[A-RP] 🍷 Gut Löwenbrück

Es war ein schöner Tag. Nur mittelprächtig kalt, leicht bewölkt und windig. Für jemanden, der mit Nordend und dessen schneidender Kälte vertraut war, quasi ein Spaziergang im Park. Ein Tag, den man füllen konnte, wie man wollte. Und sei es nur, dass man Steinchen gegen den Kopf von Harald flitschte, bis er wieder stinkig wurde und den vermeintlichen Übeltäter quer durch das Gut verfolgte. Guter, alter Harald.

Der Mann am Schreibtisch des Wachtmeisters vollbrachte es nur mit Mühe und unter Einsatz aller verfügbaren Gehirnzellen den Blick vom Fenster und dem dahinter liegenden Übungsplatz loszureißen. Die Jungs und Mädels durften sich da draußen gegenseitig verhauen während er über diesen lichtverfluchten Dienstplänen hocken musste. Gab es dafür keine Magister oder sowas? Die Geschwindigkeit, mit der die Pläne auf dem Pergament Gestalt annahmen, gletscherartig zu nennen, wäre eine Beleidigung gegen Gletscher überall auf Azeroth. Es gab Schnecken, die im Vergleich damit wirkten wie die Exodar zu ihren Glanzzeiten.

Mit rausgestreckter Zunge und zusammengekniffenen Augen setzte Oxberg, Wachtmeister wider Willen, die Schreibfeder auf das Pergament. Gehalten wurde das Schreibgerät als wäre es ein Meißel und das Pergament ein besonders verhasstes Stück Stein. Ganz langsam und überaus vorsichtig, offensichtlich unter Einsatz höchster Konzentration, nahm ein weiterer Name Gestalt darauf an. Die Augen des Mannes öffneten sich Stückchen um Stückchen während brutal auf das Pergament geprügelter Buchstabe um Buchstabe sich aneinander reihte.

„Harald – Latrinendienst.“

Humphrey Oxberg, Wachtmeister, Soldat der Allianz, nickt zufrieden. Das Tagewerk war gemacht. Zeit für ein Bierchen.

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🌷

Es ‘frühlingte’ stark auf dem Gut Löwenbrück. Zum Einen war da das Gras: Einst trocken und bräunlich, kitzelte es nun wieder in sattem Grün am Knöchel. Horden an Frühlingsblumen und mit ihnen eine ganze Schar summender Bienen und pummeliger Hummeln waren im Verlauf der letzten Wochen auf den Wiesen erschienen. Immer öfter mochte man Fische sehen, die mit dem klaren Wasser des Klosterbaches um große und kleine Flusskiesel sprangen. Es lag der Duft von Blüten und frisch gebackenen Küchlein in der Luft, die nach der Zeit des Winters endlich wieder auf den Fensterbänken ruhen durften, wo gierige Kinder und Knappen sich hin und wieder eine Nascherei erlaubten.

Auf den Weinfeldern im Norden machte sich langsam aber sicher das neue Leben breit. Kleine Blätter und winzige Knollen zeigten ihr Gesicht und hüllten das mulchige Braun der winterlichen Weinberge in ein frühlingshaftes Grün. Sah man nach Süden, begegneten einen die rosaroten Knospen an den Apfelhainen, die am Ende des Monats ihre weißgelbe Pracht und ihren köstlichen Duft verbreiten würden.

Nicht nur die Natur erblühte: Auch das Leben auf dem Gut schien frischer, bedeutsamer. Als wäre es aus dem Winterschlaf erwacht. Sei es die sich beharrlich rundende Dame des Hauses, die scheuen Blicke verliebter Gutsbewohner oder das kräftige Brüllen des neugeborenen Sohns der Bernwehrs - überall steckte das Leben, der Neuanfang, der sich in den Alltag geschlichen hatte.

Ein etwas strahlenderes Lächeln in den Augen von Bruder Beoric, der am Hintereingang des Gutshauses geheime Zigarren mit der Haushälterin paffte. Ein freundlicheres Wort von Annelie zu den Küchenmädchen, die kichernd einem Stallburschen nachstellten. Ein besonderes Eskalieren der Knappen, die sich auf dem Übungsplatz mit den Schwertern auf die Helme bonkten und unermüdlich für das erbauliche Turnier schufteten. Manchmal war es auch nur eine Hand auf der Schulter eines Arbeiters oder Freundes, ein herzliches Auflachen oder das Flattern eines noch unbekannten, und doch geliebten Herzens - der Frühling war überall, lag wie Alexstraszas Segen auf dem Gut und sickerte tief in die Gemüter der Menschen ein.

Nicht alles war einfach, nicht jeder Tag von Erfolg und Glück gekrönt. Doch gemeinsam stemmte man sich gegen die Gefahren des Waldes und des Alltags. Wie man es schon zuvor getan hatte, als die Ghule an die Mauern rannten und noch viel früher, als die Trolle, die Orcs und sogar Todesschwinge höchstselbst sich am Gut ausgelassen hatte. Immer hatte man gemeinsam gestanden, und immer hatte sich das Gut Widrigkeiten als Einheit entgegengestellt. Nie würde es anders sein.



OOC: Da mich die Forenfeen mit Trustlevel 3 beglückten, habe ich mir den Thread noch einmal zur Brust genommen und einem Frühjahrsputz unterzogen. Viel hat sich nicht geändert - es wurden nur Links hinzugefügt, Geschwafel entfernt und einige Dinge angepasst, um sie etwas klarer darzustellen. Unter anderem ist unser "neues" Bewerbungsverfahren enthalten, was wir inoffiziel schon seit einigen Wochen so durchgeführt haben und es wurden die Nebenprojektchen unserer Mitglieder noch einmal etwas klarer vorgestellt. Schaut sie euch an! Die Leute sind toll.

Derzeit beschäftigen uns einige interne Plots sowie anstehende Treffen mit anderen Gilden. Im Allgemeinen hält uns das Rollenspiel ganz schön auf Trab! Vielen Dank an dieser Stelle an alle Mitspieler, Kontakte und Freunde des Projekts, die uns die nicht ganz einfache Zeit im RL versüßen und uns immer wieder gerne einloggen lassen.
Auch der Gutsladen ist in ganz neuem Schein erblüht, nachdem er nun eine kleine Weile etwas unter den Tisch gefallen ist!

Und wusstet ihr, dass bald ein großes Event stattfindet, wo wir als Händler und als Mitstreiter vertreten sein werden?!

Des Weiteren soll auch das Projekt eines Gildenfreundes noch erwähnt werden, was sich speziell an Paladinspieler der silbernen Hand richtet! Gute Sache!

Frühlingshafte Tage und trotz Corona eine schöne Osterzeit wünscht das Gut Löwenbrück!:egg: :rabbit: :tulip:

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Vindar hatte seinem weissen Hengst einen funkelnden Blick zugeworfen, der seinen Herren anklagend ansah. Natürlich konnte ein Pferd nicht wirklich eine Mimik ziehen wie es ein Mensch tat, aber Vindar Kielwacht kannte sein Pferd nur zu gut. <Wir bleiben noch ein Weilchen, das kommt dir doch auch entgegen?> Die Antwort bestand aus einem leisen Schnauben, der anklagende Blick aber… der verschwand nicht.
„Das Heu ist gut.“ versuchte es der Reiter erneut, der neben dem kräftigen Hengst auf einem Baumstumpf hockte und über die Wiesen und Felder Gut Löwenbrücks sah. Das Pferd schüttelte den Kopf als wollte es eine lästige Fliege vertreiben. <Ich weiss schon, es ist nicht das selbe.> Auf die Züge des Mannes kehrte eine leise Sehnsucht ein. <Ist nicht das Meer, nicht die Inseln aber… es ist auch ganz gut.> Ein leises Brummeln neben ihm quittierte seine Worte. <Sind anständige Leute.> fuhr Vindar fort. <Wir haben Arbeit, ein Dach über’m Kopf. Heh und du hast sogar nette Nachbarn.> Der Schimmel senkte die Nase ins taufrische Gras. <Hrmpf, hörst du mir überhaupt zu?> Missmutig verdrehte der Grenzer die Augen, verstummte und liess abermals den Blick schweifen. Hier war er also. Auf dem Kontinent, im Wald von Elwynn und auf dem Gut Löwenbrück. Und das alles nur, weil sein Pferd ihn hierher gebracht hatte, weil es der Meinung war, sich einen Nagel in den Huf zu treten. Aber es hätte sie beide schlimmer treffen können und auf eine sonderbare Art und Weise fühlte Vindar sich hier wohl.

Unter üppigen Baumkronen, an der Seite seines Pferdes und dem wachsamen Blick des Falken hoch oben am stahlblauen Himmel.

