest du etwa gerade Simur? Etwa DER Simur?
Verwundert betrachtete Elina den scheinbar völlig aus der Fassung gebrachten Magier, entwand ihm den Weinschlauch und eröffnete nach einigen SchlUcken wider das Gespräch.
„Ich weiß ja nicht was du mit DER Simur meinst. Ich kenne ihn nur als Simur von Hohen Tannen, Hohe Priester des Fürstentums zu Nieder Falsteed und Vorstand des Rates der Landesmagier“
„Ja … DAS ist er,“ keuchte Thomas mit leicht belegter Stimme, nahm den Weinschlauch entgegen und setzte sich auf das Wagenrad an dem sein Schüler noch immer im seligen Rausch lehnte und schlief.
„Nur das man ihn früher unter einem anderen Namen kannte.“
Verschwörerisch winkte der angetrunkene Dozent die junge Novizin zu sich und als Elina auf ihn zu ging konnte sie an der starken Fahne ziemlich gut abschätzen, was dieser im Laufe des Abends schon alles in sich hinein gebechert hatte. Und das war, anders als das leichte Lallen vermuten ließ, mehr als nur ein Wenig gewesen. Scheinbar hatte der gute Dozent den Großteil seiner Schüler gegenüber sich schon einen gehörigen Vorsprung angetrunken gehabt, ehe diese mit dem Abend überhaupt begonnen hatten.
Überhaupt war es bei der Menge ein Wunder, das dieser noch normal denken und sprechen konnte und so hoffte Elina nur inständig, das der Mann auch an sich halten konnte, würde dessen Magen rebellieren.
„Also,“ begann Thomas und krampfte sich am Wagenrad fest damit er nicht nach vorne kippte, während er sich bemühte einigermaßen leise und dennoch deutlich zu sprechen.
„Wärend meiner Wanderzeit als Jungmagier vor gut neun Jahren, war ich in Fargrind, nahe der Grenze zum Broohlwall auf dem Weg zu einer abgelegenen Abtei , zu der ich vom Großmeister des Adyros Ordens im Fehllit-Kloster geschickt wurde, um von dort einige Abschriften für seine Schüler zu holen.
Als ich jedoch bei der Abtei ankam, war diese nur noch ein Haufen kohlender Ruinen. Sie musste erst vor wenigen Tagen abgebrannt sein.“, der Magier schluckte schwer und seine Stimme wurde immer rauer.
„Natürlich suchte ich sofort nach Überlebenden, aber es waren noch nicht einmal Leichen zu finden. Weder menschliche, noch die von Tieren. Trotzdem waren einige der Balken noch am Glühen und die Mauern der Ruine strahlten noch genügend Hitze ab, dass das Feuer noch nicht lange aus sein konnte.
Also suchte ich weiter. Vielleicht konnte ich ja doch noch irgendjemanden oder etwas finden.
Dabei entdeckte ich im hinteren Teil der Gebetsräume, unter mehreren herabgestürzte Balken welche die Fliesen eingeschlagen hatten eine Treppe die in die Tiefe führte.“

Thomas schluckte schwer und nestelte an seinem Tabakbeutel herum, während sich Elina ein nahes Fass herangezogen hatte und den sonst so selbstsicheren Dozenten gespannt betrachtete, der dasaß wie ein Häuflein Elend. Zumal sein vorheriger Alkoholkonsum sicherlich kein Vorteil war um seine Geschichte, die mehr einer Beichte als einer Erklärung glich, zu folgen.
„Also. Ich wagte mich dann nach einiger Selbstüberwindung schließlich doch die Treppe runter“, fuhr Thomas fort, als er es nach mehreren Versuchen geschafft hatte sich die Zigarette an der Zunderdose an zu stecken und der Novizin den abgegriffenen Lederbeutel überreichte.
„Was ich dort vorfand gehörte definitive nicht zu den Katakomben der Abtei. Es gab etliche Schlaf- und Versammlungssäle. Dazu ausgedehnte Bibliotheken die über mehrere Stockwerke in die tiefe führten. Wobei jedes Regelbord mit einer aus Erz verstärkten Stahlstrebe und einem Zahlenschloss gesichert war.
Dazu noch Vorratsräume und Waffenkammern mit einigen Instrumenten bei denen ich mir noch nicht einmal vorstellen wollte wofür diese geeignet wären.
Schlussendlich kam ich in einen Bereich der so etwas wie ein Bürotrakt zu sein schien.“ und Elina merkte, dass sie sich langsam den entschiedenen Punkt in Thomas Geschichte näherten, da dieser immer unruhiger wurde.
„In diesen Bereichen waren zum ersten Mal üppige Teppiche und Wandbehänge, die allesamt dasselbe Zeichen aufwiesen: Eine blaue Feder, gehalten von einer Goldenen Spange.
Und sofort lief es mir eiskalt den Rücken runter und ich wollte eigentlich nur noch wegrennen. Aber meine Beine gehorchten mir nicht.
Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich meine Angst soweit wieder unter Kontrolle hatte, dass ich klar denken konnte.
Als ich mich dann schließlich doch dazu überwand weiter zu gehen, kam ich in einen ziemlich großen Raum in dessen Mitte ein Tisch mit etlichen Karten und taktischen Figuren stand.
Die umliegenden Schreibtische waren alle bis auf einen vollkommen leer.“ man konnte Thomas wirklich ansehen, das es ihm elendiglich ging.
Verlegen schnippte er die Zigarette beiseite, nahm einen weiteren Schluck aus dem Schlauch und brachte nach mehreren Versuchen einen Briefumschlag aus dem Inneren seiner Manteltasche zum vor scheinen, während er mit zitternder Stimme seine Geschichte weiter erzählte.
„Es waren das Buch das ich deiner Freundin gegeben hatte, sowie dieser Brief die dort Lagen.“, beschämt beugte Thomas seinen Kopf und reichte Elina den Umschlag damit sie diesen lesen konnte.

Sehr geehrte Mitglieder, geschätzte Freunde.

Wie ihr wahrscheinlich inzwischen alle erfahren habt, werde ich mich aus persönlichen Gründen einer anderen Stellung widmen, die es mir nicht mehr erlaubt einen weiteren Kontakt mit Euch und dem Orden aufrecht zu erhalten.

Ich weiß viele von Euch verstehen diesen Grund, möchte mich aber dennoch bei Euch dafür entschuldigen dass ihr fortan nun auch meine Lasten und Aufgaben übernehmen müsst. Um Euch, geschätzte Freunde, zumindest bei der Ausbildung der neuen Rekruten zu unterstützen, sende ich Euch anbei dieses Buch.
Es ist eine Sammlung jahrelanger Erfahrungen welche ich als Mentor und Ausbilder sammeln konnte.

Mit diesem Buch und den darin beschriebenen Methoden sollte es Euch möglich sein den Rekruten die Magieformen schneller und effizienter zu lehren, als wie es derzeit in Estralma oder den Akademien möglich ist.

Hochachtungsvoll Euer

Simur – Drachenodem - von Hohen Tannen

Stratege und Erzinquisitor der weißen Garde“

Beschämt deutete Thomas auf den Brief in Elinas Händen als sie diesen sinken ließ und fuhr in einem ruhigen aber auch erleichtert klingenden Ton seine Beichte fort.
„Weist du. Ich war damals alles andere als ein Musterschüler.“, ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Ich war mehr damit beschäftigt gewesen den Frauen und Wein hinterher zu jagen, als wie ich in die Unterrichtsbücher geschaut hatte. Meine Familie besaß einen recht großen Land Hof und somit brachte ich meine gesamten Monatsgelder in den Wirtshäusern durch ohne mir wirklich Gedanken um die Zukunft zu machen.
Eigentlich war ich nur froh weg vom Hof zu sein.
Die Akademie war da eher nur eine Fluchthilfe und um die Noten und die dortige Ausbildung hatte ich mich zu der Zeit wenig gekümmert.
Schlussendlich hatte ich die Prüfung zum Jungmagier mit Ach und Krach, sowie einiger Schummeleien dann doch noch im zweiten Anlauf geschafft.“, erneut seufzte der Dozent und reichte Elina den Weinschlauch, nachdem er selbst einen tiefen Zug davon genommen hatte.
„Nun ja. Es kam halt wie es kommen musste. Meine Wanderung als Jungmagier brach an und ich erkannte wie wenig ich doch überhaupt wusste. Fast jede mir aufgetragene Aufgabe um mir mein Brot zu verdienen musste ich ablehnen, da ich nicht über die erforderlichen Fähigkeiten verfügte.
Erbärmlich, nicht wahr?, wandte er sich direkt an die Novizin.
Ein Jungmagier auf seiner großen Wanderung, der nicht mal im Stande war die kleinsten Reparaturen und Aufgaben zu erfüllen, weil er nie etwas gelernt hatte.“ angewidert schnaufte Thomas und schüttelte mit dem Kopf
„Schlussendlich habe ich mich mit Taschenspielereien und Kartentricks über Wasser gehalten. Sie waren das einzige was ich damals in den Tavernen gelernt hatte.
Tja …… Bis ich in diese Akademie entsandt wurde.
Als ich damals den Brief las, kam es mir vor wie der große Hauptgewinn. Ein Weg auf schnelle Art und Weise die Geheimnisse der Magie zu lernen. Wie töricht von mir.
Ich nahm Buch und Brief an mich und rannte um mein Leben.
Zwei Jahre lang bemühte ich mich aus dem Buch schlau zu werden, konnte mir aber nie einen Reim draus machen, was Simur überhaupt zu beschreiben versuchte.“
Erleichtert lachte Thomas auf und blickte Elina genau in die Augen.
„Seitdem habe ich mich geändert. Ich hatte begonnen zu lernen und später auch zu lehren. Habe meine Prüfung zum Magier mit Auszeichnung bestanden …… und nun wo ich meine Ausbildung weiter vorantreiben wollte, verleihe ich das Buch an ein junges Mädchen um mir einen kleinen Scherz zu erlauben …. und es fällt ausgerechnet Euch, der Tochter des Mannes dem ich es vor so vielen Jahren gestohlen hatte in die Hände.
Das Schicksal geht zu weilen merkwürdige Wege, meinst du nicht auch, Elina?

Mühsam erhob sich der Dozent und sog langsam die kühle Nachtluft ein.
In einiger Entfernung half eine junge Novizin einem Mann den sie sicherlich erst heute kennen gelernt hatte sich zu erbrechen und zog ihn dann langsam von den Feuern weg in Richtung der Felder mit sich.
„Ich weiß nicht genau was ich nun darauf sagen soll, Thomas?, begann Elina, doch dieser winkte ab und schenkte ihr ein bitter süßes Lächeln.
„Sag besser nichts“, lachte er.
„Behalte Brief und Buch!
Für mich sind sie inzwischen weder von Hilfe noch Wert.
Außerdem bin ich eh des Todes, sobald der Orden der weißen Garde herausfindet was ich damals getan habe.“
Erneut schüttelte er resigniert den Kopf.
„Du hattest doch am Anfang erwähnt du hättest dieses Kauderwelsch verstanden, nicht?
Behalte es! Viellicht hilft es dir ja in Estralma.
Zudem ist es bei dir sicher. Immerhin bist du die Schülerin von Simur.
Keiner wird je fragen, wie es in deinen Besitz gekommen ist, sollte man es finden.
Zudem wird es so endlich mal nach fast zehn Jahren seinen eigentlichen Zweck erfüllen.
Jemanden beim Lernen helfen.“

Mit diesen Worten klopfte er auf Elinas Schultern, lachte und deutete auf seinen Schüler der noch immer schlafend neben ihnen saß und sich voll sabberte.
„Wie du siehst bin ich selbst als Dozent nicht wirklich geeignet.
Ich bin voll wie eine Haubitze, heul mich wegen meiner eigenen Inkompetenz an der Schulter einer Novizin aus und lasse darüber hinaus auch noch einen meiner eigenen Schüler Stunden lang in einer Pfütze sitzen, anstelle ihn zu seinem Wagen zu bringen.“
Nachdem sie es schließlich mit vereinten Kräften geschafft hatten den Jungen vom Boden auf zu lesen so dass Thomas in tragen konnte, verabschiedeten sie sich.
„Hey Elina“, rief der Dozent ihr nach einigen Schritten hinterher.
„Ja?“
„Ich weiß ich sollte das Kapitel endlich begraben… Aber magst du mir Morgen vielleicht doch verraten wie du den Kauderwelsch entziffern konntest?“
Kurz überlegte Elina, ehe sie ebenfalls stehenblieb und sich umdrehte.
„Besser nicht Thomas.
Begrabe und vergesse es.
Aber ich danke dir aufrichtig für deine Ehrlichkeit heute Abend.
Und ich hoffe wir werden uns in Estralma mal über den Weg laufen, solange es nicht in einer Taverne ist.
Gute Nacht.“
„Gute Nacht“

Mit diesen Worten wanden sich Beide um und während die anderen noch bis tief in die Nacht hinein feierten, saßen beide an ihren Tischen und grübelten bis zum Morgengrauen über ihr Gespräch.

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Die Ankunft

Sie alle kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wärend die Straßen inzwischen über quollen und viele der Reisenden mit leichteren Gepäck oder Wagen auf die Felder auswichen, hatten alle Novizen aus Elinas Akademie ihre Wagen mit dicken Tauen verbunden um sich in dem Gedränge nicht aus den Augen zu verlieren.
„Wa…Was ist das?“, stammelte Rhogar, einen Sumpfkrautstengel im Mundwinkel Wippend.
„So viel kann ich gestern doch gar nicht getrunken haben. Das sind ja Millionen“
„Da liegst du gar nicht mal so verkehrt, Schatz“, bestätigte ihn Nancy mit einem aufgeschlagenen Heft auf ihren Oberschenkeln.

Estralma ist eine Stadt mit den Ausmaßen eines kleinen Landes und gilt weitläufig auch als die Hauptstadt des Kontinents.
Ihr Vorsitz ist der hohe Rat, dem Abgeordnete aus allen Ländern und Königreichen des Kontinents inne sind und dafür Sorge tragen das Abkommen, das Kriegs und Waffenrecht, sowie Agra und Handelsrechte eingehalten werden.
Der Rat dient dazu die exklusive Vormachtstellung von Estralma zu überwachen.
Darüber hinaus verfügt der Rat über die weiße Garde, einer Spezialtruppe die außergewöhnliche Vorkommnisse auf dem Gebiet der Magie reguliert und der selbst die Heilige Garde, sowie die Inquisition unterstellt sind.
Der Hauptzweck der Stadt ist es allerdings die Ausbildung aller Magieanwender des Kontinents zu überwachen und zu fördern.
Während jährlich zwischen Achthundert Tausend und einer Million neuer Studenten aus allen Ländern und Königreichen anreisen um ihre Ausbildung ab dem Novizen Stand hier zu beginnen, fasst alleine die Akademie im Schnitt zwischen sechs ein halb und sieben Millionen Studenten welche in ihr lernen.
Hinzu kommen noch…“

„Fast eine Million Menschen?“, keuchte Vincent.
„Das wird ja Monate dauern bis wir da überhaupt die Tore erreichen. Selbst bei den Hafenfesten in Fenier dauert es teilweise zwei Tage ehe man Einlass bekommt. Aber das sind wenn es hoch kommt gerade einmal dreißig Tausend Besucher oder so.“
„Ach nun beruhige dich mal“, mischte sich Fiona ein.
„Es gibt doch nicht umsonst diesen riesigen Platz von dem uns die Heuschrecke immer in ihren Vorlesungen erzählt hatte.
Die werden sicherlich schon längst die Listen alle Studenten haben. Ich kann mir kaum vorstellen, das es länger als einige wenige Tage dauern wird.“
„Naja. So ganz unbegründet ist seine Sorge ja nicht.“, lachte Elina, legte Fiona ihre Hand auf die Schulter während sie auf die Planke balancierte, die sie zwischen die Wagenböcke als Verbindung gelegt hatten und setzte sich mit einem vollen Krug Erlberg-Bieres dort hin.
„Ich weiß ja nicht wie es bei dir und Sabrina aussieht. Aber ich selbst habe nur noch zwei Schläuche Wein, ein halbes Fass Bier und mein Essen reicht wenn es hoch kommt auch nur noch für vier Tage.
Von daher wäre ich doch recht froh, wenn wir endlich ankämen, ich ein heißes Bad nehmen könnte und dann ein drei Gänge Menü in einem guten Restaurant bekommen würde.“
„Nun mach dir mal nicht ins Hemd, Linchen“, meinte Fiona.
„Die älteren Magier hatten mir schon versichert, dass es auf diesem Platz überall kleinere Restaurants, Badehäuser und vor allem genügend Getränkestände geben wird. Die Ankunft ist hier doch für jeden Händler das so ziemlich größte Ereignis im Jahr.“ Sie knuffte Elina mit ihren Ellbogen in die Seite.
„Außerdem können wir hier noch einmal so richtig die S.au raus lassen, ehe wir in in die Akademie gepfercht werden und deren Regeln unterstehen. Oder glaubst du die lassen uns dort in Höschen und Hemd, durch die Gänge taumeln, während wir ein Holzmaß Kurzer vernichten und Sumpfkrautstengel rauchen?“
Nun sah sie auch Sabrina vorwurfsvoll an.
„Sag nicht du willst uns in dieses Gefängnis zwingen, ohne die Chance auch nur einmal wirklich gelebt zu haben. Sklaventreiberin, gefühlloses Monster du“, warf sie ihr mit gespielten Ernst an den Kopf, mühsam bemüht das Lachen zu unterdrücken, während sie sich alle untereinander zuprosteten.

Mit der Zeit sank dann auch die Anspannung und während es immer langsamer voran ging trafen auch nach und nach einige der übrigen Novizen ihrer Akademie, sowie mehrere Freunde die sie auf der Fahrt kennen gelernt hatten bei ihnen ein.
Alle waren bester Laune und als sie die ersten Türme von Estralma im schwindenden Licht vor der Abendsonne ausmachen konnten schwenkte die Stimmung in eine leichte Euphorie um und sie Stimmen fast schon peinliche Lieder an.
Einige von ihnen hatten Kohlebecken zwischen die Wagen gehängt die sie als Grill verwendeten und neben Oldran und Wickert gesellten sich im Laufe des Abends sogar einige andere Abenteurer zu ihnen.
Drei der Abenteurer hatten sogar ihre Musikinstrumente mitgebracht, gab es doch viele unter ihnen die sich von Zeit zu Zeit ihr Brot als Barden verdienen mussten, wenn die Geschäfte mal nicht ganz so gut liefen.
Es war eine wundervolle Nacht die aufgrund der vielen Lichter gar nicht richtig dunkel wurde. Und noch einmal wurden neue Freundschaften vertieft, Absprachen getroffen wann und wo man sich in Estralma den einmal treffen wollte und es wurden Schwüre geleistet.
Denn jedem von ihnen war klar, dass sie einander schon am nächsten Morgen aus den Augen verlieren und wahrscheinlich nie wieder sehen würden.
So sehr sie dieser Nacht auch nachtrauerten, der Morgen kam in unerbittlicher Geschwindigkeit und schon bald erreichten sie die Außenbezirke des Lagerplatzes.
Die Stadt selbst, obwohl noch in weiter Ferne, ragte nun gigantisch vor ihnen auf.
Elina schätzte die massiven Mauern auf gut zweihundert Meter hoch und die Tore, welche aus der Entfernung wie kleine Punkte wirkten, waren scheinbar aber immer noch breit genug, das acht Wagen bequem nebeneinander hindurch fahren konnten.
Noch einmal verabschiedeten sich die Reisegefährten voneinander, welche sich über die letzten Wochen so nahe gekommen waren. Doch trotz dieser Trauer, brannte dennoch in allen Augen auch die Vorfreude, die Begeisterung und auch der Stolz es bis hierhin geschafft zu haben.
Überall wurden Fahnen und Wimpel der unterschiedlichsten Akademien gehisst und viele stimmten ihre Ordens- und Verbindungslieder an.
Es war ein ohrenbetäubender Krach.

Auch hatte Fiona Recht behalten.
An jeder der Hauptstraßen waren mehrere Informationsstände aufgebaut an denen sich Ordner und Soldaten darum kümmerten die Reisenden nach Herkunftsländern zu sortieren und sie mit einem Überlageplan zu ihren jeweiligen Bereichen zu schicken, wo es dann weitere Organisatoren gab, die sich durch ganze Kisten an Listen durcharbeiteten und jeder Akademie ihren Lageplatz zuwiesen.
Waren alle Mitglieder einer Akademie die auf der Liste standen anwesend, wurden sie von einem Boten zu einer Verwaltungsstelle geführt, die die Personalien, die Prüfungsurkunden und das Überweisungsschreiben überprüften, ehe sie diese mit einem Stempel versahen.
Elina fühlte sich wie in einem Traum und ließ sich teilweise von den anderen mit zerren.
Noch nie hatte sie so viele Menschen auf einem Haufen gesehen und die schier endlosen Eindrücke, Gerüche und vor allem der unbeschreibliche Lärm raubten ihr fast die Sinne.
Ehe sie sich versah, neigte sich der Tag schon wieder dem Abend zu und sie und die anderen standen mit ihrer Kolonne in der Schlange die zu den Toren führte.
„Tja Lin“, sagte Sabrina mit matter Stimme und drängte sich durch die Menschenmenge zur Novizin durch.
„Scheinbar bekommst du doch noch heute Nacht dein drei Gänge Menü und wir können uns unsere Party wohl abschreiben.“
Müde und erschöpfte blickte Elina zu Sabrina, die fast ein Kopf kleiner war als sie. Das blonde Haar klebte ihr in Strähnen im Gesicht. Ihre sonst so strahlenden Augen wirkten müde und die Kleidung klebte an ihrem Körper.
„Ja scheint so. Nur inzwischen will ich eigentlich nur noch schlafen. Egal wie und wo. Hauptsache nur noch ins Bett.“
„Glaub mir, da bist du nicht die einzige. Aber nun sind wir schon einmal hier…“, Sabrina unterstrich ihre Worte mit einer Geste welche die Tore bedeutete.
„Ich hoffe nur sie quartieren uns erst einmal irgendwo in der Nähe der Mauer ein. Den Weg bis zur Akademie werde ich heute wohl sicherlich nicht mehr überleben.“, schnaufte sie.
„Hast du gehört? Um von einem Ende der Stadt zum anderen Ende zu gelangen, braucht ein Reiter fast vier Tage mit dem Pferd. Wie wir auch nur die Hälfte der Strecke in unserem Zustand und mit den Wagen schaffen sollen… das grenzt schon fast an einen Mordversuch.“
Ein bissiges Lächeln stahl sich auf die schmalen Lippen ihrer Freundin und Elina war froh, dass Sabrina immerhin noch nicht ihren derben Humor verloren hatte.
„Keine Sorge, Biene“, Elina tätschelte leicht das Schwert was an ihrer Seite hing und stolperte vorwärts als sich die Kolonne wider einige Meter weiter bewegte.
„Sobald ich sehe dass sich jemand über deine Leiche her macht, werde ich sie erschlagen und deinen Tod rächen.“
„Hey“, nun war auch Fiona heran, die ihren Arm um Elinas Schultern schlang und sich auf ihr abstützte.
„Was heist hier du willst unseren Tod rächen? Solltest du mit deinem Zahnstocher hier nicht eher dafür sorgen, dass es erst gar nicht erst so weit kommt?
„Tja Prinzessin“, presste Elina hervor und versuchte sich von der Last ihrer Freundin zu befreien.
„Tod durch mangelnde Willensstärke, kann man leider nicht mit einem Zahnstocher abwehren.“
Endlich hatte sie es geschafft und klammerte sich nun selbst am Gestänge von Dörte fest.
„Aber ich gebe ihr recht. Wenn das so weitergeht kann mir die Akademie gestohlen bleiben. Ich kann mich selbst kaum noch auf den Beinen halten. Aber wenn ich mich oben auf den Bock setze, weiß ich genau das ich in weniger als eine Minute einschlafen würde.“


Am Ende hatte es noch vier weitere, quälende Stunden gedauert ehe sie die Tore hatten passieren können. Hinzu kam, dass jeder von ihnen seinem Zugtier einen Beutel umschnallen musste, der verhinderte dass deren Exkremente die Straßen verunreinigten.
Der Sinn dieser Maßnahme leuchtete Elina zwar ein, brachte sie aber fast an ihre Grenzen und nur mit Mühe konnte sie einen aufkommenden Heulkrampf unterdrücken, als der Beutel auch beim dritten Versuch zu Boden fiel. Sie wollte einfach nur noch schlafen.
Immerhin hatten sie Glück das sie wirklich nicht mehr weit fahren mussten.
Nach weiteren zwanzig Minuten die sie durch die Straßen von Estralma mehr gestolpert als gelaufen waren, hatten sie einen Platz erreicht auf dem sie von einem Soldaten zu ihren Plätzen geführt wurden.
Ohne sich noch um irgendetwas zu scheren und die Ansage des eigentlich netten Soldaten ignorierend, kletterte die Novizin mit letzter Kraft in ihren Wagen und ließ sich einfach auf ihr Bett fallen ohne sich die Mühe zu machen die durchgeschwitzte und verdreckte Kleidung aus zu ziehen.

