[H] [ICU] "Wanderer" rekrutiert ...nicht

[ W.G.M.S – Wolfs Gefahren Melde System ]

Die Nacht verstrich. Stunde für Stunde. Unter dem Arm der Magistrix hatte sich ein Blutfleck gebildet. Langsam in die Erde einziehend und trocknend. Die Elfe selbst bewegte sich nicht. Blass und geradezu leblos, lehnte sie an ihrem treuen Gefährten. Nur sehr selten war ein flacher Atemzug an ihrer Brust sichtbar und man hatte hier und da das Gefühl, als würde ihre rechte Hand kurz zucken. Einbildung des Wollens?

Mit den ersten Sonnenstrahlen zog sich der große, graue Wolf aus seiner Rolle des Kissens zurück. Äußerst vorsichtig und höchst darauf bedacht seiner elfischen Gefährtin kein Leid zuzufügen. Auch wenn die Position flach auf dem Boden ohnehin weit unbequemer wirkte. Das Tier stupste die Elfe an, als sie nicht auf seine Bewegung reagieren wollte. Verwirrt legte er seinen großen Kopf erst schief, dann legte er sich neben sie und platzierte seinen Dickschädel auf ihrem Bauch. Es schien fast so, als fühlte er nach, ob noch Leben in seiner Gefährtin steckt. Erneut leckte der Große führsorglich über die Wange der Elfe. Doch es gab immer noch keine Reaktion. Besorgt wartete er noch ein paar Minuten, ehe er sich auf den Weg zur Jagd machte. Etwas zu Essen hatte schließlich schon die schwächsten Geister wieder auf die Beine gebracht.

Doch auch seine erlegte Beute, ein kleinerer Affe, die er ihr als Geschenk präsentierte, ließ die Elfe nicht erwachen. Wache haltend legte sich der Wolf wärmend neben seine Gefährtin. Lauschend, ob er Schritte hören konnte. Gefahren. Hilfe.

Der taktisch günstige Lagerplatz wurde zur Falle.

Als die Sonne ihren höchsten Punkt am Firmament erreicht hatte, verschaffte sich ein trauriger Laut im Schlingendornkap Gehör. Ein durchdringendes, trauriges Wolfsgeheul hallte durch die Bäume und Häuser. Der Ursprung konnte nicht weit von Beutebucht entfernt liegen und er war ausdauernd. Trauer um einen Gefährten oder vielleicht auch nur ein verzweifelter Ruf nach Hilfe?

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[Urlaub]

Lethariel Aschenkrone war eine Kommandantin, wie sie im Buche stand. Streng, diszipliniert und traditionell, seit über einhundertfünfzig Sommern diente sie dem Waldläuferkorps. Unter ihrem Kommando hatte die 12. Einheit auf Argus gekämpft, auf den Verheerten Inseln Unterstützung und Schlagkraft beigesteuert und in Draenor den Sturm auf die Zitadelle begleitet. Ihre Einheit, die sie mit Stolz und Bedacht handverlesen ausgewählt hatte. Eine kleine Gruppe, etwas mehr als eine Handvoll Sin’dorei mit Erfahrung im offenen Feld, in unbekannten Gefilden, nicht nur im Heimatschutz. Jeder ihrer Schützlinge war nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewählt worden, die ihnen nicht einmal selbst bekannt waren. Die Biographiebrüche ihrer Lebensläufe, keine familiären Bindungen, entsprechende Felderfahrung und auch eine gewisse freizügige Diplomatie, die jedem schon einmal Probleme im starren Staatsapparat von Quel’Thalas bereitet hatte, gehörte dazu. Wenige Leben, die keine Verpflichtungen hinterließen, wenn sie irgendwo fernab der Heimat fallen würden. Aschenkrone betrachte jeden einzelnen ihrer Waldläufer als Teil einer Familie, die nicht durch Blut miteinander verbunden war. Und nun war ihre jüngste Tochter abhandengekommen.

Sie beugte sich über die Akte, deren Kartondeckel durch die feuchte Hitze des Dschungels gewellt war, und öffnete sie. Sasarya N. Feuerfeder stand in schnörkellosen Buchstaben auf dem ersten Blatt, darunter folgten Daten zu ihrer Familie und ihrem Vormund nach dem Einfall der Geißel. Sechsundsiebzig Jahre alt, ledig.

Aschenkrone massierte sich die Nasenwurzel und nahm das Telegramm zur Hand, dass ein Goblinbote ihr vor zwei Tage gereicht hatte. Feuerfeders erstaunlich schöne Handschrift schilderte in enervierter Sprache, dass sie durch ein fehlgeleitetes Artefakt in Beutebucht festhing. Bedauern und Entschuldigen ließ das Schreiben ebenfalls nicht vermissen. Sie kannte Sasarya gut. Sich einfach davonzustehlen, um ihre Ruhe zu haben, gehörte nicht zu ihrem Schützling, der Jüngsten in ihrer Einheit. Die Waldläuferin nahm sich nur Auszeiten, wenn es unbedingt sein musste. Sie war über alle Maßen pflichtbewusst und Aschenkrone ahnte, dass es daran lag, dass sie niemanden hatte, zu dem sie hätte zurückkehren können. Das Korps war ihre Heimat, war Sinn und Aufgabe. Auch sie entsprach dem Profil, dass an die 12. Einheit angelegt war.

Im fahlen Halblicht der Kerze wurde das Telegramm weit hinten in der Akte abgeheftet, fand seinen Platz hinter dem Trenner Korrespondenz. Lethariel Aschenkrone blätterte durch die wenigen Aktennotizen, die sich dort befanden. Sie stolperte über den letzten Brief, der Feuerfeders vorletzte Auszeit einleitete und mit einem Halblächeln sah Aschenkrone auf die Schilderung der Waldläuferin, die einleitenden Worte, die sich nicht allzu lange aufhielten und die Bitte, die schnell angeschlossen wurde.

„…Meinem Vormund geht es gesundheitlich nicht gut und obwohl ich nicht verpflichtet bin, mich zu kümmern, wiegt meine Schuld an Magister Blutnebel schwer. Ich möchte Euch daher bitten, meinem Gesuch auf Heimaturlaub stattzugeben, damit ich Vorkehrungen für seine Genesung treffen kann. Ich habe keine Familie mehr und müsste ich eine Familie nennen, neben dem Korps, dann wäre wohl mein Vormund der einzige Sin’dorei, der diese Bezeichnung verdient. Solltet Ihr diesem Gesuch nicht stattgeben, so ersuche ich Euch um die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch, um mein Ansinnen zu verdeutlichen…“

Sie hatte sie Sasarya gewährt. Feuerfeder hatte sich einige Monde in ihrer Heimat aufgehalten und um ihren Vormund gekümmert. Als die Waldläuferin erneut in Aschenkrones Einheit zurückgekommen war, schien sie verändert. Nicht die Fähigkeiten hatten gelitten, aber irgendetwas haftete an ihr, dass man schlecht beschreiben konnte. Sie war ernster zurückgekehrt, stiller noch als zuvor und mit deutlich übersteigertem Pflichtbewusstsein, als habe die Heimat ihren Willen, zu dienen, noch mehr angefacht. So sehr, dass sie auf Argus die Rangliste für getötete Feinde in ihrer Einheit anführte, und sich so sehr daran aufrieb, dass sie zuletzt im Lazarett landete, schwer verwundet.

Mit einem Seufzen schloss Aschenkrone die Akte. Ihre Worte, die sie an die Waldläuferin per Telegramm gerichtet hatte, waren genau so wohlwollend gemeint gewesen, wie sie sie verfasst hatte. Unfreiwilliger Urlaub, den sie nun genießen sollte, bis sie wieder eingesetzt wurde. Das Leben war kurz, wenn man an den verschiedensten Fronten diente und ein paar Wochen Urlaub würden ihr nicht schaden, selbst wenn sie sie allein in Beutebucht verbringen musste, davon war Lethariel Aschenkrone überzeugt. Und vielleicht würde die Ruhelosigkeit in Sasarya ein wenig befriedet. Schaden konnte der Versuch sicherlich nicht.

Ein Hauch Magie löschte die Kerze an ihrem Arbeitsplatz aus.

Florence + The Machine - Wish that you were here
https://youtu.be/YgE70iZTFOM

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[Auf Messers Schneide]

Die Entscheidung, die Stadt zu verlassen, war irgendwann während des Bades am Rande der Stadt gefallen. Ein Vorschlag von Sasarya, dem der Illidari sich anschloss, obwohl sie nicht damit gerechnet hatte. Warum er nicht bei Linndriel bleiben wollte, erklärte er ihr nicht. Als sie die Ölkanne erneut betraten, rauschte Oonayepheton davon, die Treppen hinauf, während Sasarya sich an der Theke mit Vorräten eindeckte. „Brot, ein paar Äpfel, eine Flasche von dem guten Beutebuchter Schädelberster, eine halbe Dauerwurst, Weintrauben, ein Viertel milden Käse…“, zählte der Goblin auf und schnipste nach einem Laufburschen. „Jetzt aber zack, zack! Die Lady will hier was einkaufen!“

Voll bepackt tauchte der Illidari wieder hinter ihr auf, balancierte in einer komplizierten, eleganten Choreographie Waffen und Gepäck, wippte leicht auf den Füßen und besah die Situation. "Also muss ich nicht mehr in die Küche?", fragte er, als Sasarya gerade einige Münzen aus ihrem Beutel abzählte, den Betrag aufrundend, der ihr genannt worden war.

"Nein nein, alles gut", sagte Sasarya und warf einen Blick über ihre Schulter auf den bepackten Illidari. "Hast du Linndriel gesagt, wohin du gehst?" Sie blickte wieder nach vorne und kratzte sich am Kinn, überblickte das Bestellte, welches gerade in Leinen eingeschlagen wurde, und legte noch eine Münze nach.

"Wieso? Sie ist erwachsen - sagt SIE jedenfalls." Die Antwort des Illidari ließ Sasarya so stehen, während sie die Vorräte in dem einfachen Leinenbeutel des Dämonenjägers verstaute, den er ihr hingeworfen hatte. Den Weg aus der Stadt nahmen sie in Schweigen. Die Mittagssonne brannte auf die beiden herunter, die wie ein eher ungleiches Abenteurerpärchen wirkten. Als sie die Stadtmauern hinter sich gelassen hatten, setzte der Illidari seinen Satz fort.

"Sie kann jedenfalls nicht erwarten, dass -" Oonayepheton unterbrach sich, als ein herzzereißendes Heulen nah vor ihnen aus dem Dickicht ertönte und drehte den Kopf… dann wieder zurück zu Sasarya. Vielleicht um einen Eindruck aufzufangen.

Sasarya legte den Kopf schief und hielt inne, bedeutete Oona ebenfalls anzuhalten. Mit gespitzten Waldläuferohren lauschte sie dem Geräusch nach und deutete in die Richtung, in der sie es vermutete. "Nachsehen?" - eine eher knappe Frage, ob man sich gemeinsam dem Geheul zuwenden wolle, leise gestellt.

Ein Schulterzucken zur Antwort, das nicht unbedingt ablehnender Natur war. "Besser nachsehen, als das Nachsehen haben. So dicht an der Stadt sollte kein wildes Tier sein." Oh, da schau mal einer. Hatte der Jäger Grundwissen aus einem früheren Leben? Er hatte leise gesprochen, als er antwortete. Bemüht ruhig verschob er das Bündel Proviant - so dass es ihn bei etwaigen Notwendigkeiten nicht behinderte.

"Ich gehe vor", entschied Sasarya und nahm ihren Bogen zur Hand, einen Pfeil locker auf der Sehne. Offensichtlich rechnete sie gar nicht damit, dass jemand sonst vorgehen könnte, es war schließlich ihre Domäne, die all ihre Sinne bediente. Sie atmete tief ein, ließ die Verbindung zur Natur anschwellen - etwas, dass auch Oona in seiner spektralen Sicht wahrnehmen konnte, und ging dann in die Richtung des Aufheulens, langsam und beinahe lautlos.

Als sich die Blätter teilten offenbarte sich ihnen eine Szenerie, die auf den ersten Blick missverständlich hätte wirken können - ein unordentliches Lager, der leblose Körper einer Sin’dorei und darüber ein kapitaler Wolf - einer der Sorte, wie ihn die Orkvölker seit Generationen zum Reittier abrichteten. Andererseits… ein jedes Tier war wild ohne seinen Herrn.

Der große, graue Reitwolf setzte ein halb agressives, beschützendes Knurren auf und stellte sich mit einer Pfote über die Beine seiner Reiterin. Die Elfe lag ziemlich regungslos auf dem Boden. Einen deutlichen Atem suchte man bei ihr vergebens. Das Lager war sehr mager ausgerüstet. Ausrüstung lag auf der einen Seite, samt Satteltaschen. Auf der anderen medizinisches Werkzeug. Ein Skalpell war arglos neben die Schalen geworfen worden.

Der Illidari fletschte die Zähne, eine absolut instinktive Reaktion und eine gegengleiche Warnung, noch bevor er irgendeine andere Regung zeigte. Die Hände streckten sich präventiv, der Körper spannte sich an - Wolf oder Reiterin zuzuordnen hatte keine Priorität.

Sasarya ließ den Bogen leicht sinken und sah das Tier und die am Boden liegende Elfe an. "Ist schon gut", sagte sie, wohl auf den Wolf gerichtet und ihre Sinne sendeten einen stummen Gruß, den der Wolf als friedliche Begrüßung einordnen konne, wie ein Streichen von imaginären Fingern durch sein weiches Fell. Freundlich, verbunden mit einem angenehmen Gefühl.

Ein Ohr des Wolfes stellte sich auf. Er musterte Sasarya aufmerksam. Fast unschlüssig.

Der stille Gruß verstärkte sich, Sasarya senkte den Bogen noch ein bisschen mehr. Das Tier fing einen neugierigen, offenen Blick auf und das Gefühl, das das Tier überkam, sollte sich vertrauensvoll einschmeicheln. "Was beschützt du da?", fragte die Elfe das Tier, wohl wissend, dass es darauf keine Antwort geben würde, die sie verstand.

Unschlüssig blickte Idonir ins Gebüsch. Die rechte Hand lag ruhig auf dem Griff des Schwerts, das er mit sich trug. Seit wann trug er ein Schwert? Und seit wann verließ er überhaupt Beutebucht? Er zögerte, versucht sich auf die Geräusche zu konzentrieren. Vielleicht hörte man ja noch etwas, was ihn zum Handeln zwang? Möglich auch, dass gleich die Neugierde (oder der Übermut? Der Leichtsinn?) gewinnen würde.

Die Stimme der Elfe, die als Einzige bisher gesprochen hatte, war leise, aber für feinste Ohren (nicht Nasen) vielleicht noch hörbar.

"Teufel auch", murmelte nun ebenfalls der Dämonenjäger, obgleich die Energien matt und schwach flimmerten - diese schreiend bunte Signatur war unverkennbar. Das magische durcheinander war ziemlich unbeständig. Vorhanden aber immer weder verblassend und die Positionen wechselnd. "Das ist die Magierin. Sieht ziemlich sch.eiße aus." Er selbst machte nicht den Eindruck, besonders liebevolle Gefühle für den Wolf zu hegen. Der Rest war eher eine nüchterne Feststellung als etwas annähernd emotionales.

Als der Bogen sich weiter absenkte, stellte sich auch das zweite Ohr aufmerksam auf und der Wolf begann leicht zu hecheln. Dann tapste er über seine Reiterin hinweg, stubste sie wieder leicht an und winselte leise.

Sasarya senkte den Bogen ganz ab und warf einen Blick auf die Magierin. "Lässt du mich mal nachsehen?", sagte sie zu dem Wolf und ihre Sinne transportierten zumindest eine grobe Idee davon auf einer anderen Ebene, umschmeichelten das Tier und verdeutlichten, dass von ihr und dem Illidari keine Gefahr ausging.

Der Wolf blieb ruhig liegen. Sasarya wurde ganz offenbar in seiner Schutzzone geduldet. Es ging nur ab und an ein aufmerksamerer Blick zu dem Illidari. Das Misstrauen war wohl beidseitig vorhanden.

Leichtsinn traf es wohl gut. Idonir Leichtsinn… wie auch immer sein Nachname war. Hat er den die letzten Jahre überhaupt verraten? Großes Geheimnis? Vielleicht auch nur unwichtig. Letztendlich folgte er den beiden Gestalten, die er nur ganz vage gesehen (und vermutlich erkannt?) hatte. Ein Waldläufer war er sicherlich nicht, wahrscheinlich hörte man ihn kommen. Vielleicht sah ein gewisser Jemand ihn ja auch schon. Wer wusste das schon wirklich.

[roll /rnd % Aufmerksamkeit]
Oonayepheton würfelt. Ergebnis: 24 (1-100)
Sasarya würfelt. Ergebnis: 10 (1-100)

Der Illidari hielt sich ohnehin zurück. Seine Aufmerksamkeit war so sehr konzentriert nach vorn gerichtet, dass selbst der recht hörbare Schritt ihn nicht ablenkte. Er nahm nichts anderes wahr.

Sasarya war so konzentriert auf Nairuna und die Beschwichtigung des Wolfs, dass ihr alles zu entgehen schien, was sich daneben abspielte. (Und der Schlafmangel tat sein Übriges.) Die Waldläuferin näherte sich dann der leblosen Magierin, bis sie einen guten Blick auf sie erhaschen konnte.

Idonir kam zum stehen und sah hoch zu der nicht unbekannten Rückseite des Illidari. "Habt ihr den Wolf abgestochen?", wollte er nüchtern wissen. Die Hand zog er langsam vom Schwertgriff.

Oonayepheton zog abermals die Lippe hoch. Das missbilligende Zischen eine zweite eindeutige Warnung an das Tier - die durchaus animalische Geste fügte sich so übergangslos in das elfische Erscheinungsbild, dass der halbe Satz zur Seite nur allzu gut passte, als er angesprochen wurde. Er fuhr halb herum und nur langsam normalisierten sich die Gesichtszüge. Und wichen etwas zwischen Überrumpelung und Nervenzuckung. Er brauchte einen Augenblick, bis er Worte fasste. "Noch nicht", murmelte er - erstaunlich gefasst, jedenfalls gefasster als sein Ausdruck. Er winkte Idonir näher.

Der zog die Brauen etwas nach oben und näherte sich dann langsam – vermutlich weil er nicht der beste Kletterer war. Oben angekommen besah er sich das Bild, das sich ihm zeigte. Was war hier bloß passiert?

Die Magierin bewegte sich nicht. Es war unsicher, ob sie überhaupt atmete. Man hätte sich die ganz leichte Bewegung ihres Brustkorbes auch nur einbilden können. An ihrer Robe war kein Metall mehr vorhanden und die rechte Schulter lag frei. Die Wunde, die sie sich neu aufgestochen hatte, blutete zwar nicht mehr, doch ihr Arm war von dem getrockneten Blut verfärbt, welches über Nacht seinen Weg gen Boden gesucht hatte. So war dort auch eine schöne Blutlache zu finden. Die Frau wirkte blass aber dennoch etwas wundfiebrig. Der Wolf hechelte wohl zunächst, als Sasarya näher kam. Doch als der Illidari erneut ihm gegenüber die Zähne fletschte, tat er es ihm in seine Richtung gleich. Begleitet von einem erneuten warnenden Knurren.

Idonirs Blick wanderte zwischen knurrendem Wolf, der liegenden Sin’dorei und der Waldläuferin hin und her, ehe er kurz nach links schielte. „Was ist passiert?“, fragte er dann. Vielleicht wusste der Dämonenjäger ja mehr, auch wenn sein erster Gedanke gewesen war, dass er vermutlich genau so wenig Ahnung hatte wie er selbst.
Sasarya warf einen Blick zu Oona und schüttelte mit dem Kopf, dann ging sie neben der Magierin in die Knie, legte den Bogen zu ihrer Rechten ab und beugte sich über die verletzte Elfe. Der Illidari konnte zumindest sehen, dass sich das grüne Flimmern ihrer Umrisse verlagerte und die Magie, die sie wirkte, auf die Magierin überging. „Sie ist ziemlich im Ar.sch“, stellte sie nüchtern fest und zupfte sich einen Handschuh von den Fingern.
Oonayepheton grollte leise, der Ton bewegte sich hart am Wahrnehmungsspektrum der Elfen - für den Wolf war er deutlich hörbar. Nicht, dass sie dieselbe Sprache gesprochen hätten. Das gegenseitige Warnen ebbte hin und her. Zu Idonir gewandt, halb über die Schulter, bemerkte er in nüchternem Tonfall: „Sie war schon verletzt, als sie dieser Tage mit Linndriel aufs Zimmer ging. Scheint so als sei das nicht besser geworden. Keine Ahnung, wer sie abgestochen hat, aber das sieht mir aus, als würde sie’s nicht mehr lange machen. Das Vieh da gehört ihr.“

Mit einer erstaunlich ruhigen Miene sah Idonir zwischen den drei Anwesenden und dem Wolf hin und her. Er wirkte nicht so, als würde die Sache ihn wirklich mitnehmen oder bestürzen. Wieso auch? Er verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete den vierbeinigen Begleiter. Deswegen hatte der vermutlich so rumgeheult. „Hier kommen erstaunlich viele Täter in Frage“, antwortete er langsam, sich nicht von der Stelle rührend. Sein Blick blieb auf der Waldläuferin hängen und es machte nur kurz den Eindruck, als würde er überlegen seine Hilfe anzubieten.
"Sie wurde vergiftet und sie stirbt." Sasarya stellte dies erstaunlich trocken fest und beugte sich dann über Nairuna, um den leblosen Körper der Elfe halb herumzudrehen, die rechte Schulter aufdeckend. "Ach das ist doch alles sch.eiße", grummelte es hinterher.

„Wollt Ihr sie sterben lassen…?“ fragte Idonir, als wäre es tatsächlich eine Option.
Der Illidari streifte das Bündel ab und schob es mit dem Fuß beiseite. Den Wolf würde der Geruch nach Proviant wohl kaum kratzen, selbst wenn er ihn sicher wahrnehmen konnte. Das Gesicht war starr auf die Szenerie ausgerichtet. „Pass auf“, bemerkte er laut zu Sasarya, „sie spielt mit allerhand Feuer herum, nicht nur rotem.“ Die Bemerkungen mit ‚sterben‘ gingen glatt an seine Ohren und hindurch und das absolut ungerührt.
„Grad spielt hier niemand mehr. Sie verreckt, wenn ich nichts unternehme.“ Sasaryas Seufzen war leise, leicht entnervt.

Sasarya konzentrierte sich, was anscheinend neben den ganzen Eindrücken nicht mehr ganz so einfach war, jedenfalls wenn man kaum geschlafen hatte und jetzt noch Wunder wirken sollte. Für Oona war ein Aufbranden des grünlichen Schimmerns zu erkennen, es sickerte in die Wunde und das umliegende Gewebe und zerrte an dem vergifteten Fleisch.
Oonayepheton hielt wohlweislich Abstand. Es war sonnenklar, dass der Wolf nicht grade freundlich zu ihm war - und das beruhte auf Gegenseitigkeit. „Und was kannst du tun?“, wollte er wissen, aus reiner Höflichkeit bemerkte er noch: „…oder sonst wer?“
Idonir hatte seinen Blick noch immer auf Sasarya gerichtet und schielte erst zu Oona, als der eine Frage stellte, blieb dabei allerdings verdächtig stumm. Er betrachtete abermals den Wolf, dann die Vergiftete.
Zumindest die ungesagte Aussage des Dämonenjägers war sehr deutlich gewesen - ihm schien es vollkommen egal zu sein, ob die Frau am Boden qualvoll starb oder nicht.
Sasarya atmete tief und angestrengt aus. Waren das Schweißperlen auf ihrer Stirn? Dann brach die Kruste der Schulterwunde auf und die ersten Tropfen einer übelriechenden, klebrigen Flüssigkeit quollen aus der Wunde hervor.
Aeshma meldete sich für seine Verhältnisse spät zu Wort. „Wieso macht sie das?“ fragte der Dämon, unwillig und verständnislos. Nächstenliebe kam in seinem Portfolio nicht vor. Die Mundwinkel des Illidari senkten sich in einer ganz ähnlichen Gemütsregung. Frag mich nicht, antwortete er stumm.
Nairunas wölfischer Gefährte schnupperte leicht und zuckte mit den Lefzen. Sasaryas Tun wurde plötzlich sehr misstrauisch beobachtet. Er war sich offenbar nicht ganz sicher, ob das jetzt gut oder schlecht war, was sie dort machte.
Sasarya ächzte leise. „Ach Sch.eiße…hat jemand ein Tuch?“
Oonayepheton knurrte ebenso unwillig wie sein gesamter Ausdruck aussah, er drehte den Kopf in Richtung des Wolfs. Und machte einen Schritt. Gegen - jeglichen - Willen. Selbst den des Dämons.
Alles, was man an medizinischem ‚Gedöns‘ gebrauchen hätte können, lag in dem Lager der Magierin. Inklusive Alkohol, Wein und einer Flüssigkeit die besonders für den Dämonenjäger leuchten hätte müssen - wenn er darauf geachtet hätte. Der Wolf zuckte wieder zu dem Illidari, als dieser sich bewegte. Die Lefze wurde zwar leicht angehoben. Aber zumindest blieb das Tier liegen.
Idonir atmete tief durch. Er schien tatsächlich einen Moment zu zögern. "Kein Tuch. Brauchst du Hilfe…? Wenn sie sich das überhaupt leisten kann.“ Ah! Ein klassischer Idonir. Nichts umsonst tun. Entweder war ein Goblin an ihm verloren gegangen, oder er war einfach nur ein sehr schöner Goblin mit wunderbarer Nase.

Sasarya wandte den Kopf - in diesem Moment kippte Nairuna wieder halb auf den Rücken, elegant wie ein nasser Sack. „Tuch oder so, irgendwas, da ist Gift im Körper und es ist…hartnäckig, oder ich bin einfach nur schlecht drin jetzt gerade“, sagte sie in Idonirs Richtung und zerrte Nairunas Oberkörper wieder halb auf ihren Schoß.
Der Illidari näherte sich weiter. Vorsichtig. Ohne den Wolf aus dem Fokuskreis zu lassen. Beugte sich schwungvoll, als er anlangte und warf Sasarya einen der herumliegenden Lappen gezielt auf die haltenden Hände. „Ich glaube du kannst dich zumindest leichter hier in der Nähe halten als ich…“ bemerkte er, ohne sich zu Idonir umzudrehen.
Idonir trat etwas näher, hielt dann wieder inne und sah prüfend zum Wolf. Nicht, dass ihm das zu viel wurde.
Sasarya griff nach dem Tuch und tupfte das erste Gift ab. Sie legte den Kopf in den Nacken, das grüne Flackern griff auf den Wolf über und schoss eine Kaskade aus guten Gefühlen, den Illidari betreffend in die Sinne des Tiers, punktgenau, während die Waldläuferin ihre rechte Mühe hatte, alles in Gang zu halten.
„Musst du nochmal nachschneiden?“ Beinahe kaltschnäuzig hätte die Bemerkung des Dämonenjägers wirken können - andererseits… auf Argus war für Gesäusel auch kein Platz gewesen.
„'S wär sicher besser“, lautete die pragmatische Antwort. Auch hier kein Gesäusel.

Aus dem Lefzen ziehen wurde wieder ein entspannter Schnauzenausdruck. Beide Ohren wurden aufmerksam aufgestellt und der Wolf wedelte leicht mit dem Schweif. Oonayepheton senkte abermals misstrauisch die Mundwinkel was den zottigen Köter anbelangte, für den ER zumindest keinerlei Liebe hegte.
Er rutschte auf die Knie. "Sag mir wo ich halten soll" - und bettete den schlaffen Körper auf seinen Schoß. Der Illidari wand sich aus den Glevengurten - die brachialen Waffen fielen in seinem Rücken zu Boden. Dann streckte er die Hände nach Nairuna aus, im Vertrauen darauf, dass die Waldläuferin schon genaue Anweisungen geben würde.
Sasarya ließ Nairunas Körper in Oonas Schoß herab und schüttelte kurz die Hände aus, der Fluss aus Magie bebte, Sasarya schwitzte und atmete hörbarer als sonst. "So, dass das Blut aus der Schulter abfließen kann." Sie zog ihren schlanken Dolch aus der Scheide und betrachtete die Wunde noch einmal.
Idonir trat letztendlich ebenfalls näher. Wohl in der Intention sich die Wunde aus nächster Nähe anzusehen. Oder das, was Sasarya da machte. Vom Wolf schien im Moment keine Gefahr auszugehen, also wagte er es auch den Rest der Distanz zu überbrücken.

Oonayepheton ruckte die Magierin zielgerichtet herum, nicht gerade sanft, aber effektiv. Zärtlichkeiten sahen ganz anders aus. Vor dem Gestank, dem Blut und den sonstigen Absonderungen ekelte er sich keine Sekunde. Eine ‚schöne‘ Wunde war dort. Ein kleiner Dolch hatte sich seinen Weg in die Front der Schulter gesucht, wurde offenbar gezogen und dann wurde noch etwas scharfes wieder hineingerammt.
Sasarya warf einen Blick zu Oona. „Halt sie fest, falls sie zuckt oder schreit, keine Ahnung ob sie das mitbekommt.“ Dann stach sie die dünne Klinge in die Wunde, mit ausreichend Kraft und Präzision und zog den Dolch durch das schwärende Fleisch, es stank und Blut quoll und Sasarya schien absolut ungerührt davon.
„Wieso sieht die Wachtel aus wie ein ziemlich gammeliges Brathuhn, das man drei Wochen liegenlassen hat?“ fragte Aeshma giftig. „Und drauf gesch.issen.“ Oonayepheton unterdrückte eine Entgleisung der Gesichtszüge. Halt die Klappe.