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Bei den Erbaulichen Spielen

Es war spät in der Nacht, als zwei kleine Gestalten auf leisen Sohlen zwischen den Zelten schlichen. Lautes Schnarchen hallte über das Zeltlager - gleich aus mehreren Winkeln und vom kühlen Wind getragen. Nicht zu lachen war anstrengend! Ein wahrer Kraftakt, aber sie durften es nicht vermasseln. Es musste perfekt werden. Sedrim pirschte vorsichtig voran und schob seinen Kopf zum Auskundschaften um eine Zeltecke, bis er angerempelt wurde. Empört ruckte das Zwergenkind zu seinem jüngeren Bruder herum, welcher nicht rechtzeitig abgebremst hatte und nur leise eine Entschuldigung nuschelte.
„Psssht. Es ist gerade ruhig.“, zischte Sedrim gedämpft und legte einen Finger über den Mund. Franclorn nickte hastig. Angespannt lauschten die beiden Dunkeleisenzwerge in die Nacht hinein. Abgesehen vom Schnarchen, raschelte in der Nähe eine Decke, ein Kauz pfiff in der Ferne ein Lied und das angespannte Atmen der Kinder mischte sich mit in die Klangwelt. Zuerst grinste Franclorn, dann Sedrim. Schadenfroh hoben sich die Mundwinkel an, verzerrten ihre grauen Gesichter zu düsteren Fratzen jener Heimtücke, für welche ihr Clan verrufen war. Der schwarzhaarige Junge nickte seinem kleinen Bruder bedächtig zu. Das war ihre Gelegenheit! Ihre Stunde!
Sie brauchten keine Worte, um einander zu verstehen. Langsam öffnete Franclorn einen Beutel, den er zuvor fest an die Brust gedrückt mitgetragen hatte: Bunte, leuchtende Farben strahlten ihnen dumpf daraus entgegen, rahmten ihre Gesichter in dem primatischen Schein und verleihten den spitzbübischen Grinsebacken einen unheimlichen Ausdruck.
„Es war eine gute Idee, die Zauberkreide klein zu reiben.“, nuschelte Franclorn. Sedrim wiederum nickt hastig. Sein Herz schlug aufgeregt in der Brust, als er leise das Kompliment erwiderte: „Noch besser, Wasser unter zu mischen.“
Unter gedämpften - Außenstehende würden sagen, von Natur aus boshaften - Giggeln hoben die zwei Brüder ihre Waffen an: Zinnlöffel. Mit glutroten, leuchtenden Knopfaugen schaufelten sie die ersten Portionen auf das Besteck. Kurz zögerten sie noch, gafften wie hypnotisiert auf die magisch-schillernde Pampe. Es war dieser winzige Moment, wo sie noch umkehren konnten. Zurück in die eigenen Schlafsäcke schleichen. Den Beutel in den See werfen. Aber wo bliebe da der Spaß? Keinen Herzschlag später ging es schnell: Ein Flitschen und die leuchtenden Farbspritzer sprenkelten die erste Zeltplane.
Blankes Entzücken verschlug ihnen den Atem.
Das… ja, das war der Anfang von etwas Großartigem! Es war bestimmt in Lancelyns Sinne, dass sein Zelt als erstes verschönert wurde. Aber die anderen Zelte mussten nicht erst neidisch werden, es gab genug Farbe für alle*!


* ... ''alle'' bedeutet in diesem Fall: Für jeden Spieler beim Lagerplatz von Gut Löwenbrück, der auch der Meinung ist, dass ihm Farbe am Zelt fehlt, aber die Nachbarzelte vom Flammenhort kamen auch nicht ungeschoren davon.
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<Annelie wachte mit einem lachenden und einem weinenden Auge am letzten Tage des Turniers auf. Sie würde das Getose - selbst zur Abendstunde - vermissen und freute sich gleichzeitig auf die ruhigen Nächte auf dem Gut. Sie würde die vielen Leute, die vielen neuen Bekanntschaften vermissen und doch sehnte sie sich nach etwas Ruhe. Jetzt, da die Situation mit den Wegelagerern beseitigt war, würde sie hoffentlich ein wenig Zeit haben sich die neue Heimat auch außerhalb der gesicherten Mauern anzusehen.

Ihre Hand glitt durch das noch von der Nacht gezeichnete Gesicht. Dann durch die braunen Haare, die sie berichtigend hinter die Ohren strich. Als sie aus dem Zelt kam war es noch kalt. Die Sonne erhob sich nur langsam hinter dem sumpfigen Nebel, während die Vögel zu einer gar beruhigenden Melodie anstimmten. Etwas Kaffee setzte sie am Feuer auf und schnitt die Zutaten für eine würzige Gemüsesuppe. Heute sollte es noch einen Fußmarsch bis zum Hafen geben. Dafür brauchte es Kraft.

Noch einmal versank sie in Gedanken, als sie, das Kinn in beide, mit den Ellenbogen auf den Oberschenkeln lehnenden Armen gestützt, den Blick in das leise knisternde Lagerfeuer legte. Sie lächelte vor sich hin als ihr die Gedanken an den kommenden Sommer durch den Kopf gingen. Das Gut würde nun in aller Pracht erblühen. Außerdem hatte sie gestern Abend etwas eingestanden. Etwas, das hoffentlich für immer wehrt, wenn es denn einmal offiziell ist. Immer wieder dachte sie an den Grenzer, die Momente mit ihm. So sehr, dass sie den Kaffee und die Suppe auf dem Feuer vergaß und aufschreckte, als der große Topf blubbernd überkochte.

Schnell ein Glas kaltes Wasser hinein. Dann sank der kochende Schaum wieder ab. Schließlich nahm sie den Topf wie auch den Kaffee vom Feuer, rührte um und genehmigte sich als Erste den durchaus starken, weckenden Trunk und eine Schüssel von der Gemüsesuppe. Über den Tümpel am Lagerplatz blickend sah sie so manches Lager bereits in Aufbruchstimmung. Nein, man hatte Zeit Und noch wollte sie sich nicht von der trüben, nebeligen, aber sonnigen und irgendwie idyllischen Landschaft trennen.>

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Arathihochland, nachts

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Endlich hatten sie das morastige, triste Sumpfland zurückgelassen. Lebensbejahender waren die scharfen Winde und die steilen Klippen des vorderen Arathihochlands zwar auch nicht, doch alleine das Gefühl eines tiefen Atemzuges ohne Feuchtigkeit und zumindest das Versprechen, dass die Strümpfe irgendwann einmal trocknen würden, hatte Riordans Gemüt aufgehellt. Eigentlich war er kein wetterfühliger Mensch, aber irgendwann hatte man es satt Pilzeintopf zu essen und Sumpfmücken zu verscheuchen.

Teils gebeutelt, teils verletzt hatten sie sich nach Norden aufgemacht und gut Strecke gemacht - immer nach Norden, bis sie den Thandolübergang erreicht hatten. Einige Momente hatten sie auf das Wasser geblickt, im Schatten der gewaltigen Brücke so klein wie Ameisen, und einem Schwadron an Wildhammerzwergen dabei zugesehen, wie sie Formationen abseits der Heimat übten. Mit ihnen war ein frischer Wind gekommen, und so hatten sie sich etwas früher als sonst dazu entschieden, nahe eines Wasserlaufes zu rasten und die Zelte aufzuschlagen. Mit dem Sternenhimmel über den Köpfen und den lachenden Gutsbewohnern, die im klaren Wasser badeten, spielten oder Fische zu fangen versuchten setzte sich Riordan an einen Stein und stieß ein wohliges Ächzen aus. Die vom Turnier und vielem Reiten müden Glieder streckten sich dem prasselnden Feuer entgegen und er schaute seiner Frau beim Schnitzen zu, während er den Kopf auf den Armen stützte und den Geschichten über Steinkreise und Monolithen lauschte. Über uralte Menschen, Runen und Könige, die Länder vereint hatten. Über die Wiege der Zivilisation und das erblühende Stromgarde.

Vor allem aber lauschte Riordan Triss, der kleinen Arathi, die hier Zuhause war und seit dem Thandol strahlte wie eine Winterhauchkerze. Wie begeistert sie sich umblickte, wie sie alle Eindrücke aufnahm. Es war eine gute Idee gewesen, die Reise in den Norden anzutreten, auf dem Weg zum Hof ihrer Familie. Es war wichtig, seine Lieben zu besuchen, wann immer es möglich war. Und so wie sie im Sumpfland mehr über Isabella erfahren hatten, würden sie in den kommenden Tagen der Reise gewiss auch mehr über Triss erfahren. Über das Land, das sie geformt hatte und über die Traditionen - edelmütig, stark, kriegerisch - die das Mädchen nach Sturmwind gebracht hatte.

In der Dunkelheit sah man nur Schemen durch den See tanzen und hörte nur das triumphale Gelächter, wenn ein glitschiger Fisch in die Hände der emsigen Jäger gehüpft war. Weisenfische, gebraten an Stöcken. Vielleicht keine Delikatesse, doch zusammen um das Lager zu sitzen und zu plappern, während man das zarte Fleisch vom Stock zupfte (oder, wie manche Knappenlappen, vom Ast nagte wie bei einem Maiskolben). Zu erzählen, zu lachen …

Sie mochten weit, weit weg von der Heimat sein. Aber Riordan seufzte wohlig, während er die Augen schloss und das Quatschen um ihn herum zu einer angenehmen Hintergrundmusik verschmolz. Warum fühlte es sich dann dennoch nach Zuhause an?

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Hallo zusammen!

Mein Jägerkollege Markus und ich finden euer Konzept sehr spannend und interessant und ich wollte nachfragen, wann man euch denn mal online und IC erwischen kann. Wir würden gerne mal vorbei schauen, da wir nach einer Abstinenz gern wieder im RP Fuß fassen möchten und im Bestfall ein dauerhaftes Zuhause für unsere beiden Charaktere finden.

LG :slight_smile:

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Hallo! Das ist super zu hören und natürlich darf man uns jederzeit, wenn wir da sind, IC besuchen! Im Moment ist noch ein Großteil von uns auf der Rückreise, aber wir sollten gegen Ende der Woche wieder im Gut sein und das reguläre Rollenspiel wieder aufnehmen können.

Eine andere gute Anlaufstelle, um uns „spontan“ zu begegnen ist der

der von uns vermutlich ebenso nächste Woche wieder aufgenommen wird! Genauere Sachen kann man sonst gerne per Ingamebrief absprechen, wo es bei Bedarf auch meinen Discordtag gibt. :smile:

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Ende der Woche klingt ja super, da hab ich noch etwas Zeit, mein Flag auf Vordermann zu bringen :sweat_smile:

Vielleicht findet sich ja auch eine Gelegenheit mal im Laden vorbeizuschauen, IC sind wir gerade eh in der Gegend, das würde dann passen.

Ich danke für die lieben Infos und wünsche viel Spaß bei der Rückreise.

LG😄

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„Den Kutschenkoffer bitte, Lady Annelie.“, sagte ein schlaksiger Mann zu ihr, während sie unter dem Arm gestützt in die Kutsche begleitet wurde und sich dort wohl behütet niederließ. Sie lehnte sich auf der mit dunkelbraunen, Leder bestückten Bank zurück und tastete die streng drapierten Haare ab. Immerhin sollte sie heute in die Stadt fahren. Ihre Mutter und ihr Vater würden es kaum dulden, dass ihre Tochter irgendwo ungezogen und nicht gestriegelt erscheint.