Als Elina wieder erwachte, war es schon fast Mittag und sie lag auf dem Boden ihres Wagens. Mühsam rappelte sie sich auf, befreite sich von der Decke in der sie sich verheddert hatte und füllte die Waschschüssel mit frischem Wasser.
Eine viertel Stunde später sprang sie, zwar immer noch müde und mit schmerzenden Füßen, aus dem Wagen. Griff sich ihren dampfenden Becher mit Kaffee und betrachtete mit staunenden Augen die Umgebung.
Auf den Weg hier her, hatte sie kaum etwas davon wahrgenommen und so sog sie nun die Eindrücke wie ein Schwamm auf.
Ihre Gruppe stand am Rande eines halb runden Platzes im Schatten einiger alter Eichen. In der Mitte war ein kleiner Springbrunnen angelegt, der von einigen Parkbänken, Sträuchern und mehreren Töpfen blühender Blumen umgeben war.
Die Häuser die den Platz wie einen Innenhof säumten, waren alle in hellen und fast frisch gestrichen wirkenden Pastellfarben gehalten.
Aber was die Novizin am meisten erstaunte, war die Straße. Nicht nur weil diese tadellos sauber war, sondern weil sie so etwas noch nie gesehen hatte.
Die meisten Straßen die sie kannte bestanden aus einfachem festgestampften Lehm. Ein paar der Hauptstraßen von Fenier waren sogar aus Kopfsteinpflaster und bei einigen wenigen Auffahrten hatte sie auch schon einmal größere Steinplatten gesehen.
Hier aber waren abertausende, handgroßer und gleichförmiger Steine so aneinander gelegt, das sie eine einheitliche Fläche boten.
Und dann gab es an den Rändern auch noch leicht erhöhte Streifen welche, wie sie es sich am Verhalten der Passanten zusammenreimte, scheinbar nur für die Menschen reserviert waren, die zu Fuß gingen, während Reiter und Gespanne gefahrlos an ihnen vorbei kamen.
Ein frischer, süßlicher Duft lag in der Luft. Und die Balkone waren überladen mit Blumenkübeln und bunten Fahnen.
„Guten Morgen“, ein gut gelaunter Vincent stellte sich neben die junge Novizin die sich ihr honig- blondes und inzwischen wieder samtig weich gewaschenes Haar hinter ihr rechtes Ohr schob.
„Und? Hast du schon deinen Rucksack gepackt?“
„Rucksack gepackt?“, starrte sie ihn fragend an, während der Sohn eines Goldschmiedes sich die letzten Knöpfe eines hellblauen Hemdes zuknöpfte, dieses glatt strich und sie ebenfalls etwas verwundert betrachtete.
„Ja? Der Soldat hatte uns doch Gestern bei unserer Ankunft hier erklärt, dass dies nur eine Notlösung war, da wir so spät in der Nacht ankamen.
Wir alle sollten uns einen Rucksack mit etwas Tagesverpflegung und Wäsche für die nächsten zwei, drei Tage zusammen packen.
In ein paar Minuten werden wir dann von Kutschen abgeholt und zum Vorplatz der Akademie gefahren.
Unsere Wagen werden über ein Portal direkt zu den Ställen gebracht, wo wir sie dann in den nächsten Tagen ausladen können.“
„Oh ….“
„Sag nicht du hast das nicht mitbekommen, Elina?“
„Nee … Ich war so fertig und übermüdet, ich hatte es noch nicht einmal mehr geschafft Dörte und Elfriede los zu binden. Geschweige denn davon mich noch auf irgendetwas zu konzentrieren.“
Entschuldigend blickte sie ihren alten Tischnachbarn an.
„Oh man Elina“, gespielt verdrehte er die Augen. „Mit dir macht man echt was mit. Los sie zu das du dir ein paar Klamotten in einen Sack stopfst. Da vorne scheinen schon die Kutschen zu kommen. Ich mach dir in der Zwischenzeit fix was zu Frühstücken fertig.“
„Du bist der größte!“, überschwänglich Umarmte sie Vincent, grinste ihn frech an und rannte zu ihren Wagen zurück, in dem sie hastig einige Kleidungsstücke und andere Utensilien in einen Rucksack stopfte, dessen Inhalt sie zuvor kurzerhand auf dem Bett auskippte.

Als sie wieder draußen ankam, waren auch schon Vier große Zweigespanne vorgefahren und ihre ganze Gruppe hatte sich schon vor fünf uniformierten Männern versammelt.
Eilig rannte Elina zu ihnen und zwängte sich zu ihren Freundinnen durch.
„Besser spät als nie, was Linchen?“, flüsterte Fiona und bedeutete mit einer Kopfbewegung auf den Mann der vorgetreten war, besser ruhig zu sein.

„ … wir sie also gleich einzeln zu Ihren Wagen begleiten. Dort erhalten Sie dann eine Plakette mit einer Nummer, sowie eine Zweitausfertigung des Überstellungsantrages den Sie unterschreiben müssen. Ich kann ihnen vergewissern das unsere langjährigen Mitarbeiter über alle Zweifel erhaben sind und für diese Aufgabe handverlesen wurden. Sie müssen sich also keine Sorgen um eventuelle Wertgegenstände machen.
Ihre Gespanne werden dann, von diesen Herren neben mir, über ein magisches Portal direkt in eine separate Verwahrungshalle gebracht in der man sich auch um ihre Tiere kümmert.
Ich möchte sie noch einmal eindringlich darauf hinweisen, die Plakette und den Überstellungsantrag nicht zu verlieren, da sie beide benötigen, wenn sie ihre Wagen auslösen wollen.“, mit einem kurzen Blick über die kleine Gruppe vergewisserte er sich, dass sie es alle verstanden hatten und fuhr dann in einem etwas lockeren Ton und weniger versteift fort.
„Ihr habt dann zwei Wochen Zeit Eure Wagen und die Tiere ab zu holen um sie aus zu laden und in die regulären Ställe zu bringen. Wenn ihr Hilfe benötigt, könnt ihr Euch auch im zweiten Gang auf der linken Seite des Verwaltungsgebäudes im Büro vom Herrn Postel melden. Dort finden sich unter anderem auch die Formulare für Umzugshelfer und Reparaturanträge.
Ihre eingeschickten Sachen aus ihrer ehemaligen Akademie werden dann aufs Zimmer gebracht, sobald diese Ihnen zugewiesenen wurden. Hierum brauchen sie sich also nicht kümmern.“, der Mann mit seiner tiefen Bassstimme atmete einmal tief durch und ließ erneut seinen Blick über die Gruppe schweifen.
„Die Fahrt wird in etwa bis zum frühen Abend dauern. Wenn Sie dort angekommen sind, möchte ich Sie bitten als Gruppe zusammen zu bleiben. Sie mögen zwar unterschiedliche Ausbildungswege gehen, aber um es organisatorisch zu erleichtern und Zeit zu sparen, sind die Registrierungsstellen nach Regionen und Akademien aufgeteilt. Wenn man sie dann eingetragen hat, werden sie vor Ort von unseren Mitarbeitern zu ihren Gruppen gebracht.
Jede Gruppe hat einen festen Ansprechpartner der nur für sie zuständig ist. Dieser geleitet sie dann auch in die Akademie, zeigt Ihnen ihre Zimmer und macht die Termine für die Rundführungen. Sollten irgendwelche Fragen aufkommen, wenden sie sich bitte an ihren Ansprechpartner.“, mit einem Grinsen klatschte er in die Hände.
„Na dann. Willkommen in Estralma und gutes Gelingen.“, mit diesen Worten wandte er sich ab, gab den Männern neben ihn den Befehl an zu fangen und eilte zügig zu seinem Pferd. Wahrscheinlich, wie Elina vermutete, um die nächste Gruppe die irgendwo in der Nähe war, ab zu holen.

Nachdem sie fast eine halbe Stunde in gemächlichem Tempo durch die wunderschönen Straßen und vorbei an mehreren Parks gefahren waren, hielten die Kutscher auf eine Mauer zu, die eine lange Auffahrt besaß.
Sie war etwas höher wie die Häuser um sie herum, gut an die dreißig Meter breit und auf ihr befand sich ebenfalls eine gepflasterte Straße auf der die Kutschen nun im vollen Tempo dahin rasten.
Beeindruckt von dieser Bauweise und dem Ausblick der sich ihnen bot zeigten die Mädchen in alle möglichen Richtungen um ihre Freundinnen auf etwas hin zu weisen, während die ausgedehnte Stadt an ihnen vor rüber flog.
Hatten sie anfangs noch Bedenken gehabt, wie sie es bis zum Abend zur Akademie schaffen sollten, waren diese inzwischen wie weggewischt, bei der Geschwindigkeit mit der sie und etliche andere Kutschen so über die Dächer der Stadt förmlich dahin zu fliegen schienen.
Zwei Mal fuhren sie von der Mauer runter damit sie in einem kleinen Restaurant aufs Klo gehen und eine Kleinigkeit essen konnten. Doch schon wenige Minuten später waren sie wieder mit halsbrecherischem Tempo unterwegs gewesen und Elina war froh dass sie auch einen Überwurf mit Kapuze eingepackt hatte.
Zwar brannte die Sonne immer noch heiß vom Himmel, aber der Fahrtwind zehrte doch reichlich an ihrer Substanz und machte sie mürbe.
Dann endlich, als sich die Sonne schon als roter Glut Ball am Horizont befand, konnten sie auch die Akademie ausmachen. Ein gigantisches Bauwerk ragte vor ihnen auf, das in seiner Ausdehnung keine Grenzen zu kennen schien. Überall schienen ihm Auswüchse zu entwachsen, als wollte es sich immer weiter ausdehnen und kleine schmale aber auch massive, hohe Türmen erhoben sich in den Himmel.
Das faszinierendste aber war ein einzelner Turm von solch gewaltigem Ausmaß, dass es schien, als würde er bis zu den Wolken aufragen.
„Im Grunde genommen befinden wir uns hier schon auf dem Akademiegelände“, der zweite Kutscher hatte sich zu den Mädchen umgedreht und zeigte auf die vielen Hallen und Gebäude die sich unter ihnen befanden.
„Dies hier sind alles Gebäude die zu einer der Forschungseinrichtungen gehören. Dort vorne“, er zeigte auf einen anderen Punkt, “befinden sich unter anderem die Schmieden und dort drüben wo es so glitzert,“wider wies er mit seinem Finger die Richtung,“ ist eine der Botanischen Anlagen, wo meine Frau arbeitet. Angeblich haben sie hier über dreihundert Labore und Zuchtstationen die sich nur mit Pflanzen befassen.
Ahh jetzt könnt ihr da hinten auch schon den Platz erkennen zu dem wir fahren.
Keine Sorge. Gleich sind wir da“
Aufmunternd grinste er ihnen zu und schien sich von ihrer Aufregung anstecken zu lassen.
Es dauerte wirklich nicht mehr lange und während dieser Zeit wies der Kutscher immer wieder auf einzelne Bereiche und gab den Mädchen einen kleinen Überblick über die vielseitigen Tätigkeiten denen hier nachgegangen wurde.
Er schien es ernsthaft zu genießen und wäre Elina nicht so aufgeregt gewesen, hätte sie ihn sich sicherlich als Touristenführer vorstellen können.
Doch inzwischen hatte sie die Nervosität derart vereinnahmt, das sie nur noch mit trockenen Mund und unruhig hin und her rutschend wie gebannt auf das Bauwerk starrte, welches sich immer höher in den Abendhimmel erhob je näher sie ihm kamen.

Als sie schließlich ausstiegen, fühlte sich Elina klein wie eine Maus und auch Sabrina und Fiona drängten sich an sie, während sie ehrfürchtig zu dem großen Portal hinüber schauten, das von riesigen goldenen Runen umrahmt wurde.
„Das ist sie nun also“, flüsterten die Novizinnen fast im Chor während sie ihre Rucksäcke schulterten und zu den anderen rüber gingen.
Kurz darauf, als sie sich vergewissert hatten, dass auch alle da waren, wurden sie von einem Ordner zu einer der Hütten geführt die vor den Absperrungen standen und dazu diente das keiner eigenmächtig versuchte rein zu kommen.
Erneut mussten sie ihre Papiere vorlegen und dann hieß es Abschied nehmen.
Während Elina, Fiona und Vincent sich für den direkten Weg der Magier eingetragen hatten, waren Nancy, Sabrina und Rogar in der Gruppe der Heiler.
Zwar würden sie auch weiterhin viele der gleichen Vorlesungen besuchen. Dennoch wurden sie in anderen Bereichen der Akademie untergebracht und würden auch sonst nicht mehr so viel Zeit miteinander verbringen können.
Ein letztes Mal drehte sich Elina noch um und winkte ihrer Freundin zu, dann setzte sich ihre Gruppe auch schon in Bewegung bis sie vor einigen Tischen am Fuß des Portals stehen blieben.
Mit aufgerissenen Augen bestaunte Elina die gigantische Treppe, die an die zweihundert Meter breit war und gut einen Kilometer in die Höhe führte, mitten durch die Mauer die die Akademie umgab hindurch und deren Höhe sie nicht einmal mehr einschätzen konnte.

„Sollen wir da etwa hoch laufen?“, japste Fiona leise an ihrer Seite.
„Pscht ! Er wird es uns sicherlich gleich schon sagen“, wisperte sie zurück und drückte ihre Hand.
Ein älterer Herr in seinen späten Sechzigern stand vor ihnen, glatt rasiert und mit einer erstaunlich schnittigen Frisur. Eine Brille mit goldenen Rändern blitzte leicht rötlich in der untergehenden Sonne und seine weite Robe war aus einem luftigen weißen Stoff, durchsetzt mit grünen Stickereien.
Als er sich vergewissert hatte das alle ihm zuhörten, räusperte er sich und erschuf kurz darauf einen kleinen Ball wabernder Luftmagier, die vor seinem Mund schwebte.

„Entschuldigt mich, aber meine Stimme ist inzwischen nicht mehr das was sie einst mal war.“, drang seine recht melodische Stimme ungewöhnlich laut zu ihnen herüber und ein diebisches lächeln lag auf seinen Lippen.
„Nun denn. Werte Damen und Herren; liebe Novizinnen und Novizen.
Einen schönen guten Abend und Willkommen in Estralma.
Mein Name ist Professor Clement; Fachdozent für die Meistermagier und im Sicherheitsrat für die Herstellung der magischen Erze.
Ich werde für die nächsten zwei Wochen ihr Ansprechpartner sein und ihnen helfen sich in unserer Akademie zurecht zu finden.
Hinter mir an den Tischen befinden sich unsere Sicherheitsbeauftragten.
Während sich unsere Akademie stets darum bemüht jedem so viel Wissen wie möglich zukommen zu lassen, gibt es aber auch viele Bereiche welche wir schützen müssen.
Von daher erhält jeder von Ihnen einen Ring, in dem ihre persönlichen Zugangsrechte in winzigen Kristallen gespeichert werden. Er ermöglicht es ihnen ihre Zimmer zu verschließen, die Labore und Höhrsäle zu betreten und die Teleporter zu verwenden, um sich unkompliziert innerhalb der Akademie und auf dem Gelände bewegen zu können.
Außerdem dient er der vereinfachten Bezahlung. In fast allen Geldhäusern in Estralma ist es ihnen möglich ihr Geld und die monatlichen Verfügungen als Adepten auf diese Ringe zu überschreiben. Mit ihnen können sie in allen Läden innerhalb der Akademie und fast überall in der Stadt bezahlen, ohne ihr Geld mit sich herum tragen zu müssen.“
Mit einer ausholenden Geste trat der Professor beiseite und gab den Weg zu den Tischen frei.
„Bitte legen sie ihre Überweisungsschreiben vor. Und wenn dann gleich jeder seinen Ring hat, treffen wir uns hier vorne.“

Als Elina an den Tisch trat lächelte ihr ein alter Mann mit seinen weißen Rauschebart freundlich zu und die Novizin reichte ihm die Papiere. An der Seite standen mehrere Kisten in denen die Ringe aufbewahrt wurden. Wobei immer zwölf von ihnen auf einer mit Samt überzogenen Schablone lagen. In der Mitte des Tisches stand ein Artefakt welches aus etlichen in unterschiedlichen Farben leuchtenden Erzen bestand, die durch goldene und silberne Streben miteinander verbunden waren.
„Na wen haben wir den hier?“, murmelte der Alte und schob ihr zwei der Schablonen hin.
„Such dir mal einen schönen aus, junges Fräulein, während ich hier alles vorbereite.
Hmm. Novizin aus Fenier. Also Zugang zu den Stockwerken sechs, neun und einundzwanzig …
Fachrichtung des Magiers. „, während er so vor sich hinmurmelte, huschten seine Hände über die Apparatur und nach und nach begannen in den Erzkristallen immer mehr Stellen zu leuchten.
Schließlich hatte sich die junge Novizin auch für einen der Ringe entschieden. Einen schlanken Silberring der in sich verdreht war und dabei einen feinen Goldstreifen mitnahm.
Gebannt schaute sie dem Treiben zu und kam nicht umher zu grinsen. Der alte Kauz, mit seinem Bart, dem Strohhut und seinem Gemurmel erinnerte sie an den alten Piet, der bei ihnen im Dorf immer die Ton Vasen und Töpfe repariert hatte, wenn die Familien sich keinen Handwerker leisten konnten.
Als er schließlich fertig war, legte sie ihm den Ring in seine schwieligen Hände.
„Ohhh. Der ist wirklich sehr schön. Gerade richtig für so eine bezaubernde junge Dame wie ihr es seid.“, und mit einem neckischen Zwinkern fügte er noch hinzu. „Verdreht mir den Studenten bloß nicht zu sehr den Kopf. Am Ende plündern die sonst noch die Rosengärten.“
Lachend bedankte sich Elina und als sie bei der Gruppe stand und den Ring an ihrem Finger betrachtete, konnte sie kaum die Augen von ihm nehmen.

„Hey. Es geht los“, stieß sie Fiona unvermittelt von der Seite an und zog sie in Richtung der Treppe.
„Wie? Müssen wir da nun wirklich rauf gehen?“
„Hast du etwa nicht zugehört? Los kommt einfach mit“, und schon wurde sie von ihrer rothaarigen Freundin mitgezogen.
Als sie dann vor dem Portal standen blieben sie noch einmal stehen, schauten sich an und hielten einander die Hände.
Dann machten sie einen Schritt vorwärts …. und standen in einer ausgedehnten Parkanlage vor dem Verwaltungsgebäude. Hinter sich das Portal mit der Treppe die gut einen Kilometer nach unten führte.
„Das … Das ist ja der Wahnsinn“, stammelte Fiona während Elina vor Staunen nur mit offenen Mund da stand.
„Nicht trödeln Mädchen“, schallte die Stimme des Professors zu ihnen rüber.
„Das ist doch erst der Anfang. Nun zeige ich ihnen erst einmal ihre Unterkünfte.“
Noch immer zutiefst beeindruckt beeilten sie sich zu den anderen auf zu schließen, die dem Weg in Richtung des Gebäudes folgten. Um sie herum schlenderten andere Studenten auf den weit verzweigten Wegen und unterhielten sich leise oder saßen im Schatten der Bäume und genossen die Ruhe die hier herrschte.
Nachdem sie die kleine Treppe zum Eingang empor gestiegen waren, die von zwei geschwungenen Geländern und weißen Adlern aus Stein gesäumt war, betraten sie eine Halle deren Decke sich hoch oben im Schatten verlor. Die Wände waren mit einem samtartigen Stoff überzogen und überall hingen Bilder mit Messingschildern die die ehemaligen Dekane der Universität darstellten. Der Boden war mit einem dunklen Schiefer ausgelegt worden, den mehrere Teppiche aufhellten.
„Dies ist unser Verwaltungsgebäude“, begann der Professor erneut.
„Hier erhalten sie alle nötigen Anträge, die Kostengutschriften für Lehrmaterial und ebenfalls ihre Lehrpläne, welche sie sich bitte immer innerhalb der der ersten zwei Wochen vor dem nächsten Semester eigenständig abholen. Unsere Novizen die sich für die Ausbildung zum Adepten beworben haben werden ihren derzeit aktuellen Plan schon in ihren Zimmern vorfinden, da ihre Ausbildung etwas früher anfängt als bei den Anderen. Sollten sie Fragen haben, befindet sich hier im Rechten Gang die Information wo sie auch Lagepläne des Campus erhalten können.
Wenn sie mich nun einmal entschuldigen würden, dann hole ich eben die Liste der ihnen zugewiesenen Zimmer.“
Mit diesen Worten verschwand der Professor, mit einer in seinem Alter respektablem Schrittgeschwindigkeit, rechts um eine Ecke in den Gang, nur um kurz darauf eine Wendeltreppe aus dunklem Nuss Holz auf der linken Seite, die halb in der Wand verborgen lag wieder hinab zu steigen, wobei er ein Klemmbrett mit mehrere Seiten Papier in den Händen hielt.
„Wie …?“, flüsterte Vincent und brachte damit das Erstaunen zum Ausdruck das sie alle hatten.
„Wenn sie mir dann nun bitte folgen würden.“, wurden sie erneut aufgefordert, wobei der Professor sichtlich seine Freude an den ständig entgleisenden Gesichtsausdrücken der Novizen zu haben schien.
Am Ende der Halle wartete dann eine breite Treppe auf sie, die sich gabelte und zu beiden Seiten auf Balustraden führten, während sich in der Mitte auf dem so gebildeten Podest eine einzelne Tür befand.
Als Elina in die Höhe blickte befanden sich dort an die hundert Stockwerke, obwohl sie sich sicher war dass die Verwaltung von außen betrachtet maximal nur fünf hatte, die mit kleineren Brücken und Stegen verbunden waren und zwischen denen etliche goldene Kugeln schwebten die ein warmes Licht verströmten und zu brennen schienen.
„Sind das etwa Drachenfeuer“, konnte sie ihre Neugier nicht mehr länger unterdrücken und zeigte auf die Kugeln, während sie zum Professor vorgetreten war.
„Es sind zumindest künstlich nachgeahmte, Versionen von ihnen“, bestätigte dieser.
„Aber so sehr ich auch von ihrer Begeisterung angetan bin, würde ich sie nun doch bitten sich hier auf diese Tür zu konzentrieren.“ Und an alle gewandt.
„Wie sie sehen können befindet sich diese Tür nicht wirklich in der Mitte von der Wand, sondern etwas nach rechts versetzt. Dies hat nichts mit einem fehlerhaften Bau zu tun, sondern ist so beabsichtigt. Diese Türrahmen sind speziell für die Akademie entworfene Portale und können genutzt werden um sich lange Laufwege zu ersparen. Einige Bereiche innerhalb des Campus sind sogar ausschließlich nur über sie zu erreichen. Beachten sie von daher bitte stets den in Blau gekennzeichneten Bereich frei zu halten“, er deutete auf den Boden wo ein Kreis aus Runen eingraviert und diese mit hellblauen Erz ausgelegt worden waren.
„Die Teleporter verfügen hier“, er zeigte auf fünf Stellräder die sich an der rechten Seite befanden, „über einen Mechanismus der es ihnen erlaubt das Zielgebiet ein zu stellen.
Ihre Zimmer befinden sich zum Beispiel im Bereich Dreiundzwanzig, das Verwaltungsgebäude in dem wir uns befinden ist die Nummer Vierzehn. Hierzu müssen sie nun nur die gewünschte Adresse eingeben, wobei die kleinste Zahl der unterste Regler ist. Dann müssen sie ihren Ring über diese Platte hier halten die ihre Zugangsrechte überprüft. Es sollte dann der Grüne Kristall hier leuchten und sie können hindurch treten und werden dann vor Ort in den blauen Bereichen heraus kommen. Nach jedem durchschreiten springen die Stellräder wieder zurück in ihre Ausgangsposition, also der Null.
Beachten sie dies bitte.
Die Ausgangsposition dient zudem als Fluchtweg.
Sollte also jemals Gefahr durch ein Feuer oder sonst etwas drohen, können sie also unbesorgt direkt hindurch laufen und werden an den Sammelpunkten für die jeweiligen Gebäude heraus kommen.
Ihren Lehrplänen liegen zudem eine Liste aller benötigter Adressen für den Unterricht und ihr tägliches Leben auf dem Campus bei, sowie eine Auswahl an Bereichen die für sie eventuell von Interesse sein könnten.
Aber erst einmal genug davon.
Ich möchte sie nun bitten es selbst einmal aus zu probieren und dann treffen wir uns gleich im Wohnbereich des Dominats das den Namen „Purpurner Feendrachen“ trägt. “

Als Elina an der Reihe war schwitzten ihre Hände vor Aufregung und mit einem mulmigen Gefühl legte sie ihre Hand auf die glatte Kristallfläche. Fast war sie schon ein wenig erleichtert darüber das nichts zu spüren war, hatte sie doch damit gerechnet zumindest irgend eine Art kribbelnder magischer Entladungen würden sie durchzucken, sobald der Ring an ihrem Finger überprüft wurde.
Einmal schluckte sie noch den Kloß in ihrem Hals herunter, holte tief Luft und war mit einem Schritt nach vorne auch schon hindurch.
Es war ein unbeschreiblicher Wechsel. Von einer Sekunde auf die Andere war sie an einen völlig fremden Ort gelangt, der wahrscheinlich mehrere Kilometer entfernt lag, ohne dabei irgendetwas gespürt zu haben.
Nun stand sie mit den anderen in der Mitte eines großen lichtdurchfluteten Saals an dessen Wänden einige Wimpel mit einem aufgestickten Feendrachen hingen.
Mehrere Handwerker saßen an einigen Tischen und schienen gerade ihre Tagesprotokolle und Aufmaße zu schreiben, während man hinter den Glastüren andere sehen konnte die Mobiliar und Kisten durch die Gänge trugen.
Elina drehte sich um und erkannte das sie am Fuß einer großen Statue standen, deren Schild in die Höhe zeigte um den Feuerstrahl eines kleinen Drachens zu blocken, der in die Kuppelförmige Decke eingearbeitet war.
Dahinter befanden sich die größten Fenster die Elina je gesehen hatte und die einen faszinierenden Ausblick boten.
Scheinbar befanden sie sich irgendwo im zweiten Stockwerk und unter ihnen breitete sich eine kleine Seenlandschaft, mit etlichen Brücken und kleinen Erkern zum Verweilen aus, die im schwindenden Licht der letzten Sonnenstrahlen wie Diamanten funkelten.
„Oh mein Gott ist das schön“, stöhnte sie und zog Fiona, die kurz nach ihr angekommen war mit in Richtung der Fenster.
„Und ich hatte immer Gedacht die schönsten Sonnenuntergänge gebe es nur bei uns an der Küste“, bestätigte Fiona, die nicht weniger beeindruckt war und auch Vincent der sich zu ihnen gesellte schien die Szenerie in sich auf zu saugen.

