Schicker Worg und eine Blutelfe
Der Than erhielt einen Bericht: wie wir uns ins Orclager geschlichen hatten und die Katapulte verbrannten. Und dass wir Horde-Kisten fanden. Eine Menge. Und wie die Orcs da allem Anschein nach gedachten, sich dauerhaft einzurichten. Vor unserer zwergischen Haustür. Am Hang des Khaz. Wie Flöhe in einem Bärenpelz. Es war etwas, um was wir uns irgendwann bald würden kümmern müssen, sobald wir von unserer Reise zurück wären. Zuerst einmal sandte Feriok einen Boten nach Menethil, um sie vor etwaigen Übergriffen der Grau-Orcs zu warnen.
Der Abend brach herein, und wir versammelten uns um einen Kessel Hammeleintopf. Am Rand des Lagers tauchte plötzlich ein riesiger pelziger Schatten auf. Wir standen auf und zückten die Waffen. Beim Näherkommen sah ich, es war ein Worg. In einem feinen schwarzen Anzug. Nur ein bisschen Schlamm zierte seine Pfoten und die Manschettenknöpfe, ansonsten sah er aus wie zu einem Galadinner. Wir staunten. Graf von Sturmsiel wäre sein Name, von den Kirin Tor, und er suche eine Gruppe von Zwergen. Nunja, die hatte er gefunden. Wir luden ihn ans Feuer ein und versorgten ihn mit Eintopf und Bier.
Auch er suchte diese magischen Artefakte, und deswegen suchte er uns. Diese Artefakte seien sehr gefährlich, und er wolle sie zerstören.
Irgendwie kam er mir vage bekannt vor. Wir hatten vor Jahren schon Kontakt zu Worgen gehabt, ging es da um den gemeinsamen Kampf gegen die Untoten? Ich war mir nicht so sicher, aber „Sturmsiel“ hatte ich schon einmal gehört.
Wie er uns gefunden hätte, wollte Glambert wissen. Durch seine Nase, sagte der Graf. Ich überlegte, ob wir denn wirklich so lange schon nicht mehr gebadet hätten, aber dann fiel mir ein, dass er vermutlich seinen besonders guten Worgen-Geruchssinn meinte.
Nun ging es eine Weile hin und her, und wir befragten uns gegenseitig. Plötzlich aber sprang Glambert auf und richtete sein Gewehr auf den anderen Eingang des Lagers. Ich fuhr heftig zusammen und hätte beinahe mein Bier verschüttet. Aber nur beinahe.
Da stand eine Blutelfe. Vor ihr wanderte ein Schaf im Kreis umher. Das war einmal eine unserer Wachen gewesen, ich erkannte es an dem geflochtenen Bart mit den Silberspangen. Offensichtlich eine mächtige Magierin!
Beinahe wäre es zu einer Katastrophe gekommen, denn Glambert hatte den Finger schon am Abzug. Aber dann sprang der Graf blitzschnell auf und rief „Halt! Ich kenne sie!“
Die Wache verwandelte sich zurück, es war Gisgur. Verwirrt riss er sich ein Büschel Gras aus den Zähnen und starrte es an.
Wir gingen ein Stück den Pfad hinunter, abseits des Lagers. Wir wollten unsere Gastgeber von der Forscherliga nicht noch weiter verärgern. Aber die Stimmung war trotzdem geladen, Glambert hielt noch immer seine Waffe bereit. Weder kannten wir diesen Graf Worg, noch diese Blutelfe. Und die ganze Geschichte mit den magischen Artefakten war ohnehin von Anfang an sonderbar.
Die Elfe sprach orcisch, und ich verstand kein Wort. Der Graf würde für uns übersetzen müssen. Aber er reichte jedem von uns eine Phiole mit einer gelb-grünlichen Flüssigkeit. „Alchemie“ sagte er. Damit würden wir dann die Sprache verstehen. Die anderen Zwerge starrten ihre Phiolen voller Misstrauen an, und ich sah, sie würden sie nicht anrühren. Ich nahm also all meinen Mut zusammen, sagte: „Ein Zwerg wird ja wohl ein gratis Gesöff nicht ablehnen“, und kippte das Zeug todesmutig auf ex herunter. Es schmeckte grauenhaft süßlich, aber nicht giftig. Wie erwartet, folgten die anderen Zwerge meinem Beispiel: keiner wollte als Weichzwerg dastehen. Und völlig verblüfft bemerkten wir, dass wir die Elfe tatsächlich verstanden! Was für ein wunderliches Zeug! Nur an dem Geschmack würde man noch etwas feilen müssen, und am Alkoholgehalt.
Irya Mondschwert. In Ihrem Besitz hatten sich die magischen Artefakte befunden, bzw in dem ihrer Familie. Sie sei inzwischen bei den Kirin Tor, und deswegen sei es ihr nun wichtig, die Artefakte zu finden und sie zu zerstören.
Irgendwie kam mir der Name bekannt vor, und das Gesicht.
Diese Schlacht damals am Thandolübergang. Warum waren wir von Norden gekommen? Oder spielte mir meine Erinnerung da einen Streich? Hinter Barrikaden hatten sie gelauert, und Bogenschützen und andere Fernkämpfer waren auf dem alten Brückenbogen postiert. Sie hatten Flugreittiere, und wir krebsten am Boden umher und waren gute Zielscheiben.
Ich schüttelte die Erinnerung ab. Dies war unsere bisher beste Möglichkeit, die Artefakte zu finden.
Sicherlich, diese Elfe könnte uns benutzen, um sie zurück zu bekommen, und sie dann doch wieder an sich reißen, anstatt sie zu zerstören oder den Kirin Tor zu übergeben… aber dazu würden wir Zwerge es nicht kommen lassen. Erstmal, mussten wir diese Artefakte überhaupt finden. Und da konnte uns nur die Elfe helfen, wie es aussah.
Unser nächster Weg führte uns ins Nachtelfenlager im Sumpfland. Die Blutelfe ließen sie nicht herein, und so blieb der Graf bei ihr und sie nächtigten außerhalb. Wir Zwerge waren im heiligen Hain der Nachtelfen auch nicht die beliebtesten Gäste, aber sie waren immerhin halbwegs kooperativ, ließen uns dort übernachten und beantworteten unsere Fragen.
Einige Wachen hatten nachts etwas beobachtet: einige Gestalten, und Geräusche von einem Karren, die vorbeizogen auf der Hauptstraße, von West nach Ost. Es war etwa eine Woche her. Es wäre möglich, dass sie in Richtung Grim Batol Pass abgebogen sind. Sie wollten jedenfalls offensichtlich nicht entdeckt werden, denn sie hielten nicht am Elfenlager an, und sie reisten nachts, etwas, das eigentlich kein vernünftiger Mensch im Sumpf gerne wagt.
Da hatten wir endlich unsere Spur!