Kurz nachdem das Schiff nach Auberdine abgelegt hatte, stellte sich die Gnomin mit der kecken Haartolle an den Rand des Steges und sah dem Schiff nach, lange, bis das Segel hinter dem Horizont verschwand. Gitti schaute nach unten, wo das trĂŒbe Wasser des Hafenbeckens gegen die Pfeiler schwappte, sie seufzte leicht. Noch vor wenigen Monden war Menethil ein Ă€uĂerst lebhafter Ort, HĂ€ndler und Reisende nutzten die einzige sichere Schiffsverbindung nach Kalimdor und mit allerlei Waren und Volk kamen auch Neuigkeiten und Geschichten, die ihr Lebenselixier waren. Davon war nicht mehr allzu viel zu spĂŒren, die Aufmerksamkeit der Allianz hatte sich erst dem Kriegszug irgendwo in dieser WĂŒste in Kalimdor zugewandt, dann den scheinbar ewigen KĂ€mpfen um das einstige GroĂreich der Langbeine im Norden. Und immer waren die meisten der Söldner dem Ruf der Waffen gefolgt, sogar die Konklave der Lichtdosen hatte man kurzfristig abgesagt, in Menethil blieben nur die Stadtwachen zurĂŒck.
Angeblich gab es in SĂŒderstade und Thelsamar immer wieder Gemetzel mit den UntotenâŠfast könnte man sich sowas herbeisehnen, nur damit ĂŒberhaupt irgend etwas passierte⊠Sturmwind⊠Sturmwind war halt eine Hauptstadt, da wĂŒrde es immer Geschichten geben. In Menethil war einfach nix mehr los - gar nix. Dieser Schmiedegeselle trieb sich wer weiĂ wo herum, die kleine Spionin ging irgendwelchen GeschĂ€ften nach und ab und an stromerte eine von der Elfensippschaft durch die Stadt, aber das wurde auch weniger. Die einzige Abwechslung neben den altbekannten alkoholgeschwĂ€ngerten Geschichten Hargin Mundars waren ein paar Leute, die die Stadt neugierig erkundeten, wie diese beiden Langbeinigen oder dieser wirrbĂ€rtige Zwerg, der neulich eines der alten Schiffe am Kai inzpiziert hatte⊠vielleicht wĂŒrde er eine Kneipe auf der alten Kavelle eröffnen.
Gefangen in diesen zum Teil recht trĂŒbsinnigen Gedanken bemerkte die Gnomin nicht sofort, wie ein Wind aufkam, der ihre Frisur zerzauste. Wolken zogen sich ĂŒber der Bucht zusammen und der Himmel verdunkelte sich. Rasch wurde der Wind heftiger, wechselte immer wieder seine Richtung, schon zuckten Blitze durch die violettschwarze Wolkendecke. Die Untergehende Sonne tauchte die Bucht in ein purpurnes, dĂŒsteres Licht. In Sichtweite des Steges sorgte der durch die Berge abgelenkte Wind fĂŒr einen Wirbel, der immer gröĂer wurde und bald entstand eine Windhose, die schnell wuchs. Es donnerte heftig, Gitti zuckte zusammen und starrte auf das Schauspiel. In Menethil schrillte nun die Hochwasserglocke, wĂ€hrend diese seltsame SĂ€ule aus Luft und Wasser immer mehr an Höhe gewann. Gitti umklammerte einen der Holzpfosten, wĂ€hrend ihr Regentropfen ins Gesicht peitschten. Es blitzte wieder, und ein weiterer Donner lieĂ Gittis Ohren klingeln, durch den Sturm hörte man das panische Wiehern der Pferde und das Kreischen der Greifen. Matrosen und Hafenarbeiter versuchten hektisch, alles Lose auf den Stegen zu sichern.
Der nĂ€chste Blitz war gewaltig und fuhr direkt in die WassersĂ€ule ein, es sah aus als ob er sie spalten wollte. Mit einem tosen zerbarst das fragile Konstrukt und fiel platschend in sich zusammen. Die vom Wirbel ausgehende Welle raste auf den Hafen zu, Gitti starrte ihr entgegen, starr vor entsetzter Faszination. Als das Wasser ĂŒber die Stege schwappte, kniff die Reporterin die Augen zu und versuchte, sich fest zu halten, aber es gelang ihr nicht. Sie wurde mitgerissen und ĂŒber die Planken getragen, blieb aber endlich in der Takelage eines Schiffes hĂ€ngen. Krachend barst die Welle an den nahen Bergen, Regen setzte ein. Gitti hing kopfĂŒber mit einem FuĂ in den Wanten, sie drehte sich im Wind wie ein Wetterhahn, ihre Haartolle hing tropfend herunter. Als sie ihre Augen öffnete und in Richtung der untergehenden Sonne schaute, erblickte sie etwas, was sie trotz ihrer journalistischen Erfahrung so sehr in Erstaunen versetzte, dass sie ihre missliche Lage sofort vergaĂ.*