Noch vor ein paar Jahren war ich ein absoluter Gegner von Würfelsystemen: Es hat mir meinen Charakter zu sehr eingeschränkt und die anderen gleich mit. Ich hatte immer das Gefühl, irgendwie in einem goldenen Käfig zu sitzen. Aber das auch nur bis just zu dem Moment, als ich mich selbst als Spielleiter etabliert habe.
Ein gutes Würfelsystem sollte weder zu kompliziert sein, noch den Spielern das Gefühl geben, sie haben keine Macht über ihren Charakter. Vor allem soll es aber nicht nur einen Zufalls- und Glücksfaktor beinhalten, sondern auch dem Spielleiter die nötige unbefangene Distanz geben, nur über Werte, statt eventuell mit Gefühl über Situationen zu entscheiden, die jemanden begünstigen würden ohne einen ersichtlichen Grund.
Nicht nur für die von Iefan verlinkte Plotreihe, sondern auch von uns sonstige geleiteten Abenteuer, hat mein Co-SL sich ein solches Würfelsystem zu dem Zweck erdacht. Im Rahmen dessen halten wir einen jeden Mitspieler von uns an, uns einen vorgefertigten Charakterbogen auszufüllen. Dieser beinhaltet zum Beispiel Stärken und Schwächen, Interessen, Ängste und Vorlieben als auch mitgeführte (verzauberte) Gegenstände - die meisten Angaben davon mit Erfahrungswerten von 1-7, damit wir als SL die Werte mit dem Mitspieler absprechen können, um irgendwie ein ‚Gleichgewicht‘ reinbringen zu können. Also auch, weil ein Zivilist natürlich nicht mit einer Prestigeklasse gleichauf ist und sich da die Chancen anders verteilen sollten.
…darüber hinaus vergeben wir noch 1-2 Bonusfähigkeiten, die aber nicht spezifisch ‚Feuerball‘ oder ‚Sturmangriff‘ heißen, sondern zum Beispiel den Nahkampf-, Fernkampf- oder Zauberwert für zwei Runden um einen gewissen Wert - je nach Skilllevel - zu erhöhen.
Dieses System nutzen wir jedoch nur im Kampf mit einem rundenbasierten System plus Emotereihenfolge. Außerhalb vom Kampf kann es zu w20 kommen, aber zum Beispiel nur, wenn der Charakter seine Sinne benutzt, um beispielsweise nach etwas Auffälligem zu lauschen, zu spähen oder zu schnuppern. Ein Beispiel dazu wäre: Ein laues Lüftchen mit seltsamen Beigeschmack weht und zwei der Teilnehmer entscheiden sich dazu, dem mit dem feinen Näschen nachzugehen. Dann dürfen sie auf w20 würfeln und wenn sie über eine 5 kommen, bekommen sie einen Anhaltspunkt auf das gewispert, was sie da riechen. Je näher sie dabei der 20 kommen, desto detaillierter der Hinweis.
Natürlich muss man bei all dem Spaß immer die Fähigkeiten der Charaktere im Auge haben: Ein Worgen würde in diesem Szenario schon einen Würfelbonus wegen seinen verstärkten Sinnen bekommen. So, wie beispielsweise ein Akrobat einen Bonus auf einen Kletterwurf bekommen würde.
Es gibt eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten dafür und in einem Grüppchen sieht man sich das am Besten mal an und probiert einfach aus, was den Spielern und dem Leiter am Meisten Freude am Spiel bereitet. Denn letztlich geht es darum: Den Spaß im RP beizubehalten und eine gewisse Fairness für die Teilnehmer zu erarbeiten.