„Fahrt los.“, sagte sie aus dem Innenraum der Kutsche gelangweilt, apathisch. Und die Kutsche setzte sich in Bewegung nachdem es zwei, drei polternde Geräusche aus dem Laderaum gegeben hatte. Nach Sturmwind sollte es gehen. Irgendeine Hochzeit eines angesehenen Adeligen, dessen Bruder noch ohne Weib war. Annelie mit ihren 18 Jahren sollte ihm schöne Augen machen. Verpflichtungen, Drang, ja Zwang. Sie hatte keine Lust auf das ganze Gewese. Lieber würde sie im Wald spazieren gehen, auf dem Feld den Bauern helfen, oder wenn es sein muss eine Waffe in die Hand nehmen. Warum durfte ihr Leben nicht ungezwungen sein? Eine Frage, die sie sich nicht nur an diesem Tag stellte.

Annelie erwachte aus diesem Traum, der für sie beinahe ein Alptraum war. Oder war es doch eine Erinnerung an eine frühere Zeit? Es fühlte sich real an und sie fasste sich an die Stirn. Ganz als ob sie abtasten wollte, ob sie eine blutende Wunde hat. Die kleine Narbe am Scheitel des Haaransatzes an der linken Stirn schmerzte. Dann stellte sie fest, dass sie beinahe senkrecht im Bett saß. Sie ließ sich für einige Atemzüge zurückfallen. Einen Blick nach Links, dann stand sie endgültig auf.

Es klopfte an der Tür. „Anne? Annelie? Bist du wach?“, schallte es dumpf von hinter der Tür in den Raum. „J-ja… ich…“ - „Die anderen sind zurück. Brauchen ein gutes Frühstück… und dafür dich.“ Annelie sah in Richtung des Fensters. Sie hatte länger geschlafen als sie wollte und dabei die Ankuft derer, die noch im Hochland waren völlig verpasst.

„Komme sofort.“, murmelte sie laut genug, dass sich Schritte von ihrer Tür entfernten. Sie selbst stand auf, zog sich an und wusch sich die Nacht aus dem Gesicht und den Haaren. Dann ging sie aus der Kammer und in die Halle, wo bereits viele bekannte Gesichter saßen. Das verschlafen, zerknautschte Gesicht veränderte sich durch ein altbekanntes, gewohntes Lächeln, das sie den Anwesenden entgegenbrachte, ehe sie in der Küche verschwand.

Sie deckte den Tisch ein, fasste dem ein oder anderen gutmütig auf die Schulter und hinterließ ein wärmendes Lächeln für den Tag. Insgeheim dachte sie noch immer über den Traum nach. Schüttelte in einem ruhigen, einsamen Moment aber den Kopf. „So ein Unsinn.“, mahnte sie sich selbst.

Am Nachmittag war ihre Arbeit weitestgehend getan. Sie war froh, dass alle wieder auf dem Gut waren. Turbulente, aufregende Wochen lagen hinter ihnen nach der Sache mit den Wegelagerern. Dann das Turnier. Nun lagen die Sommermonate an. Es würde für alle einiges auf dem Gut zutun geben. Und sie war froh, dass sie Teil dieser Gemeinschaft war. Die zusammenhält. Bei der selbst der Gutsherr sich nicht zu Schade war die eigene Ernte einzufahren. Bald würde der Hof Nachwuchs erwarten. Wie würde der Junge, oder das Mädchen wohl heißen?

In jedem Fall stand dem Gut eine Zukunft entgegen. Eine Zukunft, von der sie Teil sein würde. Sie hatte hier eine neue Heimat gefunden. Vielleicht sogar eine Familie. Und die würde sie unterstützen. Ganz gleich was kommt.

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Ein fröhliches Lächeln lag trotz schweißverklebter Haare auf dem Gesicht von Tavinna, als sie heute nach ihrem Besuch in der Stadt auf das Gut zurückkehrte. In ihrer Umhängetasche befand sich eindeutig ein größeres Objekt, dass sich auf Nachfrage als Schmuckkoffer entpuppte. „Darin sind meine Einkäufe bei der schillernden Hydra“, erklärte sie zudem, ließ jedoch niemanden einen Blick auf den Inhalt werfen. „Darin befindet sich etwas, dass ich noch nicht zeigen möchte.“
Kaum hatte sie diesen Koffer in ihrem Zimmer verstaut warf sie sich trotz der noch anhaltenden Wärme in ihre Rüstung, um sich auf den Übungsplatz zu begeben und wie so oft zu Trainieren. Heute allerdings mit Pfeil und Bogen, eine Disziplin, die sie wohl nicht zu vernachlässigen gedachte, egal, wie das Wetter gerade war.

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Die Sommersonne brannte unbarmherzig auf den westlichen Teil des Lehens. Die Luft war erfüllt von waberndem Hitzeflimmern und den ungeduldigen Rufen der Bauern, die ihre Knechte – und manchmal auch die jüngeren Töchter – zum Wasserholen abkommandierten. Oft klebten ihnen selbst die dünnen Leinenhemden am Leib, obwohl der Juni für die meisten Bauern eigentlich eine Zeit des Rastens und Kräftesammelns war. Die Feldfrüchte waren geschützt und wuchsen kräftig heran, die Ernte würde erst in einigen Monaten beginnen. Nun war die Zeit, wilde Tiere und diebisches Gesinde fernzuhalten, Schäden an den Höfen zu flicken und sich um das Vieh zu kümmern, das, anders als das Gemüse, nichts von Jahreszeiten hielt.

Ein junger Bursche von vielleicht dreizehn Sommern, der die Träger seines Hemdes verwegen um die Hüfte geschlungen hatte, in dessen Mundwinkel ein Strohhalm lag und den ein alter, breitkrempliger Schlapphut vor der schlimmsten Hitze auf dem dunklen Haarschopf schützte, hatte gerade die letzte Kalbe vom Grünweidehof über die Straße getrieben, wo sie sich an mit Friedensblumen durchsetzter Weide satt fressen konnten, als ein lautes Geräusch ihn zum Umwenden zwang.

Wie beinahe alle Bewohner von Löwenbrück, die alt genug waren, ein Messer zu halten, war auch der Junge früher oder später zur Übung der Milizen hinzugezogen worden und hatte an der Seite seines Meisters – dem jungen Bauern Grünweide – gelernt, in welche Körperregionen man mit dem langen Messer stechen musste, das der Landsherr denen erlaubte, die nicht stetig vom Schutz der Gutsmauern profitierten. Seit dem Geißelangriff gab es auf jedem Hof außerdem zwei Armbrüste und ein Kurzschwert von guter Qualität. Schon so mancher Bandit hatte eiligst die Flucht ergriffen, als die Bäuerin mit dem Bolzen im Anschlag aus der Tür getreten und dem lichtlosen Landstreicher eine Warnung ausgesprochen hatte. Natürlich waren sie eigentlich dazu angehalten, Verbrecher und Taugenichtse mit Respekt zu begegnen und sie der Garde zu übergeben, doch Wachtmeister Oxberg hatte gesagt, dass man im Eifer des Gefechts vor allem zur Erhaltung des eigenen Lebens und zum Schutz seiner Familie handeln sollte.

Der Junge war mit den anderen jüngeren Kindern beim Mittagessen mit den Gardisten zusammengesessen, die gut gelaunt die Übung abgehalten hatten und hatte mindestens ebenso dringlich auf Kriegsgeschichten gebohrt wie die anderen Kinder, auch wenn er eigentlich schon ein bisschen zu alt dafür war – immerhin hatte er bald seinen Namenstag!

Die Gardisten in ihren glänzenden Rüstungen hatten ihn tief beeindruckt. Seitdem trug auch er einen Strohhalm im Mund – gleich dem Wachtmeister – und ein Floh hatte sich in sein Ohr gesetzt, dass das Halten von Rind nichts für ihn war. Gefahr und Abenteuer schienen in seinen jungen Augen deutlich interessanter als die Aussicht auf einen Hof, eine Familie und einen eigenen Knecht, den er herumscheuchen konnte wie sein Meister ihn.

Aus diesem Grund nahm der Junge nicht Reißaus, als er ein lautes Jaulen hörte und im Busch das Rascheln primitiver Kettenglieder zu vernehmen war. Er griff an seine Hüfte, wo sich das lange Messer, mit dem er gerne lässig das Brot zum Mittagessen schnitt (besonders, wenn die junge Margaret Grünweide ihn beobachtete) befand und umschloss den Griff wie ein Revolverheld die Pistole. Die Kühe schnaubten und muhten unruhig, die Ohren der Kalben drehten sich in die unterschiedlichsten Richtungen. Und dann ging es sehr schnell.

Mit einem Auflachen – einem schrecklich kieksenden, hyänenartigem Grunzlachen – brach ein fransiger Gnoll aus dem Unterholz, einen genagelten Knüppel schwingend, der so aussah, als hätte er das Holz so lange auf Nägel eingeschlagen, bis einer von ihnen hängen geblieben war. Eine Schulter war von einer ledernen Brustplatte geschützt, den halben Körper schützte ein Kettenhemd, Machart Sturmwind, durch dessen Löcher filzige Fellbüschel ragten. Weißer, dickflüssiger Geifer tropfte von seinen Lefzen. Vielleicht ein Alpha, vielleicht ein Rudelführer.
Man hörte antwortendes Lachen um ihn herum. Der Junge dachte darüber nach, dass es eine dumme Idee war, die Kalben zu weit nach Westen zu führen, zu nahe an die Lichtschneise heran. Niemand würde ihn schreien hören, niemand seine Leiche finden, bis sie abgefressen und unkenntlich geworden war. Tränen begannen in den Augenwinkeln des Jungen aufzusteigen und er riss das Messer trotzig aus seiner Scheide, den Griff mit beiden Händen umschließend. In der Sonne, die auf die Klinge traf, spiegelte sie sich hell, gar so, als würde sie von heiligem Licht umwabert werden. Es sorgte dafür, dass der Gnoll kurz in seinem Ansturm innehielt. Das rettete dem mutigen Jungen das Leben.

Hinter ihm schlug eine Kalbe mit den Hufen aus und schickte einen Gnoll zu Boden. Vor ihm sauste ein Pfeil durchs Unterholz und bohrte sich in das Hinterbein eines anderen Tieres, das einen schmerzerfüllten Laut aufstieß. Bewegung kam in die Tiere, die in rasantem Tempo ihr massives Gewicht gegen die Gnolle einsetzten, um in einer Stampede gen Waldrand zu verschwinden. Es schaffte genug Aufruhr, dass das Nächste, was der Junge hörte, war, wie ein Pferd von offenbar signifikantem Gewicht die Kieselsteine der Straße unter seinen beschlagenen Hufen zermalmte.