Doch lange blieb ihnen nicht.
Schon kurz darauf war auch der Professor wieder bei ihnen, an seiner Seite eine Frau die wohl in ihren Dreißigern war. Sie trug einfache Sandalen, eine luftige weiße Hose und ein rosafarbenes Hemd. Um ihren Hals hing eine kleine Kette mit einem grünen Anhänger und ihr blondes Haar war locker nach Hinten gebunden.
„Herzlich Willkommen hier bei uns im „Purpurnen Feendrachen“.
Mein Name ist Samanter und ich bin die Verwalterin dieser Einrichtung.
Ich weiß sie alle haben einen langen Tag hinter sich und sind sicherlich müde und erschöpft, von daher versuche ich mich kurz zu halten. Wir befinden uns hier in einem der Versammlungssäle der überdies der Ausgangsort unserer Teleportadresse ist. Unten im Erdgeschoss befindet sich ein weiterer Teleporter den sie nutzen können um in andere Bereiche zu gelangen, aber ankommen werden sie immer hier oben. Während ihrer Ausbildung vom Novizen zum Adepten und später zum Jungmagier, werden sie hier gemeinsam mit den anderen zusammen wohnen.
Unten im Erdgeschoss befindet sich eine Kantine, die sie jederzeit besuchen können. Oder sie bereiten sich ihr eigenes Essen auf den Zimmern zu. Das liegt ganz bei ihnen.
Diese sind im Übrigen nach keinem besonderen Muster aufgeteilt. Um den Aufwand permanenter Umzüge zu reduzieren haben wir uns vor einigen Jahren dazu entschlossen dass jeder sein Zimmer bis zum Abschluss behält, zumal sie eh alle ähnlich Geschnitten sind. Von daher werden sie hier keine räumlich hierarchische Trennung haben, wie es vielleicht in anderen Häusern der Fall ist.
Ich hoffe sie nutzen diese Möglichkeit um sich untereinander besser kennen zu lernen und sich gegenseitig aus zu helfen.
Ich werde nun einige von ihnen mit Namen aufrufen und bitte sie mir dann in den ersten Stock zu folgen. Morgen früh treffen wir uns dann alle um Zehn im Eingangsbereich des Erdgeschosses und ich werde ihnen den Rest des Hauses sowie die Umgebung zeigen. Anschließend gibt es noch eine Führung zu ihren Unterrichtsräumen und dann haben sie die nächsten Tage Zeit sich hier ein zu leben.“

Als Elina dann in ihrem neuen Zimmer stand, fühlte sie sich ein wenig verlassen. Bis auf ein Bett das man ihnen provisorisch gestellt hatte, gab es keine Möblierung und eine kleine Kerze war gerade ihre einzige Lichtquelle. Die letzten zwei Tage waren so schnell an ihr vor rüber gezogen dass sie die Ereignisse gar nicht richtig auffassen und verarbeiten konnte.
Langsam setzte sie sich aufs Bett, stelle die Kerze beiseite und begann sich aus zu ziehen. In Ermangelung eines Stuhls ließ sie die Kleidungsstücke einfach auf den Boden fallen, kramte aus ihrem Rucksack den Tabakbeutel hervor und stellte sich dann mit ihrer Pfeife ans offene Fenster während sie gedankenverloren hinaus schaute.
Der Wohnbereich der nun ihr gehörte begann in einem relativ schmalen Flur mit Holzfußboden und einem kleinen Fenster an der Stirnseite. Auf der linken Seite befanden sich eine kleine Abstellkammer von gut zwei mal zwei Metern, sowie ein eigenes Badezimmer mit einer Wanne, einem Klo und Waschbecken. Erstaunlicher Weise gab es hier sogar fließend Wasser ohne es vorher hoch pumpen zu müssen und der Raum war mit weißen Fliesen ausgekleidet die blaue und orangene Äderchen aufwiesen und mit den farblichen Akzent den Raum auflockerten. Auf der rechten Seite des Flures befand sich dann ihr Zimmer, welches wesentlich geräumiger war als es sich die Novizin vorgestellt hatte und genügend Platz bot, dass man mit einem Vorhang oder einer Trennwand sogar einen kleinen Bereich abschirmen konnte ohne gleich an Platzangst leiden zu müssen.
Es verfügte sogar über einen Kamin und zu Elinas größter Freude einen eigenen Balkon, dessen Besichtigung sie auf den morgigen Tag verschoben hatte, wenn sie mehr als nur einen Schlüpfer trug.
Als sich die Novizin dann ins Bett legte hörte sie noch ein, zwei Gruppen lachend an ihrem Zimmer vorbeigehend, wahrscheinlich Adepten die gerade aus der Stadt zurück gekehrt waren, ehe sie schließlich erschöpft einschlief und die bizarrsten Dinge träumte.

Es war zwar noch ziemlich früh am Morgen als sie wieder erwachte, aber Elina fühlte sich frischer und ausgeschlafener als in den ganzen letzten Tagen.
Eine Weile blieb sie noch so liegen und genoss die warmen Sonnenstrahlen die sich soeben über die Baumwipfel hoben und langsam über ihre Beine zu wandern begannen, während einige Vögel den neuen Tag begrüßten.
Doch dann drängte die Blase und da sie eh schon im Bad war, nahm sie die Möglichkeit war sich das erste Mal seit Wochen wieder so richtig abschrubben zu können.
Es fehlten zwar die Bürste und die Handtücher. Aber ein Stück Seife hatte sie im Rucksack gehabt und alleine der Anblick einer Badewanne war für sie Grund genug diese nach einer fast vierwöchigen Reise in einem kleinen Wagen auch ausgiebig nutzen zu wollen.
Immer wieder tauchte sie unter, prustete das Wasser aus und schrubbte sich mit den Händen so gut es ging den Dreck der Reise vom Leib, wobei sie das halbe Badezimmer unter Wasser setzte.
Erst als das Wasser langsam kalt wurde und ihre Finger völlig verschrumpelt waren machte sie Anstalten das reinigende Nass zu verlassen.
Als Handtuch verwendete sie ihre Bettdecke und hoffte dass sie im Verlauf des Tages ein Ersatz dafür bekommen könnte.
Nachdem sich Elina dann auch noch frisch eingekleidet hatte, fühlte sie sich einfach großartig.
Eilig steckte sie ihren Tabak ein, kämmte die Haare durch und machte sich auf den Weg die Kantine zu suchen.

Am liebsten hätte sie zuvor noch bei Fiona vorbeigeschaut um zu gucken ob diese auch schon wach war. Aber da diese ihr Zimmer oben im zweiten Stockwerk hatte, Elina aber im ersten wohnte, hatte sie nicht mitbekommen wo ihre Freundin untergebracht worden war. Von daher blieb ihr derzeit nichts anderes übrig als unten zu warten und schon mal mit dem Frühstück zu beginnen, bis die anderen auftauchten.
Die Kantine zu finden war dabei sogar leichter als sie erwartet hatte da mehrere Schilder in den Fluren und im Treppenhaus die Richtung wiesen.
Als sie diese jedoch betrat, war sie doch ein wenig erstaunt. Ungleich der meisten Kantinen die sie kannte, war diese hier wie eine Mischung aus einem Wohnzimmer und einem Café eingerichtet. Der Boden war mit einem dicken Teppich ausgelegt auf dem teilweise weitere Läufer lagen. Es gab mehrere Bereiche in denen Sessel und Sofas um einen Tisch herum zum Verweilen einluden. Pflanzen und dekorierte Trennwände schufen zusätzlich ein Gefühl der Abgeschiedenheit und die meisten dieser Sitzgruppen verfügten auch über einen kleinen Kamin mit einer Metallplatte, die dazu diente Getränke wie Tee oder Kaffee warm zu halten. An den Wänden und einigen Inseln im Raum standen Regale mit Büchern. Kleinere Beistelltische, die überall verteilt waren, boten einem Kekse und Kuchen an und an den gut einsehbaren Stellen des Raumes gab es immer mal wieder eine Pendeluhr, die einem half hier nicht die Zeit zu vergessen. Die hohen Fenster besaßen lange dunkle Vorhänge mit goldenen Kordeln und draußen auf der Terrasse waren weitere Sitzgelegenheiten, welche man nutzen konnte. Die Bestelltheke war aus Dunklem Holz mit Messingbeschlägen, mehrere Hocker standen davor und wirkten mit den sauber aufgereihten Döschen im Hintergrund umso mehr wie ein kleines Caféhaus.
Derzeit war Elina der einzige Gast im Raum und so schlenderte sie noch ein wenig herum um sich um zu sehen. Dabei entdecke sie noch drei Aquarien in einigen der Sitzecken sowie einige kleine Springbrunnen deren Wasser über aufgeschichtete Steine zwischen den Pflanzen verschwand. Auch schien hier jeder der Bereiche in seinem ganz eigenen Stil gehalten worden zu sein, wobei dieser das Gesamtbild der restlichen Kantine aber nicht störte.
Als sich die Novizin dann zum Tresen auf macht, kam auch schon aus einer Seitentür eine ältere Dame mit einer Schürze, als hätte diese nur auf sie gewartet.
„Guten Morgen. Wissen sie schon was sie haben wollen oder möchten sie erst noch in eine unserer Karten schauen?“
„Guten Morgen. Ein Kaffee wäre super. Und einmal eine Kleinigkeit zum Frühstück bitte“, antwortete Elina und hoffte das es etwas geben würde was sie kannte. Immerhin kamen hier Studenten vom gesamten Kontinent zusammen und sie hatte von einigen Ländern gehört, deren Essgewohnheiten so gar nicht den ihren entsprachen.
Die Dame lächelte sie an als könnte sie Gedanken lesen und kochte schon einmal das Wasser auf.
„Haben sie einen besonderen Kaffee-Wunsch? Oder darf es unsere Hausmarke sein? Und zum Frühstück zwei Brötchen mit etwas Speck, Ei und Marmelade?
„Das wäre hervorragend“, bedankte sich Elina. „Und der Kaffee ruhig ihre Hausmarke.
Wie viel bekommen sie dann?“
„Ach her je, hat ihnen das den niemand gesagt? Na ja ist immerhin eine stressige Zeit mit all den Anreisen, nicht wahr?
Diese Kantine hier ist für Sie kostenlos. Nur wenn sie außerhalb oder in der Mensa im Hauptgebäude, wo ihre Vorlesungen stattfinden, Essen gehen, müssen Sie zahlen. Also setz dich schon einmal Schätzchen. Ich bring dir dann gleich schon einmal deinen Kaffee. Und scheue dich nicht zu fragen wenn du noch etwas brauchst. Wir haben mehr als genug.“
Elina bedankte sich noch einmal und suchte sich einen Platz von dem aus sie die Eingangstür im Blick hatte, sodass sie sehen konnte wenn Fiona oder Vincent herein kamen. Wohlig ließ sie sich in das Polster des Sofas sinken und bekam fast einen Schock als die Dame vom Tresen mit einem voll beladenen Wagen neben ihr stand.
Verwundert Blickte sie die Frau an als diese mehrere Körbe, Schüsseln und Teller vor ihr abstellte, sowie eine große Kanne und einige Tassen.
Gerade wollte die Novizin fragen wie dies möglich sei, dass die Frau so schnell hinter ihr sein konnte, da war diese auch schon wieder verschwunden, als hätte sie nie dort gestanden. Verwundert blickte Elina durch den Raum, konnte sie aber nirgendwo entdecken.
Am liebsten wäre sie dem noch weiter nachgegangen und wahrscheinlich auch zum Tresen gelaufen. Doch ihr knurrender Magen erinnerte sie nur allzu deutlich daran, dass sie am gestrigen Tag bis auf das Notfrühstück von Vincent nur noch einen kleinen Snack während der zweiten Pause gehabt hatte. Und der Duft von gebratenem Speck, Rührei und frisch gebackenen Brötchen trieben ihr das Wasser im Mund zusammen. Im Angesicht solch widriger Umstände kam sie schließlich zum Entschluss die Aufklärung des Phänomens um die Bedienung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und genoss mampfend und in bester Laune das reichhaltige Essen.

Gerade als sie sich ihr drittes Brötchen belegte, kamen dann nach und nach auch die anderen Studenten herein. Zuerst ein paar die sie noch von Gestern kannte und die zu ihrer Gruppe aus Novizen gehörte, dann aber auch viele unbekannte Gesichter, welche fast alle in der einheitlichen Schuluniform gekleidet waren.
Kurz darauf erschien dann auch Fiona. Sie trug einen kurzen weißen Rock, dazu weiche hellbraune Stiefel aus Kaninchenleder, ein enges Schulter loses Shirt in Aprikose und hatte sich ihre roten Haare hoch gesteckt wobei ein frisches Makeup ihre Augen und Sommersprossen betonte.
„Ja hallo, wer ist denn dieser heiße Feger hier? “, lachte Elina und reichte ihrer Freundin einen der Teller. „Hau rein, alleine krieg ich das eh nicht aufgegessen.“
„Kannst du Gedanken lesen oder warum hast du so viel bestellt? Ich bin fast am verhungern“
Gut gelaunt machte sich Fiona über das Frühstück her und auch Elina puhlte sich noch ein gekochtes Ei, als mit einem mal die alte Dame wider neben ihnen stand.
„Ihr Fisch und der Meerrettich“
Mit offenem Mund starrte Fiona auf den Punkt wo die Dame soeben noch gestanden hatte, die wider so schnell verschwunden war wie sie gekommen war.
„Na ja. Ich kann keine Gedanken lesen“, gab Elina zu. „Bei ihr bin ich mir da nicht ganz so sicher.“
„Wer oder was?“
„Die Bedienung.“, sagte Elina lakonisch, als wäre es das normalste auf der Welt.
„Was mich aber mal eher interessieren würde ist, ob du dir wirklich den Fisch dazu gewünscht hast?“
„Ähm. Ja.“, stammelte Fiona noch immer verwirrt.
„Ich wollte eigentlich gerade aufstehen um Vorne zu fragen ob man welchen bekommen könnte.“
Elina hob eine ihrer schmalen Brauen und pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Langsam komme ich mir hier immer weniger wie in einer Akademie vor, sondern eher als hätten wir die Grenzen der Realität hinter uns gelassen und wären in irgendeinem Feenreich gelandet. Hier werden dir die Wünsche nicht mal mehr von den Lippen abgelesen. Du brauchst nur noch da rann zu denken und sie werden wahr.“
Fiona kicherte und verschluckte sich beinahe an einem Bissen. „Und du bist dann unsere Prinzessin?", wollte sie wissen.
„Ach was“, winkte Elina ab. „Am Ende bin ich nur noch mit Bällen und Wohltätigkeits-Veranstaltungen beschäftigt und muss gute Manieren lernen.“, demonstrative hob sie ihre Tasse mit Daumen und Zeigefinger hoch, wobei sie den Kleinen abspreizte und zwei kleine Schlucke mit gespitzten Lippen trank.
„Geschehen hier echt noch Zeichen und Wunder?“, Vincent war hereingekommen und hatte sich ebenfalls zu ihnen gesellt, während er Elina und Fiona beim Hinsetzen zunickte.
„Nein. Wir haben nur eben festgestellt das Elina eine kleine Prinzessin ist, ihre Manieren aber noch immer sehr zu wünschen lassen.“, versuchte Fiona das Ganze auf zu klären, wobei Vincent etwas ratlos zu sein schien.
„Das Elina eine kleine Prinzessin ist, ist ja nichts Neues. Die wesentlich wichtigere Frage wäre doch: Wer von euch beiden ist die Größere?“
„Ey du Lump du.“, polterten die Novizinnen in gespielter Empörung gleichzeitig los und piksten ihn lachend mit den Fingern in die Seite.
„Schon gut, schon gut ich ergebe mich ja.“ Schnaufend rückte er seinen Stuhl wider zurecht und Elina reichte auch ihm einen Teller.

Nachdem sie alle satt waren und sich seufzend den Bauch reibend auf den Sofas saßen, hatten sie noch etwas über eine Stunde Zeit gehabt, ehe sie sich mit den anderen im Eingangsbereich treffen sollten.
Ihr Geschirr und der Rest vom Frühstück verschwanden fast umgehend wie von Geisterhand, als die Drei aufstanden und nachdem sie den verdutzten Vincent über die ältere Dame aufgeklärt hatten, nutzten sie die Zeit einander ihre Zimmer zu zeigen.
Wie die Verwalterin, Miss Samanter, gestern schon sagte, waren sie wirklich recht ähnlich geschnitten, wobei Fiona eine genau spiegelverkehrte Version von Elinas Zimmer bewohnte welches sich schräg über diesem nur wenige Räume weiter befand.
Das Zimmer von Vincent hingegen befand sich in einem anderen Flügel auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite und besaß keinen Balkon. Dafür hatte er aber gleich nebenan eine riesige Terrasse auf der mehrere Liegen zum Sonnenbaden einluden. Zudem lagen das Hallenbad und die Sauna nur ein Stück weit den Gang runter, sowie einige anderer Erholungsangebote die sich hier im Kellergeschoss befinden sollten, so dass die Mädchen ganz grün vor Neid wurden. Zwar lernten Fiona und Elina während der anschließenden Rundführung das es auch bei ihnen in der Nähe einige interessante Anlagen und Räumlichkeiten gab, kamen aber einstimmig überein, das Vincent von der Lage her das beste Zimmer von ihnen erwischt hatte. Darüber hinaus gab es jede Menge banale Informationen über die „glorreiche“ Geschichte und Namensgebung des Hauses, welche aus Elinas Sicht zwar ganz nett, aber völlig unnötig und Zeit raubend waren. Da es derzeit aber nichts anderes gab was sie hätten tun können, fügte sich die Novizin still schweigend in die Führung ein.
Am Ende hatten sie gut drei Stunden damit verbracht, die einzelnen Räumlichkeiten zwischen dem zweiten Stockwerk und dem dritten Kellergeschoss in Augenschein zu nehmen und die weit verzweigte Gartenanlage zu umrunden.
Als sie dann in die Eingangshalle zurück kehrten stapelten sich dort Unmengen an Kisten und draußen auf dem Vorplatz liefen etliche Mitarbeiter der Akademie herum, die weitere Kisten und Möbel von großen Lastkutschen hievten, mit Listen verglichen und vorsortieren, ehe sie zu den einzelnen Zimmern gebracht wurden.
Die meisten von ihnen wären am liebsten auf ihre Zimmer gegangen um ihre Sachen die sie aus der Heimat eingeschickt hatten in Empfang zu nehmen. Aber da ihnen nur etwas unter einer halben Stunde blieb ehe es mit dem Professor auf die nächste Tour ging, nutzen fast alle die Zeit um zu Mittag zu essen und einige der Fragebögen aus zu füllen die man ihnen ausgehändigt hatte.

Die nächste Führung mit Professor Clement über den Campus, zu den einzelnen Unterrichtsräumen, Trainingshallen und den Laboren; sowie den Campus eigenen Einkaufsstraßen, Kleiderausgaben und den unterschiedlichsten Klubs und Sporthäusern, vereinnahmte dann noch die restliche Zeit des Tages, sodass sie erst um kurz vor Acht wieder zurück waren. Zwar war diese Führung wesentlich Interessanter gewesen, allen vor ran da sie den ganzen Tag über mit den Teleportern quer durch die Stadt gesprungen waren und die unglaublichsten Gebäude und unzählige, mitten in der Stadt eingesetzte Artefakte bewundern konnten, dennoch würden sie es an diesen Abend wohl kaum noch schaffen die eingetroffenen Möbel in ihren Zimmern auf zu bauen und den Inhalt der Kisten weg zu sortieren.
Immerhin hatte Elina während des Tages erfahren, wo sie frische Bettwäsche, einige Handtücher und Pflegeutensilien erhalten konnte, sodass sie nun, nachdem sie einige Öllampen und Kerzenständer aus ihren Kisten heraus gekramt hatte, wider in der Badewanne lag und sich die Füße massierte, die nach den Gewaltmärschen der letzten Tage nicht nur schmerzten sondern auch die eine oder andere Blase aufwiesen.
Dennoch ließ sich die junge Frau erleichtert ins Schaum bedeckte Wasser zurück sinken. Sie hatten nun noch fast vier Tage Zeit ehe die ersten Vorlesungen anfingen und schlussendlich war sie froh das sie in einem solchen Marathon die Einreise hinter sich gebracht hatten.
Die Strapazen der letzten Tage waren zwar enorm gewesen. Aber auf diese Weise hatten sie nun einen zeitlichen Freiraum der es ihnen erlaubte ihre Zimmer ein zu richten, die Wagen leer zu räumen und notwendige Besorgungen in der Stadt zu tätigen, ohne dass diese in Hektik ausarten würden.

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Das Leben einer Studentin

Schon am nächsten Morgen hatte sich Elina mit Fiona zu einer Einkaufstour verabredet, wobei sie ihr erster Weg in eines der größeren Geldhäuser von Estralma führte, wo sie einen Teil ihrer monatlichen Verfügungen auf ihre Ringe umschreiben ließen um diese doch recht nützlich klingende Funktion zu testen.
Anschließend ging es in die verschiedensten Läden um sich mit allem aus zu statten was ihnen noch fehlte oder sie vergessen hatten ein zu packen.
Zu ihrer Erleichterung gab es gerade in den Bereichen der Einkaufsstraßen und Marktplätze fast an jeder Ecke einen Teleporter, so dass sie ihre Einkäufe nie lange mit sich herum tragen mussten und etwas mehr Zeit hatten sich das reichhaltige Angebot an zu sehen. Nach einiger Zeit die sie damit verbracht hatten die unterschiedlichsten Modehäuser und Essensstände ab zu klappern viel ihnen aber immer mehr auf, dass sie sich mit ihrer Kleidung doch ein wenig von den Meisten um sie herum abhoben. Zwar waren derzeit noch Ferien und eine Menge an Besuchern, Studenten und deren Familienmitgliedern liefen in ganz gewöhnlicher Kleidung herum, aber der Großteil der Studenten trugen ihre Schuluniform die anzeigte in welcher Fachrichtung man studierte, welchen Ausbildungsgrad man inne hatte und zu welchem Haus man gehörte. Um also nicht unnötig negative auf zu fallen und da sie diese eh in wenigen Tagen benötigen würden, begaben sie sich zum frühen Nachmittag hin auch noch zum Ausstatter der Kleiderausgabe, wo sie zu ihrer Überraschung sogar aus mehreren Modellen wählen konnten.
Den Laden selber konnte man eher mit einer gigantischen Lagerhalle vergleichen, in dem die Uniformen sowohl nach Studiengang und erreichtem Rang sortiert waren, als auch für die schier unendlichen anderen Berufsstände, welche es innerhalb der Akademie gab. Während die Novizin anfangs noch dachte, für die Studenten gäbe es schon viele Uniformen, erkannte sie bald das sie einem Irrtum unterlag als der Ladenbesitzer, ein freundlicher Mann mittleren Alters, ihnen zeigte dass es zwar insgesamt neun Kataloge für die Schülerschaft aber über mehr als dreißig Kataloge für die restlichen Berufsstände gab.
Schlussendlich hatte sich Elina für zwei Röcke entschieden die ihr knapp eine Handbreit über den Knien endeten, zwei kurze luftige und ebenfalls zwei eleganter wirkende langen Hosen, welche allesamt in Weiß gehalten waren und auf denen eine gold-violette Spirale an der linken Seite eingearbeitet war . Dazu noch mehrere Hemden mit kurzen und langen Ärmeln, wo ihre Schulabzeichen in Brusthöhe auf gestickt waren, sowie die dazugehörigen Schulterüberwürfe mit dem Abzeichen ihres Hauses und drei weite Umhänge mit großen Kapuzen, ebenfalls in Weiß gehalten mit denselben Spiralen wie auf der Beinbekleidung, die sie als Magierin kennzeichneten. Am liebsten hätte Elina auf diese merkwürdigen Spiralen verzichtet, aber da sie zur Identifikation dienten und von der Akademie vorgeschrieben waren, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich damit ab zu finden und zumindest nach etwas zu suchen, dass ihr vom Schnitt und der Verarbeitung her gefiel.
Als dann schließlich der Abend anbrach, saßen sie neu eingekleidet, mit einer Schale Eis auf den Knien zusammen auf der Terrasse vor Vincents Zimmer und genossen die Sonne, während dieser ihnen das Sammelsurium der verschiedenen Gewürzsäckchen erkläre, die er in der Stadt erstanden hatte. Er war einfach ein leidenschaftlicher Koch und zuweilen fragte sich Elina ob Vincent in einem Restaurant nicht besser aufgehoben wäre, als hier im Studium der magischen Künste. Zumal sie die Meinung vertrat das die Zubereitung so mancher Speisen eine ganz eigene Magie inne hatte.
Zur Freude der Mädchen hatte Vincent ihnen dann auch noch erzählt das er nicht nur für sie alle schon die Anträge der Umzugshilfe geholt hatte, sodass sie ihre Wagen in den nächsten zwei Tagen ausräumen konnten, sondern das er bei seinem Besuch im Verwaltungsgebäude auch herausgefunden hatte in welchem Haus Sabrina, Rogar und Nancy untergebracht waren, die sie gleich am nächsten Morgen mit einem Besuch überraschen wollten und schmiedeten schon Pläne wo man dann den Abend verbringen könnte.