Sein Gesicht zuckte nach oben. „Hm? - Ja.“ Er tat wie geheißen.
Idonir machte genau das, was er am besten konnte. Schön aussehen! Fast so, als wäre er zuständiger Supervisor, betrachtete er das Tun. Sasaryas Handeln wohl in erster Linie. Die Augen waren sogar etwas verengt, fast so, als würde er ihr ganz genau auf die Finger sehen. Entweder half er nicht, weil die Frage der Bezahlung nicht geklärt oder aber weil da im Moment gar kein Platz war. Und Sasarya schien ja gute Arbeit zu leisten?
Der Zustand der Magierin schien ziemlich mies zu sein. Sie wachte selbst bei dieser Prozedur nicht auf.
Das magische Zerren an der Wunde nahm zu, noch mehr von dem übelriechenden Gift-Blut-Gemisch floss aus der Wunde ab, noch einmal setzte Sasarya nach, stach ein weiteres Mal mit dem Dolch zu, Blut spritzte und landete in ihren Haaren. Das war’s mit frisch gewaschen.
Oonayepheton zog die Brauen zusammen. „Sas“, merkte er an, „Die Frau kippt dir weg, wenn du nochmal nachbohrst. Sie atmet ja kaum mehr.“
„Wenn ich es nicht mache, stirbt sie auch“, grummelte sie heraus. „Magier, alles Weicheier.“
Die Bemerkung Aeshmas, dass man das anderweitig abkürzen könne, überging der Illidari mühevoll.

Idonir seufzte. Leise. "Ich kann helfen", sagte er dann. Oh, eine Aussage, keine Frage. Er trat noch einen Schritt näher.
Sasarya kniff die Augen zusammen, die Lippen geöffnet, sie schien Idonirs Aussage kaum wahrzunehmen und voll darauf konzentriert zu sein, den Sch.eiß, den sich die Magierin da eingefangen hatte, aus dem Körper zu ziehen, ohne dass ihr die liebreizende Dame verreckte.
"Oh schau an, der Hübsche kann helfen", griente der Dämon. Ihm entging aber auch nichts. "Kann sie froh sein, dass sie Gold hat! Hätte sie mal früher mit wedeln sollen, dann wär sie jetzt kein Haufen festgetretener Dreck am Boden!" Es ging immer noch schlimmer.
Idonir tat noch einen Schritt näher, diesmal näherte er sich dem Illidari. "Soll ich übernehmen?", fragte er ihn ruhig, das sonst so bekannte Grinsen lag nicht auf den Lippen. Besonders ernst sah er dennoch nicht aus - vielleicht eher eine Spur müde?
Dank seines netten Gefährten nahm der Illidari wohl alles und noch mehr wahr. "Ich glaube es wäre besser", bemerkte er mit einem prüfenden Ausdruck zu Sasarya.

Idonir kniete sich neben Oona und machte wohl auch schon Anstalten das Halten zu übernehmen. Offenbar wollte er seine Hände ungefähr dort plazieren, wo auch der Jäger seine gehabt hatte, damit der Körper der Magierin sich so wenig wie möglich bewegte.
Sasarya zog ihre Hände zurück, das Grün in Oonas schemenhafter Sicht flackerte und erstarb für einen Moment und sie wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, fahrig.
Oonayepheton half Idonir, sie umzulagern und hielt dann selbst noch stützend fest. Kein unnötiges Herumrollen - das erfasste er wohl recht gut. Und hielt sich ansonsten zurück. Der Fokus des Illidari ging mit tief gerunzelter Stirn zu Sasarya, er sagte aber nichts - für den Augenblick.
Idonir schielte kurz zu Seite. "Vielleicht nimmst du besser etwas Abstand." Eine Warnung? Vielleicht brauchte er auch nur Platz, oder wollte den Jäger nicht so nah neben sich wissen? Hier war ja im Moment kein Gold im Spiel. Oder? Nachdem die Worte gesprochen worden waren, wanderte der Blick wieder zur Wunde, um sich erneut einen kurzen Überblick zu verschaffen.
Der Wolf hörte auf, so überaus glücklich zu wirken. Es schwenkte eher in eine gewisse Art von Verstörtheit um. Wenigstens knurrte er -noch- nicht wieder.
Der Dämonenjäger hmmte leise und rutschte auf Knien zurück, die Gleven schob er mit sich.

Die Wunde klaffte, ein Schnitt von etwa 6 Zentimetern, der vielleicht noch einmal vergrößert werden sollte, wenn man sich das schwärende Fleisch und die Krusten ansah, nicht mehr die gleiche Länge, sicher noch die Hälfte. Das Blut lief, wusch, hinterließ einen wunderschön stinkenden Blut-Gift-Anstrich auf Roben und Waldboden.
Sasarya ließ den Blick in die Baumkronen gleiten, sie holte tief Luft, das Flackern der Naturmagie brandete erneut auf, floss in die Magierin, floss in den Wolf, wie das letzte Aufbäumen vor dem großen Finale.
"Zivot!" kreischte Aeshma, noch bevor überhaupt etwas geschehen war. Der Dämon schien es im nicht mehr physischen Urin zu haben. Er wand sich, unangenehm berührt, aber nicht angstbehaftet. Foltern konnte man mit allem.

Idonir rutschte auf Knien und Füßen etwas zur Seite, um in einer bequemeren Position zu sein, ohne die Magierin im schlimmsten Falle wild herumzuschütteln. Offenbar lag seine gesamte Konzentration auf der Verletzten und es wirkte so, als wäre er nicht ganz ahnungslos. Wäre wohl eine andere Sache gewesen, müsste er hier mit gezücktem Schwert stehen. Da konnte Idonir ja fast von Glück reden, dass die Sin’dorei vor ihm halb tot war. Besser als ein heroischer Kampf – zumindest für ihn. Er atmete tief durch, verengte die Augen letztendlich, als würde er seine Konzentration bündeln. Der linke Arm bewegte sich unter den Körper Nairunas und die rechte näherte sich der Wunde. Es entstand keine Berührung, stattdessen tauchte eine helle Lichtschwade auf, die von Augenblick zu Augenblick stärker und blendender wurde. Es folgte wohl der Versuch, den Rest des Gifts aus der Wunde zu… brennen?
Die Ohren des Illidari zuckten schmerzlich, sonst reagierte er nicht auf die innere Kakophonie. Das Licht selbst war so unangenehm wie das direkte Sehen in die Sonne.

Nairunas Gesichtszüge zuckten bei dem Lichtwirken. Darauf reagierte sie wohl schon bei weitem besser. Eine kleine Fingerübung ihrer gesunden, linken Hand folgte, ehe die Elfe überaus missmutig brummte. Für alle, die schon einmal von etwas abhängig gewesen waren, sollte das Brummen wegen Kopfschmerzen durch Entzugserscheinungen wohl bekannt sein. Aber immerhin war sie wieder nahezu wach, was sich durchaus positiv auf ihre Atmung auswirkte.
Idonir verzog sein schönes Gesicht angestrengt. Der Atem ging flach, fast so, als würde er sich kaum trauen, selbst laut auszuatmen; etwas Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet und ein Glück, dass er das Haus heute mit zusammengebundenen Haaren verlassen hatte. Fast so als hätte er das hier geahnt. Vielleicht hatte er auch einfach dazu gelernt und wusste, dass nichts gutes passierte, wenn er auch nur einen Fuß außerhalb der Ölkanne und Luke setzte. Sein rechter Mundwinkel zuckte, fast zufrieden, kurz nach oben, als er das Brummen hörte. Er biss sich auf die Zähne und versuchte, die heilende Lichtmagie noch weiter aufrecht zu erhalten, um im besten Falle noch etwas von der Wunde zu schließen.
Sasarya ließ ihrerseits nach, ihre Magie in die Magierin fließen zu lassen und wischte den Dolch fahrig an ihrer Hose ab, um nur noch die Verbindung zum Wolf zu halten.

„Nö, das kannst du vergessen“, grätzte Aeshma. „Nichtmal wenn sie die heilige H.ure von Silbermond wäre, kriegte sie 'n nettes Gefühl von mir. Kannst ihr ja selbst den Verstand ablecken - die ist mir zu bunt!“ Das hatte man davon, wenn man versuchte, nett zu sein - oder effektiv.
Nairunas Wolf zuckte wieder mit beiden Ohren hoch und hechelte fröhlich wedelnd. Jetzt robbte er sogar näher an Oona heran. Sehr verdächtig.
Oonayepheton richtete das Gesicht misstrauisch auf den Wolf aus. Was zum Nether…?

Offenbar hatte Idonir die letzten Wochen genug Übung gehabt. Nairuna konnte in diesem Falle wohl von Glück reden. Das warme Licht strahlte noch mehrere flache Atemzüge so hell, als hätte Idonir sich kurzerhand einen strahlenden Stern vom Himmel gestohlen. Etwas Heilung war vermutlich auch das Mindeste, was die Wunde der Magierin benötigte. Abrupt und ohne Vorwarnung, lediglich kommentiert mit einem hörbaren Ausatmen, verschwand das Licht.
Sasarya ließ sich auf den Hosenboden sacken und entschied sich dann ganz dafür, für einen Moment mit angewinkelten Beinen auf dem Waldboden liegen zu bleiben. Die Augen waren offen und ein Mundwinkel zuckte, als sie ihre Sinne noch einmal das Fell des Wolfs streicheln ließ, in samtigen Bewegungen, fast ein wenig so, als würde sie sich selbst beruhigen.
Die Magien der Magierin stabilisierten sich wieder deutlich. Die Durchsicht verschwand und die Energie floss wieder in ruhigen Bahnen. Blauweißpink und besonders Feuerrot überdeckten wieder alles, was nur nebensächlich vorhanden gewesen war.

Der Wolf rollte sich hechelnd auf den Rücken und zuckte verspielt mit den Vorderpfoten. Ein großartiges Beispiel für ein glückliches Tier.
Oonayephetons Kopf ging zu Sasarya herum, zuckte dann hin und her, als könne er sich nicht entscheiden. Schließlich schien ihn irgendetwas an der Magierin in Beschlag zu nehmen. Die Stirn runzelte sich, dann bemerkte er in Idonirs Richtung: "Offensichtlich bist du unterschätzt."
Er hob sich hoch auf die Knie und zog dann einen Fuß nach vorn, offensichtlich willens und im Begriff aufzustehen.
Das Brummen der Magierin hörte auf, als würde sie gerade Gedanken sammeln oder Eindrücke des Körpers nachverarbeiten. Der Wolf schwang sich zurück auf den Bauch und sprang ohne Vorwarnung Oona an. Willens ihn umzureißen und abzuschlecken.
Der Illidari kippte zur Seite und war beidhändig damit beschäftigt, das Maul von seinem Gesicht fernzuhalten - schien nicht ganz zu glücken. "Was zum…" … "lass das! … AUS?"

Sasarya blinzelte abwesend in den Himmel und die Sonne, die sich durch das Blätterdach brach, auf die Szenerie von Illidari und des Halbdämonen neuem besten Freund bis hin zur schönsten Nase Azeroths.
„Die Wunde sollte besser noch genäht werden. Am besten bringen wir sie zurück in die Stadt.“ Idonir war hier noch der Nüchternste. Er zog die rechte Hand wieder zurück, legte sie vorsichtig an eine nicht verletzte Stelle der Sin’dorei und betrachtete das Blut auf der Robe und die Wunde, die vermutlich eine unschöne Narbe werden würde. Die Bewegung des Wolfs im Augenwinkel ignorierte er - Oonas Ausruf wurde auch still hingenommen, aber ganz sicherlich hatte sich ein schmales Grinsen kurz auf die Lippen geschlichen.
Nairuna riss mit einem Mal die Augen auf und keuchte. Sie schnappte nach Luft: „Bei den Titanen! Hat mich nochmal jemand erdolcht oder warum tut mein Arm immer noch weh.“ Ein kurzer Zustand des wirklich wach Seins. Was sicherlich mit dem reaktivieren ihrer inneren Magier zusammenhängen mochte.
Der Wolf wedelte aufgeregt mit dem Schweif und wollte ganz offenbar ganz intensiv und innig mit Oona „kuscheln“.
Sasarya hob abwesend eine Hand in die Luft. „Ich war das, kannst mir später danken für deine neue Narbe.“
Liebend gern hätte der Illidari etwas anderes getan. Etwas anderes, als sich des räudigen Köters aus Leibeskräften zu erwehren, der ganz unzweifelhafte Begattungsanstrengungen auszuführen schien, vollkommen egal, was er erwischte. Die lauten Flüche, zusammen mit Hieben und Tritten schienen das Tier kaum zu berühren. Oonayepheton erwischte - schlussendlich! - die äußerst empfindliche Nase mit einem äußerst empfindlichen Hieb. Was dem einen die Eier war dem Caniden das sensitive Gesichtsteil. Ein dumpfer Ton und ein Jaulen, bevor das Tier sich verwirrt zurückzog. Oonayepheton rappelte sich auf und griff nach den Gleven. Rein präventiv. Es gab Grenzen!

Idonir betrachtete Nairuna von seiner Position aus. „Beweg dich besser nicht. Am besten auch nicht reden“, fügte er dann noch hinzu. Wie nett.
Nairunas Körper schien der Aufforderung nachzukommen. Der kurze Energieschwall war wohl das einzige gewesen, was die Elfe kurz zum Leben erweckt hatte. „Ist…gut…“, kam nur noch von ihr, ehe sie wieder wegklappte.
Idonir sah von Nairuna zur Waldläuferin neben sich. Wohl mit einem Blick, der ihr sagte, dass sie sich jetzt wieder um die Frau kümmern durfte.
Sasarya schielte aus dem Augenwinkel zu Idonir und der Blick wollte wohl so etwas sagen wie „Das ist gar nicht meine!“, aber dann setzte sie sich zumindest wieder auf und betrachtete Nairuna. „Wird’s gehen?“
„Vermute die geht die nächsten Tage nirgends mehr hin“, sagte Idonir.
„Kannst du sie nach Beutebucht mitnehmen?“ fragte Sasarya. Fragen kostete nichts. Oder?
„Ich? Ich bitte dich.“
„Nee, ich bitte dich.“
„Was bekomm ich dafür?“ Die Sätze fielen wie ein Schlagabtausch.
Sasarya schmunzelte schief.
Nairunas Wolf zog einen leicht eingeschüchterten Halbkreis um Oona. Er war sich nicht ganz sicher, was er von der Sache halten sollte.
Der Illidari taxierte noch immer den Wolf. Nur sehr langsam hängte er die Gleven in die Gurte - so, dass sie nur auf einer Schulter hingen. „Schon gut. Ich trag sie. Aber wohin?“ Begeisterung sah komplett anders aus.
„Du…was?“ Sasarya wirkte entgeistert.
„Du wohl kaum“, entgegnete er ihr, „Und er hat genug getan. Schließlich atmet sie wieder.“
„In ein Gasthaus? Zu einem Medicus? Ich weiß nicht, was ihr mit ihr anstellen wollt. Ich kenne sie ja kaum“, trug Idonir bei.
Letztlich entschied sich das graue Tier, sich wieder seiner Gefährtin zu widmen. Er schlich sich zu ihr, schnupperte an ihr und brachte ihr letztlich ihren Handschuh. Ein Kriegshandschuh mit einem goldenen Kristall eingefasst, von dem eindeutig Lichtmagie ausging.
„Ich hab keine Ahnung wer sie ist“, versetzte Sasarya trocken.
„Und wieso haben wir ihr dann geholfen?“ Die Frage schien Idonir mehr als berechtigt.
„Weil es das ist, was ich mal geschworen habe“, sagte Sasarya tonlos. Sie meinte wohl den Eid des Waldläuferkorps, auch wenn sie es nicht näher ausführte und man sich seinen Teil dazu denken durfte.
„Wenn du morgen nach ihr sehen würdest, solls dein Schaden nicht sein“, richtete sich der Dämonenjäger an Idonir.
Idonir sah über die Schulter zum Dämonenjäger. „Und das weil…?“
Oonayepheton atmete tief durch. Nochmals ging kurz das Gesicht in Richtung des Wolfs… nachdenklich mochte man meinen. Dann bückte er sich und ganz gleich, was sein Dämon ihm gerade kreatives eingab, die Frau landete sehr erschütterungsarm - ohne Handschuh, auf seiner starken - linken - Schulter. „Weil sie schon beim letzten Mal genug Gold für ein kleines Wochenenddomizil dagelassen hat. Die Hälfte gehört dir. Die andere Hälfte ist für Linndriels und ihr Auskommen.“
Idonir raffte sich auf, um Oona genug Platz zu geben und entfernte sich mit ein paar Schritten von den beiden. Dreien? „Ich hoffe, dass sie das morgen auch so sieht.“
„Wenn nicht, gibt ihr eine Infusion, die sie ruhig stellt. Nicht sparen, die verträgt sicher einiges mehr als der Durchschnitt“, versetzte der Illidari gleichmütig.
Sasarya erhob sich vom Boden und straffte sich, packte den Bogen zurück in die Halterung an ihrem Rücken. Ohne ein Wort wuchtete sie den Wolfssattel auf das Tier und warft danach, keiner richtigen Reihenfolge nachgehend, den ganzen Hausstand der Magierin irgendwie in die Satteltaschen.
Idonir blickte zum Wolf mit dem Handschuh im Maul. Als der Dämonenjäger sprach, war er wieder der Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit. „Gut. Wie auch immer. Wir haben noch ein paar Zimmer frei. Ein paar von den teuren. Bringen wir sie da hin.“
„Bin mir sicher, Linndriel und sie freuen sich unbändig über ein angezogenes Wiedersehen.“ Der Illidari korrigierte die Position seiner atmenden Last. „Berechne den Zimmerpreis danach.“ Oonayepheton schwenkte zu Idonir um. Das hübsche Gesicht des Augenlosen sprach nicht von Scherzen. Er schien jede Silbe ernst zu meinen.
Sasarya kraulte den Wolf dann zum ersten Mal in der Realität hinter den Ohren.
Als er wirklich gekrault wurde, hechelte der Wolf. Eigentlich schien er ein ganz braver Junge zu sein.
„Gut.“ Idonir ließ das alles einfach mal so stehen. Kurz blickte er nach oben, atmete dann hörbar aus. „Wenn das nächste Mal wieder irgendwie so etwas passiert wenn ich das Haus verlasse…“ Er schien mit niemand bestimmten zu reden und sich innerlich schon auf den Weg zurück zu machen.
Der Dämonenjäger drehte dem Elfen den Kopf nach. Ohne den Ernst zu verlieren. „Idonir“, richtete er das Wort etwas lauter an den Elfen. „Wenn darüber hinaus etwas auflaufen sollte… dann schreib es mir an.“ Das MIR war betont gewesen.
Idonir hielt kurz inne, blickte über seine Schulter zurück. „Mach ich.“ Seine Mundwinkel zogen sich zu einem schmalen Grinsen.
Oh, vielleicht sollte man ihm solche Dinge nicht sagen. Gar nicht sagen…

Tommee Profit - Cruel World (feat. Sam Tinnesz)
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Die Spieler möchten anmerken, dass weitere Würfelergebnisse aus dem Text entfernt wurden, um den Lesefluss nicht zu stören. Gewürfelt haben wir dennoch, wie Helden.

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[(K)ein demütiger Diener]

Es war draußen, direkt neben der Tür zu den Ställen. Dort, eben dort, lehnte er an der Wand und zum ersten Mal an diesem Tag konnte man ihm einen Hauch von Erschöpfung ansehen, deren Großteil wohl geistig begründet war. In normalen Fällen hatte er sich dann Zerstreuung gesucht und gerade war die Verführung sehr groß, das ebenfalls zu tun - schließlich saß er hier an der Quelle. Aber er wollte nicht. Er wollte das tun, was SIE geplant hatte. Und konnte nicht einmal einen Grund dafür nennen.

Wenige Minuten nach Oona verließ sie die Haupttür der Ölkanne und wischte sich noch einmal über das Gesicht. Sasarya gestattete sich einen kleinen Moment der Schwäche, seufzte tonlos und ließ ihre Haltung ein wenig schleifen, sackte nur für ein oder zwei Lidschläge etwas mehr in sich zusammen und stützte die Hände auf den Oberschenkeln ab. Sie war keine Heilerin und das war mehr gewesen als nur oberflächliche oder akute Vergiftungen zu heilen. Ihr Kopf brummte, die Magie flirrte unruhig in ihren Adern und wartete darauf, sich zu beruhigen. Sie war erschöpft und gleichzeitig unruhig, wie so oft nach einer überlastenden Beanspruchung. Oona lehnte an der Tür neben den Ställen und als Sasarya dessen gewahr wurde, straffte sie ihre Haltung, als hätte es nie eine Erschöpfung gegeben und gesellte sich zu ihm. Sie wollten die Ruine erkunden. Und sie wollte…wenigstens noch einen Moment das fühlen, was sie wahrnahm, wenn sie sich mit dem Illidari umgab. Kein unseliges Gefühl der Leere sondern einen perfekten Moment, der zu wiederholen unmöglich war. Oder etwa nicht?
Er hob die Hand und den Arm und strich über ihre Wange, ohne ein Wort zu sagen. Dann hängte er die Gleven aus, lagerte sie in der Linken und ging vor ihr in die Hocke. "Spring auf", war alles was er sagte. "Ich trage dich und du kannst einen Moment ausruhen." Der Ausdruck seines Gesichts war nicht auszulesen, auch wenn er gerade noch etwas Wehmut innegehabt hatte. Er hielt den Kopf gesenkt. (K)ein demütiger Diener.
Unter seiner Berührung schlossen sich die hellgrünen Augen und ihre Lippen öffneten sich leicht, um weitere Atemluft entweichen zu lassen. Ihr Blick danach bedachte Oona mit Wärme und Dankbarkeit. "Wirklich?", fragte sie und legte dann doch, ohne abzuwarten, ihre Arme über seine Schultern und ließ sich Huckepack nehmen. Ein Leichtgewicht, selbst in ihrer Rüstung, vermutlich schwerer als Nairuna, aber auch von anderer Statur. Er konnte ihren Atem spüren, der seine Wange streifte, warm und weich.

Er musste den Arm verdrehen - zumindest etwas, damit sie ihr Bein gefahrlos neben die Gleven einhängen konnte. Das andere händelte er. Er stand langsam auf, holte Luft und atmete aus, dann setzte er Fuß vor Fuß aus der Stadt heraus, passierte die Stege und die nicht mehr ganz so aufdringlichen Gaffer, den Durchbruch in den Felsen, die Wachen und die Wegkehre, an der sie sich in das Dickicht geschlagen hatten und betrat schließlich den schmalen Pfad in das undurchdringlich dichte Grün der ewig wuchernden Schlingpflanzen des Dschungels.
Seine Schritte waren trotz der besohlten Füße beinahe lautlos, er bewegte sich sicher und trat nicht fehl. Selbst Wurzeln überstieg er, ohne dass der weitere Schritt Sasarya zum Schwanken gebracht hätte. Atem und Herzschlag gingen regelmäßig und kräftig. Er strebte voran - dem definierten Ziel zu.
Der Dschungel umfing sie mit dichtem Grün und den Geräuschen, bei denen Sasarya sich wohlfühlte. Eine ganze Weile rührte sie sich nicht, hielt sich nur an ihm fest und versuchte, es ihm so angenehm wie möglich zu machen, wenn er sie schon trug. Die Laute der Tiere nahmen zu, das Gefühl, mehr mit allem verbunden zu sein ebenfalls. Sie spürte seinen Herzschlag neben ihrem eigenen und sie drückte ihre Nase noch enger an seine Halsbeuge. Die Sonne sank schon seit ein paar Stunden und sie spürte den Hunger, der sie neben der Anstrengung der Heilung auszehrte. Als die Tore von Zul’Gurub in der Ferne erschienen, erhob sie zum ersten Mal die Stimme. „Willst du mich runterlassen?“

„Wenn du möchtest“, gab er zurück und er war nicht außer Atem. Die Worte ließen sich problemlos platzieren. Ebenso, wie er sie hatte aufsteigen lassen, ließ er sie absteigen. Auf Knien und mit einem leicht verdrehten linken Arm, der es ihr einfach machte, den Fuß an den Gleven vorbei zu ziehen.
Sasarya ließ sich von seinem Rücken gleiten, korrigierte den Sitz ihrer Rüstung nur minimal und rückte ihren Bogengurt zurecht. „Hier haben wir uns getroffen“, sagte sie und lächelte für einen kurzen Moment angedeutet. „Was möchtest du zuerst machen? Essen?“, fragte sie dann weiter und sah ihn an. „Danke…übrigens, dass du mich getragen hast. Hat noch nie jemand gemacht.“
Im besten Sinne war der Gesichtsausdruck seltsam zu nennen, mit dem er sie bedachte, aber er kommentierte die letzte Bemerkung nicht weiter. „Ein Lager aufschlagen“, sagte er schlicht. „Essen. Und Schlafen.“ Selbst wenn es ihm nicht unmittelbar anzusehen war, er war ebenso erschöpft wie die Sin’dorei. Mit jeder Minute des schweigenden Gehens hatte er seine Muskeln mehr gespürt, hatten die Gelenke sich bemerkbar gemacht. Es war Zeit für eine Rast. Wäre es nach ihm gegangen, so hätte sie Tage andauern können.
Die Waldläuferin ging vor, als wäre es schon immer so gewesen. Als wäre es das einfachste und natürlichste auf der Welt, dass man ihren Schritten in dieser Umgebung zu folgen hatte. Es sprach jahrelange Routine wortlos aus ihren Handlungen, aus den konzentrierten Blicken und dem Zucken der Ohren, als sie sich durch die Ruine bewegten. Fallen oder Feinde, wilde Tiere, alles war möglich und sie brachte die Kraft auf, die sie brauchte, um beide gefahrlos durch die verwinkelte und verfallene Stadt zu lotsen, tiefer hinein, bis sie einen kleinen Teich erreichten, der ebenfalls von einem plätschernden Wasserfall gespeist wurde. Rundherum fasste eine natürliche Mauer den Ort ein, Moos wucherte über den Boden und sorgte für einen weichen, federnden Tritt. Über ihnen erhoben sich Palmen und spendeten Schatten. Ein ruhiger, verlassener Ort, abseits der ehemaligen prachtvollen Wege. Es passte perfekt. „Hier?“, fragte Sasarya und ließ den Bogen sinken. Ihre Stimme klang erschöpft und leise. „Feuer machen, essen, schlafen, ein guter Plan.“

Es war mitten in der Nacht. Das Feuer war beinahe erloschen, nur noch an den letzten Glutresten leckten kleine blaue Flämmchen. Oonayepheton hob den Kopf halb an, das Kinn zur Brust und zog einen Mundwinkel in ein schiefes Lächeln, als er langsam gegen die Schemen erfasste, wo sich seine Sicht und haptische Wahrnehmung von Sasarya überschnitten. Er selbst lag auf dem Rücken, der Magen knurrte nicht mehr und die Stunden, die er traumlos geschlafen hatte, waren wie ein ausgelöschtes schwarzes Loch in seinem Bewusstsein. Er war noch immer schläfrig, mied es, sich mehr als nötig zu bewegen und ließ den Kopf wieder fallen. Ein tiefer Atemzug, einem Seufzen nicht unähnlich, hob seinen Brustkorb und ließ ihn wieder sinken. Sehr vorsichtig rückte er das Bündel unter seinem Kopf zurecht und schob die Hand flach über seinen Magen. Wahrscheinlich gar keine so schlechte Idee, noch ein wenig mehr Schlaf zu fassen.
Sasarya lag neben dem Illidari, die überschüssigen Rüstungsteile neben ihr im Moos abgelegt. Im Gegensatz zu der ersten Nacht, in der sie ein Alptraum aus dem Schlaf gerissen hatte, schlief sie nun tief, traumlos und fest. Das Wabern ihrer Magie untermalte die regelmäßigen Atemzüge der vollends erschöpften Elfe. Das Feuer entfachen und gemeinsame Essen war in ebenso erschöpfter Ruhe von beiden Seiten vollzogen worden. Als eine minimale Bewegung in Oona kam, fuhr ihr Arm herum und landete auf seinem Bauch, während sie selig weiterschlief.
Er zuckte nur ganz kurz zusammen. Die Hand hatte er nicht kommen sehen. Es war wie ein festhalten ohne festhalten und sein Gesicht durchwechselten mehrere widersprüchliche Ausdrücke darüber, ohne dass es länger bei einem verweilte. Er schloss die Lider ungesehen hinter dem schwarzen Stoff und versuchte in einen zweiten Schlaf zu finden, während seine Hand ihre fasste, ohne dass er bewusst darüber entschieden hatte.

Langsam wurde es heller, die Sonnenstrahlen ließen sich zwar noch nicht blicken, aber der Himmel über dem Stückchen des Dschungels, in das sie sich zurückgezogen hatten, verfärbte sich in ein helleres Blau und die Sterne, die man betrachten konnte, verschwanden langsam. Das Leben drängte sich nach der Nacht wieder nach vorne. Vögel kreischten und zogen über die Wipfel hinweg, in der Ferne hörte man Äffchen. Die Finger auf Oonas Bauch zuckten, als die Elfe neben ihm zum ersten Mal an diesem Morgen die Augen aufschlug und verschlafen blinzelte.