Während der Gnoll sich für einige Sekunden nicht zwischen dem reflektierendem Stachel des Jungen und seiner entfliehenden Beute entscheiden konnte, durchschlug ein Koloss an Stahl und Klinge die Spannung zwischen Biest und Kind. Mit großen Augen stolperte der Junge zurück, als der Reiter sein Ross ohne Rücksicht auf Verluste zwischen die beiden trieb und die Sonne sich statt auf dem Messer, das vergessen ins Gras gerutscht war, auf einem stählernen Harnisch brach. In vollstem Ritt bremste das Geschoss aus Eisen, das Pferd beinahe auf einer Münze manövrierend. Pferdeschweif und Umhang des Mannes peitschten beinahe perfekt synchron in einem Halbkreis der Wenderichtung hinterher.
Der Mausfalbe war gewaltig: Ein Pferd von so breiter Brust und derart breitem Hinterteil, dass er die Straße auch ohne seinen leichten Harnisch ganz für sich beanspruchte. Die Mähne war kurz geschoren, damit sich niemand daran festhalten konnte, der Schwanz geflochten. Verziert war das Schlachtross auf derartige Weise, dass man meinen konnte, der Reiter wolle jemandem die Aufmachung machen.

Auf dem Rücken des prächtigen Tieres saß eine breite Gestalt, gehüllt in die Farben Sturmwinds. Wo der Stahl nicht in der Sonne funkelte, wogten Stoffbahnen aus Blau. Das Schwert war gezogen, schon als der Mann zwischen die beiden ‚Kämpfenden‘ fuhr und mit einer geschickten Drehung der Arme, die der Junge noch Wochen danach an Baumstümpfen und mit Stöcken gegen die anderen Knechte üben würde, trennte der Reiter in einer einzigen, anstürmenden Bewegung den Kopf des Gnolls von seinen Schultern.

Sofort nahm das Pferd den Rest des Schwungs und wurde langsamer, trabend, bis es neben dem ins Gras gestürzten Jungen stehen blieb. Gütige schwarze Augen drehten sich einen Moment in seine Richtung, als wollte das Tier selbst für sein Wohlergehen garantieren. Dann schob sich eine Panzerfaust in sein Sichtfeld.
Der Mann hing, die Klinge im Bremsen gescheidet, halb von seinem Tier, um ihm aufzuhelfen. An der Schulter fiel in blauen Wogen der Umhang herab und gab ihm in den Augen des Knechts ein noch heldenhafteres Aussehen – als wäre ein Streiter des Lichts höchstselbst vor ihm erschienen.
Die Augen des Mannes hatten dieselbe Farbe wie der Umhang – sturmwindblau. Als würde durch seine Adern dasselbe Material fließen, wie er stolz an Rüstung und Ross zur Schau stellte. Die Augen waren von dichten, grauen Brauen bewachsen und gütig, ganz im Gegensatz zum verhärmten, narbigem Rest des Gesichts, in dem ein buschiger, dunkelgrauer Bart prangte. Das ebenso ergraute Haar fiel zu beiden Seiten die Wangen herab – der Helm hing am Sattel – und er trug Dienstabzeichen auf der Brust, mit denen der Junge nichts anfangen konnte. Stattdessen griff er nach dem Arm, der ihn kraftvoll auf die Beine zog.

Als der Mann sich aufrichtete, konnte der Junge einen Blick auf den Wappenrock werfen. In blau und gold geteilt sah er eine goldene Traube und einen blauen Greifenfuß. Das kannte er. Das kannte jedes Kind und jeder Erwachsene in Löwenbrück, hing es doch zu Turnieren glücksbringend von den Eingangstüren der Häuser und den Mauern des Gutsgeländes. „Ihr seid …“

„Keine Zeit zu verlieren, Junge. Steig auf, mach es dir auf meinem Gepäck bequem. Wir müssen deinem Meister von den entflohenen Kühen berichten und diesem Gnollnest ein Ende setzen, bevor sie hier noch ein Zuhause finden. Weißt du, wo das nächste Gardehaus ist?“

„An der Brücke, Sir … Seid Ihr …“

„Ich setze dich kurz vorher ab.“

Ohne ein weiteres Wort zog er den Jungen, der wusste, wann er schweigen musste, auf das Pferd. Den kopflosen Gnollkörper ließ er links liegen. Der von der Sonne ausgetrocknete Straßenkies würde das Blut der Bestie gierig trinken. Auf dem Weg verlor der Junge den Strohhalm, auf dem er die ganze Zeit vor Angst gebissen hatte. Als würde er ihm Kraft und Schutz spenden.

Nun war er ihm egal.

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Ehre und Staub

Westfall, September

Schwere Plattenstiefel fielen auf den von der Sonne ausgebackenen, trockenen Boden Westfalls. Eine Hand an seinem Ross, die andere an der Schnalle des Helms, blinzelte Riordan dem aufgewirbelten Staub entgegen, der sich mittlerweile wie eine zähe Kruste in seinen Bart und auf seinen Wimpern festgesetzt hatte. Ein Jüngling, der in Ostia für ihn Botschaften verschickte und sich sehr schnell, fast offenherzig auf die neue Situation eingelassen hatte, hatte ihn gefragt, ob er sich – staubig und manchmal blutig – am Abend im Spiegel wiedererkannte, wo er doch wann immer es ging adrett und gestriegelt auftrat. Riordan hatte gelacht und ihn mit sanfter Gewalt aus „seinem“ Büro geschubst. Nein. Das hier war seine Identität. Ruß, Staub und Blut, die Haut gebräunt von der Hitze der Schlacht und den langen Tagen, in denen es Menschen zu helfen galt. Das Gewicht von Platte und Kettenhemd auf den Schultern. Der Wappenrock und der Schwertgurt, die für manche viel mehr zu wiegen schienen als die ganze Ausrüstung zusammen, aber für ihn nicht mehr war als die komfortable Erinnerung, dass es gut und rechtens war, was er tat.

Riordan führte Rubinfell neben sich, einen gewundenen Pfad entlang, nicht mehr als festgetrampelte Erde. Am Rand des Weges waren verdorrte und ungepflegte Blumen zu sehen, die teilweise gewichen, teilweise gewuchert waren. Vereinzelte Pflastersteine ragten wie faule Zähne aus dem Boden, ihre Geschwister längst für andere, wichtigere Projekte verbaut. Riordan sah ihre Brüder und Schwestern mit brüchigem Lehm in eine Wand gesetzt, die man in offenkundiger Verzweiflung um dieses Gehöft errichtet hatte. Mit einer Handbewegung gebot Riordan seinem Ross, stehen zu bleiben. Er näherte sich alleine, den Geruch von Fäulnis und Asche in der Nase.

Als er die Mauer – zu niedrig, als dass ein determinierter Reiter sie nicht einfach überspringen konnte – passierte, drang leises Wimmern an seine Ohren. Dann ein Gröhlen. Alarmiert glitt eine Hand an das Horn an seinem Gürtel, mit dem er die anderen zu Hilfe rufen konnte, die ähnliche Höfe, ähnliche Schicksale erforschten. Auf der Suche nach Überlebenden. Der Ritter traf eine Entscheidung. Statt des Horns landete die Klinge in seiner Hand. Die Belustigung kam vom Bauernhaus.

Es mochte einmal idyllisch gewesen sein, dieses Gehöft. Verwischte Hufspuren auf dem Boden markierten regen Verkehr, auch wenn sich andere, tiefere Spuren über die der Gastfreundschaft gegraben hatten. Das Silo war groß, genug, um diese Familie viele Winter lang zu ernähren. Als Riordan es sah, war es auf die Grundpfeiler herabgebrochen und das Getreide darin schmorte noch von einem kürzlichen Brandangriff. Rauch und der Gestank von Feuer stiegen davon auf und wurden von den westfaller Winden weit über die Ebene getragen. Es war, was Riordan zu Beginn an diesen Ort gezogen hatte. Auf dem Vorplatz, beim Brunnen, war niemand. Die Türen des Stalls standen weit offen und als Riordan vorsichtig, sich an der Wand haltend, hineinblickte, reichte der Anblick von liegenden Kühen und Hühnerfedern, dass sich jemand makabres Vergnügen erlaubt hatte. Vor den Türen des Bauernhauses lagen Dutzende Scherben. Porzellanteller, Vasen, teilweise noch mit ihren Blumen darin. Stiefelabdrücke waren auf Seidentücher und Ausgehkleider gestanzt, die in den Dreck geworfen und zertrampelt wurden. Frauenunterwäsche, neben mit stundenlanger Handarbeit bestickten Kinderkleidern. Ein durchdringender Ammoniakgeruch lag in der Luft. In der Mitte hatte jemand ein Banner in den Boden getrieben, wie einen Dolch ins Fleisch. Rot und Gold.

„Falstatt“, hörte Riordan sich zischen. Er war überrascht, dass überhaupt ein Ton am weißen, beißend heißem Zorn vorbeikam, den er seine Kehle nach oben kriechen spürte. Ein Aufschrei aus dem Bauernhaus setzte Riordans langsamer Pirsch ein Ende. Mit wenigen, langen Schritten war er an der Tür, die seiner gepanzerten Schulter und der feurigen Entschlossenheit wenig entgegenzusetzen hatte. Außerdem war sie bereits aufgebrochen worden. Als er wütend, mit erhobener Klinge in den Hauptraum brach, legte sich für einen Moment eine erschrockene Stille auf den Hof.

Dann … Lärm.

Rubinfell schnaubte vom Gewicht der Bauersfamilie. Ein Sohn und zwei Töchter. Der Griff um die Zügel war fester, als das Tier gewohnt war, und das kleinste der Kinder drückte sich unangenehm gegen seine Mähne. Riordan stampfte nebenher, die Rüstung gesprenkelt von Blut und Erde, auf die Klippen zu, in die Ostia sich schmiegte. Das kleine Mädchen erinnerte ihn an Tavinna, als er sie zum ersten Mal auf ein Pferd gesetzt hatte. Aber es war abgemagert, die Wangen eingefallen. „Noch ein Mund“, würden seine Hilfen in Ostia sagen, sie aber gutmütig durchwinken, um sich nicht mit dem Rebenritter streiten zu müssen. Nur selten kehrte er mit leeren Händen von seinen häufigen Ausritten zurück. Und nur selten hielten hitzige Diskussionen nicht bis spät in die Nacht an.