Als Elina dann etwas später wieder in ihrem Zimmer war hatte sie noch die Zeit gefunden einen Schrank auf zu bauen und zwei weitere Kommoden ein zu räumen. Der große Esstisch mit seinen schönen geschwungenen Stühlen, sowie ihr eigenes Bett, das gut doppelt so breit war wie das welches sie derzeit verwendete, würde sie wohl auf den nächsten Tag verschieben müssen. Von daher beschloss sie das restliche Licht des Tages für ihre Übungen zu nutzen und kramte das Buch aus dem Rucksack hervor, welches sie von Thomas erhalten hatte.
Es tat ihr zwar immer noch leid, dass sie Fiona nicht die ganze Wahrheit sagen konnte und sie anflunkern musste, indem sie ihr erzählte der Lichtzauber wäre doch erst ab dem Rang eines Hochmagiers möglich, aber die hier beschriebenen Verwebungen waren der Ketzerei gleich zu setzen, widersprachen sie doch allem was die Akademie seit über neunhundert Jahren lehrte. Die Akademie überwachte die Ausbildung aller Magieanwender auf dem gesamten Kontinent und es gab etliche Regeln und Vorschriften die dabei eingehalten werden mussten. Jedes Kloster, jede Akademie und jede Schule an der ein Magier unterrichtete wurden überwacht und mit Ausnahme einiger Studenten, die mit einer Sondergenehmigung im Ausland studierten, mussten alle nach Estralma kommen um hier zentralisiert ihr Wissen zu erlangen. Wollte man die magische Kunst erlernen, ob nun für den beruflichen Werdegang oder weil man sich direkt zum Magier ausbilden lassen wollte, musste man zuerst eine entsprechende Eignungsprüfung bei einem Magier beantragen.
Der menschliche Geist war in der Regel nicht in der Lage die magische Ebene wahr zu nehmen. Wollte man es vergleichen, wurde oft das Beispiel des auf dem Kopf stehenden Mannes heran gezogen, der, wenn man ihn nach mehreren Tagen auf dem Kopf wieder auf die Füße stellte, immer noch einige Stunden brauchte, ehe sich sein Weltbild wider angeglichen hatte. Und bei der magischen Ebene handelte es sich um eine ganz besondere Art der Wahrnehmung, eine Sichtweise auf die Dinge.
Einer der ersten Sätze die man dahingehend lernte war: „Das Auge sieht nur, was der Geist bereit ist zu akzeptieren. Und der Geist nimmt nur wahr, wo Vertrauen besteht“
Von daher bestand der erste Schritt darin, die Sichtweise eines Anwärters so zu erweitern das es ihm möglich war die magische Ebene überhaupt zu erblicken. Ein Vorgang der für gewöhnlich drei bis sechs Monate dauerte. Hatte er dies geschafft ging es darum, dass magische Gefüge mit seinen Gedanken zu berühren und in dieses ein zu dringen, was wiederum einige Monate in Anspruch nahm. Erst wenn die Anwärter dies beherrschten, wurde ihnen eine Überweisung ausgestellt mit der sie ihre eigentliche Ausbildung an einem der Institute beginnen konnten. Wurde man akzeptiert begann dann die Zeit als Novizen Anwärter. In dieser lernte man das es acht unterschiedlichen Magieformen gab, die sich in die vier Elementarmagien, der Heilig- und Schattenmagie, sowie der Natur- und Geistesmagie aufteilten. Jeder dieser acht Zweige stand für sich alleine, wurden für die unterschiedlichsten Anwendungszwecke benötigt und hatten in den höheren Rängen ihre ganz eigenen Ausbildungsformen. Während der Ausbildung zum Novizen ging es aber hauptsächlich nur darum diese voneinander unterscheiden zu können, sowie deren Grundstrukturen und Schlüssel abbilden zu können.
Ein weiterer Punkt der Ausbildung lag darin zu lernen wie man mit seinem Geist in die magische Ebene eindrang um dort eine Verwebung zu bilden. War ein solches Muster sauber hergestellt worden und durch einen Schlüsselknoten gesichert, konnte man seine eigenen Energie hineinfließen lassen und somit einen Zauber wirken. Der Schlüsselknoten diente dabei die richtige Magie zu verwenden und diese so zu stabilisieren, dass damit das Muster welches die Form des Zaubers angab, nicht in sich zusammenbrach oder wild durch die Gegend zuckte. Insgesamt dauerte es zwei Jahre, ehe man sich für die Prüfung anmelden konnte bei der man nicht nur sein Grundwissen über die Magie unter Beweis stellen musste, sondern auch über das allgemeine Weltgeschehen abgefragt wurde. Hinzu kamen Fragen in Pflanzen- und Wirtschaftskunde, sowie einer praktischen Prüfung bei der man drei Zauber des ersten Grades demonstrieren musste.
In der Regel ging es hierbei darum etwas Wasser aus der Luft zu erschaffen oder dieses in Eis zu verwandeln, ein Feuer an zu zünden, ein kleines magisches Licht zu erschaffen, das für mindestens eine halbe Minute bestehen blieb oder eine Kerze zu löschen. Hatte man diese Prüfung gemeistert, durfte man nach Estralma wo man dann lernte die Magie richtig zu beherrschen und an zu wenden.
Was Elina und allen anderen Novizin nun noch am Anfang ihrer Laufbahn bevorstand, waren ihre Tests zur Affinität der acht Magieformen. Bei diesen wurde ermittelt ob die Studenten eine besondere Gabe hatten, die es ihnen erleichterte einen der Zweige besser zu lernen als die anderen. Anschließend musste sich dann jeder Student für einen der acht Wege entscheiden und lernte nur noch diese Magieform, bis zum Erreichen des fünften Grades.
Schon jeder Anwärter lernte dass die magischen Verwebungen so instabil waren, das schon ein fälschlich eingesetzter oder mangelhafter Schlüsselknoten zu verehrenden Unglücken führen konnte. Erst mit der Ausbildung zum Hochmagier gestattete es die Akademie von daher dass man seine Studien einer zweiten Magieform widmen durfte, diese aber nur bis zum dritten Grad. Und hatte man sich als Meistermagier bewiesen und erlangte den Rang eines Erzmagiers war es sogar möglich zwei Magiearten miteinander zu verschmelzen, was zwar äußerst heikel war, da die instabilen Verwebungen stetig um die Vorherrschaft kämpften, diese Methoden aber gerade in der Heilmagie oft Anwendung fanden.
Das Buch was Elina jedoch in ihren Händen hielt bot einen erschreckend einfachen wie auch simplen Ansatz die Nachteile der einzelnen Magieformen aus zu gleichen. Anstelle zu versuchen zwei Zauber mit purer Willensanstrengung zusammen zu fügen, wurden hier nur besondere Eigenschaften aus einer Magieform verwendet um diese über einen leicht abgeänderten Schlüsselknoten und einer angepassten Verwebung in einen anderen Zauber zu intrigieren.
Es war nicht mehr nötig zwei separate Zauber zu kontrollieren. Sondern nur einen, der dennoch über die Eigenschaften zweier völlig verschiedener Magiearten verfügen konnte. Möglich machte dies alles ein einzigartiger und sonst nirgends aufgelisteter Schlüsselknoten, der die magischen Energien des Anwenders in einer reinen Form hindurch ließ und nur die Chaotischen Elemente des Flusses herausfilterte. Das Schwierigste an der Magie war es, die Verwebungen aufrecht zu erhalten und gleichmäßig mit seiner eigenen Energie durchfließen zu lassen. Gerade ab dem zweiten Grad erstreckten sich diese Verwebungen über mehrere Ebenen hinweg, wie die einzelnen Abstände genannt wurden, je tiefer man in die magische Membran hinein stieß. Zudem bedurfte jede Magieform ihre ganz eigenen Schlüsselknoten welche alle anderen Elemente aus dem Magiefluß herausfilterten, da diese ansonsten die Verwebung zerreißen würden. Verwendete der Anwender einen falschen oder nicht richtig gesetzten Schlüsselknoten konnten die magischen Entladungen ihn und allen um ihn herum gehörigen Schaden zufügen.
Aufgrund dieser Gefahr war es auch bei drakonischen Strafen verboten sich vor dem 5 Grad und der Ausbildung zum Hochmagier mit einer zweiten Magieform zu beschäftigen.
Mit dem was hier aber stand, war es nicht nur ungleich einfacher und sicherer seine Zauber zu kontrollieren und ihre Wirkungsgrade bei weitem zu erhöhen, zumal man einen Schlüsselknoten für alle Zauber verwenden konnte. Nein es setzte schon förmlich vor raus, dass man sich mit mehr als nur einer Magieform beschäftigte um eben deren Eigenschaften zu kennen und nutzen zu können. Zumal dieser neuartige Schlüsselknoten sämtliche Gefahren negierte, die ein normaler Schlüsselknoten der acht Magieformen mit sich brachte.

Aufgeregt und mit verschwitzten Händen saß die Novizin auf ihrer Bettkante und wusste dass das was sie nun vorhatte, sie vor die Inquisition bringen konnte.
Ein paarmal atmete sie noch tief durch, dann beugte sie sich nach vorne wo zwischen ihren Füßen eine kleine Schale mit Wasser stand und schickte einen Energieschub in die Verwebung, welche sie mit aller Sorgfalt vorbereitet hatte.
Langsam erhob sich eine Form aus kristallinen Eis aus dem Wasser, bis sich ein einzelnes, kleines Glas geformt hatte, das Elina behutsam aufhob und auf den Hocker neben sich stellte. Eine Eis Form aus Wasser zu erschaffen war zwar nun nicht das größte Kunststück für eine Novizin, aber was Elina getan hatte war wesentlich schlimmer, so hoffte sie zumindest.
Eine solche Eis Magie eines Anfängers, die nicht konstant durch einen zusätzlichen Energiestrom ihrerseits aufrechterhalten wurde, müsste für gewöhnlich innerhalb von zehn bis zwanzig Sekunden in sich zusammen brechen und eine Pfütze mit noch kleinen Eissplittern zurück lassen.
Für Gewöhnlich !
Doch dieses, zumindest fern an ein Glas ähnelnde, Objekt behielt seine Form bei sodass Elina kurz darauf war laut auf zu schreien und zu jubeln. Sie hatte es anscheinend tatsächlich geschafft, die stabilisierenden und festigenden Eigenschaften aus der Erd Magie so zu verwenden, dass das Eis nicht länger einfach auseinander fiel, sondern nun solange zusammen gehalten wurde, bis es auf natürliche Weise abschmelzen würde.

Noch immer berauscht von diesem Glücksgefühl startete sie dann auch ihren zweiten Versuch, welcher ungleich gefährlicher werden würde wie der erste.
Erneut versuchte sie sich zu beruhigen und erschuf dann eine kleine flackernde Flamme auf ihrer Handfläche. Es war ebenfalls ein Zauber den jeder schon in seinem ersten Jahr lernen konnte. Aber während hochrangige Magier faustgroße Feuerbälle Macht ihrer Gedanken zusammen bündelten und dann mit einem Gewaltakt magischer Überladung durch die Luft katapultierten, hatte Elina ihrer kleinen Flamme einfach die Eigenschaften einer Luftmagie eingewebt, womit sie diese fast mühelos durch das Zimmer dirigieren konnte. Sie schaffte es sogar die Flamme erst einen großen Bogen beschreiben zu lassen und sich dann auf zu teilen um mehrere Kerzen gleichzeitig an zu stecken.
Etwas was sie auf ihrem Ausbildungsstand eigentlich gar nicht können dürfte. Ein Privileg, das nur jene für sich in Anspruch nehmen konnten die mindestens als Erzmagier galten und in der Regel mehrere Jahrzehnte des Magiestudiums hinter sich hatten. Doch sie war eine einfache Novizin, die in den nächsten Tagen mit ihrer Ausbildung zu Adeptin anfing. Aber diese Verwebung die sie verwendete war so stabil und einfach zu handhaben das sie fast schon übermütig wurde.

Als sie dann wenig später das Buch in einem doppelten Boden ihrer Kommode versteckt hatte in dem einst ihr Tagebuch war und sie im Bett lag, bekam sie einfach kein Auge zu. Von einer Seite drehte sie sich auf die andere und mochte sich gar nicht vorstellen was für Möglichkeiten sich ihr boten, würde sie diese Technik einmal wirklich beherrschen.
Sie brauchte ja noch nicht einmal so weit zu gehen den Kodex der Akademie gänzlich zu brechen. Alle Magieformen zu lernen und wild miteinander zu kombinieren. Diesen ein wenig zu dehnen und nur einige Grundelemente aus jeder Schule und die nötigen Grundstrukturen um deren Eigenschaften zu verwenden würden schon ausreichen bisher ungeahnte Zauber zu verwenden die ansonsten unmöglich waren.
Immer wieder wälzte sich die Novizin herum, stand gelegentlich auf um am Fenster eine zu rauchen und versucht erneut Schlaf zu finden.
Als dann jedoch der Morgen dämmerte, gab sie es schließlich auf.
Entnervt und übermüdet kleidete sie sich an und ging runter um zu Frühstücken, während dieses kleine fiese Etwas, genannt Stolz, kontinuierlich versuchte ihr ein Grinsen in die Mundwinkel zu schieben.
Sie hatte es tatsächlich geschafft. Sie konnte Magie wirken von denen andere noch nicht einmal zu träumen wagten.
Das einzige was ihr wirklich Sorgen bereitete war, das sie noch nicht einmal mit ihrer Ausbildung zur Adeptin begonnen hatte ehe sie schon den heiligen Kodex brach auf den sie am morgigen Tag all schwören würden und als oberstes Übel kam auch noch hinzu das sie zwei Jahre in dieser Stadt die Füße still halten musste, ehe sie das volle Potenzial ihrer Entdeckung auf der Wanderschaft der Jungmagier ergründen konnte.
Kurz vor der Kantine verlangsamten sich dann ihre Schritte und ehe sie die Türen öffnete zögerte sie einige Momente lang. Ob die alte Dame wirklich Gedanken lesen konnte? Oder beschränkte sich diese Gabe nur auf das Essen?
Am liebsten hätte sie die entsprechenden Abschnitte über Geistesmagie noch einmal in ihren Büchern nachgeschlagen, nur diese lagen in ihrem Wage und von daher versuchte sie sich alles ins Gedächtnis zu rufen was Malfor versucht hatte ihr ein zu bläuen, als die Zwischenprüfungen angestanden hatten. Das einzige was ihr aber noch im Gedächtnis hängen geblieben war, war das es so etwas wie ein Einverständnis geben musste damit diese wirkte. Und da Elina sich mehr als nur sicher war, dass sie nicht wollte dass irgendjemand sonst noch von ihrem Geheimnis erfuhr, öffnete sie dann doch die Türen und trat ein.

Zu ihrer Verwunderung stellte sie fest, dass sie nicht die erste Person war. In einer Ecke saßen drei Adepten denen man schon von weitem ansehen konnte das sie soeben erst nach Hause gekommen waren. Dann saß in einem Sessel noch die Verwalterin mit einem Buch und einer Karaffe Tee und vorne an zwei bekannte Gesichter die sie um diese Zeit hier am wenigsten erwartet hätte.
„Ja guten Morgen. Auch nicht geschlafen?“, begrüßten sie Fiona und Vincent in einem monotonen Tonfall wobei ihre Augenringe bände sprachen.
„Ja“, gab Elina zu. „Aber hätte ich gewusst dass ihr auch noch wach seid, hätten wir zumindest Kartenspielen oder die Stadt unsicher machen können.“
„Das hatten wir doch für heute Abend geplant“, versuchte Fiona ab zu wehren, wobei man genau erkennen konnte wie wider etwas Leben in ihre müden Augen zurückkehrte.
„Warst du sonst nicht immer diejenige die immer sagte: Doppelt hält besser und dreifach gebrannt ist am besten?“, brachte sich nun auch Vincent mit ein und gab genau das wider was Elina auch schon auf der Zunge lag.
„Ja schon, aber wollten wir nachher nicht noch die Anderen besuchen? Ist ja schon schlimm genug wenn wir so vor denen aufkreuzen. Am Ende denken die noch sonst was, was hier los ist. Nicht dass es mich groß stören würde, wenn zumindest ein Funken Wahrheit drin liegen würde. Nur so wie es jetzt aussieht, tun wir nur unser Gesicht verlieren.“, grinste Fiona erschöpft drein.
„Tja…“ fingen Elina und Vincent zeitgleich an.
Drei Stunden später kamen die Freunde gut gelaunt durch das Portal in einer großen Botanischen Halle heraus. Ein kleiner Wasserfall gabelte sich zwischen der Wiese und kleine Brücken und Sprungsteine führten über die Bäche die sich irgendwo in der Vegetation verloren.
Elina stieß einen leisen Pfiff aus:“ Nicht übel. Und ich dachte schon unsere Eingangshalle wäre beeindrucken. Sag mal Vincent. Du hast nicht zufällig auch die Zimmernummern von den anderen, oder?“
„Was denkst du den von mir? Natürlich habe ich die“, grinste er hämisch.
„Wollen wir die Langschläfer mal aus ihren süßen Träumen holen?“

Sie hatten Glück. Sabrina hatte ihr Zimmer nicht abgeschlossen und so schallte kurz darauf ein überraschtes Quieken durch die Flure, als sich Elina und Fiona auf die schlafende Freundin warfen.
„Gott verdammt noch mal, ihr habt ja eine Fahne wie vierzig Matrosen. Wo kommt ihr eigentlich her?“
„Wir freuen uns auch dich zu sehen, Hase“
„Natürlich freue ich mich. Aber wo kommt ihr her“, lachte Sabrina auf, noch immer halb unter den anderen beiden begraben.
„Ihr hättet mich zumindest mitnehmen können.“, beklagte sie sich. „Wärend Rogar und Nancy den ganzen Tag nur rumturteln und die Nacht über mit anderen Dingen beschäftigt sind, gehe ich hier langsam noch ein. Habt ihr eine Ahnung wie ich mich da fühle?“
„Ja tschuldigung. Eigentlich wollten wir ja heute Abend mit euch allen zusammen los, nur bei uns konnte heute Nacht keiner ein Auge zu bekommen… und du kennst uns ja.“, versuchte Fiona sie zu beschwichtigen.
"Was?“, brüllte Sabrina los. „Ich beantrage sofort eine Versetzung. Hier werde ich vor Langeweile noch das Stricken anfangen, wenn ihr mich nicht rettet.“
Mehrere Türen wurden geöffnet und verschlafene Gesichter späten auf den Flur um die Ursache für den frühen Tumult zu ergründen. Lachend wälzten sich Elina und Fiona vom Bett runter und Vincent warf Sabrina ihre Wäsche zu die auf einer Truhe lagen.
„Sieht man“, kommentierte er. „Du hast ja sogar dein Zimmer schon komplett eingerichtet. Ich wette die anderen beiden haben noch nicht mal eine Kiste ausgepackt“
„Nun übertreib mal nicht“, meinte Elina.“Immerhin brauchte ich meinen Kuschelanzug und die Erfrischungscreme“
„Da hast du´s, Sabrina“, lachte Fiona. „Aber keine Sorge. Sobald du dir was angezogen hast, suchen wir uns ein nettes Plätzchen und dann kannst du uns dein ganzes Leid klagen“
„Apropos anziehen. Wenn man euch so betrachtet könnte man fast auf den Gedanken kommen ihr wäret aus der Klosterschule entlaufen. Was ist denn da geschehen?“
„Na wonach sieht es denn aus? Wir haben uns schon mal unsere Schuluniformen besorgt. Und weil sie nun alle wissen dass wir unschuldige junge Novizinnen sind, geben uns die Jungs besonders gerne einen aus“, grinste Fiona und nestelte aus einen der Rucksäcke eine Flasche Wein.
„Whoa du lässt dich heute wohl echt nicht lumpen wie?“
„ Los nun Sabrina. Entweder du ziehst dir was an oder du rückst so rüber. Irgendwo müssen wir ja auch sitzen“, stänkerte Vincent, zog ihr die Decke weg und setzte sich auf die freie Fläche von der sie ihre Beine zu sich heran gezogen hatte und kassierte noch eine nicht ganz ernst gemeinte Bemerkung.
„Was denkst du denn, Hase? Immerhin ist heute der letzte Tag wo wir noch einmal richtig Feiern können. Morgen Mittag leisten wir immerhin schon unseren Schwur auf den Kodex und haben unsere erste Vorlesung.“, bestätigte Fiona und an Elina gewandt; „Ist irgendwas, Linchen?“
„Ach nichts“, wehrte diese ab.“Ich habe nur irgendwie bammel davor“
„Vor dem Schwur?“, fragte Vincent. „Mach dir darum mal keine Sorgen. Den mussten wir schon so häufig aufsagen, ich wette den könntest du sogar im Schlaf runter beten“, lachte er.
„Ich mache mir eher Sorgen darum wenn unsere Eltern dort auftauchen und eine peinliche Show abziehen.“
„Darauf stoße ich an“, erwiderte die Novizin und hob ihr Glas, nachdem Fiona jedem etwas eingeschenkt hatte.
„Auf unsere peinlichen Eltern.

Auf die neue Akademie“

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Die Vereidigung

Der nächste Tag war schneller gekommen als sie es alle erwartet hatten. Allgemein kam ihnen die ganze Reise die sie vor gut einem Monat angetreten hatten inzwischen nur noch wie einige wenige Tage vor, als sie nun den großen Hörsaal betraten in dem schon vier Personen unten am Pult auf sie warteten.

Nach einer Vorstellungsrunde der Dozenten die sie mit dem einen oder anderen Scherz aufzulockern versuchten, machten sie noch eine kurze Fragerunde.

Die Prüfungen zum Novizen liefen zwar auf dem ganzen Kontinent nach demselben Muster ab und jeder wohnte ein Abgesandter der Akademie bei. Dennoch schien es als wollten sie sicherstellen, dass alle auf dem gleichen Stand waren.

Oder wie Elina vermutete; Sie wollten den Neuzugängen die Anspannung nehmen, indem sie ihnen Fragen stellten deren Antworten schon zum Grundwissen jedes Novizen gehörten und sie so aufmunterten sich mit ein zu bringen, was anhand der vielen erhobenen Arme auch sichtlich zu gelingen schien.

Anschließend musste sich dann jeder Student selbst vorstellen. Einer nach dem anderen wurde nach Unten gebeten, wo er seinen Mitschülern ein wenig über sich selbst und seine Ziele erzählen sollte. Wo er herkam, was ihn dazu veranlasst hatte den Weg der Magie ein zu schlagen und ob er bestimmte Vorstellungen hatte, was er hier lernen konnte oder wohin ihn seine spätere Reise als Jungmagier wohl führen könnte.

Zum Abschluss einer jeden Vorstellung sollten die Novizen ihren derzeitigen Lieblingszauber vorstellen, dessen Verwebungen an die Tafel zeichnen und diesen einmal vorführen.

Es war eine grandiose Idee gewesen bei der man seine Mitschüler schon gleich am Anfang kennen lernte. Zwar gab es etliche unter ihnen die vor lauter Aufregung sich immer mal wieder verhaspelten, bei denen sich kleinere Fehler in die Verwebungen einschlichen oder auch mal einen zweiten Versuch bei der Vorführung ihres Zaubers benötigten. Aber jeder wurde am Ende mit tosendem Applaus gewürdigt.

Als Elina dann an der Reihe war, versuchte sie den Fakt, dass sie bei einem hochrangigen Magier aufgewachsen war, ein wenig damit zu übertünchen wie sie in ihren jungen Jahren stets auf dem Hof ihrer Großmutter ausgeholfen und dort gesehen hatte mit welchen Widrigkeiten die Landbevölkerung zu kämpfen hatten, weshalb sie angab später einmal eine Dorfmagierin werden zu wollen. Auf diesen nicht ganz ehrlichen Wunsch folgte zugleich ein Sturm aus Beifall und selbst einer der Dozenten klopfte ihr wohlwollend auf die Schulter und lobte ihre Entscheidung mit der Aufforderung dass das Land mehr solcher Schüler benötigte, da die meisten der Landmagier erst in diesen Berufsstand eintraten, wenn sie in den großen Städten keine Anstellung finden konnten.

Für ihren Zauber hatte sie sich erneut für das Glas aus Eis entschieden, welchen sie in der letzten Nacht unnachgiebig verfeinert und weiter ausgebaut hatte. Zwar hatte sie dabei teils ihre ganz eigene Magie verwendet, aber die entscheidenden Verbesserungen um die Form etwas deutlicher heraus zu arbeiten, hatte sie alle auf die herkömmliche Art und Weise vorgenommen und dabei etliche Bücher zu Rate ziehen müssen. Immerhin durfte niemand von ihrer Entdeckung erfahren und so hatte sie sich zum Ziel gesetzt ihre Zauber soweit zu pauken, dass es später niemanden auffallen würde, wenn sie diese modifizierte.