Die Asche des erloschenen Feuers lag in der Luft. Die Atemzüge des Dämonenjägers gingen ruhig und regelmäßig. Seine Hand lag auf ihrer, die Finger hatten sich lose geschossen und unter ihren Fingerkuppen schlug sein Herz im Ruhepuls, kräftig und mit dem kleinen Nachimpuls, der das Blut wieder aus den Kammern schob. Seine Hand war trocken und er strahlte laue Wärme ab, die die Kleidung nicht recht transportieren wollte, seine bloßen Hautstellen dafür umso mehr - wozu der Großteil seines Oberkörpers zählte, der nicht von schmalen Runenbandagen bedeckt war. Sasarya hatte der seltsamen Prozedur beiwohnen dürfen, der er sich am frühen Abend nach dem Essen unterzogen hatte. Eingewickelt wie eine halbe Mumie, nach einem seltsamen Muster, versehen mit Knoten, die wieder unter Stofflagen verschwunden waren, kompliziert und fremdartig, die silbernen Runen in den Lagen von der derselben gezackten Art wie seine Tätowierungen.
Bis ihr die Augen zugefallen waren, noch bevor er damit fertig war.
Nur widerwillig löste sie ihre Hand von seiner, zog behutsam ihre Finger weg, um ihn nicht zu wecken und setzte sich auf. Sasarya gähnte lautlos und rieb sich über das Gesicht, das auf der einen Gesichtshälfte einen wunderschönen Abdruck des Waldbodens zeigte, auf dem sie gelegen hatte. Die Hitze des Tages war noch nicht zu ihrem Lager vorgedrungen und wenige Schritte von ihnen plätscherte das Wasser gemächlich vor sich hin.
Sie streckte sich im Sitzen aus und ein dumpfes Knacken in ihrem Rücken ließ Wirbel wieder an Plätze rutschen, wo sie hingehörten. Dann begann sie, die Verschnürungen und Schnallen ihrer Rüstung zu öffnen. Nach und nach fiel Schicht um Schicht, möglichst lautlos, und landete auf dem Stapel neben ihr. Es war ihr schon lange nicht mehr so schwer gefallen, eine Heilung zu wirken, geschweige denn Gift auszureinigen. Ein Kampf an so vielen Fronten. Sasarya stand auf und streckte sich noch einmal, dehnte die Muskeln mit einigen komplizierten Verrenkungen - splitterfasernackt. ‚Jetzt ein Bad‘, dachte sie und sah zu dem Teich hinüber.
Der Dämonenjäger wachte nicht auf - oder machte jedenfalls nicht den Anschein - bei einem Bad würde er sie nicht stören. Das zumindest gab ihr ihre grobe Schätzung ein. Er wirkte friedlich, wie er da so lag. Nach so vielen Stunden ungewohnt viel-bekleidet. Obgleich er immer noch nackter war, als der Großteil der Elfen, denen man in Feld, Wald und Flur begegnete.
Noch einmal griff sie in ihre Sachen, fischte das Etui für ihre Glimmstängel hervor und nahm einen heraus, bevor sie sich, mit reizender Rückansicht in das Wasser gleiten ließ und den Kopf in den Nacken legte. Magie flammte auf, steckte ihre Kippe an und der Geruch von Rauch mischte sich unter die Morgenluft.
Sein Kopf drehte sich und er wand sich in eine seicht anders gelagerte Position, rollte auf die Seite und vergriff die Hände in dem Bündel unter seiner Wange. Er seufzte, die Knie zogen sich an den Körper und der Zopf rutschte ihm ins Gesicht. So schlief er weiter, rund gekauert und abgewandt vom Wasser, als sei das der sicherste Platz auf Erden und es gäbe nichts als Frieden auf der Welt.
Sasarya drehte den Kopf, als er sich mit einem Seufzen auf die Seite drehte und der Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigte eine vollkommene Zufriedenheit mit der Situation. Schlaf war etwas kostbares und längst nicht selbstverständlich in ihrem Weltbild. Sie war nicht neidisch auf ihn, immerhin hatte auch Oona kaum geschlafen in der Nacht zuvor und auch wenn er sich nicht bei der Heilung verausgabt hatte, so hatte er erst die Magierin und dann sie ohne Mühe und Murren getragen.
Unvermittelt fuhr er ins Sitzen auf. Es hatte keine Vorwarnung gegeben, die Arme schwangen herum und erst dann schien er sich langsam zurechtzufinden. Sein Kopf drehte sich und es machte den Eindruck als würde ein inneres Schütteln durch seinen Körper gehen. Das alles geschah vollkommen still. Er schrie nicht, atmete nicht laut auf oder aus, nur ein leises Einziehen von Luft blähte seine Nasenflügel. Er öffnete den Mund, beinahe als ob er versichernd nach ihr rufen wolle, dann drehte er das Gesicht der Nase nach. Und fiel auf einen ausgestreckten Arm zurück, als er sich auf die andere Seite herumsetzte. Anstatt etwas zu sagen, schlossen sich die Lippen, der Mimik nach zu urteilen auch die Kiefer. Das Stirnrunzeln entspannte sich. Jedermann hätte gestarrt.
Der Terminus schien für einen Illidari nicht mehr gerechtfertigt.

Und doch fühlte es sich genau so an.

SYML – Body
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[Konfusum]

Die kleine Prozession langte kaum eine halbe Stunde später in Beutebucht an. Sicher gab es Gaffer, vor allem zu dieser hellen Stunde des Tages, aber der grimmige Ausdruck auf dem Gesicht des Dämonenjägers vertrieb die starrenden Gesichter recht schnell. Den ausgezehrten Körper der Schlachtenmagierin trug er ohne Probleme und der Wolf, der ihnen nicht von der Seite wich, würde vielleicht ein Problem werden - aber nicht seins. Seins war es, die Frau ins Bett zu bringen - was nicht unbedingt nicht dem entsprach, was er konnte. Linndriel war nirgendwo zu sehen, als er umständlich die Tür öffnete. Das Frühstück des Morgens war verschwunden. Er setzte die in seinen Augen bunt flirrende Frau auf der ihr bereits bekannten Bettseite ab und stützte sie, als er das Laken zurückwarf, um sie zu betten. Das Entkleiden ging so sauber und rasch vor sich, als täte er das täglich - als täte er nichts anderes - Tag für Tag und täglich seit Äonen. Er warf die Kleider über den Rand des Bottichs und bedeckte ihre Beinahe-Blöße mit absoluter Gleichgültigkeit.

Ohne auch nur einen Funken Gedankenkraft weiter an das vorherrschende Dilemma zu verschwenden, verließ er das Zimmer wieder, einen kleinen schwarzen Beutel in der Hand… mit einer winzigen Pause auf einer bestimmten Stelle des Teppichs, an der er kurz den Kopf senkte und etwas nachdenklicher wirkte als vorher. Dann trugen ihn umso schnellere Schritte aus dem Raum und er schloss klickend die Tür hinter sich.

Tatsächlich reihte sich der Wolf neben Sasarya ein, als hätte er nie etwas anderes getan und ihre Hand wanderte während des Rückwegs immer mal wieder in die flauschige Mähne, um das Tier zu liebkosen - und auch um ihm eine geringe Dosis Magie zu verpassen, der ihn im Zaum und gefügig hielt. An den Ställen der Ölkanne hob sie die schweren Satteltaschen wieder von dem Rücken des Tiers und band ihn neben der Tränke an, während Oona Nairuna in das Etablissement beförderte. Wortlos schleppte sie die Taschen die Treppen hinauf, und platzierte Nairunas Habe neben der Bettseite, auf der sie noch vor wenigen Stunden versucht hatte zu schlafen. Versucht. Noch immer haftete ihr Geruch an den Bettlaken, erinnerte an Schweiß und weiches Leder sowie die feine Note von Wald- und Wiese. Sie schloss die Tür vorsichtig hinter sich, als sie Nairuna und ihren Hausstand der Ruhe eines hoffentlich traumlosen Schlafes überließ und erschöpft, aber pflichtbewusst wie eh und je, die Treppen hinabstieg.

Wer konnte schon sagen, ob es für die gesamte Zeit traumlos sein würde. Doch vorerst war es so. Die Magistrix atmete ruhig und schlief. Mehr konnte man wohl nicht erwarten, bei ihrem Zustand. Immerhin lebte sie wieder. Aber eines war klar. Bis zum nächsten Morgen würde diese Frau sicher nicht von allein wieder aufwachen.

Noch bevor er das Haus wieder gänzlich verließ, hatte er Idonir sorgfältig die Hälfte des Beutels in die Hand gezählt. Es war - bei Sargeras - ein kleines Vermögen. Das wusste der Illidari - und das wusste auch Idonir, wenn er ehrlich war. Er hatte die brennenden Blicke spüren können, mit denen der Illidari ihn bedacht hatte, unsichtbar und warm wie eine Fackel auf dem Gesicht. Den Geschmack von Fel auf der Zunge. So hatte er ihn zurückgelassen. So - und mit Gold, das einen anspruchslosen Sin’dorei ein gutes halbes Jahr ernähren konnte.

Weißes, grelles Nichts. Vereinzelt flackern Farben in diesem Weiß. Schemen. Bilder? Umrisse. Sie werden deutlicher und wieder schwächer. Ein gefangener Naaru. Zu Staub zermahlen. Ein goldener Drache, dessen Körper sich nach seinem Tod als goldener Sand über die Welt legte. Ein Tol’vir, der von einer Lanze aufgespießt und zu Kieseln zerbrach. Eine Kaldorei, die einem Dämon zum Opfer wurde. Eine Hochelfe, die den Elementen zum Opfer wurde. Eine Kaldorei, die von einem gigantischen Qiraji erdolcht wurde.

Endlich ließ es nach. Endlich hörten die Bilder auf durcheinander zu flackern. Es war, als würde sie die Augen öffnen.

Eine Frau. Ein Mensch. Sie hatte sich über sie gelehnt. Ihre roten Haare streiften über ihre Wangen. Ein stechender Schmerz brannte in ihrer Brust. Ihr Atem ging hastig. Sie versuchte ihn zu kontrollieren. Doch es tat zu unendlich weh. „Shhh.“, sagte die Menschenfrau, „Alles wird gut. Beruhig dich, Nairuna.“ „Bitte.“, keuchte Nairuna, „Bitte. Macht das es aufhört.“ Wieder drang dieser beruhigen sollende Laut an ihre Ohren. Die Hand der Frau strich durch Nairunas Haar: „Beruhige dich. Schließ deine Augen. Atme tief ein.“ Nairuna tat, was verlangt war. Etwas zog an ihrer Brust. Es fühlte sich an, als würde sie einfach dort mit in die Luft gerissen, könnte sich aber nicht halten und etwas riss sich aus ihrem Fleisch. Sie schrie.

Ihr Körper wurde schwer. Schwerer. Gefühllos. Und doch war es so, als würde ihr in diesem Moment Kraft verliehen. Es war beruhigend. Sie konnte ihren Atem kontrollieren. Das Gefühl kam zurück zu ihr. Sie konnte ihren Körper wieder spüren. Aber keinen Schmerz. Vorsichtig öffnete Nairuna die Augen. Sie tastete nach ihrer Brust. Betrachtete ihre Finger. Dort war kein Blut mehr. Die Wunde war weg. Mühevoll stemmte sie sich vom Boden auf. Nur ein Stück, dass sie saß. Sie blickte sich um. Und die Frau mit den roten Haaren lag leblos neben ihr. Geschockt rutschte die Magierin zu ihr. Sie hob den Oberkörper auf ihren Schoß. „Anastasia?“, erklang ihre zittrige Stimme, „Warum?“ Nur für einen kurzen, letzten Moment öffnete An ihre Augen. Ein goldener Schein hatte sich wie ein Mantel über die Augäpfel gelegt. Sie lächelte: „Du hast mehr Jahre vor dir…als ich…“ Der Schein verschwand. Und mit ihm auch der letzte Rest ihres Lebens. „Nein!“, schrie Nairuna aus und das Bild verschleierte sich.

„Die Wunde sollte besser noch genäht werden. Am Besten bringen wir sie zurück in die Stadt.“, erklang die Stimme von Idonir in diesem weißen Durcheinander, welches sich für einen Moment bizarr in arkaner und feuriger Magie verzerrte, ehe es zurück kam und sie wieder vereinnahmte.

Sie blickte durch die Augen einer Priesterin. Einer Hochelfe. Sie war in der Kathedrale des Lichts. Bevor sie eine Kathedrale wurde. Sie ging ihrer Arbeit nach. Segnete ein Schwert für einen Krieger. Als sie es ihm überreicht hatte, begutachtete er erst seine Klinge, dann stach er zu. Das Schwert stach sich durch ihren Bauch und als sie nach seinen Händen greifen wollte, ließ er den Schaft los und ging ein paar Schritte zurück. Ein weiterer Tod. Ein weiterer Tod, der nicht ihr gehörte. Doch dieses Mal war dort Licht. Es reichte ihr die Hand. Zog sie in seine Arme. Beschützte sie vor dem Tod und machte sie gleichzeitig zu einem Teil dessen.

Sie wachte auf. Blickte in das Gesicht eines Menschenmannes „Artea wach auf!“, rief er ihr zu. Sie schloss die Augen und öffnete sie erneut. Er war fort.

Dort war stattdessen eine bekannte Holzdecke in einem bereits bekannten Zimmer. Einem offenbar zum zweiten Mal unbeabsichtigt und ungewollt aufgesuchtem Zimmer. Ganz behutsam versuchte die Magierin ihre Hände zu bewegen. Zu erspüren, ob sie jetzt wach war oder immer noch in diesem Konfusum gefangen. Bei solchen Träumen kann man sich fragen, wer man war. Kann man vergessen, wer man war. Real, wirklich geschehen, doch sie war sich sicher, dass sie nicht Artea hieß. Die andere Frage war, wie sie überhaupt dahin gekommen war, wo sie jetzt war. Das letzte, an das sie sich erinnern konnte, war, dass sie an ihrem Wolf lehnte. Draußen. Im Dschungel. Hatte es etwas mit der Verzerrung zu tun? Ohhhhh ihr Kopf. Er dröhnte und wollte nicht aufhören zu hallen. Lieber bewegte sie sich erstmal nicht weiter, bis sie sich sicher war, dass sie wach war.

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[(K)ein demütiger Diener]

Er konnte die Rückenansicht der Elfe bewundern, die mit einem Kippenrest zwischen den Fingern in dem Teich saß und die Natur um sich herum bewunderte. Sie hatte sich wirklich eine Blüte hinter das Ohr geklemmt, als wäre sie eine verwunschene Prinzessin des Waldes. Ganz und gar kitschig und ganz und gar nicht sie.
Er störte sie nicht, welchen Gedanken auch immer sie nachhing, zog das Bein so lautlos wie möglich in einem bequemen Winkel an und stellte das andere auf, während er sich auf den Unterarm sinken ließ - eine ganze Weile blieb er so. Schließlich aber rollte er wieder ganz auf den Rücken zurück und versteckte beim Strecken der Beine das lautere Ausatmen nicht mehr. Die Handflächen fielen mit Geräusch auf seinen Bauch. Ein Käfer hätte nicht stiller auf dem Rücken liegen können. Vorausgesetzt er wäre tot gewesen. Oder aber in nicht zappeliger Laune.
Was er geträumt hatte, wusste er nicht mehr. Nur dass er sehr plötzlich den Impuls gehabt hatte aufzuwachen.
Ihre linke Ohrspitze zuckte und sie drehte den Kopf um, in seine Richtung. Die Kippe zwischen ihren Fingern war heruntergebrannt, und als sie den Körper halb dem Kopf folgen ließ, zerbröselte der klägliche Rest zu Asche. „Willst du reinkommen?“, fragte sie ihn ohne auch nur guten Morgen zu sagen.
Er seufzte leise und langgezogen. „Einfach nur liegenbleiben für den Moment“, murmelte er. Er fühlte sich wie erschlagen. Das Gefühl setzte immer erst einige Momente nach dem ersten Wachwerden ein, so es denn kam. Nie kündigte es sich an. Das Zeichen auf seiner linken Schulter juckte und stach und ließ ihn zucken, bis er es unter einiger Verrenkung über den Boden scheuerte, um das Gröbste einzudämmen. Er hob keine Hand dazu und nach der manischen Kratzerei verfiel er erneut in die Käferstille. „Schön?“ fragte er zurück. Der Tonfall hatte etwas schleppendes, schläfriges… träges?
„Wird’s gehen?“, fragte Sasarya, als er sich auf dem Boden schrubbte oder kratzte oder was auch immer da machte. „Die Flügel?“, schob sie noch hinterher und erhob sich halb aus ihrer sitzenden Position, die Blüte noch immer in den Haaren. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete den Illidari. „Ist schön, ja“, schob sie dann doch noch hinterher. „Mit dir wäre es sicher schöner. Ich schulde dir noch eine Wasserschlacht, mindestens eine.“
Er stöhnte auf. „Oh nein bitte keine Wasserschlacht so früh am Morgen.“ Und hob die Hände auf Schulterhöhe „Ich ergebe mich. Du hast gewonnen.“ In ganz anderem Tonfall fügte er hinzu - er klang ernster und nicht so gespielt leidend: „Nein, nicht die Flügel, aber es juckt trotzdem. Tuts manchmal.“ Er drehte den Kopf nicht. Kein spürbarer Blick streifte die Elfe. Noch einige Augenblicke ließ er die Hände schweben, bevor er langsam dazu ansetzte, sie herunterzunehmen.
„Der Tag, an dem ich einen Illidari besiegte, ohne Hand an ihn zu legen. Ich muss träumen.“ Sasarya lächelte, zupfte die Blüte aus ihrem Haar und ließ sie ins Wasser fallen, nur um dann aus dem Teich zu steigen und die Distanz zu Oona zu überbrücken. Wassertropfen begleiteten ihren Gang und sie griff nach der gefütterten Unterkleidung, faltete sie zusammen, damit sie sich mit der nassen Kehrseite daraufsetzen konnte. „Ich kann dir meine Hand leihen?“, bot sie an.
Er hob nur ansatzweise den Kopf in ihre Richtung und sah dabei genauso dämlich aus wie jeder, der das Kinn zur Brust zog. Glücklicherweise hob er diesen Zustand recht schnell wieder auf, ließ das Gesicht seitlich in ihre Richtung kippen und streckte beide Arme nach ihr aus.
„O-Oder beide?“ Sasarya lachte leise, als er sich so herumdrehte und ein sehr lebensnahes Abbild von Nairunas kuschligem Wolf abgab, der gestern gar nicht genug von Oonayepheton kriegen konnte. In seine Arme, in die Umarmung, sank eine tropfnasse Elfe, aber das schien ihm ja nichts auszumachen.
Er zog die tropfnasse Elfe auf den hübsch schlafwarmen Körper und tatsächlich wortwörtlich in die Arme. Sasarya konnte spüren wie ihn fühlbare Schauer überliefen und trotzdem hielt er sie fest. „Kalt wie ein Fisch“, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen, die zweimal verdächtig zusammenklickten, als würden sie klappern, wenn er dem Kiefer mehr Raum gab. Es war nicht schwer gegen seine dauerhaft hohe Körpertemperatur eine weniger warme zu haben, selbst wenn man an der oberen Grenze des Normbereichs entlanghangelte. Mit ihrem morgenfrischen Gegengewicht schien sich seine Wärmesignatur sogar noch zu verstärken.
„Warm wie die Feuerlande“, entgegnete sie und kuschelte sich, ebenso nass, auf ihn, ließ ihre klammfeuchten Finger in seinen Nacken wandern. „Noch viel wärmer als die Feuerlande. Hast du Hunger?“ Die Fragen gingen ineinander über und Sasarya genoss die Wärme, die er abstrahlte und dass die Bandagen, die seinen Körper einhüllten, nicht von ihrer Feuchtigkeit in Mitleidenschaft gezogen wurden. Eine Hand tastete weiter, fuhr über die juckende Rune. „Soll ich?“, fragte sie leise flüsternd in sein Ohr.
„Ohja“, hauchte er zurück und rieb Nase und Mund über ihre Wange, während die Hand in seinem Nacken einen neuerlichen winzigen Schauer auffing. Er rollte die Schulter, um ihr mehr Platz zu schaffen und nutzte die Gunst der Sekunde sie noch wenig mehr auf sich auszurichten.
„Hunger? Nein…“ Er klang so, als würde er lügen. Auf die gute Art und Weise. Überzogen und zum Spielen aufgelegt.
„Dann muss ich ja gar nicht losgehen und jagen?“ fing Sasarya die Stimmung auf und neckte ihn ebenso mit Worten. „Und Früchte sammeln…“, ihre Lippen kitzelten sein Ohr und die letzten Worte hauchte sie flüsterzart hinein. „Feuer machen…“ Ihre Fingerspitzen fuhren tänzelnd über das tätowierte Siegel auf seiner Haut, welches ihn so juckte. Ganz klar, um ihn herauszufordern, zu necken, die Pein erst noch einen Moment zu verstärken, bevor sich ihre Nägel in die juckende Haut gruben. „Was steht da?“
Der Griff um ihren Körper schloss sich mit jeder halben Sekunde, die sie ihn quälte, fester. „Hnf“, gab er von sich, als sie ihn nicht einmal ansatzweise von dem überspannten Jucken erlöste.
„Weißt du“, kommentierte Aeshma nonchalant, „das hat sie drauf… mit dem Foltern. 'N Nachwuchstalent.“
Oonayephetons Arme hielten sie jetzt so fest umschlungen, dass ihre letzten Worte mit weniger Luft auskommen mussten als üblich. Zuckend lockerte er den Griff und sagte: „Zahál.“ Er zischte es mehr, als dass er den Mund dazu auseinander brachte.
„Und das heißt?“ Jetzt konnte sie es ja immerhin fragen. „Und das andere Zeichen?“ Wie um das zu verdeutlichen drückte sie ihre Hüfte näher an ihn. „Chtic?“ Noch immer traf sie Tonlage, traf das Eredun fast perfekt - wie die Gelehrtentochter, die sie ursprünglich mal geworden wäre. Doch ihr blieb noch im Gedächtnis, dass das letzte Mal, als sie ihm das zugeflüstert hatte, der Dschungel über ihr eingebrochen war. Die Weichheit des Wortes wurde aufgebrochen, indem sie endlich - endlich! - seine Schulter kratzte. Das hatte jetzt aber auch gedauert. Und vielleicht verhinderte das die unmittelbare Reaktion, den Dschungel hatte sie nämlich schon, auch ohne Magie.
Aeshma trillerte einen hohen Ton. „Sie hats schon wieder gesagt“, seufzte der Dämon angetan und wand sich gegen Oonayephetons Bewusstsein wie eine läufige Hündin. Die geifernden Knurrlaute dazu waren alles andere als anheimelnd. Der Dämonenjäger war sich sicher, dass rein gar niemand mehr über das seltsame Verhalten geschlechtsreifer Dämonen zur Paarungszeit wissen wollte - er inbegriffen. Das kratzte seinen Dämon wenig. Und beide wussten es.
Ein hilfloser Laut, einem ergebenen Stöhnen nicht unähnlich, brach seine Verbissenheit. Obwohl ihm nicht der Schweiß ausbrach, ihrer Kühle sei Dank, ging ein Schauer durch seinen ganzen Körper. Wenn es eine Zauberformel war, die sie da gefunden hatte, schien sie zumindest teilweise zu funktionieren. Gegen eine neuerliche Übernahme des Dämons kämpfte er mit ganz eigenen Mitteln - denen von abgehackten Gliedmaßen der eindeutigen Sorte in plastischen Bildern.
Wenn Sasarya gewusst hätte, was sie da genau sagte. Wenn. Wusste sie aber nicht und alles, was sie bemerkte, war der Körper, der unter ihr erschauerte, während sie immer noch sehr ergeben das Kratzen in der Schulter des Illidari zu bekämpfen versuchte. „Was bedeutet das, was ich gesagt habe?“, fragte die zumindest halbwegs ahnungslose Elfe. Eredun für Anfänger - Teil 1.
Er packte ihre Hüfte und verdrehte sich dagegen. „Das“, brachte er mühsam heraus, „das bedeutet es.“ Er schnappte nach Luft und sein kurz aufgebrandetes Herzrasen stolperte in gemäßigtere Bahnen. Die Erläuterung war plausibel und plastisch zugleich. Mit einer besonders schrägen Art von Humor hätte man sich sagen können, dass die Erklärung seines Körpers selbsterklärend war. Die wenigen Worte bestätigten nur, was sich ohnehin zu zeigen begann und seine Bewegung nur herausgehoben hatte. Seine Gesichtszüge zuckten in der anhaltenden Anstrengung, den Dämon auf Freiersfüßen in das Loch seines Bewusstseins zu verbannen in das er zumindest gerade seiner Auffassung nach gehörte.
„Oh…OH! Oh nein!“, platzte es aus Sasarya heraus und sie wirkte eher peinlich berührt, als dass sie jetzt drauf versessen gewesen wäre, mit dem Illidari sofort eine Fortführung der vorletzten Nacht und des Morgens darauf zu starten. Nicht, dass es sich nicht vielversprechend an ihrem Becken anfühlte, bekannt und gut. Nether, sie war auch nur eine Frau aus Fleisch und Blut.
Sie besah sich die zuckenden Gesichtszüge, erinnerte sich daran, was er gesagt hatte. Körper und Seele mit einem Dämonen teilen, und dieser Dämon war anscheinend Aeshma. Die letzte Ansprache hatte jedoch nicht so funktioniert, wie sie das wollte, also unterließ sie es, den Namen des vermeintlichen Übeltäters zu nennen. „Das wollte ich nicht. Also, nicht jetzt. Nicht so. Sonst natürlich, aber…was machen wir denn jetzt?!“
Langsam lockerte sich sein Griff und nahm den Druck von ihrem Körper und somit auch den nachdrücklichen Eindruck, den das Aneinanderpressen verursacht hatte. „Oh doch“, antwortete er ihr, das Oh Nein noch in den Ohren, und man konnte ein schales Echo der Anstrengung hören, die es ihn gekostet hatte, dem Dämon einen sprichwörtlichen Maulkorb zu verpassen. „Chtic“, wiederholte er, „drückt das Gefühl und den Willen zur Vereinigung aus.“ Seine Finger zuckten, bevor er sie flächig auf ihrem Rücken ausstreckte, um sie dort durch die Tropfenspuren gleiten zu lassen. Ohne etwas zu fordern und unaufdringlich, mochte sein Körper auch andere Anzeichen angedeutet haben.
Unter seinen Fingern entspannte sich der Rücken der Elfe nur langsam und sie lag immer noch, nicht mehr gepresst, aber doch eng, auf ihm und den Bandagen - auch wenn der Druck in ihrer Hüftgegend nun gelockert war, bewegte sie sich nicht weiter. „Das Gefühl zur…oh!“, wiederholte sie und betrachtete den Elfen unter sich, der Blick glitt ins Nachdenkliche ab. „Und wenn ich das sage, dann möchte er diesem Willen nachgeben? Oh Nether, das ist…“, sie atmete tief aus. „Es war wirklich keine Absicht.“ In einer Atempause, die folgte, drückte sie einen sanften Kuss auf die Wange des Illidari, eine kleine Geste der Wiedergutmachung in ihren Augen. Wie sich das für ihn anfühlte, wagte sie nicht zu fragen. „Schmutzige Wörter auf Eredun, Wahn-sinn.“
Das Seufzen, das folgte, ließ das gesamte Dilemma ihrer Gedanken heraus.
Seine Mundwinkel zuckten in ein schiefes Grinsen. „Das Zeichen, auf dem du liegst, ist das Zeichen dafür.“ Er ließ das wirken, bevor er anfügte: „Es gibt für alles viele Arten und Weisen es auszudrücken, man kanns nett tun und durch die Blume oder direkt, vulgär und OBSZÖN. Das ändert nichts an der Aussage selbst. Verschiebt maximal die Perspektive des Betrachters.“

Sasarya deutete einen Blick an sich nach unten gehend an, besonders weit kam sie damit sicherlich nicht. Und besonders viel war auch gar nicht zu sehen. Nasse Haut, Bandagen, nicht viel mehr als das. "Da liege ich ja gut", antwortete sie trockener als gedacht, aber angesichts der Situation auch irgendwie passend. "Das heißt, immer wenn das jemand vorliest, oder sagt, ist das wie eine Bitte zum Beischlaf? Für dich oder… euch ?" Warum man sich eine Gebrauchsanweisung für die älteste Sache der Welt auf den Bauch tätowieren ließ, war sicherlich eine Frage, die man zu anderer Zeit klären könnte - aber leider nicht die abwegigste in diesem Moment.
Das Lachen schüttelte ihn und allmählich dürfte auffällig geworden sein, dass kein Laut seine Lippen verließ, wenn er lachte, so als habe man versehentlich den Ton abgestellt. "Das Zeichen erinnert daran, dass alles in Maßen genossen werden sollte, einschließlich der Mäßigung", versetzte er schließlich, als er in der Lage war wieder Worte herauszubringen, denen der Nachhall eines Lachens noch innelag wie eine ferne Erinnerung. "Vor allem die schlechten Dinge. Was bringt all das Kasteien?" Er stellte die rhetorische Frage in sanftem Ton, der vor gedankenlosem Charme nahezu überfloss. "Am Ende damit zu hadern, was gewesen wäre wenn…? Lieber bereue ich, was ich getan habe, anstatt mich mit den Fragen zu quälen, die eine entgangene Möglichkeit mir auferlegen."
Sasarya sah den Illidari an, der lautlos über sie zu lachen schien, oder über das, was sie gesagt hatte. Die darauffolgenden Worte fühlten sich an wie Honig auf ihren Lippen oder Seide auf der Haut. Weich, warm, charmant, was Oonayepheton schon mehrfach hervorgebracht hatte, auch wenn es nicht die erste Assoziation war, die ein Illidari wecken sollte. Charme statt Angst und Schrecken war unglaublich entwaffnend. "Also bist du ein maßvoller Sünder?", fragte sie.
"Ein maßloser", versetzte er in eben diesem getragenen Tonfall, ohne dass er dabei die Zähne weit auseinander nahm. Die erzwungene Zurückhaltung, die die Mimik transportierte, war verheißungvoller als stumpfes Blankziehen und zielte auf den Effekt, ohne dass er überhaupt selbst entschied, welche Wirkung er erzielen wollte. "Alles zu seiner Zeit… versteht sich. Und… hast du denn… Hunger?" Aeshma grinste.
"Maßlos, maßvoll… fast das Gleiche", erwiderte die Elfe in seinen Armen und das Grinsen, das darauf folgte, nahm Anleihen an seinem Tonfall, wie geteilter Humor weit unterhalb der Gürtellinie. "Ja, schon. Wollen wir frühstücken?"
"Unbedingt", sagte er, spannte sich und setzte sich auf, ohne sie von dem Schoß zu lassen. "Was steht auf der Karte?"