Die Kinder sprachen miteinander, in leisen Tönen. Sie blickten oft zu Riordan herüber, der so tat, als würde er es nicht sehen. Sie waren alle dreckig. Hatten den Schikanen der „Ritter“ auf dieser Seite der Brücke lange Zeit standgehalten. Ihr Vater hatte sich auf einen Handel mit dem Bastard eingelassen, der seine Männer um die Häuser schleichen ließ wie Hyänen im Brachland um den Kadaver eines saftigen Kodos. Als die Kunde von Ostia nach Westen spülte, hatte ihr Vater das Ehrgefühl in seiner Brust erkannt, die Sachen gepackt und den Handel für nichtig erklärt. Er, seine Frau und ihr ältester Sohn hatten dafür mit dem Leben bezahlt.

Als sie durch das Tor von Ostia traten, nahmen die Wachmänner Haltung an. Es war etwas, was Riordan auf eine urtümliche Art widerstrebte. Es sorgte für ein juckendes Gefühl des Unwohlseins, das er sich nicht so ganz erklären konnte. Ein paar kräftige Burschen und eine Sanitäterin nahmen sich der Kinder und des Pferdes an, während Riordan neugierige Nachfragen beiseite wischte und sich zum Haupthaus durchschlug, dessen Schreibtisch er – nur durch kleine Ausflüge nach Sturmwind unterbrochen – besetzt hielt. Es wurde Zeit, dass sich jemand Wichtiges dieser Sache annahm. Jemand, der nicht er war.

Riordan ließ den Helm polternd über den Boden rollen und stützte sich am Schreibtisch auf. Die Handschuhe wühlten am Gambeson und zogen seine Kette hervor. Das Echtsilbermedaillon schüttelte er zur Seite, bis er das gläserne Kleinod mit dem Seestängel darin betrachten konnte. In der Reflexion des polierten Glases sah er sein zerschundenes, blutiges Gesicht. Aber keine Erschöpfung. Die Augen brannten in einem hellen Blau, von innen durch ein loderndes Feuer angefacht und seine Hand zitterte nicht im Geringsten. Es würde nicht lange dauern, bis die Sanitäterin den Blutstropfen folgen würde, die er auf dem Weg zum „Rathaus“ hinterlassen hatte und ihnen nachspüren würde. Und nur kurze Zeit danach würde man sich in einem elaborierten Streit die Stirn bieten, ihn an die Existenz seines Horns erinnern und daran, dass sie genug Mäuler zu stopfen hatten und es unmöglich war, eine ganze Baronie in eine Stadt zu pferchen, so gerne er dies auch eigenhändig zu bewerkstelligen versuchte. Ermüdende, unangenehme Aufgaben. Viel lieber wäre er im Elwynn und hätte seinen Sohn im Arm und seine Frau an seiner Seite, stünde mit den Kindern auf dem Übungsplatz. Das hier war Krieg. Blut, Ehre, Zerstörung. Wenig Ruhm lag zwischen geplünderten Feldern, ausgehungerten Bauern und geschlachtetem Vieh. Wer mochte diese Umgebung? Welche verlorene Seele mochte den Kämpfen mehr abgewinnen als dem idyllischen Landleben? Wer konnte schon in dieser Situation glücklich sein?

Riordan steckte den Anhänger weg, als sein Spiegelbild etwas tat, das ihm missfiel.

Es lächelte.

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Es sollte kein triumphaler Einzug in die Stadt sein.

Nicht wie in den Heldengeschichten und Legenden. Den Rettern wurden keine Blumen zu Füßen getragen, noch erklangen Jubellaute. Es war keine Erleichterung in den Gesichtern der Leute hier zu erkennen. Die einkehrende Staffel aus Reitern wurden von einem drückenden Schweigen empfangen, gemurmelten Worten die zwischen skeptischen Augen der Redenden schwirrten. Wie ein Befreier fühlte sich wohl niemand - eher wie ein Besatzer. Leute versammelten sich um die Neuankömmlinge zu betrachten. Die Reiter, wie auch die geschlossene Formation an Söldnern in rot-schwarzen Rüstungen die unter dem Banner der Allianz in die so lange abgeschottete Stadt einmarschierten. Die Not und das Elend der letzten Jahre ließ sich in ihren sorgenvollen Gesichtern lesen. Ihren Leibern, die größtenteils ausgemergelt und sogar versehrt waren. Sie erzählten von einem Kampf, der nicht nur gegen die Dämonen geführt wurde, sondern auch gegeneinander.

Lancelyn hielt seine Reiterlanzer an der schwarz-gelber Stoff wehte fester als es für die verwundete Hand erträglich gewesen wäre. Es war nicht die Angst vor der Menge an Leute, die sich versammelte. Viel mehr vor der Reaktion, die das von ihm persönlich gehaltene Banner auf sie haben könnte. Vor Monaten, ließ sich eine Lehre aus dem Besuch in Krallenstein ziehen: Menschenmassen wären wie ein Glas Wasser, dass gefüllt gehalten werden muss. Nur ein Tropfen zu viel würde es aber zum Überlaufen bringen. Nach dieser gemachten Lektion, bereitete er sich mental auf eine Situation vor… in der er sich nun aber real befand. Er stellte sich vor große Reden zu halten, um die Leute zu überzeugen. Manchmal auch, ihnen in persönlichen Gesten das Leid zu schmälern und auf sie zu zugehen. Er erdachte sich aber auch, dass nur ein einziges Messer reichen sollte all die Arbeit der letzten Jahre wertlos und unnütz werden zu lassen. Nun aber… war sein Kopf leer. So sehr er sich auch bemühte die notwendige Konzentration für die fragile Lage der Situation zu erzwingen, fühlte sich die Welt an, als würde er in ihr ertrinken. Selbst als eine Stimme in der Masse lauter wurden.

Die Sättel knarzten und Panzerstiefel fielen zu Boden, als die ihn begleitenden Frauen und Männer aus Sturmwind sich von Pferderücken auf die überwachsene Straße der geplagten Stadt begaben. Trotz der Taubheit des Moments, dem Kribbeln der Haut und der aufsteigenden Übelkeit, hörte er es. Die Muskeln und Gelenke des Körpers blockierten aber. Für nur einen Moment zu lange im Sattel verharrend, schickte er den Blick über die am alten Marktplatz versammelten Frauen, Männer und Kinder. Neugierde war in einigen Augen zu erkennen, Zweifel und Skepsis in anderen. Und Wut. Wut. Nur einziges Augenpaar in der Menge das ihn beruhige. Ein einzelnes Augenpaar, dass ihn bestätigte. Erzwungen presste die Luft aus den Lungen, die viel zu lange eingehalten wurde. Die Muskeln und Gelenke gaben nach und erlaubten es ihm sein gepanzertes Bein über den Sattel zu schwingen. Mit dem Abstieg vom Rücken des unruhigen Hengsts, wich auch die Taubheit. Sie wich einem Gefühl von Sensation, von Hypersensibilität. Während er Befehle an den Unteroffizier hinter sich gab, fühlte er sich, als würde er fliegen. Selbst als der Stein seine Schläfe traf.

Sein Kopf ruckte durch die Wucht des Projektils zur Seite und ein brennender Schmerz zog sich durch die Stirn und den Hinterkopf. In seinem Stadium von Adrenalin und sonstigen Chemikalien die seinen Körper fluteten, ließ er sich für den Sekundenbruchteil sogar genau nachvollziehen. Er spürte wie er stolperte, aber nicht fiel. Wie der Hengst an seiner Seite sich aufbäumte und hörte die entsetzten Laute aus der Menge. Augen in Helmschlitzen suchten nach dem Mann, der ihn zuvor beruhigte. Rüstungsteile scharbten und Schwerter wurden gezogen. Viele führte es weg von der Attraktion die er war. Leute flüchteten aus Angst vor der Reaktion der Soldaten in Gassen und über die abzweigenden Straßen. Der zuvor so feste Griff um die Reiterlanze wurde fahl und schwach, bis sie mit einem federnden Geräusch zu Boden fiel. Mit der Sonne auf schwarzem Grund. Wie ein Parasit, ein Widerling den er verabscheute, kroch ein Rinnsal an Blut über seine Schläfe. In das Auge, über die Wange und den Hals hinunter. Ein tiefes Gefühl von Verletzlichkeit durchschlich seinen Geist wie ein lauerndes Raubtier, von Angst. Wie die Wut, sollte es aber die Angst sein, die den Körper bewegte. Die Hand wurde gegenüber den Soldaten in Alarmbereitschaft gehoben, Worte sprach er… auch wenn sie wohl nicht viel Sinn ergaben. Sein Blut sollte an diesem Tag reichen. Als hätte die Wunde und das austretende Blut für Klarheit gesorgt, wusste er nun auf welche Situation er sich hätte vorbereiten sollen. Eine helfende Hand gereichte zur Stütze, er ging in die Knie. Nicht allerdings um aufzugeben, sondern um die gefallene Lanze aufzuheben. Er wusste wohin er sehen musste und sah das wütende Augenpaar in der Menge, das nun aber viel mehr Unsicherheit ausdrückte. Seine aber nicht. Im rechten Sichtfeld von einem roten Schleier geblendet, sah er ihm entgegen. Und der Mann sah ihn an. Die ineinander gekettete Aufmerksamkeit der Beiden, des blutenden Jungen und des wütenden Manns, fiel den Leuten auf. Sie begannen leise zu tuscheln, statt in Panik zu verfallen. Lancelyn fühlte sich nicht mehr als würde er ertrinken, oder fliegen. Die Scham war vergangen, ebenso wie das Gefühl der Angst. Er war gefährlicher als ein einfacher Mann der mit Steinen warf. Egal ob Blut floss oder nicht. Selbst als der Mann seinen Blick senkte starrte er weiter.