Dennoch gab es seitens der Dozenten und Mitschüler die eine oder andere Zwischenfrage als die junge Novizin die Grundstrukturen ihres Zaubers an die Tafel zeichnete. Vielen der Studenten waren bestimmte Verwebungen nicht geläufig, besonders jene die sie für den Übergang vom Stiel in das eigentliche Gefäß, sowie den Sockel verwendete, während sich die Professoren und Dozenten für den Schlüsselknoten und dessen Energieverteilung interessierten.

So gut wie es ihr möglich war versuchte sie die Fragen so zu beantworten, als hätte sie versucht die Stabilität und Form des Glases mithilfe eng vernetzter Verwebungen der Wassermagie zu unterstützen, während sie die eindringende Energie des Schlüsselknotens mit überdurchschnittlich vielen Verbindungssträngen gleichmäßiger aufteilte.

Schließlich nickten die vier Dozenten und als Elina ihren Zauber langsam zu wirken begann hielt sie etwas in der Hand, dass grob einem schlichten Weinglas ähnelte. Zwar war es etwas schief und hatte einige unnennbare Auswüchse. Aber die grobe Form war erkennbar und was ihr vor allem wichtig war, die dünnen Übergänge vom Stiel zum eigentlichen Gefäß hielten und brachen selbst dann nicht ab als sie aus einer der Schüsseln vom Tisch etwas Wasser hinein goss.

Begleitet von Staunen und einigen Beifall stelle Elina das Glas schließlich selbstzufrieden auf einem Tablett ab, welches auf dem Lehrerpult lag, wo es sich noch einige Momente hielt, ehe es in sich zusammenbrach und eine kalte Pfütze hinterließ.

Als Elina dann wider auf ihrem Platz saß, pochte ihr das Herz bis zum Hals und der Schweiß rann der Novizin aus allen Poren.

Zwar hatte sie sich strikt an das gehalten was sie gelernt hatte, aber die ganzen Fragen zu ihrer Verwebung und den eigenmächtig angepassten Schlüsselknoten hatte sie dann doch zusehends verunsichert.

Erst als zwei der Dozenten, jene die sie besonders mit ihren Fragen gelöchert hatten, sich farbliche Kreide schnappten und begannen ihre Zeichnung aus zu bessern, fing sie an sich wieder etwas zu beruhigen.

Gespannt verfolgte sie die Erläuterungen der Dozenten während diese einige der modifizierten Stellen weg wischten und durch andere, zwar ebenfalls eng miteinander vernetzte aber ungleich weniger komplizierte Verwebungen, ersetzten. Auch änderten sie einige der Energieverzweigungen und fügten sogar noch mehr Hauptverbindungen hinzu, was Elina anfangs doch ein wenig erstaunte.

Als sie schließlich fertig waren und den Zauber ihrerseits vorführten, hielten sie ein fast makelloses Glas in ihren Händen.

Zutiefst beeindruckt, allen vor ran der doch recht simplen Verwebungen, hatte Elina nicht nur fleißig mitgeschrieben sondern nun auch ihrerseits etliche Fragen die ihr auf der Zunge brannten, wodurch sich eine lebhafte Diskussion entwickelte, als sich auch immer mehr der anderen Studenten mit einbrachten.

Schlussendlich mussten sie die Diskussionsrunde unterbrechen, damit auch der Rest ihrer Mitschüler noch die Chance hatten sich vorzustellen, aber die Stimmung war längst schon angeheizt und jeder von ihnen hatte die Aufgabe erhalten sich weitere solcher Fälle raus zu suchen und zur nächsten Vorlesung mit zu bringen, während Elina inzwischen schon mehr als vier Seiten dieser schlichten und doch effektiven Verwebungen niedergeschrieben hatte die von den anderen Studenten angesprochen waren.

So verging dann auch ihre erste Unterrichtsstunde wie im Flug und noch immer angetan von den vielen Eindrücken und den unterschiedlichen Mit studierenden fanden sich die meisten von ihnen kurz darauf in der Mensa ein wo sich etliche Trauben bildeten und man sich bei kleineren Snacks kennen lernte.

Auch wenn dieses erste Beschnuppern nicht lange währte und sie sich kurz darauf für die Vereidigung fertig machen mussten, waren Elina und Fiona doch sehr zufrieden. Die meisten von ihnen schienen genauso wild und verrückt zu sein wie sie und Vincent hatte sogar schon einen neuen Freund gefunden welcher ebenso koch begeistert war wie er selbst und die beiden dazu veranlasste die Mädchen als Jury eines kleinen Kochduells zu verpflichten. Lachend hatten diese angenommen und als drei weitere Mitschüler sich ebenfalls dafür interessierten wurde das Ganze zu einem Picknick ausgeweitet, welches am nächsten Wochenende in einem der größeren Parks stattfinden sollte.

Nun jedoch überprüfte Elina noch einmal ihre Kleidung die sie während der anstehenden Vereidigung vor dem heiligen Buch und dem anschließenden Affinitätstest tragen würde. Noch am gestrigen Tag war sie zusammen mit Sabrina noch einmal in der Stadt gewesen um sich weitere Teile ihrer Uniform in anderen Farben zu besorgen um es nicht all zu eintönig und spießig wirken zu lassen, woran Sabrinas Vergleich mit den Klosterschülerinnen wohl nicht ganz ohne Schuld gewesen war.

Nachdem sie sich inzwischen an die fünf Mal umgezogen hatte war sie endlich zufrieden und betrachtete sich im großen Spiegel der neben ihrem Schrank stand.

Sie trug hohe Stiefel die mit einem weichen schwarzen Stoff überzogen waren, sich nach oben öffneten und dadurch etwas lockerer wirkten. Eine schwarze Lederhose schmiegte sich an ihre schlanke Figur und eine silberne Kette betonte besondere Bereiche während die Blicke gezielt gelenkt wurden. Gehalten wurde die Hose von einem Gürtel dessen Schnalle ebenfalls aus Silber war und das eingearbeitete Zeichen der Dreieinigkeit trug. Ihr Hemd hingegen bestand aus einem luftigen weißen Leinenstoff, mit einer Rüsche am Kragen und langen Ärmeln. Als Überwurf hatte sich die Novizin schlussendlich für einen Umhang entschieden, dessen Ränder mit silbernen Runen bestickt waren und über eine weitere Kette als Zierverschluss verfügte, die ebenfalls in Silber gehalten war.

Selbst ihr Haar hatte sie sich frisiert und dieses mit einigen Spangen versehen die im Licht immer mal wieder verspielt aufblitzten, während ihr Fiona ein Makeup verpasst hatte das sie sich selbst kaum wieder erkannte.

Entzückt drehte sich Elina ein paar Mal um sich selbst ehe sie ihre Freundin angrinste und sich vom Spiegel losreißen konnte.

Fiona die sich nicht minder herausgeputzt hatte, aber eher einen dunkel violetten Grundton mit goldenen Verzierungen wählte der ihre roten Haare etwas besser unterstrich, klatschte in die Hände und war genauso Aufgeregt.

Sie fühlten sich wie Prinzessinnen die gleich zum Ball aufbrechen würden und konnten es kaum erwarten dass es losging. Schließlich klopfte dann Vincent an die Tür auf den sie die ganze Zeit gewartet hatten und machten sich sogleich auf den Weg zum Treffpunkt der sich in einer gigantischen Halle unterhalb der Hörsäle befand, wo schon an die tausend Studenten in ihren Galauniformen standen und sich unterhielten.

Die Zeremonie ihrer Vereidigung fand in der Hauptkapelle der großen Kirche der Dreiheiligkeit statt, welche eines der Zentralen Gebäude der Stadt darstellte und jährlich von Millionen Menschen besucht wurde. Sie bildete das Zentrum der größten Religionsgemeinschaft auf dem Kontinent und vereinigte unter ihrem Dach nicht nur die drei Hauptreligionen sondern auch nahezu alle kleineren und war eng in die Ausbildung der Magie involviert.

Während Freunde und Familienmitglieder sich schon in die Kapelle drängten um dort auf den mehrere Stockwerke aufragenden Tribünen Platz zu nehmen, gingen ihre Dozenten noch einmal die Listen durch um sicher zu stellen das auch alle Studenten anwesend waren.

Dann wurde nach und nach jede Klasse direkt auf eine Plattform teleportiert, die in der Mitte der Kapelle schwebten und dort langsam ihre Kreise zogen, während die Priester sie ankündigten und die Namen aller Studenten vorlasen.

Anschließend hielten der Vorstand der Akademie und zwei Hohepriester scheinbar endlose Reden über die Zukunft des Landes und der Magie, von denen Elina im nach hinein kaum etwas behalten hatte und dazwischen immer wieder Lider und Gebete angestimmt wurden.

Nach gut zwei Stunden senkte sich dann endlich die erste Plattform herab um langsam zum Altar zu gleiten. Dieser Stand auf einem goldenen Podest inmitten eines Wasserbeckens, der mit weichen roten Teppichen ausgekleidet war. Um sie herum ragten die riesigen Statuen der drei Gottheiten, Innos, Adanos und Belial in die Höhe, mit ihren Linken Händen gemeinsam die Waage des Gleichgewichts haltend, während ihre Rechten auf dem Buch der Erneuerung ruhten, welches den meisten auch als der Kodex bekannt war.

Unten angekommen mussten sich die Studenten dann vor den Altar knien wo einer der Priester sie weihte und sie zusammen den Schwur und das Gelübde den Kodex zu ehren, danach zu leben und diesen zu verteidigen leisteten. Anschließend erhielt jeder von ihnen eine in Gold eingefasste Ausgabe des Buches sowie eine Brosche mit ihren Namen die offiziell ihre Ausbildung als Novizen besiegelte und sie nun als Anwärter zum Adepten auswies, ehe sie wieder auf die Plattform stiegen und nach oben schwebten.

Glücklicher Weise dauerte der Vorgang der Vereidigung bei weitem nicht so lange wie die vor ran gegangenen Reden, sodass sie zu Elinas Erleichterung schon bald alle durch waren und sich die Plattformen nach einem letzten Abschlussgebet zum Hauptgang absenkten.

Von dort strömten alle ins Freie wo riesige Banner die Treffpunkte der einzelnen Häuser markierten um sich so mit den Familienangehörigen und Freunden treffen zu können welche kurz nach ihnen die Kirche verlassen konnten. Es war ein recht emotionales Wiedersehen und wie Vincent Recht behalten sollte nutzten viele der Familien dieses um so richtig aus sich raus zu gehen indem sie so manche Überraschungen für die Novizen vorbereitet hatten.

Innig begrüßte Elina auch die Familien von Vincent und Fiona, kannten sie sich ja schon von einigen vorherigen Treffen in Fenier, ehe sie dann ihre Oma und Simur in der Menge erblickte und diese überschwänglich umarmte, während sie sich gegenseitig mit Fragen überhäuften.

Viel Zeit blieb ihnen jedoch nicht, denn schon kurz darauf fuhren die Kutschen vor um sie ab zu holen und zurück zu den Wohnhäusern zu bringen.

Dort konnten sich dann alle etwas ausruhen und an einem Buffet stärken, sich die Zimmer ihrer Lieben ansehen oder an einem kleinen Rundgang teilnehmen, ehe sich am Abend alle in der kleinen Kapelle des Hauses trafen.

Sie befand sie etwas abseits an einer der Außenmauern des Parks und der Weg dorthin war mit Fackeln und Lampions in ein sanftes Licht getaucht. Von außen wirkte die Kapelle ein wenig vernachlässigt. Sie war mit Efeu und Moos überwuchert welche aber auf eine geheimnisvolle Art ein wenig von innen heraus zu leuchten schienen. Im Gegenzug war das Innere wiederum so gepflegt, dass man meinen konnte ein anderes Gebäude betreten zu haben. Überall schwebten große Kerzen durch die Luft und auch die Wände verströmten ein eigenartiges, warmes Licht, während eine Harfe leise im Hintergrund zu hören war.

Unter Staunen und leisem Gemurmel suchten sich alle einen Platz während die Studenten die ersten beiden Reihen besetzten und zwei Messdiner einen Tisch herein trugen auf dem ein wuchtig wirkendes Artefakt stand.

Als dann alle anwesend waren und der Priester eintrat, wurde es schlagartig Still. Erneut wurde eine Messe abgehalten und Elina wünschte sich nur noch das man dieses leidige Gebete einfach überspringen konnte. Im Grunde hatte sie nichts gegen die Kirche und zuweilen besuchte sie selbst hin und wieder mal einen der Wochenend-Gottesdienste. Nur nachdem sie schon den halben Tag in der großen Kirche der Dreiheiligkeit verbracht hatten, konnte sie einfach keine weiteren Gebete und Lider mehr hören und war froh als dann endlich Professor Clement und Verwalterin Samanter nach vorne traten.

In knappen Worten fassten sie noch einmal den Zweck des Affinitätstest zusammen und betonten dabei das dieser nicht dazu diente den Studenten vorzuschreiben welchen der acht Wege der Magie sie einschlagen mussten, sondern ihnen helfen sollte eine Magieform zu wählen zu deren Eigenschaften sie eh schon eine starke Affinität hatten.

Dann wurden sie einzeln nach vorne gerufen wo sie hinter den Tisch traten und sich auf einen Stuhl setzten. Ihre Hände legten sie durch eine Öffnung im Artefakt auf einen Kristall und während der Professor vor ihnen stand und immer wieder einige der Erze justierte und prüfend seine Magie hineinfließen ließ, notierte die Verwalterin die Ergebnisse sowohl in einer Liste wie auch einem Graphen. Die Luft war erfüllt von einem Summen und roch nach heißem Kupfer, bunte Lichter flackerten auf je nachdem wie die Erzkristalle reagierten und auch das Licht der Wände schien im Takt des Artefakts mit zu pulsieren.

Es war eine wirklich ungewöhnliche Erfahrung, die aber nicht allzu lange Anhielt. Der Test war erstaunlich schnell abgeschlossen und nachdem jeder Student geprüft wurde, nahmen sie noch einmal für zwei weitere Lider Platz. In dieser Zeit stellten der Professor und die Verwalterin ihnen ihre Urkunden aus, die man jeden im Anschluss überreichte, ehe es geschlossen zum Wohntrakt zurückging.

Inzwischen war es schon fast zehn Uhr Abends und die meisten Gäste ließen sich von einer Kutsche abholen um in ihre Hotels zu fahren. Mehrmals umarmte Elina ihre Oma als sich diese auch auf den Weg machte. Zwar war sie für ihr Alter erstaunlich fit, aber der Tag und die vielen Eindrücke hatten sie doch merklich ausgelaugt. Dennoch war die Novizin froh dass sie an diesem Tag mit dabei war und so lange durchgehalten hatte. Einige Momente schaute sie ihr noch hinterher und winkte, um sich dann um zu drehen und mit Simur auf ihr Zimmer zu gehen.

Dieser brannte schon den ganzen Tag über darauf von ihrer Reise zu erfahren und als sie dann bei einer Kanne Tee auf ihrem Zimmer saßen, plauderten sie erst ein wenig über das Leben an der Akademie ehe sie auf diese zu sprechen kamen.

Ausgiebig schilderte sie ihre Eindrücke der unterschiedlichen Landstriche und der dort lebenden Menschen. Den Geschichten die sie in den einzelnen Gasthöfen und von den fahrenden Händlern gehört hatte, sowie so manch komischer Situation die sich aus diesen Begegnungen ergeben hatte.

Von Zeit zu Zeit warf auch Simur einige seiner Geschichten ein, die er seiner Zeit während seiner Fahrt erlebte oder ergänzte einige ihrer Berichte mit dem was er über die Jahre gelernt hatte.

Als sie ihm dann von Oldran und Wickert berichtete und wie diese beiden Abenteurer sie in den Pausen und Abendstunden immer mal wieder im Schwertkampf unterrichtet hatten, war der Hohe Priester ziemlich überrascht und schaute sie etwas unglaubwürdig an.

Was Elina natürlich dazu veranlasste ihren Waffengurt aus einer der Truhen hervor zu kramen und ihm eine kleine Kostprobe ihres Könnens zu demonstrieren.

„Nicht schlecht. Und ich hatte immer gedacht du würdest später mal in meine Fußstapfen treten und dir einen Namen als Magierin machen und nicht als Schwertkämpferin.“

„Schon. Aber ich wollte auch nicht ganz wehrlos auf der Reise sein. Besonders wenn ich später als Jungmagierin durch die Lande ziehe, würde ich mich einfach sicherer fühlen wenn ich mich auch auf eine etwas handfestere Art wehren könnte.“, brachte sie ihre Bedenken zum Ausdruck.

„Anfangs hatte ich auch noch über den Stabkampf nachgedacht. Aber schlussendlich erschien mir ein Schwert dann doch einfach wesentlich praktischer.

Man kann es mit einer Hand führen. Man kann es zum schneiden, hacken und hebeln verwenden. Und kann fast alles verwenden was man in der Umgebung findet. Seien es nun Schürhaken, Äste oder andere Hilfsmittel“, versuchte sie ihre Entscheidung noch zu untermauern.

„Das stimmt“, gab Simur zu. „Wenn du willst kann ich ja mal einen alten Freund von mir fragen ob du bei ihm trainieren darfst. Er arbeitet hier in Estralma in der Kaserne des „Schwarzen Ebers“ drüben im nördlichen Distrikt.“

„Hier gibt es Kasernen mitten in der Akademie?“

„Sei nicht so naive, Elina. Hier studieren etliche hundert Paladin Anwärter, tausende Soldaten und fast ebenso viele Abenteurer. Natürlich benötigen diese auch Orte wo sie ihren Beruf ausüben und trainieren können. Oder glaubst du ernsthaft die hierher entsandten Soldaten würden sich die nächsten zwei Jahre während ihrer Ausbildung auf die faule Haut legen?“

„Nein natürlich nicht“, gab sie kleinlaut zurück.

„Gut. Ich werde Adrian dann Morgen informieren, dass du kommen wirst.

Denk nur daran: Er ist ein Elitesoldat. Also benimm dich bitte in seiner Gegenwart und gib dein Bestes. Keine Feiern vor dem Training und sei p.ü.n.k.t.l.i.c.h.“

„Jaa Simur“, rollte Elina mit den Augen, kannte sie diese Vorträge doch schon in- und auswendig und konnte sie nicht mehr hören.

Eine Weile unterhielten sie sich noch über ihre Affinitätsprüfung und welche Möglichkeiten auf Grund der Ergebnisse wohl am ehesten zu ihr passen würden, sowie die Vor und Nachteile der einzelnen Schulen und deren praktischen Nutzens wenn man sie als reinen Magier nutzte ohne zusätzliche Ausbildung.

Dabei lag Elinas Hand die ganze Zeit über neben ihrem Kissen unter dem der Brief lag. Doch aus irgendeinem Grund konnte sie sich nicht dazu überwinden dieses Thema an zu sprechen, bis es zu spät war und sich Simur aufgrund der späten Stunde verabschiedete und gegangen war.

Den nächsten Tag verbrachten sie hauptsächlich damit die Stadt zu bereisen wobei Simur als ihr Führer diente und er Elina und ihre Großmutter mühelos von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten teleportierte. Die Teleporter konnten sie nicht verwenden, immerhin besaß Elina´s Oma keinen Ring und wie es bei Simur aussah wusste sie nicht zu sagen. Dennoch war er es schön noch einmal eine solch unbekümmerte Zeit mit den beiden verbracht zu haben, wusste doch niemand wie die nächsten Jahre in denen sie sich nicht mehr sehen würden ausgehen mochten.

So beschlossen sie dann den Tag mit einem Besuch im Aquarium ausklingen zu lassen, in dem sich auch eines der besten Restaurants der Stadt befand und selbst ein Glas Wasser schon ein Vermögen kostete. Eigentlich wäre es Elina lieber gewesen sie hätten woanders gegessen, aber Simur hatte darauf bestanden sie dorthin ein zu laden.

So verging auch dieser Tag und wieder hatte es Elina nicht geschafft sich Simur an zu vertrauen, war das Thema doch so heikel dass man es nicht irgendwo in der Öffentlichkeit bei einem Kaffee bereden konnte. Und als sie sich am großen Hauptplatz der Stadt verabschiedeten, da wo die kontinentalen Teleporter zu den Hauptstädten der anderen Länder standen, plagten die Novizin tiefe Gewissensbisse.

Weder wusste Elina wie Simur darauf reagiert hätte, das sie das Geheimnis über seine Vergangenheit kannte. Und schlimmer noch, er konnte sie nicht darauf vorbereiten was noch kommen mochte oder worauf sie zu achten hätte.

Er konnte zwar zuweilen recht impulsive sein, aber sein Wissen und sein Rat hatten ihr eigentlich immer auf ihrem Weg geholfen.

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Der Tempel Adanos

Zerknirscht kaute sie auf ihrer Unterlippe und schaute noch eine ganze Weile zu dem Teleporter der nach Fenier führte und vor dem sich eine lange Schlange Reisender und einiger Händler mit erlesenen Wahren, die zu kostbar waren um sie über Land zu transportieren, angestaut hatte.

So praktisch wie diese Teleporter auch waren, so teuer waren sie auch. Eine einfache Durchreise kostete fast so viel wie ein Monatsgehalt eines einfachen Arbeiters und Händler mit ihren Gespannen musste noch eine zusätzliche Gebühr entrichten die von dem Gewicht ihrer Wagen abhängig war.

Zudem wurden sie alle von der Kirche unterhalten und jeder der den angesehenen Beruf eines Portalwächters anstrebte, musste mindestens den Rang eines Erzmagiers oder Priesters innehaben und dann eine spezielle Ausbildung abschließen.

Zwar konnte jeder Magieanwender in seiner Ausbildung ab dem Rang eines Hochmagiers und dem des Erzmagiers die Teleportation in unterteilten Stufen erlernen. Doch beschränkte sich diese Fähigkeit zum einen nur auf bestimmte Gebiete, auf bestimmte Entfernungen und auch die Anzahl an Personen und des Gewichts waren stark limitiert. Während es den Portalwächtern möglich war andere Personen über scheinbar unbegrenzte Strecken zu transportieren, unabhängig davon wie stark ein Wagen auch beladen sein mochte.

Schließlich wand sich Elina ab und marschierte über den Platz. Am vorherigen Abend, als sie sich mit Simur über ihre Affinitäten und ihrer Vorstellungsrunde während der ersten Vorlesung unterhalten hatte, waren sie zu dem Entschluss gekommen das sowohl die Wasser- und Eismagie oder auch die Windmagie der wohl beste Weg für sie wären.

Und da diese beide unter der Schirmherrschaft des Adanos Ordens standen, hatte sie sich vorgenommen dessen Haupttempel zu besuchen und sich dort vor zu stellen.

Denn während die grundlegenden Aspekte der Ausbildung der Akademie unterlagen, so übernahmen die Tempel und Kirchen die spezifische Unterrichtung der einzelnen Wege.

So wurde unter anderem auch sichergestellt dass die angehenden Adepten auch wirklich nur eine Magieform erlernen konnten. Ein Umstand der Elina in ihrem Bestreben zwar äußerst störte, sie sich aber schon einen Plan überlegt hatte diesen zu umgehen.

Kurz darauf erreichte sie dann auch einen Teleporter und über ihn den Vorplatz des Tempels.

Der Tempel von Adanos wie er sich ihr nun darbot war bei weitem nicht so riesig und pompös wie die Kirche Innos, doch schmälerte dies seine beeindruckenden Atmosphäre in keinster Weise.

Er lag in einem riesigen See und die Plattform auf der sich Elina befand war gut zwanzig Meter unter der Wasseroberfläche. Ein weißer Kiesweg, gesäumt von einigen Bäumen und Bänken führte zum Vorplatz des Tempels. Kristalline Bögen aus violettem Erz spannten sich über ihre Köpfe und schienen eine magische Barriere zu bilden, während man draußen einige Fische sehen konnte die vorbei schwammen.

Langsam schlenderte Elina den Weg entlang. Der Kies knirschte unter ihren Stiefeln und während sie die Umgebung betrachtete hörte sie ein ums andere mal Vögel zwitschern, die hier irgendwo in den Bäumen hausen mussten.

Der ganze Ort strahlte eine unendliche Ruhe aus, während die Tiere im See und auf den Wiesen, sowie die Menschen die hier still umherwanderten, dennoch zeigten wie geschäftig das Leben hier war.

Der Tempel selbst lag in einer Senke und bildete eine mehrstufige Pyramide ohne Spitze, von der aus sich über die einzelne Abschnitte mehrere kleine Wasserfälle auf die nächste Ebene ergossen. Und jede Ebene war geschmückt mit den unterschiedlichen Wasser- und Uferpflanzen vom gesamten Kontinent. Mal schwimmend, mal auf kleinen Inseln angepflanzt.

Fasziniert ließ sich Elina auf eine Bank am Rand der Senke nieder und betrachtete das Schauspiel für eine Weile.

Adanos stand für das Gleichgewicht, für stetige Veränderung und den Fluss des Lebens. Und dieser Ort schien dies perfekt ein zu fangen.

Für einen Moment noch schloss sie die Augen und ließ sich zurück sinken, ehe sie mit einem leisen Seufzer aufstand und sich zur Treppe begab die nach unten führte.

Insgesamt gab es acht Treppen rings um den Tempel herum und auf den Wiesen zwischen ihnen sprudelten etliche Bäche nach unten, wobei sie zu weilen kleinere Tümpel bildeten auf denen einige Enten friedlich umher schwammen.

