Pilgerzeit
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Vielleicht ist der Anblick der grünen Wiesen und Baumhaine des Elwynnwaldes nicht unbedingt das Abenteuerlichste, was den Pilgern und Ordensgeschwistern auf ihrer Reise zu geschichtsträchtigeren und gefährlicheren Orten begegnen wird. Aber sind es nicht gerade die friedlichen Etappen, die einen auf das Unbekannte vorbereiten? Liegt im wilden Surren der Bienen, die sich über die Friedensblumen und Königsblütler hermachen, nicht das murmelnde Versprechen von Spannung und Gefahr? Scheint es nicht, als würden die Apfelbäume zum Abschied winken, wenn der Wind ihre Zweige zucken lässt?
So nahe am Schwarzfelsgebirge ist die Luft warm, verheißungsvoll für die brennende Steppe, die ihren Namen nicht umsonst trägt. Ein wenig Feuchtigkeit liegt im Wind, der einen Teil des Nordhainflusses, des Steinhügelsees und des Klosterbaches mit sich nimmt und einem das entfernte Gurgeln von Murlocs um die Ohren wirbelt, deren kleine Hütten versteckt zwischen Ufergras hin und wieder hervorblitzen.
Wenn einem die mit dicken Fässern beladenen Karren, begleitet von fröhlich quatschenden Bauern auf den von Rädern und Hufen plattgemahlenen Wegen entgegenkommen, scheint dieser Fleck Land sich in den paradiesisch sicheren Schatten zu kuscheln, den Sturmwind als Ankerpunkt der Allianz und des Königreiches über seine nahen Lehen wirft.
Aber nicht alles ist immer so, wie der Schein es verspricht. Die Karren werden von Männern in den Uniformen des Königreichs Sturmwind begleitet, die höflich, aber ernst sind und sich immer einmal wieder umsehen. Vorbei an den quietschenden, sich träge drehenden Mühlrädern der Höfe kommen die verkohlten Überreste eines Kornspeichers in Blick, die sich neben einer Baustelle wie warnende, von Gras überwachsene Finger aus dem Boden heben. Der Grünweidehof, ein kleines Bauernhäuschen mit einem Stall für Arbeitstiere, Kühe und Hühnerverschlägen, hat offenbar ähnliche Schäden erlitten.
Verblasste Kratzer sind an den Hauswänden zu sehen, teilweise von Kletterrosen kaschiert. Die Scheune ist beinahe vollständig zerstört worden - am Tage sind Männer zu sehen, die auf das Dach klettern und Schindeln legen, während sie sich gegenseitig Dinge zurufen, deren Inhalt im Wind verloren geht.
Die Leute sind höflich, aber interessieren sich bis auf neugierige Blicke kaum für die Pilgersleute - sie sind, wie die Bewohner des Königreiches es oft sind - beschäftigt mit ihren eigenen Arbeiten und lassen sich nicht beirren. Grüße des Lichts (und manchmal, sollte sich ein Zwerg unter den Pilgernden befinden, auch ungeschickte Grüße an Berge und Minenstollen, man weiß ja nicht) begegnen den Reisenden, die ihre Rast ohne größere Zwischenfälle von Seiten der Gastgeber auf der Wiese verleben konnten.
Das entfernte Wolfsgeheul und das Zischen von Spinnen gehört zur Kakophonie des Elwynn ebenso dazu wie zuschlagende Fensterläden und der Laternenschein der Grenzer, die vielleicht etwas öfter als eine gewöhnliche Patrouillenroute es verlangen würde, um das Lager der Pilger streifen.
Wenn die Sonne sich am nächsten Morgen über das Rotkammgebirge schiebt, kommen allmählich auch die Weinberge in Sicht, wenn auch noch etwas vom hügeligen Terrain überdeckt. Zu dieser Jahreszeit sind sie von Klee in grün und gold überwuchert und zeigen keine Reben, dafür aber Knospen und Blätter, die eine reiche Ernte versprechen. Hübscher anzusehen sind dafür die Apfelbäume und ihre Haine. Über und über von weißen Blüten bedeckt, kämpfen nektartrinkende Insekten um die Vorherrschaft an den Blumen. Kommt ein Windhauch auf, scheint es beinahe zu schneien, wenn die weißen Blütenblätter durch die Luft tanzen und sich erbarmungslos auf alles legen, was sich ihnen in den Weg stellt.
Um die Vormittagszeit herum sind in den Blumenwiesen Kinder zu sehen, die sich mit Holzschwertern zu Leibe rücken (die Rollenverteilung der Gegner ist hierbei sehr divers: Murlocs, Gnolle, Wölfe und sogar Horde ist dabei!). Andere flechten mit nicht weniger Konzentration Blumenkränze, langweilen sich beim Hüten von Schafen und Hühnern oder starren unentwegt gen der Pilgernden, in der Hoffnung abenteuerliche Geschichten abzugreifen, wenn die Ohren und Augen einfach nur groß genug sind.
Zur vollen Mittagsstunde ist das entfernte Läuten einer Kapellenglocke zu hören - Bauern auf den Feldern, Arbeiter an den Höfen und an Zäunen am Wegesrand nehmen dies zum Zeichen, um sich zu stärken. Ungefähr zu dieser Zeit kommt ein mit Körben beladener Karren zum Lager der Pilgernden. Interessierte Reisende erhalten frisch gebackenes Brot und Rosinenzöpfe von drei jungen Damen, die, sollte man sie danach fragen, sich als Hausmädchen des Gutshauses offenbaren, während die Organisation der Pilgerreise von der ältesten Magd - ihr Name ist Anna Grünweide - eine Wegbeschreibung zum Gut und einen Abriss der Abendplanung erhalten - immer nordwärts, bis die Mauern in Sicht kommen. Schließlich, sollten die Körbe ordnungsgemäß geplündert worden sein, machen sich die Hausmädchen wieder auf dem Weg zum Gutshaus und überlassen die Reisenden ihren Gebeten, Gesprächen und Plänen.Abenteuerlich ist es hier nicht. Aber irgendwo muss jeder einmal anfangen.
Siehe auch: [A] Silberschild Pilgerreise (29.4. - 30.5.) - abgeschlossen