Nach Momenten die sich wie Ewigkeit anfühlte ging es auf das Drängen einer bekannten Stimme weiter, selbst wenn die Beine schwach waren und das Herz in der Brust tobte. Eine kleine Gruppe führte es zu einem Turm, der Rest quartierte sich in der Stadt ein. Es blieb nicht mehr als die Tür mit einem knarzenden Geräusch aufzuschieben. Der Mann, der so viel opferte wurde angesehen. Sein Vater tat dies nicht um sich zu bereichern, oder um wahrgenommen zu werden - nichtmal aus Überzeugung. Er tat es weil er es musste. So wie sein Sohn. „Sir. Wir sind da.“, sprach Lancelyn zu Riordan. Überzeugt von diesem einfachen Satz. Selbst als er Angst in seinen Augen sah.

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Erinnerungen…

Die junge Frau mit dem gezeichneten Gesicht unter all den Sommersprossen sah aus dem dichten Gestrüpp an rotem Lockenchaos mit leuchtenden Augen zu Rachnel. „Ihr könnt eine nehmen, wenn sie es überstehen. Mögt Ihr Katzen?“ Der kleine wuselige Haufen im hochgehaltenen Korb fiepste bekräftigend ganz herzerweichend. „Sie brauchen doch ein gutes Zuhause.“ setzte Isabella nach.
Rachnel hätte seufzen wollen, stattdessen brachte das Mädchen sie zum Lachen. Licht, hatte sie dieses Geräusch vermisst und sie verschenkte ein Lächeln dafür. Ihre Antwort war trotzdem ein Schulterzucken. „Ich hab’ nie drüber nachgedacht. Auf Gut Löwenbrück wären sie doch sicher auch gut aufgehoben?“
Eine Katze. Merwyns Kater war ihr schon immer ein eigenwilligen Rätsel gewesen und wenn sie endlich ihre Pläne weiterverfolgen wollte käme ein Haustier ganz ungelegen. Aber sie sahen so einnehmend niedlich aus, wie sie tapsig mit geschlossenen Augen übereinander herkrochen, die kleinen Waisengeschwister, in Isabellas rettenden weichen Schal gewickelt.
Was fraßen Katzen in dem Alter überhaupt? „Finden wir doch jemanden, der sich auskennt was du ihnen geben musst?“ schlug sie stattdessen vor und der Wirrschopf nickte emsig.
‚Und dann schauen wir, ob die Vorräte es hergeben.‘ dachte Rachnel vorsichtig. Der gelbe sandige Staub hob Wölkchen unter ihren Füßen an als sie sich zum Suppenkessel aufmachten, wo die meisten um das Feuer standen. Ein zusammengewürfelter Haufen, der doch mehr Leben in die zerschundenen Ruinen des westfaller Dörchens brachte, als es selbst noch schaffte, auszustrahlen. Wenn Rachnel die Einheit der Draenei dort betrachtete, fragte sie sich, ob sie das alles hier nicht unterschätzte. Und ob ihre lange Recherche an dienlichen Informationen überhaupt noch relevant oder hilfreich war, oder längst überholt.

C’est la Püsh.
Für mehr ic im Forum.

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Dunkelheit

Die Schlotternächte kamen und gingen. Viele Bewohner des Guts bemerkten sie nur durch die Süßigkeiten, die im Guts-und Gardehaus in großen, kürbisförmigen Töpfen zu finden waren, oder weil sie die Strecke nach Sturmwind auf sich nahmen, um Erinnerungsstücke am Weidemann zu verbrennen. Viele hofften auf einen milden Winter, günstige Arbeit für die Verwandten in der Stadt und im nahen Goldhain. Die Alten kamen zusammen, um den Kindern Gruselgeschichten zu erzählen.

Andere hatten eine etwas… direktere Begegnung mit den Schatten und den Gestalten, die in der Dunkelheit lauerten. In den letzten Tagen wurde es still auf den nächtlichen Straßen. Die Murlocgefahr hielt Reisende davon ab, dem Pfad nach Westen zu folgen und die noch immer unbekannte Gefahr sorgte dafür, dass Lampen und Laternen an jeder Straßenecke brannten, von den tapferen Gardisten angebracht, die selbst dabei beobachtet wurden, wie ihre Augen immer wieder nervös in die Dunkelheit zwischen Baumwipfeln wanderten.

Am Tag nach den Schlotternächten, als die Hausmädchen und Diener die Kürbislaternen, Girlanden und Süßigkeiteneimer entfernten, wisperte es im Gutsgelände. Über den Geisteszustand des Hausherren, der einen Kobold in der Kapelle leben ließ, wo dieser sich an den vielen brennenden Kerzen erfreute und mit außergewöhnlicher Höflichkeit beiseite rückte, wenn ihm ein Knappe mit dem Besen zum Ausfegen des Gebetshauses zu Leibe rückte. Der Kobold namens Grauhaar befand sich im Greisenalter, auch wenn das bei der grundlegend runzligen Visage, die Kobolde zu Eigen war, nur schwer zu sagen war. Er war kein beliebter Gast.

Die Stalljungen warfen Steine nach ihm, wenn er seine knollige Nase aus der Kapelle streckte, und die Gardisten behielten die Waffen stets in Reichweite. Niemand traute sich aber, ihn ehrlich zu verletzen oder die Entscheidung anzuzweifeln, dass er für‘s Erste in der Kapelle lebte – jedenfalls nicht laut. Geflüstert wurde viel. Mehr als einmal fiel, wie so oft, der Name von Sir Barath. Nostalgische, alte Männer fluchten um die Hälse ihrer Pfeifen über den Niedergang der Sitten, doch auch sie duldeten zähneknirschend, als Grauhaar mysteriöse Symbole an ihre Hauswände zeichnete. Schutz, angeblich.

Aber wovor?

Heute, am Tag der Toten, bereitete man sich auf einen Fackelzug zum Waldfriedhof vor. Jeder Gutsbewohner erhielt ein Lichtmittel – Erwachsene Fackeln, Kinder kleine Lampen oder lange Kerzen. Herbstliche Gestecke, schon Wochen zuvor geflochten, wurden bereitgelegt, frische Blumensträuße gepflückt oder kleine Säckchen mit Gaben gefüllt, die man auf die Grabeserde auflegen würde.

Die Gardisten waren nervös. Man wollte spät abends losziehen – unmöglich, den Leuten diese Gelegenheit zu verwehren. Aber riskant. Die Dunkelheit lauerte noch immer, und niemand wusste, worum es sich genau dabei handelte. Doch schon bald wurden die Zweifel vom Geruch von Gebäckstücken und Zuckerschädeln verbannt. Man sammelte sie in großen Körben und bewachte sie vor diebischen Leckermäuler.

Selbst die tiranischen Bewohner des Guts nahmen an den Vorbereitungen teil. In Kul Tiras ehrte man die Gefallenen mit Sternenmoos und dem salzigen Geruch verbrannten Treibholzes, mit selig-traurigen Liedern und dem Geläut von Glocken.

Hochländer mochten von ihren Ahnen erzählen, Sturmwinder sich auf die Standhaftigkeit und die Ehre der Gefallenen berufen, andere nur an den Süßigkeiten und einem Abend an einem gruseligen Ort interessiert sein. Vielleicht hoffte gar jemand, eine vergangene Liebe oder ein verlorenes Familienmitglied wiederzusehen. Wieder einmal zeigte sich, dass der Tod – oder der Gedanke daran – vor niemandem Halt machte. Er klopfte an jede Tür, stellte keine Fragen und machte letztlich jeden gleich.

Wie die Dunkelheit.

Ihr guten Bürger von Elwynn und Löwenbrück!
Der westliche Forst unseres Lehens ist bis auf Weiteres nachts nicht alleine und nur mit einer Lichtquelle zu betreten! Es wird empfohlen, Laternen an den Grenzen der Höfe und an den Ställen brennen zu lassen!
Lampenöl und Leuchtmittel werden am Gardehaus ausgegeben! Wer des Nachts Geräusche vernimmt, die an Gesang erinnern, ist angehalten, in den sicheren vier Wänden zu verweilen.Die Garde kümmert sich um diese Angelegenheit und wird Entwarnung ausrufen, sobald es möglich ist.
gez.
Wachtmeister Humphrey Oxberg
Sir Riordan Löwenbrück

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Alte Freunde

Ein kurzer, prüfender Seitenblick nach links, dann nach rechts. Der Ritter hielt Ausschau nach blonden oder schwarzen Haaren, die jederzeit unvermittelt um die Ecke biegen mochten, während eine Hand raschelnd im kleinen Lederbeutel am Gürtel herumwühlte. Zwei schwielige Finger zerrieben ein paar der Kräuter, als sie eine gute Prise umfassten, die andere Hand klopfte über die Weste und ihre Taschen (ungewohnt, ein paar Tage lang weder Kettenhemd noch Wappenrock tragen zu müssen) und zog etwas ebenso Raschelndes, Bräunliches hervor. Wieder ein prüfender Blick. Seine Frauen – der Gedanke brachte ihn zum Schmunzeln – waren nirgendwo zu sehen, also arbeiteten die Finger schneller, drehten, entzündeten ein Schwefelholz am Daumennagel und hielten still. Rauch stieg in den von Sturmwolken durchzogenen Himmel über Boralus, während Riordan gegen den vermaledeiten allgegenwärtigen Wind die Augen zu Schlitzen zusammenkniff, um den Tabak nicht auch visuell aufzunehmen. Die braunen und grauen Häuser der Stadt, die er durch das eingeschränkte Sichtfeld sehen konnte, die Anker überall und die eigenartig prävalente Tintenfischästhetik waren seltsam. Aber es war die Heimat seiner Ehefrau, und zumindest zu vagen fünfzig Prozent von seinem Sohn. Und anderen, weniger blutsverbundenen Kindern.

Paffend wie die Schlote, die er in der Ferne, dort, wo einst Aschenwinds Fabriken gewesen waren, die nun vermutlich anderen, marginal weniger raffsüchtigen Geschäftsmännern gehörten, gesehen hatte, drückte sich Riordan wie einer dieser übertrieben lässigen, dabei aber vor allem lächerlich aussehenden Protagonisten der Romantikromane, die seltsamerweise ständig aus der Bibliothek verschwanden, gegen die Reling des Schiffs, auf dem sie vor einigen Tagen angekommen waren. Sogar den Kragen des Mantels hatte er hochgestellt, ließ ihn aber verwegen offen flattern. Die Haare, locker zu einem Zopf gefasst, peitschten um seinen Kopf, als wollte er eine kastanienbraune Flagge gegen das allgegenwärtige Prachtmeergrün hissen. Alles war salzig hier. Die Luft, das Essen, sogar die Gedanken schienen sich, je länger man auf die vielen Galgen und Schaffots, auf die allgegenwärtige Präsenz der Wache, auf die Schlaglöcher in den Straßen und die teils abgemagerten Kinder blickte, die durch die Straßen huschten, zu verkrusten und auszutrocknen.