"Neben mir?", fragte Sasarya, die sich mit ihm auf seinem Schoß aufgerichtet hatte und nun rittlings auf ihm saß. Sie griff an ihm vorbei zu dem Beutel, auf dem Oona mit dem Kopf gelegen hatte. Sie öffnete den Leinensack und spähte hinein. "Na toll, du hast auf dem Käse gelegen", stellte sie grinsend fest. "Zwei Äpfel, ein bisschen Brot, ein Rest Wurst, ein Stück Illidari-geformter-Käse und die Flasche mit dem Rum, oder was das ist. Ich kann sonst auch noch los-ziehen, wenn du etwas anderes willst, aber dafür müsste ich mich an-ziehen." Etwas, das in den Worten geradezu gänzlich unerstrebenswert klang.
"Bester Käse", kommentierte er und griff Sasarya beidhändig in die Peripherie. Das eine hatte mit dem anderen recht wahrscheinlich nicht viel zu tun, außer dass es dem Käse ein zusätzlich anrüchiges Aroma verpasste. "Solltest du mich auf-ziehen wollen, damit, aus-zu-ziehen, sollte ich dich dann ziehen lassen?" Er grinste.
Sasarya lachte und ihr Kopf sackte in ihren Nacken, das blonde Haar verteilte sich wirr über ihren Schultern. "Du könntest auch mit mir aus-ziehen, wohlweißlich nicht blank-ziehen, denn das wäre nur dich aus-ziehen und nicht zusammen miteinander aus-ziehen, um ins Feld zu ziehen, wobei ich mich dann wieder an-ziehen müsste." Sie griff in den Leinenbeutel. "Apfel?"
Irgendwann nach dem dritten aus-ziehen hatte sie ihn verloren, das sah sie deutlich an den langsam höher schwingenden Augenbrauen. "Ausgeschlossen", sagte er schließlich mit deutlicher Verzögerung und dann nickend: "Apfel. Alles. In der Reihenfolge." Alles? Und in welcher Reihenfolge?
"Apfel", bestätigte Sasarya und hielt ihm die süße Frucht dicht vor die Lippen. Der Geruch war himmlisch, honigsüß, vollreif, so dass man sich fast den blühenden Baum und die satten Wiesen vorstellen konnte, an denen die Frucht gewachsen war. Idyllisch, perfekt, so wie die Rundungen unter seinen Händen, die mit Käse so rein gar nichts zu tun hatten. "Und was ist alles?"
Brav wie ein Hündchen öffnete er den Mund und ebenso rasch und unberechenbar wie ein Hündchen biss er zu - und einen sauberen Biss heraus. Er kaute, mit einem verschmitzten Grinsen in den Mundwinkeln. Seine Hände waren voll. Und nicht willens etwas davon loszulassen. Da man mit vollem Mund nicht sprach, hatte er erfolgreich Zeit geschunden. Und er wusste das.
"Wir teilen also", entschied Sasarya und biss ebenfalls von dem Apfel ab, kaute und sprach ebenfalls nicht. Der Blick lag auf dem Illidari, der vollkommen zufrieden mit sich und der Situation wirkte, im Reinen. "Du hast", begann sie dann, "mir noch nicht gesagt, was das andere Zeichen bedeutet." Sie nahm rasch noch einen Bissen, bevor sie ihm den Apfel wieder präsentierte.
"Faulheit", zelebrierte er, bevor er ebenso seine Zähne in den Apfel schlug wie vorher und auf exakt die gleiche Weise kaute. Mit einem Schmunzeln, vergnügt, vollen Händen und das vollendete Bild eines passiven Konsumenten abgebend. Kein Funken mehr als nötig. Ließ sich füttern, nahm genau was er bekam und war es zufrieden.
"Sehr faul von dir, mhmh…", fuhr sie fort. "Was noch, was steht da noch, auf deiner Haut?", fragte sie und überließ ihm den restlichen Apfel, seine Faulheit befeuernd, weil sie ihn immer wieder so drehte, dass er neu abbeißen konnte - und vielleicht auch dem eigenen Umstand geschuldet, dass sie seine Hände genau so da mochte, wo sie sich befanden. Warm und trocken auf ihrer nun nicht mehr so klammen Haut.
"Mmmmh", kaute er Zeit überbrückend, bis er den Mund leer hatte. Die Augenbrauen ruckten nach oben. "Einiges?" Und biss wieder ab. Den Ausdruck äußerst guter Laune hätte man vermutlich nicht einmal mit einem gestreckt geworfenen Amboss aus seinem Gesicht schlagen können. Zwischen Kauen und Schlucken und exakt vor dem nächsten Biss gab er ihr Küsschen auf die Apfeldrehenden Finger.
"Noch einen?" fragte sie und beförderte den Apfelrest zielsicher irgendwo ins Gebüsch, wo er sich nahtlos in den Kreislauf des Lebens einfügen konnte. Ihre Finger klebten von der Süße der Frucht und trugen den Geschmack an seine Lippen heran. "Oder etwas anderes?" Unschlüssig kramte sie mit ihrer rechten Hand in dem Beutel, verlagerte ihr Gewicht nur minimal. "Und was ist Einiges, hm?"
"Willst du nicht auch mal was essen?" bemerkte er während seine Hände sich öffneten, um dem perfekten Rund vieler Waldlaufstunden zu huldigen, einen neuen Platz fanden und dort in kleinen Kreisen langsam zur Ruhe kamen. Oder doch nicht. So recht entscheiden konnten sie sich nicht. Sein Gesicht ging der Nase nach und die folgte der herumschwebenden Hand. Bis er einen Finger erwischte. Und sehr zartfühlend mit den Schneidezähnen festhielt, um ihn Stück für Stück von den klebrigen Spuren der Frucht zu befreien.

"Doch sicher", sagte sie und fischte den zweiten Apfel heraus. "Aber ich teile mit dir, wenn du Lust auf noch mehr Apfel hast." Das Gefühl an ihren Fingern weckte sehr plastische Erinnerungen und das Grinsen auf ihrem Gesicht wuchs noch ein bisschen mehr. "Nicht dass du aufhören solltest. Weitermachen, das machst du gut." Es fühlte sich leicht an, natürlich, hatte seine eigene Energie die zwischen ihnen floss, die Seiten wechselte und wieder zurückkam. Nicht verkopft sondern so rein und unverfälscht, dass es an diese Nähe erinnerte, die sie gefühlt hatten, als sie auf dem Teppich gelegen hatten. Symbiotisch - ohne zu verzehren. Sie schlug die Zähne in den Apfel und nichts schmeckte köstlicher.
"Fo?" sagte er, ohne den Finger aus dem Mund zu nehmen und im vollen Bewusstsein, dass er vollkommen lächerlich klang und auch dabei aussah. Er grinste selbst aufzuckend und angedeutet und wechselte den Finger, während sich seine eigenen langsam wieder schlossen. Seine Ohren verfolgten ihre Kaugeräusche und sein Mund übte sich in Gründlichkeit, bis er alle Fruchtbestände getilgt hatte. Unter deutlichem Schmatzen und schnalzenden Lippen entließ er ihre Hand und grinste sie offen an. "Was essen wir jetzt?" fragte er, so unbedarft, dass es schon beinahe wieder unverschämt war.
Auch der zweite klägliche Apfelrest landete im Gebüsch und zur Abwechslung leckte sie ihre eigenen Finger ab, weitaus schneller und weniger gründlich als der Illidari. So, wie Frauen das machten, wenn sie nicht den Moment zelebrierten sondern einfach nur schnell fertig werden wollten. "Käse?" Sie erwiderte das Grinsen, konnte gar nicht anders bei so viel jungenhaftem Charme, den er versprühte.
"Bester Käse", grinste er durch die Zähne und seine Finger zuckten. Er bewegte aber die Hände nicht. Nicht wirklich. Das Zucken reichte ja vollkommen.
Sasarya schüttelte den Kopf in gespielter Empörung und was auch immer sie verleitete, das zu tun, was sie tat, sie hätte es nicht mal benennen können. "Gleich", murmelte sie an seinen Lippen und küsste ihn einfach.
Apfel. Sie schmeckte nach Apfel. Nach Apfel und fruchtsäuregepeelter Sasarya. Er grinste noch in den Kuss hinein und genoss ihn wie jedes einzelne vorgegangene Häppchen, das sie ihm angeboten hatte - oder gelassen. Seine fröhliche Tiefenentspannung wich nicht. Und wieso hätte sie auch sollen? Er hatte gut gegessen, gut geschlafen, eine unbekleidete, frisch gebadete Frau auf dem Schoß, die ihn küsste, und noch weiteres Frühstück in Aussicht.
Der Morgen war verdammt nah an Perfektion.

Der Morgen wurde nur noch besser, als sie ihm danach das Stück Illidarigeformten Käse unter die Nase hielt, ein Stück herausbrach und es zwischen die Lippen nahm. Sie wollte nicht wirklich…? Oh doch, anscheinend schon. Vollkommen verspielt, ein bisschen doof, ganz viel Schalk im Nacken und Flausen im Kopf. Nichts, was auf den ersten Blick zu der ernsten Waldläuferin passte, als die sie sich immer verkaufte. Ihre Lippen fanden seine und der Geschmack nach Apfel wurde von würzigem Aroma abgelöst.
Seine Mundwinkel gerieten in zuckende Affinität zu seinen Ohrläppchen. Er teilte das Käsestück mit ihr gerecht und versuchte - ausnahmsweise - nicht, sich mehr als das zu ergaunern, nur um zu provozieren. Es war ja noch mehr Käse da. Genüsslich kauend nahm er den Kopf zurück.
"Mehr?" Sie strich mit ihren Lippen über seine, herauszögernd und ein wenig lockend. Käse oder Küsse oder beides?
"Mhm." Er zog schmunzelnd die eigenen Lippen abwechselnd in den Mund, um sie abzulecken - und ihr eben das vorzuenthalten. Eine Definition ließ er aus.
Ein weiteres Käsestück folgte, ebenso dargereicht wie das zuvor, als hätte sie gar keine andere Idee und als wäre das vollkommen selbstverständlich, so miteinander zu frühstücken.
Jedenfalls machte er ganz ähnliche Anstalten wie eben schon, teilte den Käse mit den Zähnen dicht an ihren Lippen und schloss dann den Mund , ohne ihn gleich wieder fortzunehmen. Es war eine dankbare Geste, zärtlich und künstlich verlangsamt, auskostend und im Frieden. Erst als er damit fertig war und es sich für ihn rund anfühlte, kaute er das zweite Stück mit genug Raum zwischen ihren Gesichtern.
Sasarya fuhr damit fort, bis sie das letzte bisschen Käse in den Händen hielt. Sie hatten am Vorabend in etwa eine ähnliche Menge gegessen, ausreichend aber nicht übervoll. Ohne sich darüber im genauen abzustimmen hatte eine Einvernehmlichkeit geherrscht. Vielleicht etwas, dass sie miteinander teilten, ohne es zu wissen. Sasarya achtete darauf, dass sie genug zu sich nahm, ausreichend trank und auf Alkohol verzichtete, wenn sie im Dienst war. Strukturen, die halfen, einen gesunden Körper zu behalten und sich zu versorgen. Strukturen waren wichtig.
Die Gedanken verwischten und auch das letzte Stück Käse fand den Weg an seine Lippen, serviert in einem Kuss, der noch ein bisschen zärtlicher war, als alle anderen zuvor.
Ein kurzes intensives Atmen brandete an ihre Wange, als er erwiderte, was sie ihm gab, ein Seufzen, erstickt in Käse und plötzlichem Ernst, die er beide zerbiss und hinunterschluckte.

Regeln waren wichtig. Es war wichtig eine Norm zu definieren, um ihre Grenzen offenen Auges und bewusst zu dehnen, auszureizen und zu übertreten, wenn nötig. Oder einfach wenn einem danach war. Trotzdem brauchte es diese Achse von Gut und Böse, schon, um zu wissen, auf welcher Seite man grade tanzte. Balance und ein Gleichgewicht waren das Gegengewicht des Chaos, ohne deren Verankerung man nie so hübsch um die graue Langeweile der Durchschnittlichkeit hätte herumschleudern können. Er zog einen Mundwinkel hoch zu einem schrägen Lächeln.
Das Leben war eine kurze, intensive Höllenfahrt. Besser, man hatte Spaß dabei.
Wann immer und wo immer er sich bot.

Konoba - Smoke and Mirrors
https://www.youtube.com/watch?v=voWyfUMDgBA

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[Azhir]

Irgendwann, er wusste nicht wann, hatte er sich widerwillig losgemacht, mit offenstehenden Hosen und dieser obszönen Entblößung, die ihren anstößigen und vulgären Charakter allein dadurch erhielt, dass er überhaupt noch etwas an sich trug. Es hatte etwas demütiges und gleichzeitig schönes, wie er die Stiefel abstreifte und aus Gürtel und Beinlingen glitt, um schließlich auch aus den leinenen Hosen zu schlüpfen und langsam und widerstandslos die Knoten und Binden löste, einen nach dem anderen, geduldig und doch innerlich so unruhig. Er saß auf seinem bloßen Hinterteil im Moos, die Knie hoch angezogen und die Füße lose aufgestellt; zwang sich, den Kopf nicht zu drehen, als er Elle um Elle der Stoffbänder aufwickelte und um sein Handgelenk wand und glaubte fast, nie sei ihm etwas so schwer gefallen. Als zöge ihn ein Gewicht in die Tiefe. So zog sie ihn an. Er litt jede Sekunde.
Und sein Dämon verstand ihn nicht.
Sie sah hin. Ziemlich genau sogar - und ahnte von dem ganzen inneren Dilemma des Illidari rein gar nichts, und wenn sie es geahnt hätte, hätte sie ihm vermutlich die Wickelei abgenommen, damit er in Ruhe sehen oder Nicht-Sehen konnte. Noch immer konnte sie seine Lippen spüren, die Kuss um Kuss, nicht enden wollend, auf ihren gelegen hatten. Niemand hatte die Zeit gestoppt, niemand hatte sie aufgehalten. Sie waren vollkommen allein. Die gesamte Ruine stand ihnen offen, aber ihr kleines Stück vom Paradies lag verborgen. Es brauchte nicht viel, befand Sasarya, um zufrieden zu sein. „Wofür sind die?“, fragte sie nach einer Ewigkeit - und es war das erste Mal, dass er sie wieder sprechen hörte, seit sie sich einander gegenseitig ausgeliefert hatten.
Als sie ihn ansprach, zuckte er beinahe zusammen, so tief war er in seine zwanghafte Abschottung versunken gewesen, die einen rituellen Anklang in jeder winzigen Bewegung aufwies. Er hielt inne und senkte das Kinn in einer halben Rückdrehung, ohne sie letztlich wirklich anzusehen. Die Geste war eine aufmerksame und die Aufmerksamkeit, die zu ihr zurückkehrte wo sie vollkommen natürlicherweise hingehörte, nun wieder spürbar. Langsam nahm er die Bewegung wieder auf und das halb in den Kett- und Schussfäden verwebte Silber schimmerte im Halblicht. „Die Bänder?“ fragte er zurück. Nicht weil er Zeit schinden wollte. Er benötigte den Augenblick, um wieder ganz in der Wirklichkeit anzukommen.
„Ja, die Bänder.“ Sasarya setzte sich ebenfalls auf und in Ermangelung von irgendetwas, was sie noch von sich hätte abwickeln können, wippte sie ein wenig mit den Füßen.
„…halten Leib und Seele zusammen“, sagte er unbefriedigend kryptisch, streifte die Schlingen von seinem Arm und schlang mit dem Ende einen losen Knoten, bevor er sie ihr hinhielt. Und weiterredete. „Das Silber bindet noch viel stärker als die Zeichen auf der Haut die wilde Magie aus dem Nether. Es sind Azhir - Siegel - hier.“ Es reihte sich ein Zeichen an das andere. Je nachdem wie man die Bänder drehte, schimmerten sie in mehreren Lagen.
Sie nahm die Stofflagen in Augenschein, verlagerte immer wieder das Gewicht um die verschiedenen Lagen zu begutachten, als würde sie es geistig auseinandernehmen. „Azhir?“, wiederholte sie das Wort leise, das konnte ja jetzt keinen Schaden anrichten, weil es keine dezente Aufforderung zur Vereinigung war, nicht? „Wie fühlt sich das an?“, fragte sie dann und hob den Blick zu Oona.
„Die Bänder um den Körper?“ fragte er zurück. Er antwortete ernsthaft und mit voller Aufmerksamkeit und drehte sich ihr ganz zu, indem er sich mit den Fersen herumzog, ohne sich durch Blöße oder innere Nacktheit abgehalten zu fühlen. Die Arme hängte er über die Knie.
„Ja, die Bänder um den Körper und das Zusammenhalten?“ Sie hob die Schultern und ließ eines der Bänder durch ihre Finger gleiten, eigentlich glitt es nicht mal sondern hing immer wieder an ihren geschundenen Fingerkuppen fest, so dass sie immer wieder etwas mehr daran ziehen musste. Der Stoff war fest, zerfloss nicht. Sie wollte sie ihm zurückreichen. „Ist das nicht unangenehm auf der Haut?“
Er streckte die Hand aus, um die Schleife entgegen zu nehmen, ließ sie aber in der offenen Handfläche liegen und nahm den Arm nur ein wenig zurück, während das Knie, auf dem er gelegen hatte, zur Seite kippte. Die Hand und der halbe Unterarm gingen ohne Vorwarnung in einer Implosion grüner Flammen auf. Der Geschmack von Fel lag so eindringlich in der Luft, dass es in den Augen brannte. Über allem das vollkommen ruhige Gesicht, angeleuchtet durch den gespenstischen Flammenschein. „Sehr sicher“, sagte er und es klang, als habe er gelächelt, obwohl nichts davon auf seinem Gesicht zu sehen war. „Es ist eine Rüstung ohne Rüstung gegen das Innen und das Außen. Siehst du?“ Er redete, während die Bänder inmitten der Flammen lagen, und diese um sie herumzüngelten, als seien sie gewachstes Tuch im Wasser - das Feuer fasste keine Nahrung.
Sie zuckte nur kurz zusammen, während sein Unterarm und seine Hand in Flammen aufging. Das lodernde, stechende Grün flackerte vor ihren Augen, der Geruch und der Geschmack waren so bekannt, so vollkommen fatal, dass sie die Luft anhielt. Das Glühen ihrer Umrisse verstärkte sich, als würde die Natur ebenfalls Macht in sie fließen lassen, weil sie Bedrohung witterte. Aktion und Reaktion. Sie waren immer noch Soldaten. Sasarya legte den Kopf schief und betrachtete die Bänder. „Ich verstehe…“, sagte sie nur und versuchte, den Geschmack des Fels auf ihren Lippen nicht zu sehr wahrzunehmen.
Ebenso wie die Flammen erschienen waren verpufften sie ins Nichts, als habe man ihnen die Zufuhr abgeschnitten oder den Arm in ein Vakuum getaucht. Ein leichter, schimmernder Film blieb zurück, wo die Flammen gelodert hatten. Er sah aus wie sattes, seidiges Öl, das sich nur langsam in die Haut zurückzog. Sein ernstes Gesicht blieb auf ihre Reaktionen ausgerichtet, als seine Hand beiseite schwenkte, um die Schleife wegzulegen. Der unsichtbare Blick hing an dem intensiveren Grün. Er wünschte er hätte die Wortfetzen und das Gefühl in Sätze bannen können. Allein, das Siegel dafür schien ihm zu fehlen.
Die Natur zog sich zurück, so rasch wie sie aufgebrandet war und Sasarya atmete tief durch, als sie das fühlte. Die Schemen der Waldläuferin ebbten ab, wurden sanfter, das weiche Grün, das er kannte. Noch immer klebte der Geschmack der Flammen direkt unter ihrer Nase, kitzelte sie. Sasarya leckte sich über die Lippen, besser sie schaffte es gleich aus der Welt. Und weil sie so war, wie sie war, immer noch eine Gelehrtentochter, streckte sie die Hand nach seinem Arm aus. War die Haut warm? Wärmer als sonst?
Als der Arm zurück geschwenkt war, hatte er das Knie wieder angehoben, so dass er ebenso wie vorher zum liegen kommen konnte und dort hing er nun, still und ruhig und wich nicht vor ihrer Berührung. Die Haut war ebenso warm wie sonst, seidenweich - die Haptik transportierte ebenso wie die Optik den Eindruck, satt geölt worden zu sein - und in den Venen, die erhaben über den Fingergelenken, auf dem Handrücken und dem Unterarm aus der Haut traten, konnte man, wenn man genau darauf achtete, in winzigen Zuckungen den Puls erkennen.
Ihre Finger strichen über seine Haut, behutsam wie zuvor, wie er es von ihr kannte. Hinauf und hinab, wie ein leichter und beruhigender Fluss. „Ich verstehe jetzt, warum du sie trägst.“ Es fühlte sich fast so an als verteilten ihre Fingerkuppen das Öl auf seine Arm, in langsamen Bewegungen, leichte Kreise beschreibend. „Aber jetzt bist du nackt.“ Vielleicht hätte die Aussage an einer anderen Elfe plump gewirkt und sehr offensichtlich, aber Sasarya sagte es so, als wäre es das natürlichste der Welt, unbekleidet zu sein. Sie beschwor das angenehme Gefühl von Haut auf Haut, was man nicht anders wahrnehmen konnte. Warm, weich, Erinnerungen weckend, die noch kaum in der Vergangenheit lagen.
Der Satz hatte ein offenes Ende, so wie er da schwebte, mit vielen ungesagten Fragen, Mutmaßungen und Ideen, die in vielerlei Richtungen schweiften, ohne sich auf eine festzulegen. Er senkte den Kopf, als würde er an sich heruntersehen, vielleicht eine Geste der Gewohnheit - wer wusste das schon. Als er ihn wieder hob und das Gefühl eines direkten Blicks zurückkehrte, hatte sich sein klarer, ernster Ausdruck nicht verändert.
„In mehr als einer Hinsicht“, sagte er. Es machte ihm nichts aus.

Stephen - Crossfire
https://www.youtube.com/watch?v=eH4F1Tdb040

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no context

Er begriff nicht, wofür sie ihm dankte. Er begriff viele Dinge nicht, die geschahen und meistens hatte er nicht die Zeit oder die Muße darüber nachzudenken. Das Leben hatte sich so verdichtet, ein Ereignis jagte das nächste, sprichwörtlich ein Körper den anderen und das im Krieg und in der Liebe - und das meiste davon fiel ihm in den Schoß. Glückskind. Er war oft so genannt worden und konnte nichts damit anfangen - aber er begriff, tief in seinem Inneren, dass etwas wahrhaftiges daran sein musste, eine der unzweifelhaften, unumstößlichen Wahrheiten, die man nicht hinterfragte, sondern hinnahm.
Wofür, wollte er fragen, und da küsste ihn schon und die Sekunden dehnten sich zu rasanten Ewigkeiten und er dachte Schwingen und es fegte durch seinen Kopf und der Gedanke verflog und er hielt sie fester und erwiderte den Kuss, weil es die Richtung war, in die die Straße führte und der Wegrand verschwamm und er fiel ohne aufzuschlagen.

RYLLZ - Nemesis
https://www.youtube.com/watch?v=Z6pPLL5iUSE

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[Crossroads]

Alles, was sie nicht sagen konnte lag in dieser heiligen Berührung. Es war kein Kuss, der zwanghaft in eine Richtung driftete. Nichts, was vorgab und forderte. Er war vollkommen frei zu entscheiden, zu konsumieren und die Gefühle auf sich einstürzen zu lassen oder den Ball aufzunehmen, der ihm zugespielt wurde, um seine ganz eigene Sicht auf die Dinge hineinfließen zu lassen. Zurückspielen, ins Aus bewegen, was auch immer er sich wünschte. Er war frei, sie war frei. Und irgendwie hatte er sie befreit, vielleicht nicht für immer, vielleicht nur für den Moment, wie lange er auch andauern sollte. Von diesem Schmerz, der aus ihrem Herz gesickert war, von dem Gift und dem Gefühl der Schuld, der Unzulänglichkeit und Scham. Oonayepheton hatte ihr gegeben, was viele nicht geben konnten oder wollten, und sie versank darin. Perfektion, Freiheit, die Reinheit ihrer Begegnung, mit der niemand gerechnet hatte. Am wenigsten sie.
Ihre Arme schlossen sich eng um den Illidari, ihre Finger fuhren über die nackte, warme Haut und alles, was sie wollte, war genau hier.
Verwirrt. Er war konfus, so sehr, dass es sich in den Kuss und seine ganze Haltung niederschlug. Er strahlte das Gefühl so deutlich und unverfälscht nach außen wie jedes, das heftig genug in ihm wütete. Es war, als sähe er alles verschwommen, in einem rauschenden Taumel, vergessen wo der Grund war, auf dem er stand. Er funktionierte. Hielt sie, wie das Muster, das seinen Zellen eingebrannt war und wie es sich gehörte und küsste sie, weil sie ihn küsste und weil er es wollte und weil er es mochte und weil er sie mochte. Seine Haut reagierte auf ihre Berührungen und er schmeckte sie und sich und die Idee der Magie, die sie mit ihm geteilt hatte. Durch seinen Kopf rauschten die bunten Bilder die er gesehen hatte und der Taumel hörte nicht auf. Ihm war schwindelig, nicht schlecht, aber auf die Art und Weise, die Verzögerungen in seine Reaktionen zwang. Als er sich schließlich langsam von ihr löste, war die Hitze, die er ausstrahlte ein unstetes Flackern und sein Gesicht sah bis auf das Zucken von Mundwinkeln und Augenbrauen aus, als sei sein Gehirn abgeschaltet worden.
Sasarya ließ ihn den Kuss lösen, verblieb auf seinem Schoß und sah den Illidari an. Es war schwer für sie zu deuten, was in ihm vorging, ob etwas in ihm vorging. Eine Ahnung der Verwirrung hatte sie vielleicht aufgeschnappt, aber es war nicht leicht in einem Gesicht zu lesen, das die Augen vermissen ließ. Jadegrün und wunderschön. Wenn das Bild aus ihrem Kopf sie nicht trog. Schweigend hielt sie die Arme um ihn, locker und leicht.
„Wo bist du eingesetzt?“ fragte er aus dem Nichts und seine Wärmesignatur gewann wieder an Beständigkeit und Intensität. Er wirkte präsenter - und nicht gerade glücklich.
„Wie…wo?“, fragte Sasarya und wirkte einen Moment lang irritiert. „Zandalar, Zuldazar meistens. Wir operieren in Kleinstgruppen, manchmal auch allein. Ausspähen von feindlichen Lagern, Informationsbeschafftung, Sabotage der Allianz, aber auch, wenn es einen Einsatz gibt, der größer ist und wir verstärken sollen. Wieso?“
Sasarya wusste nicht, ob der Illidari wusste, wie das Korps operierte. Und auch nicht wie ihre spezielle Einheit operierte. Sie waren Spezialisten, die im Heimatschutz eingesetzt wurden. Die Grenzen schützten und darüber hinaus gingen, wenn die Bedrohung so permanent wurde, dass Quel’Thalas selbst in Gefahr gesehen wurde. Seit dem Fall von Unterstadt war der Süden des hohen Reichs nicht ausreichend gesichert und es war die Überzeugung, dass Informationen auch dort zu finden waren, wo der Krieg tobte.
Er sagte nichts. Nicht gleich. Der Mund schloss sich und man konnte sehen, dass er die Zähne zusammenbiss, als kaue er auf der Antwort herum. Ihrer - oder seiner, das war nicht ganz so klar ersichtlich. „Und arbeitet ihr mit jemandem zusammen in Zandalar?“ Trotz der wenigen Worte, deren Tonfall beinahe ein Plauderton war, veränderte sich seine Grundausstrahlung kaum.
Sasarya hob eine Hand und strich eine verirrte Strähne aus seiner Stirn, berührte dieses federweiche Haar, dass so weich durch ihre Finger rann und schob es hinter das spitze Ohr zurück. „Übergreifend nur selten. Wir sind im Rahmen unserer Einsätze frei, aber sicherlich…wenn die Horde dort operiert, ist es fast egal, mit wem man zusammenarbeitet. So lange der Auftrag ausgeführt wird, heiligt der Zweck die Mittel. Warum fragst du?“
„Welchen Auftrag genau hast du?“ Er überging ihre Rückfragen, als habe sie sie gar nicht gestellt. Schnurgeradeaus, ohne die Ruhe zu verlieren. Zielstrebig. Blind für Ablenkungen.
„Ich soll die tiefgrüne Höhle ausspähen, die stationierten Truppen dort töten und die Informationen zurückbringen“, sagte Sasarya und hob eine Braue. „Warum. Fragst. Du?“
„Allein?“ Er wusste, dass das die maximal letzte Frage sein konnte, die er stellte, bevor sie auf eine Antwort bestehen würde.
„Allein.“ Der Blick aus ihren Augen war nun eindringlich auf ihn gerichtet. „Hast du mich schon mal kämpfen sehen? Ich bin durchaus fähig, sowas zu tun. Also warum fragst du?“
„Ich weiß nicht, hat mich interessiert.“ Sein Blick ging zur Seite, die Wärme schwand. Der Kopf folgte eine halbe Sekunde später. Die Stirn war umwölkt. Nein, er sah nicht glücklich aus. Eher so, als würde er nachdenken. Oder verbissen über etwas grübeln.
„Warum interessiert dich das?“, fragte sie. „Du siehst nicht besonders glücklich aus, wirklich nicht.“ Sasarya verschwieg den Zusatz, dass sie wusste, dass ihre gemeinsame Zeit endlich war. Sie hatte es erfolgreich verdrängt, es fiel auch leicht, wenn man sich intensiv miteinander beschäftigte und es sich so anfühlte, wie es sich anfühlte. Sie war der Überzeugung, dass sie auf der Überfahrt noch genug Zeit hatte, sich damit zu beschäftigen, was passiert war. Die seelischen Schmerzen dazu gab es frei Haus.
Er machte Anstalten, aufstehen zu wollen, ließ ihr aber genug Zeit und Raum, eigenständig auf die Füße zu kommen, ohne sie vom Schoß zu schieben.
Sasarya löste sich von ihm und stand auf. Das erste Mal an diesem Tag wusste sie nicht wirklich, was sie tun sollte. Einen langen Moment lang betrachtete sie den Illidari wortlos, wandte sich dann ab und begann, in ihrer Tasche zu kramen. Der Wunsch nach etwas zum Rauchen war mit einem Mal präsent geworden, vielleicht auch, weil man sich gut an diesem Röllchen aus Tabak festhalten konnte.