Kleinere Plattformen luden auch hier die Müden immer wieder dazu ein zu verweilen und sich die Umgebung an zu sehen, wo Hasen und Rehe über die Wiesen streiften und als Elina den Fuß der Treppe erreichte sah sie den Eingang. Ein Wasserfall rauschte direkt über ihn in die Tiefe, während die selben Bögen wie oben an der Plattform des Teleporters auch hier das Wasser abhielten, sodass es an deren Seiten entlang strömte und so eine Art Tunnel bildete durch den man ins Innere gelangte.

Der Gang war von schwach schimmernden, blau-violetten Erzadern erleuchtet und schien leicht bergab zu führen, während einige Wurzeln es über die Jahrhunderte geschafft hatten sich durch das Gestein zu arbeiten und die Ränder des Ganges immer mehr vereinnahmten je weiter man ihm folgte. Irgendwann bestanden dann die ganzen Wände und Decken, sowie der Großteil des Fußbodens nur noch aus dicken Wurzeln, wobei diese selbst ein gedämpftes Licht ab zu strahlen schienen, sodass man den Übergang von den Erzadern zu ihnen kaum wahrgenommen hatte. Elina war sichtlich beeindruckt und als sich dann der Ausgang abzeichnete staunte sie nicht schlecht.

Sie trat am Fuße eines riesigen Baumes aus dessen Wurzelwerk heraus und vor ihre Breitete sich ein Tal aus, das an einen Urwald erinnerte. Es war drückend schwül, über vielen Bereichen lag ein dicker Nebelschleier und die Luft war erfüllt von einem stetigen Summen, Brüllen und Gegacker der unterschiedlichsten Tierarten. Papageien flogen durch die Luft, in den Bäumen schwangen sich Affen und andere Bewohner herum und auch sonst schien hier das Leben in voller Blüte zu stehen.

Sich noch immer nach allen Seiten umsehen, folgte die Novizin den Weg der sie immer tiefer in diese fremde Welt hineinführte. Geländer und Begrenzungssteine halfen die Richtung zu halten und Schilder wiesen immer wieder darauf hin den Weg nicht zu verlassen.

Baumstämme und dicke Wurzeln waren so verflochten das sie als Brücken über Flüsse und Schluchten dienten und in regelmäßigen Abständen gab es kleine Erholungsoasen am Rande einer Lichtung innerhalb des undurchdringlichen Dschungels wo man rasten konnte. Mal waren es kleine Seen mit einem Wasserfall, mal eine Wiese mit der Novizin unbekannten Blumen und dann auch einfach mal ein Aussichtspunkt der den Blick auf diese unglaubliche Landschaft frei gab.

Nachdem Elina fast über eine Stunde gelaufen war, wurde es allmählich flacher und immer mehr Bäche vereinten sich zu anschwellenden Strömen. Die Geräusche des Urwald wurde stetig von einem tosen übertönt und als sich die Bäume dann lichteten schritt sie auf eine Felsenklippe hinaus.

Sie stand im Zentrum des Tals und das gesamte Wasser fiel hier in einem fortwährenden Donnern in die Tiefe, während eine kleine Hütte über dem Abgrund zu schweben schien.

Ein weiteres Schild wies die scheinbare Hütte als den heiligen Tempel aus und das man in ab hier nur über die Brücke aus Luft erreichen konnte. Verängstigt blickte Elina auf die hüfthohen Geländer die in einem seichten Bogen vom Rand der Klippe zum Gebäude liefen. Doch ein fester Grund war nirgends zu erkennen. Vorsichtig näherte Sie sich dem Rand und klammerte sich dort am Pfosten des Bogens, während sie einen Fuß langsam über den Abgrund schob. Erstaunlicher Weise fand er halt und die Stelle die ihr Fuß berührte färbte sich leicht milchig, wie eine Wolke.

Noch immer zitternd und unschlüssig stand sie eine ganze Weile so da, als sich ihr eine ältere Frau, gewandet in einer hellblauen Robe von der Hütte aus näherte und sie freundlich anlächelte.

Schließlich nahm Elina all ihren Mut zusammen und machte zwei Schritte hinaus ins Nichts, wobei sie sich immer noch ängstlich an das Geländer klammerte und auf ihre Füße starrte wo sich die Luft in eine milchige Masse verwandelte. Erst als nichts passierte und sie auch die nächsten Schritte überstand, begann sie sich langsam zu entkrampfen und etwas auf zu richten, bis es Meter für Meter einfacher wurde und sie sich dann ganz vom Geländer löste und sich in die Mitte der Brücke begab. Irgendwann war dann auch die Dame in der Robe auf ihrer Höhe und als sie an ihr vor rüber ging, nickte sie der Novizin aufmunternd zu und setzte wortlos ihren Weg fort.

Als Elina sich dann auch endlich dazu durchringen konnte nach unten zu schauen und nicht nur auf ihre Füße, wäre sie beinahe nach hinten umgefallen und auf den Hosenboden gelandet. Der Abgrund der sich hier auftat schien mehrere hundert Meter tief zu sein und das Wasser unten aufeinander zu zufließen und einen gigantischen, sich drehenden Ball zu formen.

Das erstaunlichste hingegen war, das je weiter sie ging und dem Haus näher kam, desto stiller wurde es wider, bis man absolut keinen Laut mehr vernahm als Elina schließlich auf der hölzernen Veranda stand. Das Haus selbst war relativ schlicht gehalten, die Baukunst und Verarbeitung hingegen unglaublich genau. Nirgends konnte man Bolzen oder Verschraubungen sehen. Alles schien fein säuberlich so zugearbeitet, dass alle Verbindungen nahtlos in einander passten und sich dort verkeilten.

Doch als Elina so vor der Tür stand wusste sie nicht so recht was sie machen sollte. Eigentlich hatte sie die Verwaltung des Ordens gesucht. Doch dieser Ort erschien ihr viel zu bedeutend und alles andere als ein öffentliches Gebäude zu sein. Ein paarmal drehte sie sich noch im Kreis und betrachtete wie sich die Hänge des Urwalds langsam in die Höhe hoben. Verfolgte den Weg den sie hinab gestiegen war, bis hinauf zu dem riesigen Baum zu dessen Fuß sie hinausgetreten war.

Und dann traf es Elina wie ein Donnerschlag.

Die Form die sie anfangs noch für ein riesiges Tal gehalten hatte entsprach genau der Form des pyramidenförmigen Tempels. Und sie stand derzeit genau auf deren Spitze. Auf dem Kopf und im Inneren.

Ein leichter Schwindel erfasste die Novizin und sie musste sich erst einmal hinsetzen ehe sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Normalerweise wäre so etwas unmöglich gewesen. Aber bei allem was sie alleine in den letzten paar Tagen hier in der Stadt erlebt hatte, konnte und wollte sie ihren Verdacht nicht leugnen. So stand sie dann nach einiger Zeit wieder auf und warf noch einmal einen Blick auf die riesige Kugel die sich tief unter ihr zu drehen schien und dann erneut zu der Tür die sich hinter ihr befand.

Noch einmal atmete sie tief durch, dann klopfte sie an und öffnete diese.

Es herrschte Dunkelheit. Doch sobald sie über die Schwelle schritt befand sie an einem Ort, der nur das Innere der Wasserkugel sein konnte.

Der Boden bestand aus großen Gesteinsquadern, der mit mehreren Teppichen in Blau und Gold ausgelegt war, dabei zu den Seiten aber nur wenige Meter reichte bis er abrupt endete und ins bodenlose Nichts führte. Mehrere Säulen strebten in regelmäßigen Abständen in die Höhe ohne dabei etwas zu halten und hinter einem Durchgang, dessen Mauer nicht höher als zwei Meter sein konnte, sah sie Reihen aus Bänken auf denen Menschen mit gesenkten Köpfen saßen, vermutlich im stillen Gebet.

Was Elina aber wirklich faszinierte war, das es bis auf diese eine Mauer vor ihr, hier keine weiteren gab. Die Plattform wies zu ihren Seiten unregelmäßige Kanten auf an denen es direkt hinaus in das wirbelnde Wasser ging, welches um sie herum wie wild kreiste und die Tür durch die sie herein gekommen war befand sich zu Füßen einer großen Adanos Statue. Es war als befände sich die Novizin im Innern eines gewaltigen Malstroms, einem Ort an dem ganze Dimensionen aufeinander trafen und verschmolzen. Die gesamte Umgebung erschien ihr so unwirklich das sie befürchtete sie würde träumen.

Langsam ging sie vorwärts und nachdem sie den Durchgang durchschritten und sich auf eine der freien Bänke gesetzt hatte konnte sie sehen wie nach einigen Minuten anhaltender Stille das flache Wasserbecken vor dem Altar zu sprudeln anfing als würde es kochen. Kurz darauf erhob sich eine Säule aus Wasser aus dem Becken und mit einem mal stand dort ein Mensch als diese zurück fiel, bei dem Elina vermutete das es sich um den Priester handelte.

Einen Moment lang geschah nichts, während alle Blicke auf die Frau unbestimmbaren Alters in ihrer blauen Robe gerichtet waren. Ihre Augen leuchteten in hellem Türkis und in der linken Hand hielt sie einen kleinen grünen Beutel. Schließlich wurde es dunkler, bis nur noch ein dämmriges Licht herrschte, das den ungeheuren Malstrom nur noch mehr zur Geltung brachte, der nun in allen möglichen Blau-Grau-Grün-Violetten Tönen um sie herum brauste, während die Plattform auf der sie sich befanden zu schrumpfen schien.

Die Frau lächelte kurz und nach einer leichten Verbeugung ihrerseits wuchsen hinter ihr mehrere Eisformationen aus dem Boden, die sich kurz darauf als Orgel entpuppten, als eine tiefe aber zugleich friedfertige Melodie aus ihnen ertönten.

Elina schaute wie gebannt zu und konnte kaum ihre Augen von der Frau abwenden. Doch als die anderen Menschen, fast alle in blaue Roben gekleidet, nach den Gesangsbüchern griffen und aufstanden, tat sie es ihnen gleich.

Ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken zu wollen versuchte sie bei einem Mönch der eine Reihe vor ihr gesessen hatte in dessen Buch zu spähen welche Seite er aufgeschlagen hatte, als sich ihres wie von Geisterhand selbst Aufschlug und eine Seite für sie wählte.

Verdutzt Blickte sich Elina um. Auf Grund dessen das die anderen ihre Bücher selbst aufgeschlagen hatten ging sie nicht davon aus das dies ein natürlicher Vorgang sei und so suchte sie nach jemanden der ihr eventuell zur Hilfe gekommen war, bis ihre Blicke wieder an der Priesterin hängen blieben die sie zu betrachten schien und wissend lächelte.

Dann begannen sie zu singen. Es waren langsame Lieder, alle in tiefen Tonlagen aber dennoch sehr freudvolle und Lebens bejahend. Es ging um den steten Wandel und auch wenn dieser manchmal langsam erschien und man meinte er würde stagnieren, der Wandel der Welt und Zeit sich dennoch nicht aufhalten ließ.

Kurz nach den ersten Liedern ertönte dann wieder eine Tonfolge und während die Mönche um sie herum anfingen ein Gebet zu sprechen, machte sich Elinas Buch erneut selbstständig und Blätterte auf die entsprechende Seite im hinteren Teil wo dieses niedergeschrieben war.

So ging es fast eine halbe Stunde lang. Sie sangen und beteten, während die Tonfolgen der Orgel ihnen als Wegweiser dienten. Einzig die Priesterin die Vorne stand, brachte keinen Laut hervor und blieb stumm auf der Oberfläche des Wasserbeckens stehen, als wäre es ein fester Untergrund.

Nach einem letzten Lied an dessen Ende es auch langsam wieder heller wurde, legten dann alle ihre Bücher zurück und es bildete sich eine kleine Schlange von jeweils zwei Personen nebeneinander im Gang die sich gemächlich in Richtung des Altars bewegte. Elina die mit zu den letzten Personen gehörte schaute gespannt zu, wie jeder so etwas wie ein Pulver aus dem kleinen Säckchen auf die Zunge gestreut bekamen, sich die Mönche dann kurz verneigten und in einem Bogen um die Bänke zum Ausgang strebten. Als sie schließlich selbst an der Reihe war, schaute sie sowohl erwartungsvoll, als auch neugierig zu der Frau auf, die aus irgendeinem Grund so wirkte als wäre sie sowohl da aber auch nicht.

Wie die anderen auch öffnete sie ihren Mund und streckte ihre Zunge ein wenig nach vorne.

Und war über alle Maße überrascht als sie ihren Mund wieder schloss und einen Schluck hervorragenden Weins im Mundraum hatte. Total verwirrt hätte sie beinahe die Verbeugung vergessen und nachdem sie diese hastig nachholte und gehen wollte, legte der Mönch der neben ihr gestanden hatte der Novizin die Hand auf die Schulter.

„Bleib doch noch kurz.“

Für einen kurzen Moment blieb sie wie angewurzelt stehen und blickte in das faltige Gesicht eines einäugigen Greises der äußerlich uralt erschien und dessen dünne Haut wie sprödes Papyrus wirkte, ehe sie einer Eingebung folgend einen Schritt zur Seite trat und sich auf die Bank in der ersten Reihe setzte. Die restlichen Anwesenden schienen keine Notiz davon genommen zu haben und schon bald waren alle anderen gegangen, sodass sie nun nur noch zu Dritt verblieben waren.

Auch der alte Mönch hatte sich für die Dauer gesetzt gehabt und als er aufstand vollführte er eine Handbewegung bei der die Orgel aus Eis sofort in sich zusammen sank und das Licht wieder so hell wurde, wie Elina es beim Betreten dieses Ortes vorgefunden hatte.

„Folge mir doch bitte“, seine Stimme klang dünn und fast wie ein Flüstern, als er auf das Wasserbecken zuging, während die merkwürdige Frau zur Seite wich.

„Du brauchst keine Angst haben. Nur die kühle Luft hier unten tut meinen Knochen nicht gut und der Rückweg ist für mich inzwischen so beschwerlich, auch wenn ich die Pracht der Gärten vermissen.“

Mit diesen Worten trat er auf die Wasserfläche, welche wie Elina nun sah höchstens einen Zentimeter tief war. Dann hob die Frau ihren rechten Arm und eine Säule aus Wasser stieg für wenige Sekunden auf, umschloss den Mönch und als sie sich wider herab senkte war nur noch der ruhig daliegende Kreis zu sehen.

Mit einer vor erstaunen hochgezogenen Braue blickte sie erst auf den Punkt wo soeben noch der alte Mann gestanden hatte und dann zur Priesterin, welche sie mit einer Handbewegung aufforderte sich ebenfalls dort hin zu stellen.

Diesmal reagierte Elina sofort, hatte sie doch alleine in den letzten zwei Stunden genügend faszinierende Dinge gesehen und erlebt, dass ein weiterer Schritt in diese Welt ihr nur noch als das Richtige erschien. Ein Zurück gab es nun nicht mehr und als das Wasser sie umschloss war es als würde sie mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch einen Tunnel gesaugt, während um sie herum alle Seen und Meere der Welt vorbeizogen.

Dann stand sie in einem baugleichen Wasserbecken, in einer Ausbuchtung am Rande einer Halle in der zwei bis drei Dutzend Leute geschäftig herum liefen. Die meisten von ihnen waren mit Akten und dampfenden Kaffeetassen bewaffnet, trugen einheitlich Halbschuhe, eine schwarze Hose und dazu ein weißes Hemd mit einer dunkelblauen Krawatte. Große Fenster halfen hier alles mit Licht zu durchfluten und nicht weit von ihr entfernt war ein großes Portal das nach draußen zu einem Vorplatz führte.

Neben ihr stand der alte Mann und als dieser ihr zulächelte und langsam in Richtung eines Zimmers ging folgte sie ihm in den leicht gewundenen Nebengang. Das Zimmer in das sie gingen war ein recht geräumiges Büro mit vorgeschobener Sitzecke bestehend aus zwei Sofas nebst Ess- und Beistelltisch, einen massiven Schreibtisch im hinteren Teil und etlichen Regalen an den Wänden die mit Akten und Büchern gefüllt waren.

Kaum hatte sie sich gesetzt, klopfte es und aus einer Nebentür trat ein junger Mann in Elinas Alter ein, der einen kleinen Wagen mit Erfrischungen zu ihnen brachte.

„Danke Sven, mal wieder genau zur rechten Zeit.“, mit einem leichten Nicken verabschiedete sich der Sekretär und nachdem sie beide einen Schluck des unglaublich erfrischenden Tees, der in einer gläsernen Karaffe gefüllt mit Elina unbekannten Blüten, getrunken hatte, schaute die Novizin ihn erwartungsvoll an.

„Willkommen im Tempel Adanos. Ich bin Ulthar, einer der fünf Ratsherren des Ordens und Vorstand der Hauptverwaltung“, mit seiner gebrechlich wirkenden Hand führte er erneut seine Tasse zum Mund und schloss kurzzeitig das ihm verbliebene Auge, während er den frischen Geschmack zu genießen schien.

„Ich schätze mal du bist eine der neuen Adepten Anwärter, gegeben deiner Novizin Kleidung und der Brosche um deinen Hals?“

„Ja“, bestätigte Elina, mit leiser Stimme.

„Ich hatte die Teleport Adresse auf meinem Infoblatt verwendet, um mich hier im Tempel über die Wege der Luft- und Wassermagie zu informieren. Konnte aber nirgends eine Verwaltung sehen, weshalb ich dann den Tempel betreten habe.“

„Na nun hast du sie ja gefunden, auch wenn es über Umwege ist“, er lachte leise.

„Du warst eben im heiligen Haupttempel, dem „Garten der Ewigkeit“, der eigentlich nur für die Mitglieder des Ordens Adanos bestimmt ist.“

Wider lachte Ulthar und winkte mit einer Handbewegung ab, als er Elinas besorgte Gesichtszüge sah.

„Mach dir nichts draus, junge Dame. An diesem Schlamassel ist die Hauptverwaltung schuld. In dem Infoschreiben diesen Jahres war ein Zahlendreher enthalten. Du bist inzwischen schon der fünfzehnte Novize innerhalb von zwei Tagen der durch die Gärten gewandert ist.

Aber erstaunlicher Weise die erste die überhaupt den Tempel erreichte, geschweige denn unsere kleine Kapelle.“, er hob eine Braue und schien sie einen Moment lang aufmerksam zu mustern, ehe er ein altes abgegriffenes Buch vom Beistelltisch nahm und sich eine Nickel umfasste Brille aus der Tasche seiner Robe aufsetzte, deren Halsband aus schwarzen Perlen auf seiner Brust baumelte.

„Dann lass uns mal sehen.“, murmelte Ulthar, während er das Buch aufschlug.

„Hast du den einen besonderen Wunsch, weshalb du hier bei uns lernen möchtest? Etwa um eine andere Ausbildung zu erweitern oder hast du einen besonderen Berufswunsch den du anstrebst?

Die meisten die sich hier einschreiben verfolgen oftmals die Wege der Heilung, ergänzen ihre Handwerksausbildung oder wollen sich auf eine entsprechende vorbereiten?“, er sah sie fragend an.

„Ähm. Eigentlich nicht in dem Sinne“, gab Elina zu und versuchte ihre Geschichte aus der Vorstellungsrunde aufrecht zu erhalten.

„Ich bin zwar bei Simur von Hohen Tannen, dem Vorstand des Rates der Landesmagier aufgewachsen. Habe aber auch stetig bei meiner Großmutter auf ihrem Hof ausgeholfen.

Und da eines der größten Ärgernisse im Jahr die Spätsommer Periode war, wenn die handgroßen Molar-Hornissen die Felder plünderten und in Schwärmen über die Hühner herfielen, hatte ich mich dazu entschlossen später einmal Land- und Dorfmagierin zu werden.

Immerhin sind die Tiere für gewöhnlich so aggressive, das man schon einen ausgebildeten Frostmagier benötigt, der sie und ihre teils mannshohen Nester mit einem Kältekegel ruhig stellt, damit man sie ungefährdet entfernen oder umsiedeln kann.

Selbes gilt auch für die Zerkus-Dachse in Harbon oder die Weniigh-Vögel der Subrah Region.

Und später dann eventuell noch eine weitere Ausbildung zum Erdmagier um bei den Problemen auf den Feldern, Brunnen und Hausbauten besser helfen zu können“, fügte sie noch mit hinzu.

„Außerdem bietet die Wassermagie mit die besten Verteidigungsmöglichkeiten, sollte ich später auf meiner Reise als Jungmagierin mal in Bedrängnis geraten.“

Ulthar strich sich sein Kinn und nickte.

„So so. Du bist also die junge Dame die bei Simur aufwuchs.

Was mich nur verwundert, ist das du nur angibst Dorfmagierin zu werden? Oder hast du etwa vor noch etwas länger durch die Welt zu reisen? Der Apfel fällt wohl wirklich nicht weit vom Stamm.“

Der alte Mann lachte und schenke ihnen noch etwas von dem erfrischenden Tee nach.

„Simur konnte damals seine Füße auch nie lange an einem Fleck behalten. Ständig reiste er durch die Lande und war selten länger als einige wenige Monate an einem Ort, wobei er etliche Botengänge für die Kirche Innos tätigte.“ Und auf den verwirrten Blick der Novizin antwortend: „Ja ich kann mich noch gut an ihn erinnern. Er war einer meiner Studenten der damals die Windmagie als zweiten Weg wählte. Ständig war er in irgendwelche Abenteuer verwickelt und hat uns Dozenten regelmäßig zur Verzweiflung getrieben, wenn er teilweise Wochen lang nicht auf zu treiben war, nur um dann halb zerschunden von seinen Kumpels aus den Labyrinthen in Solingon oder Vasketh zurück gebracht zu werden.“, etwas missbilligend schüttelte Ulthar seinen Kopf, bei den Gedanken an die alten Zeiten.

„Zwar war er ein hervorragender Schüler. Dennoch hoffe ich doch inständig, dass wir dich während eines Semesters öfters zu sehen bekommen als ihn während seiner gesamten Ausbildungszeit.“, er seufzte erneut. „Aber zumindest hast du recht was die Verteidigung angeht. Auch wenn mich diese Ansicht immer sehr betrübt, so wird die Eis Magie leider als eine der effektivsten Kampfmagien angesehen, birgt sie doch sowohl defensive wie offensive Vorteile.“, Er legte eine kleine Pause ein, in der er noch einen Schluck trank und sich eine Erdbeere aus einer gläsernen Schale nahm.

„Also können wir bei dir wohl die Eis Magie eintragen, mit Schwerpunkt auf die Kampfmagie“, wider seufzte er, zog eine Schublade am Tisch auf und holte ein Formular, Tinte und einen Federkiel hervor.

„Aber warum denn gleich Kampfmagie? Ich sagte doch das ich die Eis Magie nur ein wenig zur Verteidigung brauche, aber mein Hauptanliegen im Bereich einer Dorf- und Landmagierin liegt“, brachte Elina etwas nervös hervor, wobei sie mit ihren Händen rang und am liebsten nicht nur innerlich einen Luftsprung gemacht hätte.

„Wie gedenkst du dich denn sonst gegen die Molar-Hornissen zur Wehr zu setzen? Oder gegen die Zerkus-Dachse und die Weniigh-Vögel ?“, abermals schüttelte der alte Mann mit dem Kopf, während ein verschmitztes Lächeln auf seinen Lippen lag.

„Dafür benötigst du schon fortgeschrittene Kenntnisse des Kältekegels und der Eislanze. Immerhin willst du sie ja nicht gleich umbringen, oder liege ich da falsch?“

„Nein!“

„Na siehst du?

Also musst du lernen mit den Angriffszaubern sorgsam umgehen zu können.“, fast schon meinte Elina etwas linkisches in dem Auge des alten aufblitzen zu sehen, so als hätte er schon längst erkannt wie sehr die Novizin darauf brannte, es aber genoss sie aufgrund ihrer Aussage ein wenig zu Triezen.

„Zudem wirst du für gewisse Lernabschnitte die Stadt verlassen müssen. Der Großteil unserer Schüler die diesen Weg einschlagen sind nun mal Abenteurer und Soldaten. Und da diese realitätsnahe Übungen brauchen, werden viele der Übungen und Tests nicht hier in der Stadt stattfinden, sondern außerhalb.

Immerhin reden wir hier von sich schnell bewegenden Zielen und keinen still stehenden Attrappen, bei denen du Minuten lang Zeit haben wirst deine Zauber vor zu bereiten.

Die Verwebungen müssen dir so geläufig sein, dass du sie später jederzeit im Laufen, Ausweichen oder sonstige Unwidrigkeiten ausführen kannst.“

Nur mit äußerster Anstrengung konnte sich Elina dazu ermahnen nicht unruhig auf ihren Platz herum zu rutschen und während Ulthar das Formular ausfüllt, immer mal wieder Blinzelte und den Kopf etwas drehte um den Fokus seines einen Auges etwas aus zu richten, fragte sie sich wie ihre Zukunft wohl aussehen mochte.

Würde sie tatsächlich mit den Abenteurern durch die Lande streifen und schon bald zu den gefürchteten Kampfmagiern zählen, über die sie von den Stadtwachen in Fenier und Kieberg so viel gehört hatte?

„So das war es“, riss der Alte sie aus ihren Tagträumen und schob ihr das Pergament zu.