Kul Tiras war – wie Riordan, der sich wie alle Touristen anmaßte, fundierte Urteile über seinen Besuchsort zu fällen – nicht viel anders als Sturmwind. Die Löwen waren eben Kraken, wenn man ihn fragte. Tat man aber nicht.
Das Geräusch von Schritten wurde lauter – nicht schwer und trampelnd, das ließ einige der bekannten Gesichter ausschließen – sondern leise und verhuscht. Ehe er sich versah, stand ein Junge vor ihm, die Hosenträger, obwohl eng gefasst, immer noch wabbelnd auf dem dreckigen, graubraunem Hemd. Eine flache Mütze schützte den fransigen Haarschopf des vielleicht Zehnjährigen.
„Ein Brief für Euch, Sir!“, quakte der Kurier und hielt Riordan eine trotz der schludrigen Erscheinung des Jungen nicht einmal leicht geknickte Pergamentrolle hin. Der Löwe darauf, sowie das blaue Band mit den goldenen Elementen sorgte dafür, dass der Ritter die Augenbrauen zusammenschob, bis sie fast eine kontinuierliche Linie bildeten.
„Danke“, murmelte Riordan und griff mit der freien Hand nach dem Schreiben. Bevor er es öffnete, klopfte er wieder seine Weste ab und fischte ein paar Silberne hervor, die er in die erwartungsvoll erhobenen Hände des Knaben fallen ließ. „Woher kommt das?“
„Vom Hafen hier, Sir. Ging über‘s Büro des Hafenmeisters und kommt aus der Allianzhauptstadt.“
„In Ordnung. Sollst du eine Antwort zurückbringen, Kleiner?“
„Nuh-huh, Sir. Der Mann meinte, wenn ihr‘s lest, kommt Ihr selbst. Gezeiten mit Euch, Sir!“

Auf eine wischende Geste und ein skeptisches Stirnrunzeln des Ritters sowie leise, verabschiedende Worte rannte der Kurier die Planke nach unten und entschwand irgendwo in den Gassen, wo tausende seiner Art herumliefen. Riordan blickte sich kurz zu allen Seiten um, nickte ein paar Schiffsarbeitern zu, die an ihm vorbeizogen, irgendwelche Warenkisten mit der Münze auf der Woge – vermutlich Seonis Salz, bei ihr war alles Salz – und entrollte das Schreiben. Während die Augen über die Zeilen tanzten, passierte etwas sehr Eigenartiges mit dem Gesicht des Rebenritters: Die Mundwinkel zogen sich nach unten, dann nach oben. Die Augenbrauen gesenkt, als hätte er schlechte Nachrichten erhalten, lächelte er, als würde er sich freuen. Mit deutlich weniger Sorgfalt als der Botenjunge bewiesen hatte, stopfte er das Pergament irgendwo in seine Westentasche, streckte den Arm aus und ließ die ritterliche Pranke auf die erste Schulter sinken, die ihm entgegenkam.
„Sag meiner Frau, dass ich heute Abend weg bin und sie Biarne vorher noch ein bisschen Zielwasser ausgeben soll. Sie weiß, was ich meine.“ Schwungvollen Schrittes, flatternden Mantels und mit einem Gesicht, als wären die Sturmwolken und die eisig kalten Nieselregelntropfen, die ab und zu wie kleine Mittelfinger aus den Wolken fielen, strahlendster Sonnenschein und angenehmer Sommerregen, beeilte sich Riordan durch Boralus‘ Straßen.

Irgendwo nach den ersten Metern fiel der Glimmstängel aus seinen Fingern und schwelte zwischen Bordstein und Kante, vergessen, bis eine Kutsche einen Schwall Brackwasser über ihn ergoss und die Glut erlosch.

War fast schon Zeit für die Flut.

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Pilgerzeit

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Vielleicht ist der Anblick der grünen Wiesen und Baumhaine des Elwynnwaldes nicht unbedingt das Abenteuerlichste, was den Pilgern und Ordensgeschwistern auf ihrer Reise zu geschichtsträchtigeren und gefährlicheren Orten begegnen wird. Aber sind es nicht gerade die friedlichen Etappen, die einen auf das Unbekannte vorbereiten? Liegt im wilden Surren der Bienen, die sich über die Friedensblumen und Königsblütler hermachen, nicht das murmelnde Versprechen von Spannung und Gefahr? Scheint es nicht, als würden die Apfelbäume zum Abschied winken, wenn der Wind ihre Zweige zucken lässt?

So nahe am Schwarzfelsgebirge ist die Luft warm, verheißungsvoll für die brennende Steppe, die ihren Namen nicht umsonst trägt. Ein wenig Feuchtigkeit liegt im Wind, der einen Teil des Nordhainflusses, des Steinhügelsees und des Klosterbaches mit sich nimmt und einem das entfernte Gurgeln von Murlocs um die Ohren wirbelt, deren kleine Hütten versteckt zwischen Ufergras hin und wieder hervorblitzen.

Wenn einem die mit dicken Fässern beladenen Karren, begleitet von fröhlich quatschenden Bauern auf den von Rädern und Hufen plattgemahlenen Wegen entgegenkommen, scheint dieser Fleck Land sich in den paradiesisch sicheren Schatten zu kuscheln, den Sturmwind als Ankerpunkt der Allianz und des Königreiches über seine nahen Lehen wirft.

Aber nicht alles ist immer so, wie der Schein es verspricht. Die Karren werden von Männern in den Uniformen des Königreichs Sturmwind begleitet, die höflich, aber ernst sind und sich immer einmal wieder umsehen. Vorbei an den quietschenden, sich träge drehenden Mühlrädern der Höfe kommen die verkohlten Überreste eines Kornspeichers in Blick, die sich neben einer Baustelle wie warnende, von Gras überwachsene Finger aus dem Boden heben. Der Grünweidehof, ein kleines Bauernhäuschen mit einem Stall für Arbeitstiere, Kühe und Hühnerverschlägen, hat offenbar ähnliche Schäden erlitten.

Verblasste Kratzer sind an den Hauswänden zu sehen, teilweise von Kletterrosen kaschiert. Die Scheune ist beinahe vollständig zerstört worden - am Tage sind Männer zu sehen, die auf das Dach klettern und Schindeln legen, während sie sich gegenseitig Dinge zurufen, deren Inhalt im Wind verloren geht.

Die Leute sind höflich, aber interessieren sich bis auf neugierige Blicke kaum für die Pilgersleute - sie sind, wie die Bewohner des Königreiches es oft sind - beschäftigt mit ihren eigenen Arbeiten und lassen sich nicht beirren. Grüße des Lichts (und manchmal, sollte sich ein Zwerg unter den Pilgernden befinden, auch ungeschickte Grüße an Berge und Minenstollen, man weiß ja nicht) begegnen den Reisenden, die ihre Rast ohne größere Zwischenfälle von Seiten der Gastgeber auf der Wiese verleben konnten.

Das entfernte Wolfsgeheul und das Zischen von Spinnen gehört zur Kakophonie des Elwynn ebenso dazu wie zuschlagende Fensterläden und der Laternenschein der Grenzer, die vielleicht etwas öfter als eine gewöhnliche Patrouillenroute es verlangen würde, um das Lager der Pilger streifen.

Wenn die Sonne sich am nächsten Morgen über das Rotkammgebirge schiebt, kommen allmählich auch die Weinberge in Sicht, wenn auch noch etwas vom hügeligen Terrain überdeckt. Zu dieser Jahreszeit sind sie von Klee in grün und gold überwuchert und zeigen keine Reben, dafür aber Knospen und Blätter, die eine reiche Ernte versprechen. Hübscher anzusehen sind dafür die Apfelbäume und ihre Haine. Über und über von weißen Blüten bedeckt, kämpfen nektartrinkende Insekten um die Vorherrschaft an den Blumen. Kommt ein Windhauch auf, scheint es beinahe zu schneien, wenn die weißen Blütenblätter durch die Luft tanzen und sich erbarmungslos auf alles legen, was sich ihnen in den Weg stellt.

Um die Vormittagszeit herum sind in den Blumenwiesen Kinder zu sehen, die sich mit Holzschwertern zu Leibe rücken (die Rollenverteilung der Gegner ist hierbei sehr divers: Murlocs, Gnolle, Wölfe und sogar Horde ist dabei!). Andere flechten mit nicht weniger Konzentration Blumenkränze, langweilen sich beim Hüten von Schafen und Hühnern oder starren unentwegt gen der Pilgernden, in der Hoffnung abenteuerliche Geschichten abzugreifen, wenn die Ohren und Augen einfach nur groß genug sind.

Zur vollen Mittagsstunde ist das entfernte Läuten einer Kapellenglocke zu hören - Bauern auf den Feldern, Arbeiter an den Höfen und an Zäunen am Wegesrand nehmen dies zum Zeichen, um sich zu stärken. Ungefähr zu dieser Zeit kommt ein mit Körben beladener Karren zum Lager der Pilgernden. Interessierte Reisende erhalten frisch gebackenes Brot und Rosinenzöpfe von drei jungen Damen, die, sollte man sie danach fragen, sich als Hausmädchen des Gutshauses offenbaren, während die Organisation der Pilgerreise von der ältesten Magd - ihr Name ist Anna Grünweide - eine Wegbeschreibung zum Gut und einen Abriss der Abendplanung erhalten - immer nordwärts, bis die Mauern in Sicht kommen. Schließlich, sollten die Körbe ordnungsgemäß geplündert worden sein, machen sich die Hausmädchen wieder auf dem Weg zum Gutshaus und überlassen die Reisenden ihren Gebeten, Gesprächen und Plänen.

Abenteuerlich ist es hier nicht. Aber irgendwo muss jeder einmal anfangen.


Siehe auch: [A] Silberschild Pilgerreise (29.4. - 30.5.) - abgeschlossen

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Kopfschmerzen

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Kopfschmerzen.