Er stand ebenfalls auf, lief bis an den Rand des Wasserlochs und stützte die Hände in die Hüften. Jede Muskelfaser war angespannt. Er drehte ihr den Rücken zu. Vielleicht war es eher ein ungewöhnlicher Anblick, aber das war das unruhigste Herumstehen, das dieser Ort wohl je gesehen hatte. Obwohl er kein Fingerglied rührte, ging vibrante und enervierende Energie von ihm aus. Als müsse die Luft beginnen Funken zu sprühen. Es war drückend wie die Luft vor einem Gewitter, elektrostatische Spannung, die einem die Haare knistern und fliegen ließ. Aber das Gewitter kam nicht.
Das metallische Klacken, als sie das Etui erst öffnete und dann schloss, durchbrach die Stille. Oonayepheton konnte fühlen, dass ihr Blick auf ihm lag, sie konnte nicht nicht hinsehen. Die angespannte Ruhe in dem Illidari wirkte wie die letzten Momente vor einer Schlacht, wie der Moment, bevor einen der Schwerthieb traf und man es kommen sehen konnte. Sie sagte nichts, ließ ihm den Moment, die Freiheit. Nur ein Hauch Magie durchbrach die Luft, bevor sie den ersten Zug nahm und tief inhalierte.
Es gab keinerlei Vorwarnung. Sein ganzer Körper zuckte, als er an Ort und Stelle aufstampfte, beinahe mit beiden Füßen, und einen kurzen aber so durchdringenden und lauten Schrei ausstieß, dass es von den Mauern widerhallte, gellend und grollend und bis ans Zerreißen der Stimmbänder. Die Hände zu Fäusten geballt und zitternd. So kurz und doch so intensiv. Eine Ahnung dessen, wozu er fähig sein könnte. Die Spannung in der Luft blieb bestehen, als er sich langsam wieder aufrichtete. Es hatte kaum etwas von der Unruhe fortgenommen. Die Hände sanken geschlossen zu seinen Seiten, weiße Knöchel. Ein leichtes Zittern. Er drehte sich nicht um.
Die Spannung hatte in der Luft gelegen, aber um dabei nicht zusammen zu zucken, hätte nur funktioniert, wenn man tot gewesen wäre. Selbst abgebrühte Veteranen konnten den Schreckmoment nicht verstecken, genau so wenig konnte Sasarya es. Er war eine Naturgewalt, ein Halbdämon mit ungeahnter Kraft. Ihre Schritte waren lautlos auf dem Moos. Ein Halbkreis um den Illidari herum, in gemessenem Abstand. Die Stimme der Waldläuferin war ruhig, nicht nervös, auch wenn sie nichts verstand. Instinkte übernahmen, flüsterten ihr ein, was sie sagen sollte, wie sie sich verhalten sollte. Bisher hatte sie immer überlebt, sie würde auch das hier überstehen. Die gekippte Stimmung, als hätte man einen Schalter umgelegt, den zerbröckelten inneren Frieden.
„Lass es raus, was auch immer es ist, was dich grade auffrisst.“ Noch ein Zug, Rauch lag in der Luft.
Er konnte nicht anders als den Kopf der Stimme nach zu drehen, die Zähne waren fest zusammengebissen, die Lippe senkte sich langsam wieder darüber ohne die aufeinander gepressten Kiefer auseinander zu bekommen. Selbst der ZORN entstellte die Züge nicht genug, um ihn hässlich aussehen zu lassen. Der Illidari bebte in seinen Grundfesten bevor er sich noch gerader richtete. Seine Schultern rollten zurück und das Kinn hob sich. Er war schlicht nicht in der Lage jetzt zu sprechen. Sehr langsam, Sasarya konnte sehen, dass er sich willentlich dazu zwang, wich die Spannung aus seinem Kiefer, Finger für Finger aus seinen Händen. Sein Gesicht hatte sich abgewandt, ohne dass er den Kopf wieder gesenkt hätte.
Es war ein gute Frage, ob es das nun besser machte.
Sasarya sah hin, sah diesen zornigen Elfen, diesen wilden Donner vor dem Einschlag des Blitzes. Das Beben seines Körpers und die gesammelte Anspannung, die er nur kontrolliert wieder entließ. Wieviel Kraft das kosten musste. Wieviel Beherrschung. Das Gefühl zwischen ihnen, der Zauber der existiert hatte, ließ sich in diesem Moment nicht finden. Nicht fassen. Es blieb nur Knistern, ein abgewandter Blick und Sasarya, die in seiner Nähe stehen blieb, als sei all das nichts, was sie erschüttern konnte. Die Gedanken, die sich zu Wort meldeten, sprach sie nicht aus.

Es war alles so klar, als sei es in Ley geschrieben. Das hier war bereits vorbei, bevor es angefangen hatte und ihm war das sehr plötzlich klar geworden. Es gab keinen Raum und keine Zeit für diese Unsäglichkeit und hier stand er und wusste nicht wohin mit seiner Hilflosigkeit und der Ratlosigkeit wie all dem beizukommen war. Es gab keine Lösung und nichts davon war leicht und die Chancen standen hoch, dass sich hier Tote unterhielten, die aus einem sehr seltsamen Grund beide noch Atem fassten und einen Herzschlag hatten. Wahrscheinlich aus Versehen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Zeitlinien diesen Fehler korrigieren würden. Selbst Aeshma mischte sich nicht ein, aber er spürte, dass der Dämon seiner Meinung war. Auf Argus hatten sie nur durch unverschämtes Glück überlebt. Glückskind. Wenn Sasarya das Unterfangen überlebte, zu dem sie eingeteilt worden war, dann würde sie wahrscheinlich weitere Narben tragen. Die Chancen standen nicht hoch. Er kannte das Lager gut. Und er glaubte, die Sin’dorei gut genug zu kennen, um ihr nicht mit Ratschlägen kommen zu wollen. Sein Instinkt flüsterte ihm zu, es bleiben zu lassen. Sie wusste, was sie tat.
„Ich gehe zurück“, sagte er. Ihm wurde erst bewusst, dass er gesprochen hatte, als die Worte schon in der Luft hingen.
Sasarya senkte den Blick, es war nicht einmal klar, ob sie ein Nicken andeutete oder ob es nur daran lag, dass er es anscheinend nicht mehr in ihrer Nähe aushalten wollte. Die Gedanken, die sie so schön verdrängt hatte, eroberten sich ihren Platz zurück, schwappten zurück in ihre Wahrnehmung und sorgten dafür, dass sie tief einatmete. Das Kippen des Moments, die Frage nach ihrem Einsatzort. Das Ende. Wie ein Film, eine Erinnerung zog es an ihr vorbei. In ihr zog sich alles zusammen. Das Bild in ihrem Kopf, das in den letzten Tagen entstanden war, ging in Flammen auf. Von einem Mann irgendwo zurückgelassen zu werden, war ihr nicht fremd und sie fühlte sich hilflos in diesem Moment. Sie wollte ihn aufhalten und wollte es doch nicht. Freie Wesen band man nicht an den Moment, den man selbst getötet hatte. Das war alles ihre Schuld. Ihre Worte, ihre Gedankenlosigkeit. Es war als hätte sie die Unschuld getötet. Und zurück blieb nur Blut.
„Das ist meine Schuld, oder?“, fragte sie dann, die Stimme heiser und hintergründig belegt, es war nicht auszumachen durch was. Sie war, sie würde immer diese blöde Idiotin bleiben, die alles zerstörte, bevor es angefangen hatte, bis sie starb. Die Reste ihrer Kippe verglühten zu Ascheflocken, Sasarya bemerkte es nicht einmal.
Sie konnte ihn schlucken sehen, es war eine langsame Bewegung - ebenso langsam drehte er ihr das Gesicht zu. Die Brauen waren so dicht über der Augenbinde zusammengezogen, dass dazwischen nur noch Winzigkeiten Hell zu sehen waren. Er zog die Lippe in den Mund und biss zweimal darauf herum bevor er so etwas wie eine Antwort herausbrachte. „Wenn das hier nirgendwohin führt, dann sollten wir es schnell beenden. Du gehst zurück, ich bleibe hier, alles ungewiss. Es sieht so aus, als gäbe es keine Möglichkeit. Ich weiß nicht einmal, ob du das wollen würdest. Wer bin ich zu entscheiden, was du brauchst? Ich habe keinen Anspruch auf dich.“ Selbst wenn die Worte für ihn selbst wenig Sinn ergaben, in einer Dimension seiner Wahrnehmung hatten sie es getan, so logisch und konsequent, dass er sie geäußert hatte.
Er konnte nicht sehen, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten, die sie nicht haben wollte. Sie wollte nicht weinen, überlaufen vor Gefühl, so dass man dachte, sie wäre klein und schwach. Es war eine elende Sch.eiße damit, Mitleid konnte sie nicht ertragen, wollte es nicht. Und doch waren sie da, tat es weh. Es lag daran, wie es sich angefühlt hatte, wie nah und natürlich. Etwas, dass tief in ihr versickert und nicht oberflächlich abgeprallt war. Wie hoch standen die Chancen, jemals wieder so zu fühlen? Sasarya rang mit sich selbst, kämpfte den Kampf mit den Worten, die auf sie einstürzten im Inneren und ihr Brustkorb bebte, so angestrengt atmete sie. Wohin sollte das führen? Das wusste sie selbst nicht. Wie konnte das funktionieren? Keine Ahnung. Sie hatte keine Antworten auf die drängenden Fragen, sie war keine weise alte Frau, die die Zukunft vorhersehen konnte. „Du hast keinen Anspruch auf mich, richtig. Ich auch nicht auf dich. Und ich will trotzdem nicht, dass du gehst“, sagte sie und schüttelte über sich den Kopf. „Niemand weiß, wohin das Leben führt. Was ist daraus geworden, was du gesagt hast? Wer gleich annimmt, dass es nicht funktioniert, beraubt sich der Chance, dass es funktionieren könnte. Das Leben ist immer ungewiss, es schert sich nicht darum, was man sich von ihm wünscht. Du sagst doch, dass du im Moment lebst. Und deswegen beraubst du dich der Möglichkeit?“ Noch einmal atmete sie schwer aus, mehr ein Seufzen, von Schmerz durchdrungen. Kein Vorwurf lag in den Worten, denn das war nicht ihre Intention.
Er war so rasch bei ihr, dass sie sogar die bewegte Luft erst wahrnahm, als er bereits ihre Schultern gepackt hatte. Ihre Haare flogen. „Dann sag mir WIE.“
Er glühte. Die Hitze die von seinem Gesicht ausging trieb ihr die Röte auf die Wangen und ließ die übervollen Augen brennen. Wie. Die Luft vibrierte.
Salzig und feucht tropfte es auf ihre Haut, zerrann auf ihren erhitzten Wangen, als er sie an den Schultern packte und sie die Augen weit aufgerissen hatte, unfähig für einen Moment überhaupt zu denken. Wie . WIE. Verdammt wie. Wie sollte das gehen?
„Du könntest mitkommen. Nach Zandalar.“
Ihre Stimme bebte, ihre Augen hatten den Kampf längst aufgegeben.

EDEN - Drugs
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Digital Daggers - Still here
https://www.youtube.com/watch?v=6ljegvS94qE

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[Rückblende: Dschungel]

Die spektrale Sicht des Illidari begann zu schimmern, das lichte Grün ihrer Umrisse schwappte auf ihn über, wickelte sich in Ranken um seine Hände, allein bei den Rückständen der Flammen gelang es ihr nicht. Oonayepheton wurde eingehüllt und sah sich, wie er sie sah. Fein schimmernde Umrisse, gleichmäßige Konturen von einer beruhigenden Farbe, ein Funken Licht im Grau. Doch das war nicht alles, er sah mehr, fühlte mehr, es brandete langsam gegen seinen Verstand auf.
Seine Sinne wurden schärfer, als sie ohnehin schon waren, wie Rasiermesser angespitzt. Er konnte sie riechen, jeden Zentimeter ihrer Haut und die Stellen ausmachen, an denen sie auf dem Gras gelegen hatte, an denen seine Lippen ihren Körper berührt hatten und sogar den Geruch von getrockneten Wassertropfen auf ihrer Haut konnte er wahrnehmen, wobei er nicht mal ausmachen konnte, wie er ihn beschreiben sollte. Er roch die Wiese unter ihnen, das weiche Moos, eine Kaskade von Blütendüften, die hintergründige Süße von Verfall. Holz, das im Wasser trieb, Blütenstaub in der Luft. Weiter als weit, mehr. Das Gefühl auf seiner Haut intensivierte sich und er konnte nicht nur sie spüren, jede Erhebung und Vertiefung ihrer Haut, die feinen Härchen überall auf ihrem Körper, er fühlte jedes einzelne davon, er fühlte Wind unter seinen Armen als wären sie Flügel, fühlte den Rausch der Höhe und gleichzeitig das Gefühl, tief in der Erde zu sein, ein Fuchs in seinem warmen Bau.
Das, was am eindrücklichsten war, baute sich langsam auf, aber dann war es etwas, dass er so noch nicht gesehen hatte. Bilder, nicht in schemenhaftem Schwarz-weiß sondern in hellen, verwaschenen Farben. Er sah Trolle, die durch die Ruinen zogen, stolz und majestätisch, die Loa, die sich hier manifestiert hatten. Als wäre er dabei, würde die Geschichte dieses Ortes erleben, eintauchen, Teil davon werden. Alt und neu, er sah sich selbst, neben Sasarya liegend in der Nacht, ihre Hände miteinander verwoben. Die Bilder waren anders als das, was Aeshma hervorbrachte, längst nicht so plastisch, nicht so perfekt aber es waren farbige, bunte Szenen aus Vergangenheit und Gegenwart, die seine Sehnerven stimulierten, die ihm zeigten, was hier alles geschehen war. Der Dschungel, die Natur war Zeuge, flüsterte und teilte ihre Geheimnisse mit Sasarya und sie teilte sie mit dem Illidari. Sie war der Dschungel, er war es auch.

Hozier - Movement
https://youtu.be/OSye8OO5TkM

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no context

Fallen, weil er zu nah an der Sonne war? Nein. Er flog. Seine Flügel waren nicht aus Wachs und er war kein tragisches Kind eines Wissenschaftlers und Erfinders mit Möglichkeiten weit unter seinen Ideen. Und er trug sie und fing sie auf, bevor sie ganz zerschellen konnte, riss sie in jähe neue Höhen. Noch einmal. Noch einmal höher. Er dachte keine Sekunde lang.

Unlike Pluto - Death of me
https://www.youtube.com/watch?v=BM_IOpXZKFk

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[Männer vieler Talente]

War es ein Vorteil Idonir freundlich gesinnt zu sein? Wenn man sich in der Ölkanne und Luke bewegen wollte, durchaus. Die Türsteher machten keine Anstalten als das komisch anzusehende Gespann eintrat. Man durfte sogar ohne ein Wort des Einhalts die Waffen auf die Zimmer nehmen und der Weg zum Stall stellte sich auch nicht weiter kompliziert dar.
Laut den Regeln war der Kunde nicht König, aber Frau Gozzlevex wusste auch, wie man ihre Angestellten unterrichtete, wie man zahlende Kundschaft zu behandeln hatte. Idonir kündigte an, dass er sich die Wunde gleich noch einmal in aller Ruhe ansehen und vernähen würde, ließ die drei für kurze Zeit allein.
Zuerst suchte er Havre auf, besorgte sich ein Gegengift aus Blassblatt und eine Salbe um die Wundheilung zu beschleunigen. Er ging davon aus, dass kein übriges Gift mehr in ihrem Körper war, aber er wollte lieber sicher gehen. Wenn er sich schon überwand und Lichtmagie anwendete, wollte er es nicht umsonst tun.
Noch bevor er sich erneut um die Wunde der Magierin kümmern konnte, lief er dem Illidari über den Weg. Und war kurz darauf ein halbes Vermögen reicher. Idonir wäre der letzte, der irgendeine Bezahlung ausschlagen würde, auch wenn er sich langsam die Frage stellte, was er mit all seinem Gold überhaupt anstellen sollte.
Nichts, worüber er sich nun Gedanken machen musste. Denn wenn er eine Sache anfing zog er das auch durch. Meistens. Wenn ihn nichts aufhielt.
Niemand hielt ihn auf. Aber immerhin klopfte er gegen die Zimmertür, denn durch Wände sehen konnte er nicht. War in diesem Haus vielleicht auch besser so. Idonir zögerte trotzdem kaum, ehe er in das Zimmer trat.
Wie angekündigt vernähte er die Wunde (die er davor besser noch einmal gereinigt hatte) der noch schlafenden Magierin, sauber und genau, fast so als könnte man auf den Gedanken kommen, dass er Wunden öfters genäht hatte, als es den Anschein machte. Oder dass er vor seinem Leben in Beutebucht vielleicht in einer Schneiderei gearbeitet hatte. Vermutlich hätten auch unschöne Stiche die Arbeit gemacht und Idonir hing sich nicht an seiner getanen Arbeit auf. Nicht umsonst schimpfte er sich ‚ein Mann mit vielen Talenten‘. Da musste man auch versprechen was man von sich gab, auch wenn es größtenteils wohl einfach nur Gequatsche war um sich zu verkaufen. Jeder hatte so seine Mittel und Lügen.
Lügen hatte er eine Menge.
Aber heute nicht. Heute hielt er sein Wort, versorgte die gereizte Haut mit der Salbe, achtete kleinlichst darauf, dass sie der verletzten Hautstelle nicht zu nahe kam und legte letztendlich einen schützenden Verband um. Professionell und sich nicht an ihrer Nacktheit störend beobachtet er seine Arbeit mit einem kritischen Blick, ehe er sich langsam wieder erhob. Die Salben fanden ihren Platz auf dem Nachttisch, ebenso ein frischer Verband.
Idonir drehte sich um, steuerte die Tür an und gerade als er den Raum wieder verlassen wollte nahm er eine Regung der Decke in seinem Augenwinkel wahr. Er hielt inne und drehte sich langsam wieder in die Richtung des Betts, beäugte die Magierin kritisch und wartete ab, ob sie gleich gänzlich aufwachen würde. Vermutlich wäre es kein Fehler, hätte sie einen Ansprechpartner. Und bei der Menge an Münzen die er bekommen hatte, war ein Gespräch wohl auch das mindeste, was er zurück geben konnte.
Der St.richer mit der schönen Nase blieb wortlos an Ort und Stelle stehen, die Aufmerksamkeit auf der Sin’dorei liegend.

Das Bild der Decke veränderte sich nicht einfach wieder. Sie schien wohl wirklich in keinem Traum mehr gefangen zu sein. Auch wenn es wohl manchmal besser wäre. Besonders bei solchen Kopfschmerzen. Dementsprechend konnte sie einen leisen Brummlaut nicht unterdrücken. Missmutiger, als sie es eigentlich gewollt hätte. Behutsam bewegte sie ihren Kopf. Wollte ihrem Nacken etwas Bewegung verschaffen. Dabei kam auch die elfische Silhouette in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit. Sie ließ den Kopf in Richtung der Tür liegen und musterte den Elfen einen kurzen Moment lang ruhig. Ein wenig Farbe hatte sie immerhin wieder. Missmutig und geschwächt war ihr Gesichtsausdruck dennoch. Sie versuchte aber wenigstens freundlich zu klingen: „Idonir, richtig? Könnt Ihr mir verraten wie ich von meinem Lager aus hier gelandet bin?“

Ob sein Unterbewusstsein in der Früh schon geahnt hatte, dass es besser wäre, wenn er die Haare heute in einen Pferdeschwanz binden würde? Meistens band er die Haare nachts hoch, tagsüber prahlte er aber gern mit seinen schönen, langen und glatten Haaren, die im wunderbaren Kontrast mit seiner blassen Haut standen. Und meistens im Weg waren, wenn er sich nach vorn beugen musste.
Heute waren sie allerdings nicht zum nervenden Problem geworden und Idonir hatte sie auch noch nicht geöffnet. Natürlich nicht.
Aufmerksam betrachtete er das Gesicht der Verletzten, die tatsächlich aufgewacht war. Vielleicht waren die Schmerzen zu groß geworden. Sie fand sogar ihre Stimme und stellte eine Frage – dass sie sich an seinen Namen erinnerte, war gut. Idonir musste sich gestehen, dass er ihren Namen vergessen hatte. Hatte er ihn überhaupt je erfahren?
„Ihr wurdet hier her getragen“, sagte er schlicht. „Erinnert Ihr Euch daran, wer Euch angegriffen hat?“

Das Fenster stand noch immer einen kleinen Spalt offen und die angenehme Luft, die von außen hereinwehte, brachte den salzigen Geruch der Bucht herein, um die sich das blühende Handelsnest schmiegte. Das Geschrei von Möwen brandete mit den Wellen an die Pfähle und bis auf das übliche geschäftige Treiben in den unteren Stockwerken war es angenehm ruhig im Haus. Noch. Es geschahen zu viele Dinge rund um dieses Etablissement. Es war nur eine Frage der Zeit, bis neuer Trubel alle Karten neu mischen würde - und niemand wusste, welches Blatt er bekam.
„Gut, dass Ihr gefragt habt, wer angegriffen hat. Wer mich getroffen hat, wäre schwerer zu beantworten gewesen.“, die Elfe zog einen Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln, „Ich war in einen kleinen Bluttrollschwarm hinein geraten.“
Idonir hob die Arme an und verschränkte sie locker vor der Brust, ging auf das Bett zu und blieb dort stehen. Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht, ihr schiefes Lächeln. Die Antwort führte dazu, dass er seine Brauen etwas in die Höhe hob. „Ich hoffe sie sehen schlimmer aus, als Ihr es tut.“
„Es würde mich wundern, wenn Ihr von den Meisten überhaupt noch etwas findet. Ich würde besser aussehen, wäre ein gewisser JEMAND mir hier nicht über den Weg gelaufen.“, sie klang ziemlich trocken, „Vergesst es. Ich vermute mal, dass Ihr für den Verband verantwortlich seid?“
Schwer würde es ihr nicht Fallen die Skepsis in seiner Mimik zu finden – selbst in ihrem angeschlagenem Zustand. Vermutlich war es besser, dass das Thema gewechselt wurde und er seine Gedanken in eine andere Richtung lenken konnte. „Ja“, antwortete er ruhig. „Wenn Ihr viel schwitzt oder die Wunde noch bluten sollte“, davon ging er nicht aus, aber man konnte ja nie wissen, „sollte der Verband spätestens morgen gewechselt werden. Wenn sich keine weiteren Beschwerden zeigen, könnt Ihr den Verband ab morgen weg lassen und die Luft den Rest erledigen. Wie fühlt Ihr Euch?“
„Dann Danke für die Hilfe.“, sie überlegte kurz. Wie sollte man diesen Zustand wohl am Besten beschreiben? „Ich fühle mich wie eine Schildkröte, die auf den Rücken gedreht wurde und vorher etwas unter den Panzer geschoben bekommen hat…“ Sie behielt ihre trockene Tonlage bei und atmete einmal schwer, aber tief durch.
„Verständlich. Ihr wurdet vergiftet. Wir haben uns zwar darum gekümmert, aber es schadet wohl nicht, wenn ihr noch etwas Blassblatttee zu Euch nehmt.“ Das sollte immerhin gegen Vergiftung helfen. Ob er erwähnen sollte, dass es zu Durchfall kommen könnte? Im besten Falle wusste sie das selbst. Vielleicht weigerte sie sich aber auch schlicht gegen den Tee. Idonir war das letztendlich einerlei. Überleben würde sie und das war in erster Linie das, was ihn interessierte. „Wenn Ihr wollt bereite ich Euch einen zu. Der steht zwar nicht auf der Karte, aber ich denke wir können eine Ausnahme machen. Gegen einen Aufpreis, der Rezzi glücklich macht.“ War sicherlich reizend, wenn man noch nicht mal auf den Beinen war und schon mit Kosten zugequatscht wurde.
„Blassblatt? Danke, aber Nein danke…der gehört nicht zu meinen Favoriten. Ich suche mir etwas, wenn ich mich wieder bewegen kann…“, brummte die Frau fast schon und schloss seufzend für einen kurzen Augenblick die Augen. Nicht lange genug, dass jemand meinen könnte, sie würde wieder einschlafen.

„Wie Ihr wollt. Ich lass Euch wieder allein. Wenn Ihr etwas benötigt, zögert nicht zu fragen.“ Idonir löste die Arme aus der Verschränkung und betrachtete sie noch einen Augenblick. Vielleicht wartete er noch auf eine Antwort oder eine Reaktion, da einen Moment zögerte, ehe er sich umdrehte und die Tür ansteuerte.
„Danke, mache ich.“ Die Antwort fiel kurz aus. Aber immerhin.
Ohne einen Blick über die Schulter zu werfen blieb Idonir an der Tür stehen, um sie zu öffnen. Diesmal verließ er tatsächlich den Raum. Die schöne Tür wurde leise hinter ihm geschlossen und die Magierin war wieder allein.

Kurz kam ihm der Gedanke, dass er irgendetwas vergessen hatte. Er stand einen Moment lang ratlos im Flur, ehe er mit den Schultern zuckte und die Treppe ansteuerte.

Nairuna seufzte nur und starrte die Decke an, als sie wieder alleine war. Der Schildkrötenzustand war so schon schlimm genug. Mit der Wunde auf dem Rücken wurde er auch noch nervig. Die Magierin schloss die Augen lieber. Vielleicht wäre es besser noch etwas Schlaf zu finden. Ja, ja das war es wohl.
Ein gewisser Jemand hing dem Raum an. So magieaffin - oder abhängig - wie die Erzmagierin war, war es keine Kunst, das Fel in den Laken zu wittern. Die Gerüche des Zimmers waren angenehm, noch nicht durchdringend, aber eindeutig geschwängert in Schweiß und Sex. Der abartigen Sorte. Wer in aller Welt… aber die Gedanken waren unwichtig. Wie in aller Welt… wobei, da gab es Möglichkeiten, die nicht unbedingt so weit von der Hand zu weisen waren.
Ein gewisser Jemand war nicht da. Und keine seiner Gespielinnen. Kinder! Und dabei hatte sie sie beide noch zu warnen versucht…
Doch Warnungen werden von Kindern immer wieder missachtet. Fast schon erwartungsgemäß, war es auch dieses Mal offenbar der Fall gewesen. Der Geruch an sich hätte die Magistrix nicht gestört. Sie war schon in schlimmeren Umgebungen gewesen. Doch der Geruch nach Fel machte es ihr schwer wieder einzuschlafen. Die Sucht brannte in ihrem Geist und trieb ihr Splitter in den Kopf. Nervtötende, kleine Splitterstücke, die nun mit viel Konzentration weg geatmet werden mussten.
Splitter, klein und eckig, klein und zackig, klein und spitz, so wundervolles, sattes Grün, wilde ungezügelte ENERGIE, die die Zellen flutete und brannte, flammte, alles so warm und wohlig werden ließ, machtvoll, ruhend. Nur ein wenig mehr. Noch ein bisschen - einmal ist keinmal. War nie schlimm. Man konnte jederzeit aufhören. Immer. Wieder. Splitter.
Kontrastierend zu den Verlockungen des Lakens mischte sich der Lärm der Hafenstadt dezent in das Zimmer. Das Krächzen der Fischer, die ihren Fang anboten, war gewichen. Die letzten Kisten Fang wurden günstiger, je länger sie in der prallen Sonne auf Besitzer warteten. Es landeten nun mehr Schiffe an, Passagiere gingen von Bord und mischten sich in diesen neutralen Umschlagplatz der Waren. Man hörte Gelächter unterhalb des Fensters, als ein paar Seebären die Ölkanne passierten, auf der Suche nach einer günstigen Bleibe für die Nacht und nach Gesellschaft, die weitaus weniger exklusiv war, als es das Etablissement, in dem Nairuna untergebracht war, hergab. Der Traum einer Hafenstadt, Abenteuer, Eskapaden! Und sie lag mittendrin, in dem Geruch der zumindest eine Ahnung einer kleinen Episode daraus trug.
„So schlimm war es ja seit dem Versuch davon weg zu kommen nicht mehr…“, dachte sich die Magistrix. Vermutlich hätte sie sich genervt die Nasenwurzel gerieben, wenn sie ihre Arme hätte bewegen können. So, blieb ihr nichts anderes übrig als es sich zu denken. Und zu versuchen Zeit verstreichen zu lassen, bis es aufhörte.
…und wie das Laken duftete. Und dieses verfluchte Kissen. Nach Fel und Mann und Lust und allem was das Leben lebenswert machte. Es hätte sogar nach Schweinebraten geduftet - wenn das ihre tiefste Sehnsucht gewesen wäre. Aber … von Braten konnte keine Rede sein. Selbst ihr eigenes Haar - oder war es vielleicht die ganze Zeit ihr eigenes Haar gewesen?!! Und ihre Haut!! Verflucht, wieso roch sie so, als sei sie mit heißen Felkristallen massiert worden?
„Das kann doch nicht wahr sein…“, knurrte die Frau zwischen ihren Zähnen hindurch, „Wenn das nicht bald aufhört bin ich wirklich gewillt Dummheiten anzustellen.“

Whilk & Misky - Burn with me
https://www.youtube.com/watch?v=-dOHS2jsP_0

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[Tau]