„Nun musst du nur noch hier unterschreiben und dann deinen Ring über dieses Siegel hier halten.“

Mit leicht zittriger Hand setzte sie ihre Unterschrift und als sie ihren Ring über das Siegel hielt, flammte dieses kurzzeitig auf, fraß sich in das dicke Papier und blieb dort bewegungslos verharren, wobei es wie poliertes Erz aussah und im Licht funkelte.

„Gut. Wenn du denn gleich ausgetrunken hast, werde ich dich noch zum Haus der Lilie begleiten, wo deine Ausbildung stattfinden wird.“, fuhr Ulthar fort. Erhob sich unter leichtem ächzen und brachte das Dokument zu seinem Schreibtisch, wo er es mit einem Stempel versah und in einen Ordner abheftete.

Als sie dann das Büro verließen und durch die große Halle der Verwaltung dem Ausgang entgegenstrebten, wies der Ratsherr im Vorbeigehen auf das Wasserbecken, über welches sie an diesen Ort gelangt waren.

„Dies sind im Übrigen ganz besondere Teleporter, welche einzig von Mitgliedern unseres Ordens verwendet werden können. Solltest du lange genug bei uns bleiben und dich als nützlich erweisen, wirst du sie später auch nutzen können.

Ihr besonderer Vorteil ist, dass man selbst schon mit dem ersten Grad der Teleportation immense Strecken zurücklegen kann und fast alle Ordenshäuser miteinander verbunden sind.“

Für einen kurzen Moment zögerte Elina und betrachtete das flache Wasserbecken, ehe sie eilig wieder zu Ulthar aufschloss.

„Es kam mir vor als würden wir alle Flüsse, Seen und Meere der Welt durchqueren.“

Der Ratsherr lachte. „Eine unbeschreibliche Erfahrung, nicht wahr?“, und man konnte einen Hauch Stolz darin erkennen. „Aber ja. Diese Teleporter nutzen den natürlichen Fluss der Gewässer um einen innerhalb kürzester Zeit zu transportieren und zu beschleunigen. Solltest du irgendwann einmal den achten Grad erreichen, werde ich dir mit Freude erklären wie sie funktionieren.“

Schließlich erreichten sie das Eingangsportal der Verwaltung und vor ihnen breitete sich eine Fläche aus welche Elina, angesichts der sonstigen riesigen Dimensionen in dieser Stadt, Anfangs für einen Hinterhof hielt.

Er reichte an die zwanzig Meter weit, ehe er von einem der breiten Kanäle der Stadt abgeschnitten wurde. Links stand ein weiteres Gebäude welches unter einer dicken Schicht aus Weinreben halb verborgen lag und zur Rechten erhob sich eine der breiten Brücken, die sich in einem seichten Bogen über den Kanal spannte.

In der Mitte stand ein kleiner Springbrunnen und zwei Mitarbeiter waren damit beschäftigt das Unkraut aus den Fugen zu kratzen.

Gemächlich schritt Ulthar über die Fläche und hielt auf einen kleinen Landesteg zu.

„Komm schon. Es sind nur zwei Minuten mit dem Boot. Da brauchen wir keine Teleporter nutzen.“

Die ersten Schritte

Er sollte Recht behalten.

Noch ehe sie sich versah und sich die ehemalige Novizin richtig an das kleine Gefährt gewöhnt hatte, das an einigen malerischen Häusern Stromabwärts getrieben war, hatten sie auch schon auf einen weiteren Steg zugehalten.

Danach hatten sie eine seicht ansteigende Wiese überquert, waren durch ein eisernes Tor in einer gut drei Meter hohen Rosenhecke getreten und hatten sich auf einem Gelände befunden, welches die Adeptin unter anderen Umständen eher als einen Herrschaftsgut beschrieben hätte.

Vorne an befanden sich mehrere Gärten die abwechselnd aus hübschen Blumen, Sträuchern und dann wieder aus Nutzpflanzen wie Gurken, Tomaten, Erdbeeren und Rhabarber bestanden.

Das Haus selbst hatte einen kleinen Vorbau mit einer Terrasse, der von zwei weißen Säulen gestützt wurde. Die Wände waren in einem hellen Ocker gehalten und alles wirkte sauber und gepflegt.

In der Haupthalle lagen dicke Teppiche in Gelb und Orange Tönen auf weißen Fliesen und während der untere Teil der Wände mit dem gleichen dunklem Nussholz verkleidet war, aus dem auch die Türen bestanden, so wirkte dennoch alles hell und freundlich, was wohl auch an der Orange-Rose gehaltenen Wandfarbe liegen mochte, an der verstreut einige Landschaftsbilder in dicken goldenen Rahmen hingen und faustgroße Lapislazuli-Steine ein unbekanntes Muster bildeten.

„Lass dich nicht zu irgendwelchen Träumen hinreißen“, lachte Ulthar und schritt auf eine Tür an der rechten Seite zu, wo auch die Treppe begann und in einem Bogen zur nächsten Etage führte.

„So hübsch es hier auch ist, so sehr wirst du hier auch das wahre Grauen der Magie am eigenem Leibe erfahren“, prophezeite er, womit er zu Elinas späteren Leid auch Recht behalten sollte.

Nun jedoch wurde sie erst einmal durch einige Flure in ein Zimmer im hinteren Teil des Hauses geführt, in welchem schon sieben weitere Personen an Tischen saßen und nur kurz aufblickten, ehe sie sich wieder in ihre Bücher vertieften und emsig Notizen auf ein Stück Pergament kritzelten.

Zur Linken und somit halb hinter dem alten Ratsherren verborgen, saß eine weitere Person auf einer Kommode an der Wand durch die sie gerade gekommen waren, die Beine überschlagen und eine Tasse mit einer dampfenden Flüssigkeit in den filigranen Händen.

Sie hatte ein ungewöhnlich hübsches Gesicht, mit einer Stupsnase auf der eine dünne Brille ruhte, einige Sommersprossen und Elina schätzte sie auf etwa Ende dreißig. Das zweite was ihr auffiel waren die fast schon an eine Mähne ähnelnden wallenden blonden Haare, die unter einem dunkelblauen, spitz zulaufenden Hut hervorquollen, welcher sie ein wenig an den einer Hexe erinnerte und ihr fast ein schmunzeln ins Gesicht trieb.

Doch dann sah sie die … Ohren ?!?

Denn da wo diese hätten sein sollen waren sie nicht. Stattdessen entsprangen ihrem Kopf ein gutes Stück weiter oben welche, die aussahen, als stammten diese von einer Katze und zuckten leicht als irgendwo einer der Federkiele in einem misstönenden Laut schärfer über das Papier kratzte.

Zwar hatte Elina schon einmal von den Demis gehört, die angeblich in den großen Kriegen vor über tausend Jahren gezüchtet worden waren. Hatte dies aber bisher stets nur als spinöses Seemannsgarn gehalten, von Leuten die ernsthafte Probleme mit sich selbst hatten.

„Hallo Laura“, unterstrich Ulthar mit einer leichten Verbeugung des Kopfes die Begrüßung.

„Ich habe hier noch eine weitere vielversprechende junge Dame, die naive genug war sich für deine Ausbildung zu interessieren.“, und Elina konnte fast schon das belustigte Grinsen durch den Hinterkopf des Einäugigen, alten Mannes sehen.

Doch die Ausbilderin hob nur kurz ihren rechten Zeigefinger, so als würde sie sich gerade auf etwas konzentrieren und rief dann in einem ruhigen, aber bestimmten Tonfall: „Carris. Das ist der Schlüsselknoten für Regenwasser, nicht der für Tautropfen. Noch mal von vorne !“

Ein Stöhnen ging von einem der Studenten am hinteren Fenster aus als dieser gequält den Blick hob und dann seinen Kopf mit einem leisen „Wums“ auf den Tisch fallen ließ.

„Ich sehe, du bist so schonungslos wie immer“, kommentierte der Ratsherr die Szene und winkte Elina hinter sich her, als Laura geschmeidig ihren Sitzplatz verließ und in ein Nebenzimmer ging.

Es war ein einschneidendes Erlebnis und ein Tag den Elina niemals vergessen würde.

Weniger, weil es das erste mal war, das sie einer Demi begegnete oder gar weil sie von heute ab an ernsthaft mit dem Studium der Magie begonnen hatte.

Sondern für die junge Adeptin war dies der Tag an dem all ihre Träume, Hoffnungen und Pläne die sie zusammen mit ihren Freunden über so viele Monate hinweg geschmiedet hatte, unbarmherzig zerschmettert wurden.

Nach einer kurzen Vorstellung mit ihrer Ausbilderin hatte sie dieser alles erzählen müssen, was sie bisher über das erschaffen von Wasser gelernt hatte. Wie man den Zauber anwendete, was es zu berücksichtigen galt und selbiges für alle Eiszauber die sie bisher kannte.

Gemeinsam, mit Ulthar hatten sie an einem kleinen Tisch mit zwei Karaffen voll Wasser gesessen und während Elina so viel und ausführlich wie sie nur konnte versuchte alles Nötige zu erklären und unter anderem auch ihr persönliches Kunststück, ihr Weingleis aus Eis vorführte, hatte Laura den Großteil der Zeit missmutig auf ihrer Lippe gekaut und verdrossen aus dem Fenster geblickt.

Schließlich unterbrach sie die Adeptin mit einer Handbewegung, atmete resigniert tief durch und schaute sie unverwandt aus ihren tiefblauen Augen an.

„Na schön meine kleine Raupe. Wie ich sehe hat man euch bisher, abgesehen von billigen Partytricks, nicht das Geringste über Magie beigebracht.“

Noch während Elina ihre Ausbilderin verwirrt und erstaunt anstarrte, hatte diese ein in dickes Leder eingebundenes Buch hervorgeholt und ließ es krachend auf den Tisch fallen.

„Dies“, deutete Laura mit dem Finger auf den fleckigen Einband der nun vor ihr lag, „wird von Heute ab an alles sein, woran du noch denken wirst.“

Mit ihrem Ring fuhr sie über einen kleinen Edelstein, welcher sich in der Mitte befand, worauf hin sich die Klammern öffneten, welche das Buch fest verschlossen hatten.

Mit einer entschlossenen Bewegung schlug sie dieses dann auch auf und Blätterte zu einer der ersten Seiten, nutzte ihren Finger als Lesezeichen und schlug dann zu einem Kapitel etwa zweihundert Seiten weiter.

„Dies sind die Grundvoraussetzungen. Es sind die Tabellen, Schlüsselknoten und Verwebungen für das Erschaffen von Wasser und Eis.“

Und mit einem scharfen Blick fügte sie hinzu: „Du bist nun eine Adeptin. Ich weiß ja nicht was sie Euch überhaupt in euren Akademien beigebracht haben. Aber bis Morgen wirst du mir von den ersten drei Grundzaubern zum Erschaffen von Wasser alle Regel- und Sonderfälle in schriftlicher Form und zwanzigfacher Ausführung bringen!“

Und damit hatte dann auch Elinas Tortur begonnen.

Dachte sie damals noch in Fenier, die Anzahl an möglichen Verwebungen und den dazugehörigen Schlüsselknoten zu den Grundzaubern wäre enorm gewesen, so hatte sie sich geirrt.

Zwei Jahre hatte sie dort mit dem Studium der Magie verbracht und als Kind hunderte, wenn nicht sogar tausende Stunden bei Simur in der Bibliothek verbracht, wo er ausschweifende Monologe über die Theorien der magischen Künste ersann.

Nur das Buch was sie nun vor sich liegen hatte, jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

Kannte sie bisher gerade einmal drei Schlüsselknoten für das erschaffen von Wasser, waren hier gut an die fünfzig aufgeführt.

Hinzu kamen seitenlange Tabellen in fast schon mikroskopisch klein zu nennender Schrift, die vorgaben Wann unter welchen Bedingungen, mit welchen Verwebungen, in welcher Flussgeschwindigkeit und welcher Stärke die magischen Kräfte für eine bestimmte Art von Wasser und Eis bei nur einem dieser Schlüsselknoten anzuwenden wären.

Und es wurden täglich mehr.

Hatte sie am ersten Tag noch nur die ersten drei Zauber in zwanzigfacher Ausführung abgeben müssen, so kam nun Tag für Tag ein weiterer hinzu, während sie die vorhergehenden zwar nur noch in fünffacher Ausführung abgeben musste.

Aber täglich gab es schriftliche Tests.

Und täglich wiederholte sich das emsige Schreiben, aller Grundzauber, mit all ihren Regel- und Sonderfällen.

Schon am vierten Tag hatte Elina keine Zeit mehr gefunden, sich überhaupt noch mit Vincent und Fiona zu treffen.

Die Ausbildungsstunden zogen sich zäh wie Teer dahin.

Machte man einen Fehler, begann man von vorne, wodurch sich der Tag oftmals bis zum Abend hin zog.

Dann begannen die Heimarbeiten, welche erneut aus den endlos erscheinenden Abschriften bestanden.

So vergangen die ersten zwei Wochen.

Am Anfang der dritten, wurde Elina dann mit zwei weiteren hinter das Anwesen geführt, wo sich ein gigantischer Parcours befand.

Für jede Station gab es eine Zeitvorgabe die Hindernisse zu überwältigen, während Laura und ein paar dutzend weiterer Ausbilder ihnen und etlichen anderen die hier schon länger zu trainieren schienen, Fragen und Aufgaben stellten.

Konnte man diese nicht lösen oder benötigte zu viel Zeit, wurde man zurück zum Anfang geschickt.

Elina hätte sich nie als wirklich unsportlich beschrieben. Doch schon nach den ersten vier Stunden war sie dem Ende nahe gewesen.

Unermüdlich wurde sie weiter gejagt und an jeder Station nach den Grundzaubern abgefragt. Jeden Abend kam ein neuer hinzu und inzwischen war sie schon bei über hundert fünfundfünfzig Seiten, welche sie täglich vorlegen musste.

Kaum hatte sie die Strapazen des Parcours hinter sich gelassen, saß sie auch schon wieder in ihrem Zimmer und schrieb mit zittrigen Fingern und schmerzendem Handgelenk Seite für Seite, Grundzauber für Grundzauber, Tag für Tag immer wieder alles nieder, in einer nie endend wollenden Reihenfolge.

Irgendwann, Elina hatte schon aufgehört die Tage zu zählen und wusste selbst nicht einmal mehr welcher überhaupt der heutige war, hatte sie zwar den letzten der Grundzauber erreicht, sodass sich der Aufwand nicht mehr erhöhte.

Aber es änderte sich vorerst nichts am Tagesablauf. Zumindest für die nächsten … waren es zwei Wochen? Waren es vier gewesen?

Elina wusste es ehrlich nicht zu beantworten.

Doch dann kam der Tag, an dem sie keine Abschriften mehr über die Grundzauber abgeben brauchte. Stattdessen begannen sie nun mit den ersten Abschriften über den Eispfeil, welcher die Grundlage für die spätere Eislanze bilden sollte.

Zwar rannte Elina immer noch täglich über den Parcours und wurde auch weiterhin nach den Grundzaubern abgefragt.

Doch nun hatte sie das erste mal das Gefühl, als würde sie sich auch vorwärts bewegen. Als würde das Ganze einen Sinn ergeben.

Und auch wenn die Adeptin es niemals offen zugegeben hätte, so wusste Elina doch wozu das ganze bisher gedient hatte. Insbesondere, da nun jede weitere Abfolge des Eispfeils nur noch Erweiterungen der bisherig bekannten Grundzauber waren.

Hatte sie bis dahin versucht eine Magie zu wirken, so hatte sie es getan, da sie gelernt hatte welche Art der Verwebung und welchen Schlüssel es benötigte.

Doch nun, da sie so emsig und ewig wieder alle Faktoren hatte runter zitieren müssen, wusste sie auch warum. Welche Faktoren ihre Zauber beeinflussten und wie man diese geschickt einsetzen konnte.

Darüber hinaus gab es in den ganzen Sonderfällen unzählige Abkürzungen, mit denen man nahezu die gleichen Ergebnisse erzielen konnte. Diese Zauber aber nur einen Bruchteil der Zeit und Vorbereitung in Anspruch nahmen.

Diesen kleinen Hoffnungsschimmer vor sich sehend stürzte sich die Adeptin erneut auf die vor sich liegende Aufgabe. Wobei sie die wenigen Tage, an denen sie kaum etwas schreiben brauchte dahingehend genossen hatte, dass sie das erste mal seit langer Zeit wieder etwas ausschlief, sich ein längeres Bad gönnte und sogar an drei oder vier Abenden erneut in das kleine Büchlein von Simur reinschaute, welches im Vergleich zu ihrem im Studium genutzten wie eine Taschenbuch Ausgabe wirkte.

Dennoch war sie froh, dass sie selbst all ihre neuen Erkenntnisse hier einbringen konnte und einige Aspekte welche sie bisher noch nicht verstanden hatten, schienen nun wesentlich klarer zu werden.

Doch diese Zeit währte nicht lange, als sich das Pensum an schriftlichen Aufgaben wieder erhöhte und Laura und ihre Mitarbeiter den Druck unnachgiebig ausbauten.

Ein Vorfall mit Folgen

Inzwischen waren fast sechs Monate vergangen und Elina wunderte sich ernsthaft wo die Zeit abgeblieben war. Genüsslich sog sie an ihrer Nyyrbaum-Pfeife und stieß den Rauch unter einem wohligen Seufzer wieder aus, als Sabrina genau die Stelle aus massierte, welche ihr schon die ganzen letzten Tage zu schaffen gemacht hatte.

Gemeinsam saßen sie in ihrer alten Gruppe bei Fiona auf dem Balkon und ließen sich ausgiebig über die Schikanen ihrer Ausbilder und deren Methoden aus.

Hatte Elina anfangs noch gedacht, sie wäre die einzige gewesen, welche eine harte Zeit zu haben schien stellte sich inzwischen heraus das es den anderen nicht so viel besser ergangen war, was sie immer hin ein klein wenig tröstete.

Angeblich, so hatte Rhogar von einem angehenden Jungmagier erfahren, diente dies alles dazu um bei den Adepten ein Fundament der Lernbereitschaft zu schaffen und ihnen die nötigen Mittel an die Hand zu geben, den Stoff der nun auf sie alle zukommen würde besser auf nehmen zu können.

Trotz dessen blieben immer noch Fragen offen.

Eine davon, welche die Restlichen aus der Gruppe beschäftigte war, weshalb Elina in ihrer Ausbildung von den meisten Fächern wie Sport und allgemeiner Magiekunde ausgeschlossen war.

Aber nachdem sie ihnen, soweit sie es durfte und möglich war, von Lauras Lernmethoden erzählte, schüttelten sich eh die meisten und kamen unausgesprochen über ein, dahingehend nicht weiter nach zu bohren.

Und ein wenig war Elina schon stolz darauf.

In den letzten vier bis sechs Wochen hatte sie sich selbst immer wieder dabei ertappt, wie sie sich nackt vorm Spiegel betrachtet hatte.

Der tägliche Parcours hatte deutliche Spuren hinterlassen. Zwar hatte sie noch nie viel Farbe angenommen. Und nach zwei heftigen Sonnenbränden, der ihr die Haut abgeschält hatte war sie wieder weiß wie eine Adlige gewesen. Aber inzwischen besaß sie eine deutlich sichtbare, gesunde Bräunung, ihre Haare leuchteten im hellen Gold …. und sie war durchtrainiert.

Zum Glück wie sie fand, hatten sich zwar keine gigantischen Muskelberge gebildet. Aber dennoch. Der Bauch zeichnete leichte Konturen der Muskeln ab. Die Waden, der Po und die Arme waren straff.

Und sie hatte inzwischen eine ungeheure Kondition erlangt.

Kurzum. Dieses kleine diebische Monster Namens Stolz stichelte von allen Seiten.

„Sach mal Elina…“

„Mal“, warf diese ein.

Doch Nancy reagierte gar nicht auf diesen Einwurf und fuhr unbeirrt fort ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen: „Du hast doch auch ab Übermorgen drei Wochen frei oder?“

„Im Grunde könntest du sogar schon von Morgen sprechen“, lachte die Adeptin. „Sobald ich meinen Parcours hinter mir habe ist für mich Schluss. Das schriftliche werde ich irgendwann innerhalb der drei Wochen erledigen und mich ab Morgen Mittag erst einmal mit einem Eis in den Park setzen und das tuen, was man als guter Student eigentlich tuen sollte.“

„Sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen und den Kerlen auf den Hintern schauen?“, fragte Fiona frech und ließ ein paar mal ihre Augenbrauen in schneller Folge hochschnellen.

„So ungefähr.“, bestätigte Elina und lachte.

„Weshalb fragst du Nancy?“

„Ganz einfach“, schaute diese sie ganz erstaunt an. „Warst du seit dem wir hier her kamen überhaupt noch einmal mit einem von uns wirklich unterwegs gewesen? Und ich meine nun nicht nur mal abends drüben bei Chen im Restaurant eine Schüssel Nudeln essen oder zwei Gläser Bier trinken.

Hast du überhaupt etwas gemacht außer zu lernen?“

Elina verzog das Gesicht und verneinte, während sich zwei Arme von Hinten um ihren Hals schlangen, Sabrinas Gesicht neben dem ihren auftauchte und diese ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange gab.

„Tja … Lin war halt schon immer unsere kleine Streberin, nicht war Prinzessin“, wand sie sich an Fiona, die gerade dabei war Vincent und sich selbst nach zu schenken.

„Nicht nur das“, lachte sie heiter auf. „Allen voran war Linchen auch die einzige von uns, die sich durch das alte Abflussrohr hinter der Schmiede traute um uns wieder rein zu lassen, wenn einer das Tor verschlossen hatte.

Schaudernd schlang Sabrina ihre Arme noch fester um die Adeptin.

„Ich kann immer noch nicht verstehen, wie du dich durch dieses Rattennest durch trauen konntest.“

„Dann ist es also beschlossene Sache!“, kommentierte Vincent die Situation.

Beinahe hätte Elina ihr Ziel erreicht gehabt. Beflügelt von der Vorstellung sich am Abend mit ihren Freunden und einigen ihrer neuen Bekanntschaften zu treffen und das erste mal seit einem halben Jahr wieder richtig etwas zu unternehmen, war sie so schnell sie konnte durch den Parcours gerannt.

Zwar mussten sie mittlerweile jeden Zauber nur noch in einer Ausfertigung pro Tag einreichen, dafür aber hatte sich der Parcours verschärft. Zusätzlich standen nun überall kleine Zielscheiben, um auch praktische Erfahrung zu gewinnen, welche sie gezielt zwischen ihren Übungen und Fragen auf Befehl hin angreifen mussten. Zudem trugen sie nun alle Manschetten welche ihnen zuweilen einen schwachen Stromstoß versetzten, wenn sie einen Zauber ausführen sollten oder aber einer der Ausbilder versuchte sie mit einem Windstoß um zu schubsen, um so ihre Konzentration zu stören.

Dennoch. Elina war in Bestform gewesen und hätte an diesem Tag vermutlich auch einen neuen Gruppenrekord aufgestellt. Wenn da nicht Laura gewesen wäre.

Vor der Adeptin lagen nur noch zwei weitere Hindernisse und sie war gerade dabei gewesen ein weitmaschiges Netz zu erklimmen und hatte alle Zauber der letzten sechs Monate auf ihrer Zunge…

Als ihre Ausbilderin sie unvermittelt nach einer schnellen Blitzverwebung mit einem Lichtschlüssel fragte.

Völlig perplex hatte sie in den Seilen gehangen und ihre Ausbilderin ganze fünf Sekunden entgeistert angestarrt, als es dann hieß: „Zurück zum Anfang!“

Schlussendlich hatte sie dieser Vorfall so sehr aus der Bahn geworfen, das sie noch zwei weitere mal von vorne anfangen durfte. Und als Elina endlich zu Hause ankam und in die Badewanne stieg, neigte sich der Nachmittag schon stark in den frühen Abend hinein.

Grimmig verfluchte sie Laura. Monate lang ging es einzig und alleine um Wasser und Eis Zauber. Mit keiner Silbe wurde irgendetwas anderes erwähnt… und dann so etwas.

Langsam sank sie tiefer und ließ aus ihrem Mund dicke Blasen an die Wasseroberfläche blubbern, während sie sich zum Teil selbst eine Närrin schollt.

Immerhin war sie es gewesen, die sich vorgenommen hatte, alle Magieformen zumindest ansatzweise zu erkunden. Und hatte sie auch nur irgendetwas in dieser Richtung unternommen?

Immerhin hielt ihr Ärger nicht lange an und als dann auch noch Fiona, Sabrina und Vincent ihre Räume in Beschlag nahmen, ehe sie aus dem Wasser raus war, war dieser eh wie weggeblasen und vergessen.

Zwar hatten sie zu Vincents Verdruss noch fast eine halbe Stunde benötigt um eine passende Kleiderkombination zu finden, welche die drei Mädchen einstimmig absegneten, aber schon kurz darauf waren sie unterwegs gewesen und Elina ließ sich von den Anderen durch das Nachtleben von Estralma führen, welches sie bisher noch nie richtig kennen gelernt hatte.

Mit weit aufgerissenen Augen sah sie sich um und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie kannte Städte und auch teils welche in denen es eigene Straßen oder gar kleinere Stadtteile voller Wirtshäuser, Tanzlokalen und andere Dinge gab. Auch hatten sie schon am ersten Tag hier in Estralma die ganzen magischen Artefakte bewundert welche überall mal eingesetzt wurden.

Aber auf das was sie nun sah, war sie definitive nicht vorbereitet gewesen.