Diese elendige Geissel der Menschheit, die bei einigen Individuen nur dazu dient, damit sie zumindest anatomisch gesehen imstande sein sollten einen halbwegs Intelligenten Gedanken zu äussern, falls sie denn die dafür nötige Intelligenz besitzen sollten.

Und da fängt es bei den meisten schon an.

Hamilton hatte Kopfschmerzen, und zwar diejenige, die man normalerweise nur dann hat, wenn man entweder auf Alkoholentzug war, oder als krasses Gegenteil dazu, zuviel gesoffen hatte. Oder wenn man sich im Bauch eines Schiffes auf dem Weg nach Pandaria befand, in dem die Luft auf diese Weise stand wie sie es nur im Keller gewisser zweitklassiger Etablissements tat.

Er lag auf seiner dünnen Matratze auf dem blanken Boden und lauschte dem Rauschen der Wellen und dem knarzendem Schiffsrumpf, welches sich durch den Ozean pflügt. Die Welt könnte so ein schöner Ort sein, umhüllt von diesem beruhigenden Geräusch, würde es nicht in regelmässigen Abständen vom Schnarchen einer Horde Expeditionsteilnehmer und Besatzungsmitglieder äussert lautstark unterbrochen.

Menschen.

Ebenfalls eine leidige Geissel. Zumindest war seine Abneigung gegenüber anderen Personen bisher nicht zum Vorschein gekommen. Zum Glück, musste man sagen, denn auf solchen Expeditionen war man leider gezwungenermassen auf seine Mitmenschen angewiesen. Er wollte doch nur wieder einmal irgendwas so dermassen verprügeln, dass man dessen Existenz nicht einmal mehr im wirbelnden Nether nachweisen konnte.

Aber das würde bestimmt noch kommen. Entweder das, oder das brechen seiner Fassade, die alleine dem puren Egoismus entsprang.

Mit viel Schwung, und etwas Hilfe der schwankenden Betty, richtete er sich auf, schlüpfte in ein bequemes paar Hosen und stampfte an Deck, nachdem er die Taschen nach seinen Kippen durchsucht hatte. Oben angekommen, lehnte er sich an die Reling und lauschte nichts weiter, ausser dem beruhigenden Rauschen des Meeres. Der salzgeschwängerte Wind fuhr durch sein Fell und brannte leicht in der Nase. Als hätte er einen Glutfunken eingeatmet.

Das einzige was die Ruhe für einen kleinen Moment zerriss, war das bekannte Knistern seines Taschenfeuerzeugs als die Flammen die ersten Tabakblätter zerfrassen und die dunkle Nacht mit einem kleinen aufflackernden Lichtpunkt erhellte. Er nahm einen tiefen Zug, raunte und blies den Rauch durch seine Nüstern, wie eine grosse pelzige Dampflok. Ein zufriedenes Brummen drang aus der kohlegeschwärzten Kehle des Schmiedes, gefolgt von einem für ihn typischen tiefen Raunen.

Mit gespreizten Krallen, rieb er sich über die Augenbrauen und lies seine Gedanken schweifen.

Vielleicht war es an der Zeit wieder mehr unter Menschen zu gehen, vielleicht würde dann seine Sozialphobie etwas weniger werden. Vielleicht sollte er auch einfach zurück in seinen Laden kehren und seiner Arbeit nachgehen. Vielleicht wäre es auch eine gute Idee, etwas freundlicher zu den Menschen zu sein, damit… Nein, ach was für eine bescheuerte Idee. Er rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf.

Freundlicher zu den Leuten zu sein, nur damit keine Gefühle verletzt werden? Bei Goldrinn nein, da stirbt er eher an einem stressbedingtem Herzinfarkt, bevor er sich ernsthaft um das Seelenheil seiner Mitmenschen kümmert. Das ist die Aufgabe anderer, er war Schmied und kein Seelsorger und schon gar kein Heuchler. Soweit kommt’s noch, William Hamilton ist freundlich? Nur wenn er muss. Der Erste Eindruck ist schliesslich wichtig, das musste sogar er lernen. War er aufgrund dessen nicht auch ein Heuchler?

Heuchler…

Eine weitere Geissel der Menschheit. Er hatte sie, jeden Einzelnen von Ihnen. Und er schämte sich für jeden Augenblick, an dem er gezwungen war, sich auf dieses Niveau herab zu begeben nur um seinen eigenen Vorteil willen. Diese elendigen Speichellecker, die nur ein Rückgrat besitzen, damit sie beim Akt des in den Hintern kriechens nicht in sich zusammenfallen wie der Haufen Kodomist, die sie nun mal darstellten!

Sein steigender Blutdruck verriet ihm, dass es wohl besser war weniger nachzudenken. Denn immer wenn er zu viel nachdachte, passierte sowas! Er seufzte schwer und zog nochmals an seiner Kippe und wieder leuchtete ein kleiner roter Punkt in der Dunkelheit der See. Wieder rieb er sich mit den rauen Fingerkuppen über die Augenbrauen. Er wusste nicht ob es eine gute Idee war, her zu kommen, alleine schon wegen der Phiole. Insgeheim hoffte er, dass man sich aufeinander verlassen konnte. Aber sicher war er sich nicht.

Was aber fest stand war, dass diese Expedition eine gute Gelegenheit darstellte, sich unter Leute zu bringen. Womöglich hatte die Gesellschaft ja doch noch Platz für einen brummigen, schlecht gelaunten Schmied und eskapistischen Teilzeitsäufer wie ihn. Vielleicht… das wird die Zeit zeigen.

Siehe auch: [A-RP] Jäger des verlorenen Szepters

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Stratholme, vor einigen Wochen…

Leise knirschte das, was einst eine Straße war, unter den schweren Stiefeln des Argentumtrupps. Seit mehr als einer Stunde war alles ruhig und nichts deutete in diesem Teil von Stratholme auf unmittelbare Gefahr hin, dennoch blieben die drei Gestalten wachsam bei jedem Schritt.
Erst als sie den alten Viehmarkt erreichten, blieben sie einen Moment stehen um durchzuatmen.

„Hier ist nichts als Staub und Geröll. Zeitverschwendung! Wir sollten an einen Ort gehen, wo mein Hammer wenigstens etwas zu tun bekommt!“ grollte der Bärtige, nachdem er einen tiefen Schluck aus seiner Feldflasche genommen und diese an die Schildträgerin weitergereicht hatte.
„Oder zurück ins Lager. Ich bin müde und morgen ist ein neuer Tag.“ gab diese von sich, trank und reichte die Flasche zurück, während sie ihren Blick auf den Gelehrten richtete. „Oder nicht?“ rief sie ihm fragend zu, doch der Angesprochene blickte nur geistesabwesend auf eine der vielen Ruinen. Erst als der Bärtige laut hustete, riss ihn das aus seinen Gedanken und er blickte fragend zu den anderen beiden. „Sollen wir zurück?“ wiederholte die Schildträgerin ihre Frage.

„Wir sind hier noch nicht fertig.“ antworte der Gelehrte mit ruhiger Stimme. „Dort… ist irgendwas.“
Sein Blick wanderte kurz wieder zu der Ruine, dann zurück zu seinen beiden Begleitern, die bereits ihre Waffen gezogen hatten. Er hob abwehrend die Hände. „Keine Untoten, keine Gefahr.“ erklärte er schnell. „Und doch… ich spüre etwas.“
Seine beiden Begleiter warfen sich einen Blick zu und atmeten lang und ein wenig genervt aus, während sie ihre Waffen wieder wegsteckten. Schließlich ergriff der Bärtige das Wort: „Also schön. Sehen wir mal was Ihr da spürt. Vielleicht habe ich dann wenigstens endlich was zu tun.“ gab er von sich und marschierte los, die anderen beiden folgten ihm gemessenen Schrittes.

Vor einem alten Getreidesilo blieben sie stehen. „Hier. Hier ist es.“ meldete sich der Gelehrte zu Wort. „Getreide in Stratholme, wir müssten verrückt sein um…“ konnte die Schildträgerin noch sagen bevor der Bärtige begann die Klappe mit seinem Hammer aufzuschlagen. „Seid wenigstens vorsichtig, beim Licht!“ rief sie ihm noch zu.
„Ich bin immer…“ wollte der Bärtige gerade antworten als die Tür vor ihm nachgab und ein Schwall aus Geröll, rostigem Metall und Holzteilen sich über ihn ergoss und ihn begrub. Schnell waren die anderen beiden bei ihm und begannen ihn hastig aus dem Haufen zu befreien, der sich über ihm gebildet hatte. Seinem Schimpfen und Fluchen nach war er zumindest einigermaßen unverletzt geblieben. „Ich spüre hier etwas… hier muss es sein…“ knurrte er vor sich hin, als genug von ihm frei gelegt war und er selbst mit anpacken konnte seine Beine zu befreien. „Was zum Henker ist das hier überhaupt alles?“ fragte er schließlich. „Eine Art Hort? Oder eine Müllhalde?“ versuchte sich die Schildträgerin an einer Erklärung, als sie sich aufrichtete und zum Gelehrten blickte.

Dieser war immer noch oder besser wieder dabei zu graben. Ihr Blick wanderte eine Weile hin und her zwischen ihren beiden Gefährten und der Umgebung. Als der Gelehrte etwas aus dem Schutt zog, blieb ihr Blick aber wieder bei ihm hängen. „Was ist das?“ Fragten sie und der Bärtige gleichzeitig.
Der Gelehrte antwortete nicht, sondern zeigte ihnen einfach nur wortlos seine Beute.
„Kennt Ihr dieses Wappen?“ fragte die Schildträgerin schließlich, nachdem alle einen Moment geschwiegen hatten. Der Gelehrte nickte und verstaute das Fundstück sicher in seinem Beutel. „Das hier gehörte Anna Rothfeld.“ Die anderen beiden blickten sich kurz an und der Bärtige sprach aus, was beide dachten: „Wem?“. Der Gelehrte schüttelte den Kopf und lächelte entschuldigend. „Eine große Tote, deren Vermächtnis ich verloren glaubte. Doch vielleicht kann es wieder gefunden werden.“ Einen Moment blickte er in die ratlosen Gesichter seiner Begleiter, dann deutete er mit seinem Kinn in Richtung des Lagers. „Gehen wir zurück. Später sollt Ihr alles erfahren, was Ihr wissen wollt.“

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