Er zuckte heftig zusammen. Tau lag auf seinem Gesicht und der Haut, die sie nicht bedeckte, und Tau lag auf Sasaryas Rücken und glitzerte in ihrem Haar. Die Morgenfeuchte war angenehm kühl. Seine Kerntemperatur und die Temperatur zwischen ihren Körpern hatte den wohligen Bereich nicht verlassen. Er hielt sie immer noch in den Armen. Seine Zeiteinschätzung, die rasch verschiedenste Komponenten zu einem ganzen zusammenfügte, sortierte und drehte, bis es ein Bild ergab, überschlug, dass sie zwischen zwölf und vierzehn Stunden wie tot geschlafen haben mussten. Das leichte fröstelnde Zittern, das seine Glieder erfasste, war der sanfte Weckruf der Muskulatur. Er drückte sein Gesicht an ihre Stirn und stahl einen tiefen Atemzug Geruch.
Sasarya regte sich nicht, noch war die Erschöpfung und der Schlaf, der ihr gefolgt war, viel zu schön, um gleich wieder aufzuwachen. Das Grün ihrer Magie war nur ein dezentes Schimmern, trug das Bild der schlafenden und erschöpften Waldläuferin mit. Ihr Haar roch nach ihr und Moos, nach salzigem Schweiß und nach der Umgebung, die sie einhüllte. Angenehm, versichernd war ihr Geruch. Eine dezente Note darin, die sich nicht veränderte.
Ihr Atem ging regelmäßig, von schlechten Träumen keine Spur.
Er summte leise, gerade so am Rand der Wahnehmung, ein Geräusch wie sanftes Grillenzirpen, und streichelte den Tau von ihrer Haut. Zeichnete Kreise. Schlangenlinien und seltsame Symbole, gedankenverloren und als befände er sich noch mitten in einem Traum. Er biss sich fest in die Unterlippe, als sein Körper sich erinnerte, bei was er unterbrochen worden war und der Schmerz vertrieb die Anflüge zuckend, nicht ausreichend - und unvollständig.
„Sasarya“, flüsterte er, und die Stimme fasste nur in einzelnen Teilsilben Ton, und noch einmal „Sasarya…“
Er hätte den Namen dauerhaft sagen können, um ihn zu hören, von sich und von anderen, so leise und sacht, wie der Wind, der das Wasser bewegte. Er sagte ihn nicht einmal, um sie zu wecken. Nur, weil er ihn gerne hörte.
Von irgendwoher drangen die Worte an ihr Ohr und tief in ihr schlafendes Bewusstsein. Für eine Soldatin war sie wirklich sehr gedankenlos, tadelte ihr Unterbewusstsein sie innerlich - woher auch immer das nun gekommen war. Aufstehen, aufstehen. Sasarya Ein Ohr zuckte kurz, ohne dass sie es bemerkt hätte. Sasarya Wind strich über ihre Haut, sie träumte noch immer, so halb zumindest. Aufstehen, Soldatin! Wind, Stimme, Streichen, Pflicht, ein innerer Kampf der längst tobte, während die Sin’dorei immer noch selig zu schlafen schien. Hunger, Durst, Sasarya.
Sie schlug die Augen auf, blinzelte und brauchte einen Moment, um überhaupt zu realisieren, wo sie war. Wie und mit wem. Er konnte ihren Blick auf sich spüren und wie sie sich minimal in seinen Armen regte. „Oona…“, murmelte sie. Ihre Stimme war…heiserer als sonst noch, ihre Kehle vollkommen ausgetrocknet. Das Säuseln endete in einem verhaltenen Husten und es beschämte sie. „Guten…Mo…ah, Sch.eiße echt…“ sie hustete erneut, rutschte halb von ihm herunter und schöpfte sich Wasser. Oh Nether. Beinahe besser als Sex. Und sie war so gierig.
Er hob den Kopf als er die Geräusche hörte und verzog das Gesicht. Herumrollen und über die Knie aufstehen war eins. Recht rasch und unverzüglich schlug er sich in die Büsche, nackt wie er war und eine Hand über seiner Scham, während die Linke Zweige und Lianen beiseite schlug, bog und streifte, bis er - bei weitem nicht außer Hörreichweite - aber weit genug fort war, um endlich befreit laufen zu lassen. Er stöhnte leise und erleichtert, als der Druck auf seiner Blase endlich nachließ und diese es noch gar nicht fassen konnte, sondern nachschmerzte und zog, als sie sich wieder entspannen hätte können.
Seine Hand tastete nach einem Blatt, das er kannte und streifte die Tropfen fort. Er registrierte beiläufig den beißenden Geruch, der eindeutig indizierte, dass er zu wenig getrunken hatte und ausgewogenes Essen recht wahrscheinlich auch vollkommen anders aussah. Und er blieb noch einen weiteren Augenblick stehen um einige Male tief durchzuatmen, bis das Ziehen in seinem Leib soweit zurückgegangen war, dass er ohne Gesichtsentgleisungen zu ihr zurückkehren konnte. Ohne ein Wort ging er neben ihr in die Knie und wusch sich die Hände im Wasser, bevor er in ganz ähnlicher Geste wie sie die Hand zum Trinken schöpfte.
Sasarya war dazu übergegangen sich Gesicht und Nacken zu waschen, nachdem sie nicht mehr Wasser schöpfen konnte, weil es gefährlich in ihrem Bauch gluckerte. „Oh Nether“, keuchte sie, die Kehle endlich wieder feucht, das Gesicht klitschnass. Es tat so gut. „Ich sterbe“, dehnte sie die Worte und wischte sich die nassen Strähnen aus der Stirn. „Du stirbst sicher auch vor Hunger…“ Ohne eine Antwort abzuwarten, stand sie auf, schnappte nach dem Leinenbeutel und holte das heraus, was darin verblieben war. Ein Rest geräucherter Wurst, deftig, fettig, salzig. So perfekt. Sie hätte dafür getötet und als sie den Dolch benutzte, um sie zu teilen, lief ihr bereits das Wasser im Mund zusammen, tropfte der imaginäre Zahn und meldete sich ihr Körper zu Wort. Hunger Völlig ausgehungert - in fast allen Belangen.
„Hier“, sagte sie und reichte Oona seine Hälfte, vollkommen fixiert auf das letzte bisschen Essen. „Iss das…wir müssen jagen…wir…“, sie biss auf das erste Stück und kaute hastig, schluckte herunter. „Sch.eiße ist das gut.“ Erst nachdem sie ein zweites Stück heruntergeschlungen hatte, setzte sie sich neben ihn ins Gras. „Wir sind wahnsinnig…“, grinste sie und schob sich noch ein Stück ihrer Hälfte zwischen die Zähne. „Hast du gut geschlafen?“
Er hatte das Stück nicht angerührt, sondern ihr beim Essen zugesehen - wenn man das so nennen konnte. Sein Gesicht war auf sie gerichtet gewesen, lauwarm hatte sein Blick flackernd auf ihrem Gesicht gelegen und seinen Anteil an ihrem verbliebenen Proviant hielt er noch immer zwischen den spitzen, tropfnassen Fingern, mit denen er ihn entgegengenommen hatte. Jetzt streckte er ihn ihr wortlos hin.
„Hm?“ machte Sasarya und sah Oona an. „Iss doch?“
Die Hand blieb schweben. Sein rechter Mundwinkel sank in etwas abschätziges. Dann nickte sein Kinn auf die Hand hin. „Du“, sagte er. Und mehr nicht.
„Ist nicht. Wir teilen.“ Sasarya hob die Hände. „Ich brauche dich gesund und fit…du mich doch auch“, schob sie hinterher.
„Iss“, sagte er deutlicher. „Du bist die Jägerin mit dem Bogen, deren Hand nicht zittern darf. Gleven eignen sich nicht für einen Wurf im Dschungel.“
„Hast du schon mal mit einem Bogen gejagt?“, fragte Sasarya und nahm beinahe widerwillig das restliche Stück Wurst, drehte es in ihren Fingern. „Täubchen werden es vermutlich nicht, aber Papageien sind drin, denke ich.“
Er nickte, ohne ein weiteres Wort und nahm die Hand zurück. Auf was war das jetzt die Antwort gewesen? Anstatt ihr weiter ‚zuzusehen‘ drehte er sich wieder dem Wasser zu, schöpfte mit beiden Händen und warf sich notdürftig etwas in Gesicht, auf Arme, Hals und Brustkorb, aber es schien ihm nicht ganz zu reichen. Er kniete sich aufrechter hin und löste die Augenbinde und stieg - den Streifen Stoff noch in der Hand - ins Wasser.
Schwingen. Da waren Schwingen gewesen als sie eingeschlafen waren und ebenso auch Hörner und ein Schweif und alles war in der Nacht verschwunden. Wie normal beides wirkte. Mit und ohne diese Attribute… und jetzt. Jetzt war er einfach nur ein nackter Mann. Der ihr den Rücken zudrehte und etwas schwarzen Stoff zwischen den Fingern im Wasser aneinander rieb. Er hatte ihr den Rücken zugedreht.
„Oona…“, begann Sasarya und auch wenn sie keine Wärme ausstrahlen konnte, so konnte er doch spüren, dass sie ihn ansah. Natürlich hatte sie sich gefragt…wie konnte man das gedanklich nett umschreiben? Wie die Augen aussahen, wo keine Augen mehr waren. Wie er aussah, wenn er gänzlich nackt war. Ihre Stimme war sanft, das kleine Hoch, was das Essen in ihr ausgelöst hatte, war schnell verflogen. „Darf…darf ich dich sehen? An…sehen, meine ich.“ Nicht Furcht, nicht die Neugier, die nur der eigenen Befriedigung diente, lag in den Worten. Sie waren sanft wie ihre Berührung, leicht, einfühlsam.
„Mmh“, machte er, ohne sich umzudrehen. Das hatte nicht ablehnend geklungen, eher wie eine beiläufige Zustimmung. Er war noch immer damit beschäftigt, das Stückchen Stoff zu reinigen und ging dabei höchst akribisch vor. Er stand hüfttief im Wasser, die Bewegungen, die seine Hände auslösten, schlugen kleine Wellen an seinen Körper. Der unordentliche Zopf war über die Schulter nach vorn gefallen und das untere Zeichen an seiner Wirbelsäule war gar nicht mehr zu sehen, das Wasser verbarg es, ebenso wie alle Natürlichkeit, die innerhalb der Ziviliation als anstößig gehandelt wurde.
Sasarya legte das restliche Stück Wurst mit einem leicht wehmütigen Blick zurück ins Gras, dann konnte er es hinter sich plätschern hören, als sie ebenfalls in den Teich stieg. Sie schöpfte sich Wasser, wusch sich rasch und zweckmäßig zwischen den Beinen, an ihrem Bauch und ihren Brüsten, bevor ihre Arme von hinten seine Taille umfingen und sie sich an seinen Rücken schmiegte. Nur dieser eine Moment, fürs Erste. Sie atmete tief ein.
Er hielt in seinen Bewegungen inne. Sich selbst hatte er noch nicht einmal ansatzweise gewaschen und sie konnte es riechen. Er roch nach Schweiß und Mann und Sex und feuchtem Dschungelboden und Erde und sich und ihr… und ihr Geruch auf seiner Haut ging noch einmal eine ganz andere differenzierte Symbiose ein, als wenn er ihrem Körper allein angehaftet hätte. Sasarya konnte ihn durchatmen spüren und dann seine freie Hand, wie sie sich auf ihre legte. Kühl und tropfend nass. Er fasste ihre Hand, der Daumen beschrieb eine streichelnde Bewegung, dann nahm er sie wieder fort und prüfte die Ränder des viellagigen Streifens Stoff auf Restverschmutzungen. Mehr als gründlich.
„Du riechst so gut“, murmelte sie gegen seine Haut und er konnte das Lächeln ihrer Lippen auf seiner Wirbelsäule fühlen, die sein Azhir streiften, das sie nicht lesen konnte. „Ich möchte dich am liebsten den ganzen Tag auf mir riechen.“ Ihr warmer Atem benetzte seine Haut und sie erwiderte seine Streichbewegung mit dem sanften Druck ihrer Finger und verharrte so, während er sich um seine Augenbinde kümmerte.
„Ich rieche dich auch gern“, sagte er und sie konnte hören, dass er lächelte. Irgendwann hörten die Bewegungen einfach auf und er rührte sich gar nicht mehr. „Dann komm sehen“, sagte er nach einer gewissen Stille - bevor sie unangenehm zu werden drohte.

Nur langsam löste sie sich von seinem Rücken, nicht ohne nicht noch einmal einen Kuss auf die Rune gegeben zu haben, deren Bedeutung ihr verborgen war. Ihre Finger tanzten über seine Haut, als sie ihn umrundete, sanfte Berührungen an seiner Hüfte, an der Leiste, die schließlich auf dem Chtic auf seinem Bauch endeten, als sie vor ihm stand. Noch ein Kuss traf seine Haut, landete in der Beuge zwischen Hals und Schulter, an der sie so sehr einen Narren gefressen hatte. „Ich hab…“, sagte sie dann leise, das Mal betrachtend, dass sie ihm aufgedrückt hatte, ohne es zu wollen. „Dir ein temporäres Azhir verpasst…“ Betroffenheit klang sicher anders. Ihre Lippen entschuldigten sich wortlos, bevor sie die Augen hob und ihn ansah.
Das grüne Leuchten hinter dem verschleierten Vorhang halbgeschlossener Lider und einem intakten Kranz sanft geschwungener Wimpern, war irritierend. Zu hell. Zu grell. Zu leuchtend grün. Nicht das matte gedimmte Grün der Sin’dorei, sondern ein glimmendes Flackern und Lodern. Nicht still. Das Feuer bewegte sich. Und es roch nach Süchten und Schmerzen, nach verzehrendem Verlangen, zog an ihrem Verstand, wie es Felfeuer tat. Wie es das Fel auf seiner Haut getan hatte. „Hast du das.“ Sein Mund lachte dieses lautlose Lachen, der Kehlkopf sprang und er sah so gut gelaunt aus und seine Augen waren so falsch dazu. Die Lider öffneten sich kaum, die glühenden Halbmonde verschmälerten sich eher, als er lachte. An seinem linken Augenwinkel unterbrach die Lachfältchen ein vielädriges Narbengeflecht, als sei ihm keine Klinge, sondern eine Klaue dorthin ausgerutscht. Dann wurde er ernst. Die Augen öffneten sich ein Stück weiter und Sasarya konnte sehen, dass die schwarz kauterisierten Augenhöhlen wirklich brannten, auch wenn die Flammen nicht herausschlugen. Der Ausdruck seines Gesichts war ein abwartender… und vielleicht lag eine Ahnung Befürchtung darin. Der Stoffstreifen glitt durch seine Finger.
„Mhmh…“, bejahte sie die Aussage, auch wenn ihre Aufmerksamkeit auf das brennende Lodern unter seinen Lidern gerichtet war. Sie spürte das Prickeln des Fels auf ihrer Haut, bekannt und so ewig her, dass es sich anfühlte, wie aus einem anderen Leben. Eine D.roge, die sie konsumiert hatte, um nicht zugrunde zu gehen, aber nichts, bei dem sie länger als nötig verweilt war. Die Natur hatte Sasarya den Schimmer auf ihren Augen beinahe getilgt. Es war ein Anblick, den sie sich nicht hatte vorstellen können. Felgrün tanzende Sterne in den Augenhöhlen. Jadegrün. Vielleicht einmal, aber es war nichts mehr davon da. Sasarya spürte die Wärme, den Zug des Fels und konzentrierte sich auf all die feinen Details, die das brennende Grün brachen. Die dichten, schönen Wimpern, die Lachfältchen um seine Augen und sogar das Narbengeflecht. Angst strahlte sie nicht aus. Es war wie zuvor, als er sich ihr gezeigt hatte. Kein mädchenhaft verklärtes Bewundern, aber Akzeptanz die aus jeder ihrer Bewegungen sprach, durchdringend und bedingungslos wie sein Blick. Sie sagte nichts, aber ihre Hand fand seine Wange, die erhitzte Haut, und streichelte sie. Gefahrlos. „Schließ sie“, bat sie dann leise, mehr als einen Moment nach ihrer Berührung. „Nur einen Augenblick, für mich.“
Die Lider schlossen sich kaum einen halben Atemzug nach ihrer Bitte und er hielt vollkommen still. Das Leuchten verschwand vollständig. Wenn sie es nicht gesehen hätte, wenn nicht noch immer etwas von dem Geruch - oder dem ahnungsvollen Geschmack in der Luft gelegen hätte, sie hätte vergessen können, dass es dort war. Das Feuer. Vergessen können, dass da nicht das war, das sie gesehen hatte. Kühle statt Hitze. Wasser statt Feuer. Augen statt Ruinen.
Ein Ruck ging durch das Wasser, er spürte es an seiner Hüfte und er spürte, wie sie die Hand, die dort verblieben war, nutzte, um sich etwas mehr Auftrieb zu geben. Sie hob sich auf die Zehenspitzen, Wasser tropfte von ihrer Haut. Akustische Reize, die Hand immer noch an seiner Wange. Es war keine Schnapsidee, kein gedankenloser Wahnsinn, dem sie verfallen war. Das war, was sie tun wollte. Aus Überzeugung, und weil sie wusste, wie es sich bei ihr anfühlte. Schön und intim.
Was er dann spürte, waren ihre Lippen, die seine Augenlider küssten. Eins nach dem anderen, als hätte sie alle Zeit der Welt, der warmen Haut nachzufühlen und keine Angst vor Verbrennungen.
Er zuckte zusammen. Es dauerte einen Augenblick, bis er sich entkrampfte und den Augenblick so nehmen konnte wie er war - und darüber hinaus ihm etwas abgewinnen. Das, was sein Mund da nur in winzigen Rucken formte, war ein Lächeln das sich nicht entscheiden konnte ob es Glück oder Unglück zeigen wollte. Wahrscheinlich zeigte es beides. Und wahrscheinlich war es genau das, was er fühlte, ohne dass einer der Regungen ein höherer Stellenwert beigemessen werden konnte - oder sollte. Die Ambivalenz seines Ausdrucks spiegelte mehr als nur sein Seelenleben. Sie spiegelte ein Schicksal.

SYML - Fear of the water
https://www.youtube.com/watch?v=-T4THwne8IE

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[Honeymoon Period]
[Schonzeit]

Als er den Kopf wieder zurücknahm und sein Blick heiß auf ihrem Gesicht loderte, aus nächster Nähe umso mehr, murmelte er kaum einen Fingerbreit von ihren Lippen entfernt und ohne sie loszulassen ein ganzes Bataillon Worte.
Es wurde eine recht flammende Rede. Zwischen beinahe geschlossenen Zahnreihen, gedämpft und doch so energetisch, dass die Intensität der Worte kaum fortzuwischen gewesen war.
Die Worte fuhren ihr tief ins Herz, durch den ganzen Körper. Eine Wortgewalt neben all der körperlichen Attribute, die - jeder auf seine Art - ebenso gewaltig waren. Schön von der Fußsohle bis zur Haarspitze. Ein Mann, der keinem Mann glich, dem sie je begegnet war. So viel mehr als all die Episoden, sie sah ihn so viel klarer und unverfälschter. Was passierte nur mit ihr in diesem Moment? Was passierte mit ihnen? War das eine Art Pakt, die sie schlossen?
Sie holte tief Luft, ihr feuchter Atem benetzte seine Lippen, als sie ihm ebenso leise und ebenso eindrücklich antwortete.
Er legte ihr zwei Finger auf den Mund und shhte. „Sag sowas nicht bevor wir nicht gegessen haben. Sonst schwöre ich dir bei dem verf*ckten Schwert, das in Silithus steckt, werden wir hier verhungern oder uns gegenseitig auffressen und dann wirst du mich nicht mehr mögen.“
Er ließ sie vollends los und wusch sich - richtig - ohne den Blick von ihr zu nehmen. Es war zielgerichtet und gründlich, wenn auch weitaus weniger liebevoll als alles, wozu seine Hände sonst im Stande waren. „Wenns dir recht ist werde ich meine Hosen dennoch anziehen. Ich bleibe ungern an etwas hängen.“ Das hatte er so nüchtern gesagt, dass sie auch bei näherem Suchen darin keinen Scherz finden konnte. Und er nahm sich die Zeit einen ebensolchen Kuss wie eben an sie aufzuwenden - voller Versprechen -, bevor er in einem kaskadierenden Tropfenregen aus dem Wasser stieg und sich schüttelte wie ein nasser Hund.
„Nach dem Essen kommt der Nachtisch“, gab Sasarya zurück und grinste schief, bevor sie auch aus dem Wasser stieg und sich nur leicht ausschüttelte. „Zieh dir an, was du magst. Ich muss sowieso zumindest meinen Köchergurt und meinen Dolch irgendwie anlegen. Wenn du magst, kannst du den Beutel ausleeren, damit wir noch Früchte mitnehmen können? Ich habe vor ein paar Tagen ja schon mal welche gefunden.“ Sie ging zu den Überresten ihrer Kleidung, nahm den ledernen Riemen, der ihren Köcher am Rücken hielt und schlüpfte hinein. Es wirkte durch und durch verwegen. Eine wilde Jägerin, bewaffnet und komplett nackt. Sie hängte den Dolch an einer Schlaufe auf Brusthöhe an den Gurt.
„Sag noch einmal Nachtisch und wir fangen hinten an“, murmelte er mit einem Unterton, der nicht recht einzuschätzen war. Vielleicht Scherz, aber das Risiko für Ernst war recht hoch. Oder? Er hatte sich bereits nach seiner leichten Hose gebückt, in die er ohne viel Getue stieg und auf die das Wasser dunkle Flecken malte. Mit einem trockenen Geräusch zog er die Schnürung fest und schlang sie zu einer Doppelschleife. Schon als er sich wieder zu ihr umdrehte und in der Drehung nach seinen Dolchen griff, die er sich umhängte wie sie sich ihren Köcher, rutschte sie tief auf die Hüften.
Er schlenderte fast gemächlich auf sie zu, bis er so dicht vor ihr stand, dass sich die Luft zwischen ihnen spürbar staute und ließ einen Finger vom Bauchnabel abrutschen.
„Von hinten anfangen…?“, erwiderte Sasarya gedehnt und ließ sich mehr Zeit, als sie benötigte, um den Bogen aufzunehmen. Ihr Körper beschrieb eine Bewegung, die deutlich über der normalen Pflichterfüllung angesetzt war und weit vom Schlachtfeld entfernt. Fast wie eine Tänzerin, grazil und dennoch kraftvoll, alle Vorzüge zur Schau stellend, bis er an sie herantrat und sie sich ihm gegenüberstellte.
Es war eine langsame Linie, die seinen rechten Mundwinkel zuckend hob. „Jägerin“, sagte er, und die Stimme hatte wieder einen belegten Beiklang. „Zeig mir wie du jagst.“ Es war bei allen Göttern, Dämonen und Titanen das anrüchigste, was er hätte sagen können. Nicht seine Worte. Aber der Tonfall brannte sich flammend seinen Weg in ihre Nervenbahnen.
Sie ließ seinen Finger ungeniert wandern, ohne ihn aufzuhalten und biss sich dabei auf die Unterlippe in einer durch und durch sündigen Bedeutung und nicht so harmlos, wie er es bisher bei ihr gesehen hatte. Seine Worte taten sein Übriges, ihr Körper sprach auf ihn an, und es war weniger die Berührung als der Tonfall, der die Hitze zwischen ihren Beinen prickeln ließ. Aber auch eine pflichtbewusste Soldatin wusste sich zu helfen, dachte sie. Die Antwort folgte, von ebenjener Tonalität durchdrungen, die er ihr geschenkt hatte. Ein verruchtes Stück gesprochenen Wortes.
„Jäger.“ Sasarya nickte ihm angedeutet zu und das Wort tropfte so satt und voll von ihren Lippen wie Honig. „Sieh zu und lerne.“
Er atmete so voller süßer Qual ein, als habe sie ihn gerade körperlich empfangen und griff sich mit tragischer Miene ans Herz. „Meisterin“, hauchte er stimmlos beinahe, „ich folge euch wohin auch immer das Mondlicht mich führt.“ Er hatte die Hand von ihr genommen und sie nach seiner Geste wieder nach ihr ausgestreckt, paarig mit der anderen, deren Handflächen über Sasaryas Kehrseite strichen ohne sich dabei zu schließen.
Rasch trat er darauf einen Schritt zurück, federnd und keine Spur von Schauspielerei mehr im Gesicht. „Du gehst voran“, sagte er. Ernsthaft.
Sie empfing seine Geste mit einem gewinnenden Lächeln und gönnerhaft, wie es ihre Rolle vorschrieb. Etwas anderes wäre gar nicht möglich gewesen. Für einen Augenblick verharrte sie so, in dem Moment gefangen, bevor sie sich umdrehte und Oonayepheton ihre Kehrseite komplett begutachten konnte. Das Bild von ihr vor seinen Augen flammte auf, ein intensives Grün, das ihm nun zeigte, wie sehr sie sich der Magie bediente und gleichzeitig half es ihm, sie deutlicher zu sehen. Ihre Bewegungen, die Konturen ihrer Muskeln, ihre Narben, es stach deutlich heraus. „Na dann“, sagte sie und griff ihren Bogen fester, als sie die Schritte aus der Lichtung hinausführten. „Jagen wir.“

Ihre kleine Oase inmitten der Ruine von Zul‘Gurub lag unweit des Eingangs zu der ehemaligen Trollstadt, versteckt hinter einigen verwinkelten Resten der Stadtmauer, die vom Dschungel bereits überwuchert waren. Als sie angekommen waren, hatten sie vermutlich gar nicht so sehr Notiz davon genommen, so müde waren beide von der Anstrengung, Nairuna zu heilen und sie in Beutebucht abzuliefern.
Jetzt konnte sich Sasarya an der Umgebung kaum sattsehen. Über und über wucherte das wilde Grün des Dschungels, es roch nach wilden Blüten, die ihre Knospen gerade geöffnet hatten, süß und betörend.
Die Wege, einst mit Steinen gepflastert, waren zum Teil überwuchert von Gras und Moos und dennoch konnte man den Pfad erkennen, der durch die Ruine führte. Es war ein Netzwerk aus Wegen, zweigte hier und da ab und wenn man sich nicht auskannte, könnte man sich wohl leicht verlaufen. Sasarya jedoch, schien sich auszukennen oder aber ein Gespür dafür zu haben, wo sie langgehen musste. Ihre Schritte waren lautlos, sie bewegte sich leichtfüßig auf nackten Sohlen und immer wieder ruckte ihr Kopf in eine Richtung oder die andere, lauschte sie den Geräuschen nach und nahm anscheinend die Witterung der Beute auf. Tiefer und tiefer hinein führte sie den Illidari, bis sie an einer Hängebrücke angelangt waren, die zu einer unteren Ebene führte.
Überall waren die Geräusche der Wildnis zu vernehmen, Vögel in den Bäumen, von irgendwo her das Brüllen eines Tigers, das Gebalge von Affen. Die Reize waren überflutend, wenn man offen dafür war. Ein glänzender Film hatte sich auf ihrer Haut gebildet, der Hitze geschuldet, die sich langsam über dem Dschungel ausbreitete. Sasarya blieb stehen, bevor sie die Brücke erreichten. „Dort unten“, begann sie flüsternd, „habe ich die Früchte gefunden, aber zuerst…“, sie verstummte und griff ihren Bogen, legte einen Pfeil erst locker auf die Sehne und blickte sich noch einmal um. Sie wusste nicht, ob seine Wahrnehmung ihrer folgen konnte, aber was er hörte, war ein Schwarm bunter Vögel, der plötzlich über sie zog. Die Ruhe, die ihr innegewohnt hatte, verschwand und der Wechsel ging so schnell, als hätte man in ihr einen Schalter umgelegt.
Aufrechter Stand, den Bogen erhoben, spannte sie die Sehne mit dem aufliegenden Pfeil. Sie spürte die Signaturen des Schwarms, die Windrichtung, die Geschwindigkeit der Tiere, alles ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, intuitiv und wild. Der erste Pfeil schnellte von der Sehne, dann ein zweiter, ohne dass man wirklich hatte beobachten können, wie sie ihn so schnell aufgelegt hatte. Und dann hörte man, wie es im Unterholz dumpf krachte. Zweimal - weiter entfernt.
Das war ihr Element, es war deutlich wahrzunehmen und er unterbrach sie nicht, noch störte er sie, noch hatte er rechte Acht auf ihre Umgebung. Vielmehr verfolgte seine Aufmerksamkeit Sasarya, ausschließlich sie, und die satte Zufriedenheit, die eben das in ihm auslöste, war mehr, als ein Stückchen Wurst zum Frühstück ihm hätte geben können. Er bewegte sich auf bloßen Füßen ebenso lautlos, wenn auch zurückhaltend im Windschatten ihrer vibrierenden Energie. Fiel gar nicht auf. War nur ein Schatten, den ihr Licht warf. Abwartend harrte er jedem weiteren Schritt. Was in ihm vorging war nicht Mittelpunkt ihrer Wahrnehmung und auch sonst wäre es schwerlich zu lesen gewesen.
Sasarya lief los, anders hätte man das gar nicht beschreiben können. Ein schnelles Tempo aus dem Stand, bei dem der Köcher dumpf gegen ihren Rücken schlug und den Takt vorgab. Sie sah nicht einmal wirklich hin, als zwei weitere Pfeile so zielsicher trafen, obwohl sie sich bewegte und der Schwarm ebenfalls. Tiefer ins Unterholz, durchs hüfthohe Geäst, schlängelte sie sich und trat immer fest auf, strauchelte nie. Oonayepheton konnte ihren blonden Zopf verfolgen, das Wippen ihrer Haare, die wendigen Bewegungen. Es kümmerte sie nicht, dass die Natur auf ihrer Haut Kratzer hinterließ. Stattdessen hielt sie plötzlich inne, bückte sich und hob die ersten beiden Vögel aus dem Gras, drehte sich um und präsentierte sie dem Illidari mit einem Lächeln das vor Zufriedenheit zu platzen schien.
Folgen hatte er ihr können, er schlug die Zweige und Blätter aus dem Gesicht, die ihm hinter ihr entgegen schnellten, die Geschwindigkeit war nicht das Problem. Er genoss das Gefühl, zu rennen, als sei er viel zu lange eingesperrt in einem Stall gewesen, den zwanghaft geschöpften und kontrolliert ausgestoßenen Atem, die Anstrengung der Muskeln, duckte sich und hätte sie beinahe über den Haufen gerannt. Im letzten Augenblick stieß er sich ab, sprang schlichtweg über sie hinweg und kam schlitternd im Laub auf bis ein Baum ihn bremste. Es krachte und tote Blätter und trockene Äste rieselten zu Boden. Er hielt die Luft an und schnaubte, dann drehte er sich um, die flachen Hände und das angeschlagene Gesicht langsam von der Rinde nehmend.