Für sie war es schon eine Art kleines Wunder gewesen, das in allen Straßen der Stadt magische Lampen standen, welche Abends zeitgleich angingen, ohne das ein Reiter diese einzeln entzünden oder einen Spruch auf sie wirken musste. Und hatte dahingehend sogar schon mehrfach Laura gelöchert, sie möge ihr zumindest einen Hinweis darauf geben wie dies funktionierte.

Aber hier ?

Die Straßen waren fast Tag hell erleuchtet. Überall waren Licht- und Illusionszauber am Werke, welche die Passanten auf besondere Angebote, Spezialitäten und andere Dinge hinwiesen.

Teilweise schmückten Haus hohe sich bewegende Figuren und Waren die Straßen um die Leute schon von weitem an zu locken und ihnen den Weg zu weisen. Die Straßen waren überfüllt mit Leuten und selbst ihre Freunde konnten ihr nicht sagen wie groß dieser Bezirk in Wirklichkeit war.

Dankbar diesen vielen Reizen entfliehen zu können die sie überfluteten, drängte sich Elina schließlich durch den Eingang in eine der Tavernen, zu der sie Sabrina geführt hatte.

Innen war es relative schummrig und an den Wänden liefen Rinnen mit brennendem Öl entlang. Dazu hingen überall große Laternen und von dem tosenden Lärm der Leute auf der Straße war hier nahezu nichts zu hören. Was Elina auf einen weiteren Zauber zurückführte, der hier aktive sein musste.

Erleichtert atmete sie auf und folgte dann Vincent, der auf einen der Tische weiter hinten deutete.

Erst als sie fast dort angekommen waren, erkannte sie Nancy und Rhogar, die zusammen mit vier anderen schon in einer kleinen Ecke saßen und sich unterhielten.

Es stelle sich heraus, dass sie sich alle in einer der Vorlesungen der allgemeinen Magiekunde kennen gelernt hatten. Natürlich einem der Fächer, aus denen Elina selbst heraus gestrichen war. Da, wie sie von Hoglar einem ihrer Senioren im Rang eines Hochmagiers erfahren hatte, sie während ihrer Ausbildung zum Kampfmagier wesentlich tiefgreifender in die Materie eindrangen, als wie sie es in den Vorlesungen zur allgemeinen Magiekunde taten.

Dennoch schmerzte es die Adeptin. Sie war auch so schon nahezu die gesamte Zeit ihrer Ausbildung von ihren Freunden isoliert. Und ein Großteil der wenigen Fächer die man hätte zusammen belegen können, waren ihr nun auch noch aufgrund ihrer Ausrichtung ebenfalls versperrt.

Immerhin gefielen ihr die Leute auf Anhieb. Sie passten einfach dazu und schon kurze Zeit später war die gesamte Truppe in einer Hochstimmung, die sie an so viele Abende in Fenier mit einigen ihrer besten Freunde von dort erinnerte. Jene Abende an denen man so viel Lachte, das man sich nur wünschte der Morgen würde niemals kommen.

Mehrmals zogen sie noch weiter von einer Taverne zur nächsten. Teils weil sie Elina ein wenig herum führen wollten. Teils weil sie unterwegs noch andere Leute trafen die sie kannten und die sie darauf aufmerksam machten dass sie schon andere Freunde und Bekannte andernorts getroffen hatten, welche man ebenfalls begrüßen wollte.

So verstrich dann auch langsam die Zeit. Sie plauderten ausgelassen, tanzten und lachten.

Doch als Elina schließlich vom Abort eines kleinen Lokals in einer Seitenstraße zurück an den Tisch kehrte, schien etwas in der Luft zu liegen.

Die gute Stimmung der Runde hatte sich verflüchtigt. Statt dessen schien es so als hätte Prisan, ein Freund von Rhogar, ein Wortgefecht mit einem, der Kleidung nach zu urteilen, Jungmagier und dessen Gefolgschaft.

„Was ist denn hier los? Wer sind denn diese Einfaltspinsel?“, fragte die Adeptin an Nancy gewandt, als sie sich wieder setzte.

Doch ehe diese darauf etwas antworten konnte hämmerte jemand seine flache Hand vor ihnen auf den Tisch und ergriff mit der Anderen die von Elina.

Es war ein pockennarbiger, korpulenter Kerl, der Elinas Einschätzung nach versuchte einem Stück Brot Konkurrenz in Punkto Intelligenz zu machen ; und sich entsprechend viel eher darauf besann Probleme mit seiner Fülle und seinen Muskeln zu begegnen. Die fast schon leuchtende rote Robe mit der goldenen Kordel und den Stickereien wirkten lachhaft übertrieben und sein Atem stank fürchterlich.

Angewidert riss sie sich los, verpasst ihm einen Faustschlag mitten ins Gesicht und beobachte selbstgefällig wie der Fett.kloß drei Schritte nach hinten strauchelte, über einen Blumenkübel stolperte und im Fall den Kerl mit zu Boden riss, der schon die ganze Zeit damit beschäftigt gewesen war auf Prisan ein zu reden und diesem stetig seinen Zeigefinger vor die Brust stieß.

„Was fällt dir ein. Wir sind vom Orden des Rubins du billiges Flitchen !“, mühsam rappelte sich der Anführer auf und versuchte sein Bein unter dem Gewicht seines Gefolgsmanns hervor zu ziehen, der sich jammernd die Nase hielt.

„Also wer sind diese Idioten?“, wollte sich Elina gerade erneut an Nancy wenden, als der Kerl mit einem Humpen vor ihnen stand und dessen Inhalt in Richtung von Elinas Gesicht schleuderte.

„Ich habe dich gefragt was du glaubst wer du bist, du Mists.tück. Welchem Ordenshaus gehörst du …“, die Augen des jungen Mannes weiteten sich und langsam wanderte sein Blick zur linken Schulter, die auch seine rechte Hand zu erreichen versuchte.

Ehe es Elina selbst begriffen hatte was sie tat, hatte sie das Bier im Flug abgefangen, in einen Eispfeil verwandelt und es dem Brüllaffen tief in die Schulter gerammt.

„Sie …Sie… Sie hat hat jemanden mit Magie angegriffen!“, stammelte jemand.

Selbst noch unter Schock stehend erhob sich Elina, wobei sie sich am Tisch fest krallte.

„Du willst also wissen in welchem Ordenshaus ich bin? Na schön. Ich gehöre zum Orden der weißen Lilie!“, zischte sie aufgebracht.

„Und nun? Willst du etwa ein Beschwerdebrief verfassen? Oder was haben Du und deine Gruppe an Gehirn losen Speichelleckern sonst vor?“

Panisch sprangen zwei weitere Leute in den roten Roben herbei, packten ihren Freund und versuchten ihn weg zu zerren, während ein dritter dem Fett.kloß aufhalf.

„Vergiss es, Malarg !“,in dessen Augen ein gefährliches Feuer aus Demütigung, Abscheu und Hass loderten. „Die gehört zum Assassinen-Orden! Die bringt uns alle um!“

Wenig später, als es sich um sie herum wieder etwas beruhigte, zitterte Elina immer noch am ganzen Körper.

„Schei.ße!“, schluchzte sie, als Sabrina einen Arm um sie legte und die Adeptin zu sich zog.

„Mach dir keine Sorgen Lin. Jeder hier kann bestätigen das es Notwehr war.“

„Ähm…Linchen.“, wagte Fiona einen kleinen Vorstoß und Rückten ihren Stuhl etwas näher. „Was genau hatten die eigentlich gemeint, als sie sagten du seist eine Assassine?“

Die Adeptin seufzte und nahm dankbar einen tiefen Zug von einem Getränk das Vincent gerade gebracht hatte und spürte wie nicht nur ihre Freunde, sondern auch ihre neuen Bekannten sie interessiert anstarrten und ihre Köpfe vorschoben.

„Na schön ….“, begann sie.

„Assassine ist dahingehend zwar viel zu weit hergeholt… Aber ja. Irgendwie bin ich bei den Kampfmagiern gelandet.“

„Du bist was?“, schrien Fiona und Sabrina im Chor, das Elina glaubte ihr Trommelfell würde platzen. „Bist du noch bei Sinnen?“

Fast eine Stunde hatte sie die Umstände erklären müssen, wie sie dorthin gelangt war. Darüber wie sie Ulthar begegnete. Dass er Simur schon aus dessen Ausbildungstagen kannte und dass sie anfangs so aufgeregt war, dass sie sämtliche Konsequenzen nicht bedacht hatte.

Leise pfeifend nickte Sabrina. „Na immerhin wirst du während deiner Reise als Jungmagier in keinerlei Schwierigkeiten geraten.“ und gab etwas beschämt hinzu: „Alleine wenn ich bedenke wie du den Eispfeil beschworen hast. Ich brauche für so etwas fast fünfzehn bis zwanzig Sekunden in denen ich mich konzentrieren muss … Und du hast den mühelos aus dem Stehgreif erschaffen.“

Etwas gequält blickte die Adeptin zu ihrer Freundin auf. „Danke Biene. Aber dies ändert dennoch nichts daran, dass ich mitten in der Stadt jemanden mit Magie angegriffen habe. Mit Pech werde ich noch Ende der Woche rausgeworfen.“

„Ha ! Dass sollen die mal versuchen.“ warf Vincent trotzig ein. „Wie schon gesagt. Jeder hier kann bezeugen dass es nur Notwehr war. Besonders als dieses fette Schwein über dich herfallen wollte.“

Dankbar lächelte sie ihren alten Tischnachbarn an.

„So. Nun möchte ich aber doch langsam mal wissen, wofür ich hier gerade meine Ausbildung aufs Spiel gesetzt habe“, gab sie schließlich von sich, wobei wieder etwas mehr ihres sonstigen Selbst nach Außen vordrang und wandte sich mit dieser Frage in Richtung von Rhogar und Prisan.

Ein wenig gedämpft und sich ein paarmal umschauend dass niemand sie belauschte erklärte Prisan schließlich, dass er ein Mitglied einer königlichen Familie aus Ultran wäre. Ultran war ein Verbundstaat, welcher aus einunddreißig Königreichen und Herzogtümern bestand und von einem Hochkönig in Promien gelenkt wurde wo dieser den Vorsitz im Königsrat hatte.

Malarg, dem Elina den Eispfeil in die Schulter geschossen hatte, war einer seiner entfernten Cousins und betrachtete jeden der nicht ebenfalls zum Adel gehörte als minderwertig und unwürdig überhaupt die Magie zu erlernen.

„Aber der Kodex legt doch ganz klar fest, dass alle innerhalb der Akademie unabhängig von Rasse, Herkunft und sozialem Status gleichgestellt sind“, warf Elina ein.

„Das mag zwar stimmen, Lin“, fuhr nun Rhogar fort. „Aber dieser Malarg ist leider kein Einzelfall. Viele Adlige, gerade aus dem höheren Adel, verabscheuen die Idee das normale Menschen die gleichen Vorzüge genießen könnten wie sie selbst. Ihrer Auffassung nach sind niedere Magie-Ränge zwar noch notwendig um entsprechend Handwerker, Soldaten und Heiler aus zu bilden. Sehen es aber als ihr persönliches Privileg an die höheren Künste zu erlernen.“ und mit einem Blick auf Prisan fuhr er fort.

„Deswegen war überhaupt erst der Streit entbrannt. Malarg gehört zum Orden des Rubins, in welchem sich ausschließlich solche Leute befinden. Sie betrachten sich selbst als die Elite der Akademie und die Familien und ehemaligen Mitglieder stellen ungeheure Summen zur Verfügung um ihnen eine bessere Ausbildung als allen anderen zu ermöglichen. „ Er seufzte.

„Leider gibt es dahingehend wirklich kaum Leute die ihnen das Wasser reichen können. Jeder von ihnen hat mindestens drei private Ausbilder, welche sie rund um die Uhr betreuen. Und auch wenn Sklaven innerhalb von Estralma verboten sind, so haben sie doch unzählige Angestellte, welche man eigentlich als genau DAS bezeichnen müsste.“

Wütend griff er nach einem Tonkrug und schenkte sich noch etwas saure Milch mit Honig nach. Man konnte mehr als nur deutlich erkennen wie sehr ihn dieses Thema und die entsprechenden Leute anwiderten.

„Also ging es nur darum dass Prisan hier mit uns zusammen an einem Tisch gesessen hatte?“, fragte Elina, nach einer längeren Pause in welcher jeder von ihnen missmutig drein geschaut hatte.

„So in etwa“, bestätigte Prisan.

„Er hatte herumgeschrien, dass Ich die Familie entwürdige und verlangt Ich solle mich gefälligst von niederem A.bschaum wie Euch fern halten. Von daher kann ich dir eigentlich gar nicht genug danken, dass du ihm eine kleine Lektion verpasst hast“, schmunzelte er.

Aber die gute Stimmung war ruiniert gewesen. Eine kleine Weile hatten sie sich noch unterhalten und waren dann aufgebrochen um nach Hause zurück zu kehren.

Die darauf folgenden Tage hatte Elina zwar stets damit gerechnet, dass sie in irgend ein Büro gerufen würde, aber aus irgend einem Grund geschah dahingehend nichts, was nach Rhogars Vermutung wohl an Malargs gekränktem Stolz lag und das dieser den Vorfall nie gemeldet hatte.

Zwar war Elina dem gegenüber etwas skeptisch, wollte sich aber wenn möglich nicht die ganzen freien Tage dadurch vermiesen lassen.

Fast täglich hatten sie sich nun mit den Anderen getroffen. Waren an großen Seen zum Baden, hatten kleinere Wandertouren außerhalb von Estralma unternommen oder die Zeit genutzt gänzlich neue Bereiche der gigantischen Akademie und der sie umgebenen Stadt zu erkunden, die sich auf das große Olsan-Fest vorbereitete.

Das Olsan-Fest war eines der Höhepunkte im Jahr und innerhalb der Akademie, gab es etliche Turniere in denen die Teilnehmer ihr Können und die Geschicklichkeit unter Beweis stellen konnten.

Hoglar, der zu ihrem Orden gehörte, hatte seit fast vier Wochen von nichts anderem mehr gesprochen. Neben seiner Ausbildung zum Meistermagier trainierte er auch für den zweiten Grad im Speerkampf und wollte unbedingt an den „freien Kämpfen“ teilnehmen, in denen sowohl Waffen als auch Magie erlaubt waren. Er war ein ziemlich stämmiger Kerl, der sich trotz seiner Fülle geschmeidig wie eine Katze bewegte und hatte einen Großteil seiner Wanderschaft als Jungmagier mit einer Gruppe von Abenteurern verbrachte, die in den Labyrinthen von Solingon ihr Glück versuchten.

Ein wenig wehmütig dachte Elina daran, dass sie eigentlich selbst ebenfalls den Kampf mit dem Schwert erlernen wollte. Doch bei dem Pensum dass ihr Laura auferlegt hatte, war sie noch nicht einmal mehr dazu gekommen daran zu denken.

Dennoch war es ein atemberaubender Spaß.

Täglich waren sie unterwegs gewesen und schauten sich die Stände an an denen alle möglichen Waren feilgeboten wurden. Hunderte Klubs hatten vor allem für Familien und deren Kinder Aktionen, bei denen diese mitmachen und spielerisch lernen konnten. Die Sportvereine warben um neue Mitglieder und überall konnte man neue Dinge entdecken die einen in staunen versetzten.

Doch insgeheim gefielen Elina die Turniere am besten.

Ganz besonders hatte es ihr eine Art Sport angetan, bei welchem jeweils zwei Teams gegeneinander antraten.

Das Spielfeld bestand aus einem Rechteck, von hundertfünfzig mal zweihundert Metern, und auf beiden Seite hatte jede Mannschaft fünf Türme, die einen Brunnen schützten. Ziel des Spiels war es eine blaue Erz-Kugel sieben mal in den gegnerischen Brunnen zu werfen, wobei zuvor mindestens zwei der gegnerischen Türme zerstört werden mussten, welche die Zugangswege versperrten und von den Verteidigern als Deckungen genutzt wurden, aus denen sie angriffen.

Die Teams selbst bestanden aus sechs Magiern, welche unterschiedliche Aufgaben hatten. Einige verfügten über große Schilde, andere über Schuhe, die ihre Laufgeschwindigkeit erhöhten und wieder andere waren darauf ausgelegt ihre Teamkameraden durch defensive oder offensive Zauber zu unterstützen.

Wurde einer der Magier drei mal in Folge direkt getroffen, musste er eine gewisse Zeit aussetzen, wodurch das andere Team einen kleinen Vorteil erhielt. Darüber hinaus gab es nicht nur noch drei Artefakte , welche die gegnerischen Türme direkt angriffen, hatte eine Mannschaft diese erobert, sondern das gesamte Spielfeld war auch noch mit Hecken und Mauern übersät, so dass nur die Zuschauer oben auf den Tribünen einen wirklichen Überblick hatten.

Elina war fasziniert davon und hatte auch schon bald eine Mannschaft gefunden, die sie nicht nur laut stark anfeuerte, sondern bei jedem ihrer Spiele vor Ort war und sich zwei Hemden kaufte, auf denen das Wappen groß aufgestickt worden war.

Zwar konnte nicht jeder ihrer Freunde wirklich etwas mit diesem Sport anfangen, aber Elina schien er geradezu auf zu saugen und sie steigerte sich immer weiter hinein.

Er nannte sich recht schlicht MEV, „Magische Erz-Kugel Verteidigung“ und war erst vor etwa zehn Jahren wirklich in Mode gekommen, erfreute sich aber seitdem einer rasant wachsenden Beliebtheit und angeblich gab es schon weit über dreitausend Vereine.

Elina hatte sich definitive vorgenommen diesen Sport ebenfalls aus zu probieren.

Und war ziemlich überrascht, als sich herausstellte, das Laura der Vereinskapitän des größten Teams in Estralma war und dessen Infostand leitete.

„Auch wenn dies wohl teilweise ihre Trainingsmethoden erklären würde.“, dachte sie sich nebenbei.

Schlussendlich hatte Laura es sogar geschafft die Adeptin zu einem Probetraining zu überreden. Besonders mit dem Hinweis darauf, dass es ab dem nächsten Halbjahr nicht mehr ganz so anstrengend würde und ihnen wesentlich mehr Freizeit blieb, das Team aber unbedingt neuen Nachwuchs suchte.

Und so saß Elina nun erschöpft, mit etlichen blauen Flecken übersät aber von einem Ohr zum anderen grinsend mit Fiona an einem Tisch und löffelte die Reste aus ihrem Eisbecher heraus, welcher schon halb geschmolzen war, ehe sie ihn überhaupt angerührt hatte.

„Glaub mir, dass hättest du sehen müssen! Von rechts kam eine Ranken-Attacke, welche er mit einer Treppe aus Eis überspringen konnte, von Links kam ein Schattengeschoss, dass unser Unterstützer mit seinem Körper abfing und dadurch auf die Bank ging und in der letzten Sekunde hatte er es noch geschafft die Kugel in den Brunnen zu werfen, ehe er von der Sandpeitsche getroffen wurde.“

Elinas Augen leuchteten, während Fiona sie grinsend ansah. So aufgedreht, hatte sie sie schon lange nicht mehr erlebt.

„Also Linchen, habe ich das nun richtig verstanden? Wenn Anfang nächster Woche der Unterricht wider anfängt, werdet ihr mit Eurem Orden zwei Wochen lang das Labyrinth in Myrnar besuchen, damit ihr praktische Kampferfahrungen sammelt? Und anschließend, wenn sich Euer Training eigentlich reduzieren würde, damit ihr mal so etwas wie Freizeit habt, spielst du MEV?“

Elina ergriff die Hand ihrer Freundin: „Komm schon Fiona. Du musst das unbedingt selbst mal aus probieren. Außerdem sind es nur zwei Tage in der Woche an denen Training ist.“

Mit großen, flehentlichen Augen rückte die Adeptin noch etwas näher an ihre Freundin.

„Du bist die einzige die noch übrig ist. Sabrina hat zeitgleich ihren Chor, Vincent hat seinen Nebenjob als Kellner und Rhogar und Nancy können mit dem Sport nichts anfangen.“

Egal was Fiona der Adeptin auch gerade antworten wollte, es wurde jäh durch ein schrilles Kreischen übertönt bei dem sich alle Personen vor Schmerz die Handflächen an die Ohren pressten.

Dann verschob sich die Welt. Es sah so aus, als hätte man ein Bild zerschnitten, verschob es entlang der Schnittkante und als es zurück schnellte stob eine magische Entladung von dieser Linie ausgehend durch die Straßen die alles in Scheiben schnitt was diese berührte.

Entsetzt Blicken sich die beiden Frauen um, die von ihren Stühlen gefallen waren. Überall schrien Menschen, rannten um ihr Leben oder lagen am Boden.

Einzig eine Person schien seelenruhig durch die Straßen zu schlendern und kam unglücklicher weise auch noch genau auf sie zu.

Es war Malarg.

Seine Haare waren fettig und hingen ihm in Strähnen ins Gesicht. Seine Augen waren wahnsinnig und das Gesicht in einer irren Grimasse verzehrt, als er seine linke Hand hob, in der irgendein Artefakt in einem schmutzigem Orange-Braunen Licht pulsierte.

Dann stieß er einen undeutlichen Laut aus und erneut ertönte das kreischende Geräusch. Erneut schien es die Welt zu zerschneiden und erneut fegte eine magische Entladung durch die Straße, welche die beiden Freundinnen nur um gut einen Meter verfehlte.

Panisch rappelten sie sich auf und rannten um ihr Leben. Doch kaum waren sie fünf Meter weit gekommen, ertönte erneut der markerschütternde Schrei.

Noch im Sprint wurde sie von Fiona zur Seite gerissen und beide fielen durch die Glasscheibe eines Geschäfts, als auch schon die Energiewelle über sie dahin fegte und selbst die Mauern des Hauses fast durchtrennte.

Blut überströmt krochen sie durch die Scherben, welche die ungeschützten Arme und Beine aufgeschnitten hatten und versuchten die Tür im hinteren Bereich zu erreichen, die auf den Hinterhof führen würde. Verzweifelt, unter Tränen und schreiend, rüttelte Fiona am Knauf und hämmerte gegen die verschlossene Tür, während sich Elina auf der Theke abstützte, hatte sie bei dem Sturz durch das Fenster doch die meisten Schnitte abbekommen.

Doch es half nichts. Die Tür war verschlossen und ein knirschendes Geräusch offenbarte ihnen, das Malarg im Fenster stand.

Eilig riss Elina Fiona zu Boden und pumpte alles was sie nach dem Training noch an magischer Energie übrig hatte, in einen Verwebung die sie mit Hilfe von Simurs Buch die letzte Woche über selbst entworfen hatte. Erneut ertönte das Kreischen. Und als die Energiewelle über sie hinweg fegte, meinte sie am lebendigen Leibe verbrennen zu müssen, während ein hochtönendes splittern davon zeugte, das ihr Eisschild zerbarst.

Wage nahm sie noch das triumphierende Lachen von Malarg wahr, dann versank sie in Ohnmacht.

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Ich bin erst gerade eben aus Frankreich zurück gekehrt, aber hier mein Versprechen, wenigstens die ersten sechs Seiten bis morgen zu lesen :+1:

Und wie mies war es geschrieben ?
Welche Person(en) machte am wenigsten Sinn oder fühlte sich an, als wäre sie nicht wirklich in die Geschichte intigriert ?
Sind die Personen nachvollziehbar oder musstest du eher mit den Kopf schütteln, da sie nicht relateable erschienen ?
Gab es Bereiche oder Erklährungen, die schlecht umschrieben waren?
War es von der Geschwindigkeit noch akzeptabel oder fühlte sich der Einstieg in diese Welt einfach zu langgezogen und langweilig an?

Und bitte halte auch sonst nicht zurück, solltest du noch weitere Kritikpunkte haben :slight_smile: :sunflower:

ich bin auch bereits am lesen und werde auch rechtschreibfehler aufzeigen.
ich werde auch noch versuchen auf deine kritikpunkte zu achten.

leider eines meiner größten mankos :X
ich habe es zwar noch mal durch word geschubst, da ich sonst nur open office verwende … aber dort dürftest wohl mehr als nur fündig werden :cry:

wenn nur zitate stehen, hab ich die korrektur bereits in die zitate geschrieben

landstrich finde ich hier ein zu schwaches wort bzw zu herabwertend

leichte verwirrung: verbündete oder feinde?

sicherheit vor wem?

beim letzten wäre nicht besser: „und die Fahrrouten zugewiesen wurden.“?

kann ich nicht mit bestimmtheit sagen obs besser ist, hört sich für mich besser an

mal für das erste kapitel

Hmm
Also war der erste Teil des Einstieges, abseits von Ausdrucksfehlern, soweit erträglich ?

Wie hat sich für dich die Welt angefühlt ?
Waren die Personen „zugänglich“ ?
Wie fühlte sich der starke Kontrast zwischen der Erzählung und den doch recht „normal“ gehaltenen Unterhaltungen zwischen den Personen an ?


:thinking:

Ich werde dies noch einmal überdenken es etwas genauer formulieren zu können.
Aber diese „Landstriche“ sind halt oftmals eher soetwas wie Verwaltungsdistrike von Adeligen im Namen einer höheren Automität.

Def. Feinde ^^
Wenn jährlich eine solche Reise statfindet, weckt dies def. Begehrlichkeiten.

Vor den Banditen-Banden.

Hmm.
Wenn dies irgendwie komisch rüberkommt, sollte ich dort def. noch einmal drann arbeiten !