Sasarya blinzelte. Da war kein Illidari, dafür hatte es hinter ihr gekracht. Langsam drehte sie sich herum und hob eine Augenbraue. „Aufpassen, ich brauch dich noch“, meinte sie zu seiner Kuscheleinlage mit dem Baum. Und dann grinste sie. „Zwei haben wir schon. Findest du die anderen?“ War das eine Aufforderung zur Jagd? Dazu, die Witterung aufzunehmen und ihren Fang zu suchen, so wie sie es getan hatte? Sasarya rupfte die Pfeile aus ihren gefiederten Opfern und streifte das Blut an ihrem Oberschenkel ab. Sie schob die Pfeile zurück in den Köcher, denn mit begrenzten Ressourcen müsste man haushalten, etwas, das man an der Front lernte. Sie packte beide Vögel an den Krallen und hielt sie so in ihrer linken Hand.
„Besser der Baum als du“, kommentierte er, wischte sich Rindenflocken von den Armen und Dreck aus dem Haar und pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Ob ich … sicher nicht so zielgerichtet wie du. Die Verbindung die du hast ist nichts, womit ich aufwarten kann. Du bist schnell.“ Das war eine klare Anerkennung gewesen. Er drehte den Kopf. „Nach meiner Orientierung, der Richtung in die wir gelaufen sind und den Geräuschen ist das“, er deutet ins Dickicht, „der grobe Weg. Im Gegensatz zu dir bin ich für die anderen Zeichen blind.“ Das Gesicht drehte sich zurück zu ihr. „Geh du vor. Ich bin sicher, meine Talente kommen auf anderem Feld schon noch ausreichend zum tragen.“
„Ein Illidari, der in mich kracht, bringt mich nicht um.“ Oder doch? Sie war sich gar nicht so sicher. Sasarya nickte zu seinen Worten. „Ich habe früher auch ohne die Verbindung gejagt, schlicht weil ich es einfach nicht beherrscht habe. Deine Richtung stimmt.“ Auch darin lag Anerkennung für seine Kenntnisse. Sasarya ging an ihm vorbei, ein Schlenker ihrer Hüften streifte ihn nur beiläufig, wie ein Versehen. Nur das beiden klar war, dass es sowas nicht gab, nicht bei dieser kontrollierten Kraft. Die Entfernung zu den letzten beiden Vögeln legte sie gehend zurück und verfuhr genau so, wie schon zuvor. Blut abstreifen, Waffe verstauen, Beute aufheben. Das Gefieder der Vögel war farbenprächtig. Bunte Federn, lang und schön, in allen Farben des Regenbogens schillernd. Sasarya zupfte eine lange, rankende Pflanze zielgerichtet vom Boden und nutzte sie, um die Vögel an den Krallen miteinander zu verschnüren, damit sie sich die Beute über die Schulter hängen konnte.
Er wand ihr die Vögel aus den Händen. Stand so dicht hinter ihr, dass sie seinen Atem im Nacken spüren konnte und berührte sie sonst nicht. „Früchte“, sagte er. Es war nicht laut, das Wort. Und es klang wie das Paradies.
Sasarya hielt inne und schloss für einen Moment die Augen. Sie fühlte dem Wort nach. Süß, saftig, vollreif…doch da war mehr in ihrer Wahrnehmung, mehr als nur sein warmer Atem. „Honig“, erwiderte sie dann. „Dann Früchte.“ Ohne zu erklären, was sie damit meinte, setzte sie sich in Bewegung.
Sie musste sich gar nicht erklären. Wilde Bienenvölker waren keine außergewöhnliche Erscheinung im Dschungel. Während er ihr folgte, als wäre sie sein Licht im Dunkel, überlegte er, wie sie das Kunststück fertigbringen würde, Waben zu stehlen. Seine bloßen Füße schmeckten den Boden, feucht, warm und kühl im Wechsel, je nachdem ob er einen Sonnenflecken oder einen Baumschatten traf. Sie bewegte sich, er bewegte sich. Symbiotisch. Die Verzögerungen waren so gering, dass sie einem Beobachter wohl kaum auffallen würden.

Sie führte ihn schlafwandlerisch durch das Unterholz, schob nur hin und wieder Äste beiseite, wenn sie drohten, ihr ins Gesicht zu peitschen, darüber hinaus ließ sie es einfach geschehen, ließ die Natur unberührt und ungebogen. Sie näherten sich einem Überrest der alten Stadtmauer, der hoch hinaufragte und ihnen die Grenzen erneut aufzeigte, denen dieser Ort unterworfen war. Mehrere lange Waben hingen dort an den Unebenheiten im Stein. Das Summen der wilden Bienen erfüllte die Luft. Sasarya griff in ihren Köcher, befühlte die befiederten Spitzen ihrer Pfeile und griff einen heraus, dessen Federn kürzer zugeschnitten waren. Leinen war um den Schaft neben der Spitze gewickelt und anscheinend mit einer Art Teer verklebt worden. Sie griff zu ihrem Bogen und legte diesen speziellen Pfeil auf die Sehne. Ohne es dem Illidari zu erklären, ließ sie den Pfeil von der Sehne schnellen und noch während er sich im Flug befand, entzündete sich das Gewebe durch Magie und begann zu brennen und zu rauchen. Krachend schlug das Geschoss neben den Waben ein.
Er hob den Kopf und sah für einen Moment beeindruckt drein, die Nase in die Luft gehoben. Er zog die Luft ein und versuchte, den Rauch einzusortieren. Vor den schwirrenden Bienen wich er nicht zurück. Er vollführte überhaupt keine hastige Bewegung.
Das, was seine Wahrnehmung nun aufsaugen konnte, war dass sie einen Zauber webte, der sich ebenfalls der Naturmagie bediente. Das aufgeregte Summen wurde leiser, gleichmäßiger. Sasarya trat an die Steinwand heran, legte ihre Hände an den gehauenen Fels, fasste sich und fasste Grund, dann zog sie sich langsam hinauf. Kraft, Geschick, Koordination und Rauch. Es war ihr Element und leicht sich vorzustellen, wie sie sich vollkommen im Dschungel verlieren könnte und dennoch wie eine Königin dort lebte. Eine Überlebenskünstlerin.
Er trat nur wenige Schritte näher, halb unter sie und hob das Gesicht zu ihr auf. Die toten Papageien hatte er sich um den Hals gehängt, sie baumelten an seiner Brust herab. Die Hände hatte er frei. Das sehnige Faszinosum, ihre geschmeidige Kraft und Geschicklichkeit schickten ein flüchtiges Lächeln auf sein Gesicht.
Sasarya erreichte die Waben ohne Mühe, auch wenn Schweiß auf ihrer Haut glänzte und sich auf Höhe ihres Schenkels mit dem getrockneten Blut zu einem verschwimmenden Hautbild vermischte. Sie griff mit der linken Hand nach und zog mit der rechten Hand ihren Dolch. Wie ein heißes Messer durch Butter, so schnitt die scharfe Klinge durch die Waben und löste ein großzügiges Stück des süßen Goldes, welches nach unten fiel.
Er fing es aus der Luft, hatte bereits damit gerechnet und schlug es in einen Lappen Leder ein. Als er den Kopf wieder hob war seine Linke bereits wieder offen und er bereit für mehr.
Sasarya sah über ihre Schulter, der Rauch umwehte ihre Nase, aber keine der Bienen vergriff sich an der Räuberin, auch wenn sie sie umschwirrten. Noch ein Stück wilder Honig rauschte dem Illidari entgegen, bevor sie den Dolch auf ihrer Haut abstreifte und zurückschob.
Er fing es ebenso, wie er das erste gefangen hatte und schlug es dazu ein. Das Abstreifen entging ihm nicht. Er zog die Lippe zwischen die Zähne und trat langsam zurück, um ihr Platz für den Abstieg zu machen. Die Gerüche hatten Farben. Seine Wahrnehmung hing an dem langsamen Gold, das auf ihrem Bein glänzte und sich mit den rostigen Schlieren des Bluts grau in grau vermischte.
Der Abstieg war unspektakulär, eine Wiederholung der Kletterkünste dieser kleinen, wendigen, drahtigen Elfe, die ihre Berufung gefunden hatte. Den letzten Meter ließ sie sich fallen und kam dicht vor dem Illidari auf dem Waldboden auf, federnd und sicher. „Früchte“, sagte sie schlicht und bedachte den bepackten Dämonenjäger mit einem schwer deutbaren Lächeln.
„Früchte“, wiederholte er, schloss den Mund und schluckte. Die Mundwinkel zuckten. Er trug das Leder mit Honig vorsichtig in der Hand und folgte ihr weiter auf dem Fuß.
Sasarya wand sich an ihm vorbei, ein Bild vollkommener Zufriedenheit. Auf ihrem Rückweg passierten sie einen Mangobaum, an dem sie sich bediente und zwei vollreife Früchte in den Leinenbeutel wandern ließ, der Oona gehörte. In den Sträuchern am Boden wuchsen wilde Ananas und Sasarya pflückte eine davon, schien genau zu wissen, was wie essbar war und was nicht. Kräuter landeten im Leinen, irgendetwas, das man vielleicht nur als Unkraut wahrgenommen hätte. Sie zog die Schnur zusammen, die den Beutel verschloss und warf sich das Bündel über die Schulter. „Ich denke das reicht“, sagte sie und drehte sich zu Oona um. „Was meinst du?“
„Was auch immer du sagst“, nickte er ab, schmunzelnd und nur der siebte Kreis der Hölle mochte wissen, was hinter seiner Stirn gerade vorging. „Zurück - also? Wir sollten ein bisschen Holz mitnehmen.“
„Da du schon so bepackt bist, sammle ich das. Oder willst du mir die Vögel und den Honig geben?“ Sasarya schien keine Präferenz zu haben, was sie lieber tragen wollte.
Er reichte ihr den Honig wortlos und stieg an ihr vorbei, die Vögel behinderten ihn kaum. Traumwandlerisch sicher beschritt er den Pfad zurück zu ihrem Lager, während sich dürre Zweige, Rinde und Holzstücke auf seinen Armen häuften. Er drehte sich nicht nach ihr um.

Grace - You Don’t Own Me ft. G-Eazy
https://www.youtube.com/watch?v=8SeRU_ZPDkE

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[Honeymoon Period]
[Nahrung]

Oonayepheton legte den Arm um die Elfe. Sein Magen knurrte laut und wütend auf und er senkte den Kopf. Ohne sie loszulassen, beugte er sich nach vorn, und zog die einzelnen Komponenten der exotisch zusammengestellten Mahlzeit bis an ihre Knie heran. „Ein bisschen vernünftig sein und essen schadet wahrscheinlich nicht.“
Was der Dämon brabbelte und vor sich hinbrummte ignorierte er nach wie vor. „Ein bisschen schadet sicher nicht, ja.“ Sie rutschte in seine Umarmung und hielt ihm seinen Teil der Beute erneut hin. Knusprig krosses Fleisch, dessen Eigengeschmack gar nicht so schlecht war. Für den wahren Genuss fehlten Gewürze, aber die Kräuter, mit denen der Vogel gefüllt worden war, hatten das feine Muskelfleisch zumindest ein wenig aromatisiert. Honig und Früchte jedoch passten gut zusammen und waren eine klebrig-süße Ergänzung.
„Ich brauche dich kräftig“, sagte Sasarya und warf ihm einen Seitenblick zu. „Du weißt schon…“
Er hob eine Braue und senkte das Kinn, so dass sein Gesicht im Halbprofil auf ihres ausgerichtet war, kauend, den Mund voller Früchte, Honig und Fleisch, Komponenten sie sich zusammen hervorragend ergänzten. „Das Lager meinst du.“ Sein Tonfall ließ keinerlei Schluss darauf zu, ob er etwa scherzte.
„Eigentlich…“, begann Sasarya und nahm sich auch etwas, füllte ihre Handfläche mit klebrigem Obst und Fleisch. „Meine ich alles. Ich habe lange gebraucht zu lernen, dass man einen gesunden, kräftigen Körper braucht. Für die Freuden des Lebens, für den Krieg sowieso. Ich meinte eher die schönen Seiten.“ Das Lächeln kam nur angedeutet. „Ich mache mir um das Lager weniger Sorgen, wenn du mich begleitest.“
„Das war ein Scherz“, versetzte er trocken und füllte sich den Mund erneut. Als er gekaut und geschluckt hatte, was erstaunlich schnell vonstatten ging, fügte er hinzu: „Aber ja, ich mir auch.“ Das klang tatsächlich nicht nach Scherzen. „Scherzen kannst du“, gab Sasarya zurück und die Mundwinkel zuckten etwas weiter nach oben. „Oder auch nicht.“ Sie dachte einen Augenblick lang nach, hielt sich mit Essen auf, kaute bedächtig, wie jemand der auf seine Ernährung achtete, weil es ihm schmerzvoll eingetrieben worden war. „Erzähl mir von dir“, sagte sie nach einer langen Pause. „Etwas, das ich nicht weiß.“ Die Bitte war einfach und sie umspannte genug Raum, um darin etwas zu finden und aufzudecken, was sie nicht wusste. Wie gut kannte man sich schon, wenn man erst wenige Tage miteinander verbracht hatte. Die Nähe, die sie miteinander teilten, war nicht das Unbekannte. Sie fühlte sich nicht an wie wenige Tage sondern wie eine zeitlose Spanne, in der die Minuten ineinander geflossen waren. Gefühle, seinen Geruch, seinen Körper und wie sie sich fühlte in seiner Nähe, das kannte sie. Aber darüber hinaus?

Er aß eine ganze Weile schweigend weiter, das Gesicht gerade aus gerichtet und sah nachdenklich dabei aus. Als er zu sprechen anhob, waren es schwere Worte, die ihm ebenso schwer von der Hand gingen. „Vergangenheit hat keine Relevanz. Alles was zählt ist das heute. Das jetzt. Aber das ist dir zu wenig, schätze ich?“ Er schob sich einen Bissen in den Mund und drehte nach einer schier ewigen Zeitspanne den Kopf. Er sah ernst aus.
Ihr ging auf, dass er kaum nach ihren Unbekannten gefragt hatte. Beinahe alles, was sie offenbart hatte, hatte sie ihm von selbst erzählt.
„Die Vergangenheit bestimmt, wer wir heute sind. Zumindest bei mir ist es so“, antwortete sie und es hörte sich diplomatisch an, nicht drängend und auch nicht enttäuscht. „Ich werde dich nicht verpflichten, mir irgendetwas zu erzählen. Wenn du nicht willst, lerne ich dich jeden Tag ein bisschen mehr kennen.“ Wieder einmal könnte man vergessen, dass ihm eine Elfe gegenüber saß, die kaum der Mündigkeit entwachsen war. Was hätte sie wohl gesagt, wenn ihre Vergangenheit sie nicht so geschliffen hätte? Hätte sie wütend mit dem Fuß aufgestampft und ‚Ich will aber‘ gebrüllt? Nichts davon passierte, sie ließ ihren Kopf nur auf seine Schulter sacken.
Er sah noch immer nachdenklich aus. Das Essen hatte er für den Moment vergessen. „Ich bin einhundertachtundvierzig Jahre alt gewesen, als wir in die Stasiskammern gesperrt wurden. Bis zu diesem Augenblick hatte mein Alter keine Relevanz für mich. Wenn Zeit anfängt, nichts mehr zu bedeuten, das wahrhafte nichts, nicht das verdrängte oder fortgeschobene, wenn sie stehen bleibt, werden einem solche Dinge plötzlich bewusst. Das nur mit sich sein ist etwas, das viele nicht vertragen. Nur mit sich und einem anderem zu sein, in seltsamen Träumen, nicht real und nicht irreal genug, kann den Verstand kosten.“ Sasarya lauschte und schwieg. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er doch noch etwas sagte und das, was er sagte, musste sie erst einmal sortieren. Nicht allein sein mit den Gedanken. Eine Vorstellung, die ihre überstieg und von der sie sicher war, dass sie nie ganz begreifen konnte, wie es für einen Illidari war, Zeit mit sich und dem Dämon in Stasis zu verbringen, ohne Aussicht auf Rettung.

„Ich glaube, das kann ich mir nicht vorstellen“, erwiderte sie. „Wie es ist, meine ich.“ Sasarya rupfte ein wenig Fleisch von den Knochen und schob es sich in den Mund. „Ich bin sechsundsiebzig Sommer alt“, ergänzte sie dann. Er sagte nichts zu ihrer Altersbekundung, die ihn in einer frühen Annahme bestätigte, zog nur kurz den Arm fester und drückte sie an sich, bevor er selbst nach einem neuen Happen griff. „Wie es ist? Beschissen aber nicht zu ändern“, tat er die erste Bemerkung ab, tunkte das Stück Fleisch in den Honig und balancierte das tropfende Gebilde in den Mund. „Nein, nicht zu ändern.“ Sasarya fragte nicht weiter nach. Wenn für ihn die Vergangenheit keine Rolle spielte, wer war sie dann, zu fordern. Sasarya war ihre persönliche Freiheit immer wichtig gewesen und wenn Oona es vorzog, nicht darüber zu sprechen, beschnitt sie seine Freiheit, wenn sie es verlangte. In ihrem blonden Kopf machte das alles Sinn, auch wenn er ihre Gedanken nicht lesen konnte. Ruhe kehrte ein, sie tat es ihm gleich und verlegte sich auf das Essen. Eine Sache, mit der man nichts falsch machen konnte.

Er wiederholte die Geste und hielt ihr das Stück vor den Mund. Der Honig zog lange Fäden, die er nicht sah, wohl aber spürte.
Sasarya öffnete den Mund und schnappte dann nach dem Stück, das er ihr anbot, wie ein Fisch nach einem Köder. Viel zu einfach. Sie war schnell. Erwischte das Stück Fleisch und seine Finger. Der blitzende Lachen, in das sein Mund zuckte hatte keinen Ton aber sein ganzer Körper lachte, so ansteckend, dass es unmöglich war, nicht einzustimmen. Als er ihr einen Finger nach dem anderen die Hand wieder entzogen hatte, drückte er sie mit beiden Armen fest an sich und das Lachen war volltönend und warm und laut wie der bronzende Schlag einer Glocke, unhörbar und dort, wo es klang, berührte es sie nicht. Ebenso wie die Vergangenheit.

Tom Day - Who We Want To Be
https://youtu.be/BVomQtrtMTM

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[Honeymoon Period]
[Sheet-sah]

Sasarya stimmte in das Lachen mit ein und als er sie an sich drückte, umschlossen ihre Arme den Illidari ebenso. „Du bist ein Spielkind“, antwortete sie ihm.
Er zuckte mit den Schultern und bestätigte sie. „Leben ist ernst genug“, sagte er. Suchte ihren Mund, noch immer lachend und haschte nach ihrer verschmierten Lippe, um ein bisschen Spaß zu kosten. Süßen und würzigen, herrlich lebendigen, energetisierenden, so willkommenen Spaß. „Und du viel zu süß“, stichelte er, bevor er ernsthafte Anstalten machte, sie zum Verstummen zu bringen.
„Sag noch einmal süß, duuu…“ - weiter kam sie nicht. Seine Lippen trafen ihre und weil sie ebenfalls spielen wollte, weil es gut tat, wie alles mit ihm gut tat und leicht war, befreit und ein wenig kindisch manchmal, zerrte sie an der Umgebung und warf eine Momentaufnahme dieses Augenblicks in seine Wahrnehmung, versuchte die Verbindung in ihn zu drücken, so dass er sich und sie beim herumblödeln sehen konnte, schmecken, riechen und spüren, in Bildern und Farben.
Geschockt und erstarrt hielt er inne. Die Flut an Eindrücken rauschte durch sein Bewusstsein, riss ihn mit und ließ ihn taumeln. Der überrumpelte Dämon wurde so weit zurückgeworfen, dass er weit über den Rand seiner Wahrnehmung stürzte. Seine Schreie hörte niemand, am wenigsten der Illidari in diesem Augenblick. Keine Schilde oben. Sein Herzschlag setzte aus und die Atmung stockte. Instinktiv entspannte er sich wieder und die Körperfunktionen - Herzschlag, Atmung, Nervenflattern - setzten so heftig wieder ein, als implodiere der Kern des Lebens in seinem Innersten.
Ihre Wahrnehmung übertrug sich ungefiltert auf ihn und Sasarya ahnte nicht, was sie da anstellte. Wie auch? Anscheinend waren die Barrieren des Illidari so weit heruntergefahren, dass der kleine Zauber außer Rand und Band geriet. Er fühlte ALLES, nicht nur sie und ihn, er spürte auch wie sie ihn sah. Das Gefühl von ihr schwappte auf ihn über, füllte sein Herz an. Da war keine Ablehnung, nicht einmal versteckte Angst oder Zurückweisung? Wie war das möglich? Der Geruch von ihr, von ihm war überreizend, er nahm alles wahr. Das Fleisch, den Honig, die klebrige Haut und ihre klebrigen Finger, sogar den Geruch von sich selbst zwischen ihren Beinen. Und er spürte, was sie spürte, ein Brennen auf der Haut ihres Hinterns, weißes Rauschen und heißes Pochen des Gewebes, dass sie anscheinend nicht einmal wahrnahm. Sie küssten sich und er konnte es sehen, als wäre er aus seinem Körper gefahren.
Das Pochen ihres Herzens, der bebende Puls unter ihrer Haut hörte sich an wie Trommelschläge, wie Kanonendonner in der Ferne. Es rauschte durch ihn hindurch. Hatte sie schon immer so geschmeckt? Ihre Lippen, ihr Mund, ihre Haut, alles duftete, summte, brannte. Er war sie und sie war er und sie beide waren die Natur.
Er kippte, sie kippten, er zog sie mit sich, musste sich legen, schwindelte, das war zu viel, zu schnell, zu vielfältig, zu ungewohnt, zu… er gab einen Ton von sich der so überfordert klang wie er fühlte und bei weitem nicht überfordert genug, er ging unter im Getöse der Informationen, die seine Sinne bis an den Anschlag und darüber hinaus ausschlagen ließen so hart und erbarmungslos, dass ihm die Ohren schrillten und die Sicht brannte, die Hände zuckten und sein Geschmackssinn explodierte und seine Lungen sich weigerten noch mehr Luft zu fassen, mehr Gerüche, als sein Gehirn im Stande war, zu verarbeiten. Als sie auf ihm landete und er sich selbst fühlte, wie sie ihn wahrnahm, Haut auf Haut, wurde ihm weiß vor Augen und er keuchte.
Der Zauber war nur ein Anstupsen gewesen, er verpuffte in der Luft zwischen ihnen und all der Reiz verschwand, als wäre er nie dagewesen. „Hee…“, machte Sasarya perplex, als sie auf ihm landete und das kleine bisschen Spiel überhaupt nicht den gewünschten Effekt hatte, sein Keuchen und das Zucken seiner Hände sie verunsicherten. Aeshma zumindest konnte aufatmen, falls er noch atmete, denn er war wieder allein. „Oona…?“
Es dauerte gut und gerne fünfzehn lange Sekunden, bis die Überreizungen seiner Systeme abgeebbt waren und er tat etwa die dreifache Spanne an Zeit nicht viel mehr als auf dem Rücken liegen und stoßweise Atem zu fassen - oder ihn anzuhalten. Mehrere heißkalte Schauer überliefen ihn und sein Kopf strahlte derartige Hitze ab, als müsse er im nächsten Augenblick in Flammen aufgehen. „Galtak anach“, stieß er schließlich aus, als zwischen die Luft wieder Worte passten. Seine Finger zuckten noch. Und er war grau im Gesicht.
Sasarya rollte sich zwar nicht von ihm herunter, aber sie setzte sich auf und starrte den Illidari an. „Sch.eiße“, murmelte sie. „Das wollte ich nicht. Ich…hee…Oona?“ ihre Hände legten sich flach auf seine Brust, spürten dem Herzschlag nach.
Der hatte sich schon wieder normalisiert. Der Illidari ließ den Hinterkopf dumpf zu Boden sacken und die Hände in der Luft. Als würde er sich ergeben. Langsam entspannte sich der Körper wieder. „Was… war DAS?“ sagte er. Die Stimme klang immer noch atemlos.
„Das war nur Spaß“, erwiderte Sasarya. „Ein…bisschen Naturmagie. Gar nicht so viel, eigentlich sogar ziemlich wenig im Vergleich zum letzten Mal, sowas wie…eine Momentaufnahme aber…WAS ist passiert?“
„Spaß?!“ Er sah entgeistert aus. Und atmete tief durch. Dann setzte er sich so rasch auf, dass er ihr beinahe eine Kopfnuss verpasst hätte, rückte sie ganz ähnlich hoch wie in der erst wenige Stunden vergangenen Situation, in der er spaßeshalber Anstalten gemacht hatte, sie zu beißen zu wollen und befühlte die Stelle, die er so selbstvergessen malträtiert hatte. Natürlich war sie warm. Er ließ sie gleich wieder los. „Du hast mein Gehirn geschmolzen“, warf er ihr an den Kopf, ohne es so vorwurfsvoll zu meinen wie er klang, er stellte immerhin nur Fakten fest. „Verschmolzen“, besserte er nach. „Mit deinem. Und… mit allem hier. Das ist mehr als nur eine Stimme im Schädel, Sheet-sah!“
Apropos Stimme… er runzelte die Stirn. Und versuchte den Dämon ausfindig zu machen. Und fand nur Stille. Er sah verstört aus.
„Ich habe was…WAS?“ Sasarya schüttelte energisch den Kopf. „Das war nicht so geplant, es war doch wenig, nur ein bisschen, ich verstehe das nicht. Wir machen das so oft, das war eine…keine Ahnung eine Dosis für Kinder, Novizen, ein Spaß. Harmloser Spaß eigentlich. Nether, ich…was ist ein Sheet-sah?“ sie wirkte nicht minder verstört als der Illidari, verstand überhaupt nicht was passiert war. „Ich wollte dir nicht wehtun…das musst du mir glauben.“ Noch einmal schüttelte sie den Kopf und legte eine Hand auf seine Schulter.
Er griff nach der Hand, ohne sie abzustreifen. Der Gesichtsaudruck war eindrücklich. „Das kann ein gefährliches Spiel sein, ich glaube du ahnst gar nicht, was du damit anrichten kannst, wenn du jemanden so eiskalt erwischst.“ Über den Dämon verlor er kein Wort. Es beunruhigte ihn, aber er war kein panisches Kind mehr. Er würde warten und dann weitersehen. „Sheet-sah? Ein Sheet-sah? Du bist eins!“ Aeshma hätte ihm rechtgegeben. Vorausgesetzt er wäre bei Bewusstsein gewesen. Ob er auch in grünen Träumen schwelgte?
„Das ist ein harmloser Zauber, wir benutzen ihn andauernd. Schon die kleinsten Novizen lernen ihn, ich kenne das Gefühl, wie es ist und…“ Sasarya verstummte. Er war nicht wie sie. Das war vielleicht der Grund, warum es eskaliert war. Er war kein einfacher Elf mehr und sein Geist war geteilt mit einer Kreatur aus dem wirbelnden Nether. Ihre Mundwinkel sackten nach unten. „Ich werde es nicht mehr machen“, murmelte sie nur und hob die Schultern an. „Keine Ahnung was du mit Sheet-sah meinst. Idiot?“, stellte sie leise als Lösung in den Raum.
„Früchtchen“, fiel er ihr ins Wort. „Ich mags, wenn du’s tust, aber das war ein Überfall. Glaub bloß nicht, dass ich dir den durchgehen lasse. Das nächste Mal bin ich besser gewappnet und du - DU bist jetzt FÄLLIG.“
„Früchtchen?! Du nennst mich Früchtchen? Geht‘s eigentlich noch“, fuhr sie ihm dazwischen. „Auf Eredun? Hast du nichts besseres zu…“ erneut unterbrach sie sich, als sie seinen letzten Satz hörte. „Was? Oh NEIN, ich bin mir keiner Schuld bewusst. Wenn dann bist DU jetzt dran!“
Er stieß einen kurzen, aber deutlich herausfordernden Schrei aus, ruckte nach oben und warf sie auf den Rücken. Und sich obenauf. „Dran“, wiederholte er. „Nein.“ Er hielt sie mit Gewicht und Kraft an Ort und Stelle. Mit Leichtigkeit, trotz ihrer Kraft und Wendigkeit. Es war einer der Augenblicke, in denen man sich acht Arme und Beine wünschte. Und sie nicht hatte. Sein Mund geisterte über ihren Hals und ihr Ohr. Und da war Atem, warm und dunstig. „Ich kanns nochmal sagen“, bot er an.

Jaymes Young - Tied Down
https://www.youtube.com/watch?v=vXqcxD1oTDw

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no context

Moral war etwas für diejenigen, die sie sich leisten konnten oder wollten und Oonayepheton hatte sich noch nie um Moral geschert, jedenfalls nicht um die der anderen. Vielleicht hätte er sein eigenes Wertesystem besitzen können, wenn er dazu bereit gewesen wäre, ein architektonisches Konstrukt zu entwerfen und dessen einzelne Stockwerke, Flure und Räume mit Inhalt zu füllen. Er tat wonach ihm war oder was einen Nutzen für ihn oder Wert für die Situation hatte. Pragmatisch, über die Maßen empathisch und emotional überschwänglich, weil es genau das war, was er war - wenn auch nicht immer logisch oder persistent, was war schon Stasis außer Qualen, Alpträumen und Tod?
Das Glühen unter seinen Händen und das Aufflackern ihrer Magie in seiner Wahrnehmung bestätigte ihn in allem, auch ohne dass sie es ihm sagen musste. Er sah sie deutlicher, weil es das natürlichste der Welt war, weil es in der Natur der Sache lag, weil sie in keinem Augenblick mehr mit der Natur verbunden war als so. Das war das Leben selbst. Wie erhebend es war, an etwas solches zu rühren. Wer fragte da nach Moral?

2WEI - Gangsta’s Paradise
https://www.youtube.com/watch?v=ES9XrjH_XHU

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[Honeymoon Period]
[Ruhe]

Er watete durch das bewegte Wasser zu ihr hinüber und ließ sich vor ihr in die Knie sinken, ihre Nasen gerieten auf dieselbe Höhe. Die Fackelwärme seines Blicks flog über ihr Gesicht und er sagte kein Wort. Eine ganze Weile lang. Seine Hand tauchte aus dem Wasser auf, strich ihr über die Wange und dann stand er wieder auf. Für einen Augenblick hing sein Fokus noch an ihr, dann machte er sich daran, aus dem Wasser zu steigen.
Unter Wasser fasste ihre Hand nach ihm, aber sie griff ins Leere. Sasarya holte tief Luft und entließ sie nur langsam, bevor sie aus dem Wasser stieg und ihm folgte. „Essen?“ schlug sie ihm vor.
„Kein Hunger“, gab er zur Antwort. Er hatte den Kamm vom Boden geklaubt und ordnete die halbnassen Flechten der Haare in etwas, das er wieder zu einem Zopf schlingen konnte. Es war vollkommen unprätentios was er tat. Er strahlte eine beinahe träge Ruhe aus, zerrte das Band um die Haare mit Hand und Zähnen fest und schlang dann einen mehrfachen Knoten, stieg in seine Hosen, verknotete auch die und kauerte sich zum Feuer, um die Glut erneut anzufachen. Es ging recht schnell vonstatten - er kehrte ihr den Rücken zu. Binnen kürzester Zeit züngelten die Flammen wieder, er stocherte noch kurz darin herum und ließ sich dann zur Seite plumpsen, rollte sich über den Hosenboden und die Knie ab und streckte sich lang aus. Die Hand schob sich flach über seine Magengegend, der Arm sich unter den Kopf. Er korrigierte die Position, indem er herumrückte und zog ein Bein leicht an. Als ob sie das schon tausendmal gesehen hätte. Jede Geste wirkte vertraut wie ein gut sitzender Handschuh.
„Kein Hunger? Doch kein Füttern?“, schob sie hinterher und ließ sich neben den Früchten ins Gras fallen. Dass sie sich gerade ein wenig merkwürdig fühlte und die Stimmung kippte, zumindest dass sie das dachte, war nur ein minimaler Hauch in ihrer Stimme, den man genauso gut überhören konnte. Aber sie war schon immer pflichtbewusst gewesen, ihre Pflicht war es, fit zu sein und deswegen würde sie essen. Ungutes Gefühl hin oder her. Sasarya schob sich ein Stück Obst zwischen die Lippen und kaute langsam, dann folgte noch eins und noch eins.
„Müde“, versetzte er einsilbig und er klang genau so wie er sagte. Als habe man einen Schalter umgelegt. Es dauerte keine halbe Minute, bis seine tieferen und langsameren Atemzüge keinen Zweifel mehr daran ließen, dass er tief und fest eingeschlafen war.
Sasarya sah erst irritiert aus und hob dann einen Mundwinkel. Müde. Sie war auch müde, aber wie sie schon immer gewesen war, aß sie weiter, bis ihr Hunger gesättigt war und die Hälfte für ihn übrig blieb. Sie schlug das Essen in das Blatt, wickelte es in Leder und legte es neben dem Feuer ab, so dass Oona es bemerken konnte, wenn er doch noch aufwachen sollte. Sie legte sich neben ihn, flocht eine Hand in seine und sah zum Sternenhimmel, bis sich ihre Augen schlossen und sie auch in den Schlaf glitt.

SLIP | @PhillipChbeeb & Renee Kester | @ElliotMossMusic
https://www.youtube.com/watch?v=qk00gbDwGqM

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[Der kleine Unterschied]

Keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, die Rüstung unfallfrei abzulegen, aber die elende Sch.eiß Band mit viel zu lauten Pauken und Trompeten in seinem Kopf musste endlich aufhören zu spielen! Gedanken, die für Serathis Phönixklinge in diesem Moment durchaus Sinn ergaben. Oder auch nicht. Mit einem Ächzen drehte er sich herum und schlug dabei gegen den filigranen Körper der Magierin, die ebenfalls noch halbbekleidet und selig schlummernd ihren Rausch ausschlief. Die Band in seinem Kopf legte jetzt erst richtig los, Schlagzeug-Solo hinter seinen Schläfen. Unwillig sich zu rühren, packte sein Arm um Nuianna herum und schob sie in Position. Schon besser.
Als sie sich damenhaft herumdrehte, stieß sie einen spitzen, sehr schrillen, sehr trillernden und sehr lauten Schrei aus. „DU“, kreischte sie. Mehr brachte sie nicht heraus. Sie musste nach Luft schnappen.
Die Sängerin der Band war auf jeden Fall die Beschissenste der ganzen Truppe. Mit diesem elenden Gejaule könnte man ja ganze Schlachtzüge in die Flucht treiben. „S‘Maul“, brummte Serathis und packte die personifizierte akustische Vergewaltigung nur noch fester.
Empört versuchte sie sich wieder freizumachen doch sehr plötzlich schoss ihre Augenbraue in die die Höhe und sie legte sich sehr still und verdächtig unbeweglich wieder ab. In einer zuckersüßen und ätzend durchdringenden Stimme erzählte sie ihrem Rucksack: „Herr, bitte, Ihr tut mir ja weh! So lasst ab von mir!“
„Washastduuuu…“, flüsterte er langgezogen und stechend, „an Halt das Maul nicht verstanden?!“ Er ließ die quälende Stimme aus seinen Armen frei und drehte sich auf den Rücken, hob die Hand auf sein Gesicht und atmete tief durch. Nach wenigen Sekunden flirrte Licht über seine Stirn und das erstickte Stöhnen verriet, dass Besserung eingetreten war.
Nuianna pustete aus und robbte practically elegant in any way zum Bettrand, um die langen Beine hinauszuschwingen. Auf Zehenspitzen tippte sie um das Bett herum, suchte ihre Sandalen … verdammte Hacke. Wo… waren… die Schuhe bloß. Lange Kleider waren ebenfalls unpraktisch - WENN MAN SEINE ABSÄTZE NICHT HATTE. Sie sah so missmutig aus wie eine Gewitterhexe. Exakt wie die, als die sie sich gerade fühlte.
Serathis blieb einfach liegen, während der Kopfschmerz langsam nachließ. Wem das Zimmer gehörte, hatte der rothaarige König der Lage und sowieso aller Lagen immer noch nicht herausgefunden, aber es war ein ähnliches, wie das letzte. Schwere Vorhänge, alles ziemlich nobel, wenn auch nicht das Feinste vom Feinsten. Die Betten jedenfalls waren von herausragender Qualität. „Kopfschmerzen, Teuerste?“, fragte er in den Raum hinein ohne dass es ihn großartig interessierte, wo und wie sie gerade herumsuchte. Die Sandalen waren irgendwo im Raum verteilt.
Sie blieb stehen. Der ertappte Gesichtsausdruck hielt nicht lange, bevor sie ihn mit stechenden Blicken bedachte, von denen ein jeder Kopfschmerz hätte noch lernen können. Sie warf ihren Zopf mit einem Kopfschnicken herum und marschierte Fersenlastig und keineswegs mehr so leise auf die Bettseite, auf der er lag. Und ihr linker Schuh. Schwungvoll hob sie ihn auf. „Dass DU nichts verträgst war mir klar“, kommentierte sie schnippisch und setzte ihre nicht mehr so leise Suche geräuschvoll fort.
Seine Bewegung war nun deutlich schwungvoller, als er in den Stand federte und sie ansah. „Oooh, tut das Köpfchen weh? Ist es schlimm?“, spottete er und stellte sich hinter sie, so dass sie seinen Körper deutlich spüren konnte. „Sag bitte und ich helf dir vielleicht damit.“ Wanderte da bereits etwa seine Hand unter eine Schnalle ihres Kleides?
Sie hielt nur kurz inne, dann richtete sie sich langsam auf, als ob sie ihn gewähren lassen wolle, holte unauffällig weit aus und ließ ihren durchaus spitzen Ellenbogen nach hinten krachen. Es war ihr vollkommen gleich was sie erwischte. Hauptsache es war nicht nur für sie schmerzhaft. Sie stand recht sicher.
Sie erwischte seine Rippe und Sch.eiße tat das weh! Brummend kassierte er und ließ von der Schnalle ab. So oder so. Blöde alte Schachtel.
Au, verflucht! Der war wirklich nicht von schlechten Eltern gewesen. Sie fuhr herum und warf den Schuh nach ihm für den Schmerz, den ihr seine Rippen zugefügt hatten. Was bildete der sich auch ein! Au, au, au… „Rüpel!“ fuhr sie ihn an. Und konnte nicht verhehlen, dass sich die Augen kurz verirrten. Wie jung war der wohl? Alt genug jedenfalls, um zu wissen was er tat. Unbewusst befeuchtete sie sich die Lippen und ihre Brüste hoben und senkten sich in ihrem ganz beabsichtigt hochgeschnürten Dekolleté. Aufgebracht, ja. Himmel, ja, er war appetitlich, wenn er nicht gerade rotzbesoffen war.
Serathis lachte lauthals auf, schallend so dass es in ihrem Kopf dröhnte. „Gib Ruhe und komm her“, entgegnete er und packte sie dann doch, das gepflegte rothaarige Köpfchen und legte die Hände flach an ihre Schläfen. Die Hitze darunter war nahm zu, floss durch ihre Papierhaut in den Schmerz und löschte ihn aus, als wäre er nie dagewesen. Doch da hörte es nicht auf, es tropfte weiter, wie heiße Tropfen auf ihrer Haut die gar nicht da waren.
Ihre Augen verdrehten sich nach hinten, bevor ihre Lider zuklappten. Mehr entgleiste ihr nicht, sie stand kerzengerade, die Züge gefasst und eingeprägte Linien des Leidens zuckten nur kurz unter dem festen Griff. Steif wie ein Brett und selbst die Hände waren in Pose erstarrt, wie sie ein Bildhauer nicht hübscher hätte meißeln können. Gerade sagte sie keinen Ton. Es tat gut - und dafür hätte sie Gift und Galle speien mögen. Sie wollte diesen ungehobelten Klotz nicht mögen. Sie wollte gar niemanden mögen. Ihre Gesichtszüge gewannen an Zitronigkeit.
Wohlgefühl, heißes, süßes Wohlgefühl flutete sie und ihren armen Kopf, den zitternden Leib der Dame, schwoll an - und war sofort verschwunden, als er seine Finger von ihr nahm. „Sag noch einmal Lichtbengel, hm?“, grinste er erneut und legte die Hände flach auf ihre Schultern, um den Duft ihres Haars einzuatmen.
Sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und versteifte sich noch mehr. Ihre Miene war ein seltsames Durcheinander. Dann stieß sie ihn weg (roll dice pls) schlüpfte an ihm vorbei und suchte nach dem zweiten Schuh. (62) Das Glitzern das sie sich aus den Augen gewischt hatte, war keine Einbildung gewesen.
Serathis überging das Glitzern, vielleicht war es ihm egal, vielleicht war er innerlich blond im Kopf oder vielleicht, ganz vielleicht wollte er ihr die Würde lassen und sie nicht drauf ansprechen. „Suchst du den hier?“, er beugte sich nach einer Sandale und hielt sie ihr hin.
Jetzt, wo der Kopfschmerz aufhörte, war er vielleicht gar nicht mehr so ätzend?
Sie schoss in den Stand, den Schuh den sie selbst geworfen hatte in der Hand und drehte sich nicht nach ihm um. Vielleicht hatte sie geschnieft, vielleicht auch nicht - als sie sich umdrehte, waren nicht einmal die Augen besonders gerötet. Das Gesicht maskenhaft und starr. Sie nahm ihm den Schuh ab, ohne ihn ihm aus der Hand zu reißen, was sie unendlich viel Kraft kostete und setzte sich stumm ohne mimische Regung um ganz manuell die vielen goldenen Riemchen zu schließen. Viele. Riemchen. Sie sah äußerst beschäftigt aus. Und sehr alterslos.
„Ich hol mal Frühstück“, fuhr Serathis fort und klaubte das Unterfutter seiner Rüstung vom Boden auf. Eine abgewetzte Lederhose diente wohl als Schutz gegen die Platten und ein Hemd, was schon bessere Tage gesehen hatte, bedeckte die definierte Brust und die schönen Bauchmuskeln. „Kaffee? Kakao?“, fragte er sie noch, bevor er sich barfuß zur Tür aufmachte.
Der Kopf ruckte hoch und sie starrte - nicht lange bevor sie blinzeln musste und das ein wenig zu häufig. Dann sagte sie mit einer Stimme, die so schneidend war wie ein stumpfes Messer am Bettpfosten: „Kaffee, Milch, vier Stück Zucker, stilles Wasser. Zwei Tassen.“ Dann fuhr sie stumpf mit den winzigen Schnallen an den Knöcheln fort. Befehlsgewohnt klang das sicherlich. Und auch so, als ob sie sehr genau wusste was sie wollte.
Der Lichtbengel verzog sich und atmete vor der Tür erst einmal durch. Elende Kratzbürste, aber für einen Kater sollte sie nicht leiden. Allgemein war es ihm lieber, wenn die Frauen in seiner Gegenwart entspannt waren, das machte die Begegnungen viel entspannter, erst recht für ihn. Mit federnden Schritten und ohne den Gedanken weiter zu verfolgen, nahm er die Treppen nach unten. Rauszufinden, wem das Zimmer gehörte, wäre vielleicht auch nicht schlecht. Denn dann könnte er die Rechnung für das Frühstück mit draufsetzen lassen.

Für Entspannung war es bei Weitem zu spät. Wie konnte er sich nur erdreisten Licht in ihren Kopf zu pflanzen. Sie hatte nichts davon bestellt! Und bezahlen würde sie dafür auch nicht. Nicht mit Gold, nicht mit Nettigkeiten und schon gleich gar nicht mit positiven Gefühlen. Sie brauchte doppelt so lange wie sonst für die Riemchen und nur ihrer jahrelangen Selbstverleugnung war es zu verdanken, dass sie nicht in Tränen ausbrach und die Schuhe in die Ecke feuerte. Und jetzt? Saß sie auf der Bettkante wie ein F.littchen? Nein! Sie erhob sich, straffte sich, strich das Kleid glatt und ließ es zudem magisch glätten und trat ans Fenster, um blind hinauszustarren. Was zum Teufel hatte sie nur geritten.
Sah man von ihm ab.
Es dauerte etwas, dann klapperte es vor der Tür und der breite Rücken, die starken Schultern schoben sich durch die Tür. Das rote Haar hing ihm immer noch wirr im Gesicht, doch der elende Kerl wirkte durch und durch zufrieden und balancierte ein anbetungswürdiges Frühstück auf dem Tablett. Die georderten Tassen Kaffee waren nur die Kirsche auf der Sahne. Frische Croissants, die noch dampfend warm waren. Orangensaft, 2 Gläser, frische Erdbeeren, Marmelade und Aufschnitt und sogar gekochte Eier. Es roch absolut verführerisch. „Nuianna, ich hoffe du hast Hunger.“ Der Kerl verlor anscheinend nie die gute Laune und stellte das Tablett auf dem Beistelltisch ab. Hatte er also doch zugehört, als sie sich gestern dem Portalbettler vorgestellt hatte.
Die Magierin ließ den Zopf fahren und drehte erst den Kopf und dann sich selbst herum. Erhaben, unterkühlt und mit so gut wie keinem Ausdruck im Gesicht. Mit leisem Klacken der Absätze und sehr kleinen Schritten legte sie den Weg zum Tablett zurück und bediente sich schweigend selbst. Prüfte Milch und Zuckergehalt durch einen Fingerschwenk, der die Zutaten in einer Art Zeitkrümmung visuell über der Tasse separierte und wieder zurückschwappen ließ und wies die Tasse an, sie schwebend zum Fenster zu begleiten. Ein kleiner Eiswirbel frostete die Luft um die Tasse und beförderte den Inhalt in perfekte Trinktemperatur. Sie griff danach, nippte daran und starrte stumm durch die ungeputzten Fensterscheiben.
Serathis wölbte eine Braue und strich sich mit den Fingern über seinen Kinnbart, nur um sich dann einen schwarzen Kaffee vom Tablett zu nehmen und die Tasse mit zwei Fingern balancierend an seinen Mund zu heben. „Was hast du denn heute noch so vor?“, fragte er in ihr Schweigen herein, gänzlich unbehelligt von der Eiseskälte der Zitronenjungfer.
„Zeit absitzen, bis der Schnösel sein Portal bezahlt hat“, antwortete sie in gänzlich neutralem Tonfall. Was auch immer vor dem Fenster geschah, war entweder unwahrscheinlich interessant, oder sie einfach nur nicht gesprächig - aber dafür beleidigte sie auch nicht weiter. „Noch Kopfschmerzen?“, fragte er weiter und schob sich ein halbes Croissant direkt in den Mund, biss ab und kaute mit offenem Mund. „Nein“, kam die knappe aber nicht gerade abweisende Antwort. Er konnte sehen, dass sie mindestens einen weiteren Schluck Kaffee trank. Sie sagte nicht, dass sie ohnehin keine gehabt hatte. Sie sagte auch nicht danke für die durchaus bedankenswerte Geste, die er ihr gegenüber gezeigt hatte. Ihre Schultern waren gerade, ihre Haltung tadellos.
„Hmhm“, machte Serathis amüsiert und stellte seine Tasse ab, trat immer noch kauend hinter sie und blickte über ihre Schulter aus dem Fenster. „Ich wüsste ziemlich gute Möglichkeiten, die Wartezeit zu überbrücken…“, schmeichelte er ihrem Ohr.
Ohne sofort zu antworten hob sie die Tasse erneut an die Lippen und ließ sich recht viel Zeit damit, Zeit mit einem fingierten Schluck zu schinden. Sehr langsam senkte sie sie auf halbe Höhe ab. „Und die wären…“, ließ sie den Satz ausklingen, ohne ihn fragend zu formulieren. Ihr Tonfall war nicht biestig. Er hatte gar keine Ausrichtung - außer eine reservierte.
Er schluckte den Rest des Croissants herunter und griff nach ihrem Zopf, hob die fedrig-feine Spitze an seine Nase und atmete den Mandelduft tief ein. „Ich könnte charmant zu dir sein.“ Als würde das alles sagen.
Schweigen. Sie hob die Tasse wieder an und leerte sie, ohne auch nur ein BISSCHEN den Kopf zu sehr nach hinten kippen zu lassen. Nur durch Winkel und Neigung. Als sie sie losließ, wechselte sie ihren Platz schwebend mit der zweiten Tasse. Der Frostzauber blieb aus, stattdessen flirrte ein Feuerzauber um die Tasse, um sie wieder zu erwärmen. Sie griff nicht danach. Ihre Hände sanken ineinander. „Definiere charmant, Serathis Phoenixklinge.“
„Ausschweifende, zwischenelfische Freuden“, bot er direkt an. „Ein bisschen Verwöhnen, eine gute Zeit, mh?“ Noch immer hielt er ihren Zopf, nur um ihn dann akkurat wieder zurück zu legen und auch das letzte Härchen wieder penibel in Position zu zupfen. „Oder Kartenspielen, wenn dir eher danach ist.“
War das ein Scherz?
Ihre schmalen Schultern hoben sich und senkten sich wieder ab und noch immer hatte sie sich nicht umgedreht. War es ihr egal? Sie griff nach der Tasse in der Luft und nahm einen Schluck vom warmen Kaffee.
„Weißt du, es ist schwer jemanden zu finden, der mit einem mithalten kann. Vielleicht war meine Bewertung unfair“, schmunzelte er. „Tatsächlich habe ich unsere Begegnung genossen.“
„Wenn dein Schwanz genau so groß wäre wie dein Ego, könntest du ganze Taurenherden beglücken“, sagte sie und klang nicht glücklich dabei. Sie hielt sich an der Tasse fest. Und starrte geradeaus. Ihr Nacken sah verkrampft aus. Sie hatte unbewusst die Schultern gehoben. Und wirkte klein - obwohl sie noch immer kerzengerade stand.
„Mag sein, aber die will ich gar nicht. Ich würde mich mit dir schon ziemlich wohl fühlen.“ Kratzte ihn anscheinend nicht, die Kratzbürstigkeit. Seine Hände legten sich flach auf ihre Schultern und die Daumen strichen über die Ausläufer ihres Nackens, der sooooo verspannt wirkte.
Sie schnaubte leise und entspannte sich kein Stück. „Ich könnte dreimal deine Mutter sein.“ Erneut fand die Tasse ihren Weg zu ihrem Mund und ein weiteres Nippen den Weg in den Magen.
„Bist du aber nicht“, raunte er honigsüß in ihr Ohr und hauchte einen Kuss auf ihren Nacken. „Komm schon, so biestig wie du gestern noch warst, lässt du dich von ein paar Zahlen aus der Ruhe bringen?“
Sie seufzte und entließ den letzten Schluck Kaffee und die Tasse in die Luft, die dort einen Augenblick um sich selbst trudelte und dann zum Tablett zurückschwebte. Dann drehte sie sich um und hob den Kopf mit dem stechenden Blick in sein Gesicht. Es war ein Blick, der durch und durch ging, der Blick, der die Hand in der Keksdose ertappte, rügend, ohne ein Wort dazu sagen zu müssen. „Und du bemühst dich um mich weil ich grade verfügbar bin?“ wollte sie wissen, der Tonfall schnitt den Honig seiner Stimme, als sei er auf Glas gefallen.
„Ich bemühe mich um dich, weil du reizvoll bist“, sagte er ungerührt. „Langweilig kann ich unten im Raum haben. Entweder käuflich oder nicht, spielt ja auch keine Rolle. Zumindest nicht für mich. Aber jemand, der mir einen solchen Kampf liefert und mit mir mithalten kann…den findet man nicht alle Tage.“ Unverblümte Anerkennung, was seine Absichten jedoch nicht weniger schamlos machte, aber zumindest war er ehrlich. „Gerade verfügbar würde ich das gestern auch nicht nennen. Das war eine ziemliche Herausforderung. Ganz nach meinem Geschmack. Wie du.“ Sein Finger hob sich, tanzte kurz durch die Luft und deutete nach unten.
Sie hob die Hand und legte die kühlen, glatten Finger an seine Wange. Ihre Augen geisterten über sein Gesicht. „Ich habe nicht mal angefangen… Junge.“ Junge. Immerhin. Ein Fortschritt. Sie lächelte nicht. Und nahm die Hand wieder fort. Die unziemliche Nähe schien sie recht gut auszuhalten.
Die Haut in seinem Gesicht war warm und gebräunt, wie es bei jemandem der Fall war, der sich gerne die Sonne auf den Pelz scheinen ließ. „So?“, grinste er und ein Mundwinkel verblieb nach dem Grinsen einfach oben, er zeigte ein Halblächeln. „Vielleicht kann ich noch was lernen, Kratzbürst-chen?“
„Ich will dich grade nicht vögeln“, sagte sie und ihre exzellente Haltung passte zu der hochherrschaftlichen Ansage. Das ernste Gesicht hatte strenge Züge und spiegelte keine Spur des halben Lächelns. „Du stinkst nach dem ausgedünsteten Alkohol und ich auch.“ Sie bemerkte das recht nüchtern. „Ein Bad. Baden schadet nie. Waschen auch nicht… wenn du dich erinnerst.“ Eine fein gehobene Augenbraue schwang sich zu den Worten auf, ohne dass ihr übriger Gesichtsausdruck die Contenance verließ.

MAGIC! - Rude
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[Bad]

„Ich mag es, wie du stinkst.“ Ungerührt war anscheinend ein weiterer seiner Vornamen. „Aber du bist eine Dame, also ein Bad. Hm…“ Er drehte sich herum und nahm noch einmal das Zimmer in Augenschein. Ein großer, kupferner Badezuber stand in der Nähe des Kamins. War der letztes Mal schon dort gewesen? Serathis fügte sich in die Situation ohne sie zu zerdenken. Seine Hände deuteten auf den Zuber. „Das kannst du bestimmt“, ermunterte er sie, den Zuber mit warmem Wasser magisch zu füllen und tigerte dann durch das Zimmer, öffnete wahllos Schränke und Schubladen, nur um Handtücher und ein Stück Seife von irgendwoher zu zaubern.
„Nun“, gab sie ebenso ungerührt zurück, „ich mag es nicht wie DU stinkst. Alkoholschweiß ist kein Parfum, das irgendjemandem schmeichelt.“ Seinen Handweis und die Worte kommentierte sie überhaupt nicht. Das orchestrieren einer Badewannenfüllung war zwar keine Kunst, erforderte in der Menge des Wassers aber dennoch Konzentration. Es erschienen keine albernen Wassereimer. Das Wasser sammelte sich einfach aus dem Nichts am Boden der Wanne, als sei es dort kondensiert, die Tropfen verbanden sich zu Pfützen, die Pfützen zu einer spiegelnden Fläche, die langsam anstieg und bereits während des Anstiegs dunstige Schwaden in die Luft abgab.
„Ansichtssache.“ Serathis schnappte sich einen Hocker, stellte ihn neben den Zuber und platzierte Handtücher und Seife darauf. Der zweite Hocker mit dem Tablett und dem Essen landete ebenfalls neben dem Zuber. Kein Kostverächter in jeder Hinsicht, oder war das seine Version von zielgerichteter Romantik? Es schien ihn nicht zu kümmern, was sie darüber dachte. Er zog das Hemd über seinen Kopf und die Arbeit vieler Stunden auf dem Feld oder wo auch immer er sonst trainierte (…im Schlafzimmer, im Schlafzimmer - der Gedanke drängte sich ja auch auf!), wurde erneut sichtbar, ohne dass er sich selbst in seiner Erscheinung zu aalen schien.

Nuianna nagte an ihrer Oberlippe, dankenswerterweise ungesehen, die Augen folgten dem Geschehen, ohne dass sie einen Handschlag dazu tat, die simplen Gesten zu erleichtern. Sie sah davon ab jedes einzelne der goldenen Riemchen ihrer Sandalen wieder manuell zu öffnen. Vielmehr zog sie ihre über einhundert Jahre in Selbstverständlichkeit übergegangen Methode vor, berührte in einer gewissen Abfolge einzelne Punkte und ließ die Kleidung in einer hübschen Flammenillusion aufgehen. Die gesamte. Wer ging schon mit Schuhen oder Wäsche baden. Ein Idiot. Möglicherweise.
Die Hose des Rothaarigen folgte ebenso, landete irgendwo auf dem Boden in einem unordentlichen Haufen und weil er war, wer er war, verbarg er nicht, dass er sie betrachtete. Ihre Alabasterhaut, die schlanke Erscheinung und damit unausgesprochen die Erkenntnis, dass sie niemals körperlicher Arbeit nachgegangen sein musste geschweige denn sich auch nur in die Nähe eines Schlachtfelds verirrt hatte. Ihre Kriege führte sie vermutlich bei Teekränzchen und Büchern. „Nach dir“, raspelte seine tiefe Stimme und er deutete auf den Zuber.
Falls er darauf spekuliert hatte, dass sie das Bein heben würde wie ein p.issender Köter hatte er sich jedenfalls gründlich getäuscht. Als habe sie der Aufforderung bedurft, setzte sie sich in Bewegung. Jeder einzelne Schritt getragen von einer gelassenen Körperspannung, gemessenen Schrittes, zügig aber nicht zu schnell und mit einem gerade auf das rechte Maß reduzierten Hüftschwung trat sie in die leere Luft, als befänden sich Trittstufen vor dem Zuber und stieg über den Rand, ohne ihn zu berühren in das Wasser hinab ohne zurückzuzucken, tauchte einfach ein und ließ sich nieder, wie auf einen Diwan. Die Hände umgriffen Finger für Finger den Rand, als hätte sie die Zeit gebogen. Langsam und geräuschlos lehnte sie sich zurück und die golden glühenden Augen ließen ihn keine Sekunde los.

Das Licht war zwar mächtig, aber nicht mächtig genug um goldene Treppenstufen unter seinen Füßen entstehen zu lassen, und selbst wenn er diese Macht besessen hätte, so hätte er sie vermutlich nicht benutzt. Pragmatisch wie er war, stellte er sich neben den Rand und bedeutete ihr, etwas nach vorne zu rutschen, damit er sich hinter ihr in der Wanne platzieren konnte. Schien für ihn die bequemere Variante zu sein. Dass sie ihn anblickte - nun, wenn er es mitbekam - verursachte es keine Gänsehaut und auch kein peinlich beschämtes Aufschrecken. Er war im Reinen mit sich und seinem Körper, vom Reinheitsgrad mal abgesehen. Aber, da war ja das Bad.
Der Blick wich ab - vollendete Manieren im Übrigen - und die Hände griffen kurz fester zu, ein nahezu unsichtbar angerissener Zug, der sie nach vorn durch das Wasser gleiten ließ. Sie selbst nahm nicht besonders viel Raum ein - es sei denn sie legte es darauf an. Den Zopf hatte sie nicht gelöst. Er war nicht lautlos, aber auch nicht besonders laut, wie ein Rüpel oder ähnliches, als er sich hinter ihr in das Wasser setzte und wohlig seufzte. Er schob seine Beine an ihren schmalen Hüften vorbei, legte die Arme lang auf dem Rand ab und schloss die Augen. Beinahe besser als Sex, aber nur beinahe. Ebenso wenig legte sie es darauf an, besonders flächig mit ihm in Berührung zu kommen - wobei das nun schon eine größere Kunst war. Sie löste den Zopf mit den Händen und wand Schlinge für Schlinge der Flechten lose. Was der Sin’dorei in ihrem Rücken trieb, beachtete sie nicht. Nicht, dass sie es gezeigt hätte.

Serathis griff nach dem Seifenstück, ohne einen Ton zu sagen und tauchte es in das Wasser. Der Geruch von wilden Blumen und Honig verteilte sich in der Luft, sicherlich nicht exklusiv so wie die Elfe vor ihm, aber solide. So wie er. Wenn sie gedacht hatte, dass er jedoch nun einfach damit anfing, sich zu waschen, damit der Junge nicht mehr schlecht roch, hatte sie sich geirrt. In seinen Händen schäumte er die Seife auf, legte sie auf den Rand und die Hände auf ihre Schultern. Welche Erziehung der Knabe auch genossen hatte, er war zumindest immer noch höflich. Sie erstarrte für einen kurzen Augenblick, dann drehte sie den Zeigefinger und die hüftlangen, halbgelösten Haare türmten sich zu einer lose gesteckten Frisur auf, entblößten Schultern und Nacken und ein paar blasse Sommersprossen, die im hellen Licht kaum aufgefallen waren. Seife unbekannter Herkunft war nicht gerade das, was sie in die herbstrote Flut schmieren lassen wollte. Höflichkeit hin oder her. „Magierin, hm?“, begann er zu reden, während er ihre Schultern mit seiner Aufmerksamkeit bedachte und die Seife mit kräftigen Strichen verteilte. Nicht unangenehm, aber sicherlich auch nicht so delikat wie ihre Leibeigenen - äh Bedienstete. „Welche Schulen?“ Er fragte so beiläufig, dass man das hintergründige Interesse kaum schmecken konnte. „So fern der Heimat. Wie kommt’s?“

„Alle“, gab sie vollkommen unbescheiden Auskunft. Es klang dennoch nicht nach Aufschneiderei. Irgendwie lag es in ihrer Ausstrahlung. Diese Sicherheit in ihrem Unterton. Man zweifelte nicht daran. Und dann die Selbstverständlichkeit des Umgangs. Hmm. Ihre Schultern bewegten sich passiv weich und keineswegs steif unter seinen Händen. Lockerlassen konnte sie also vielleicht doch. Als er die letzte Frage stellte, drehte sie den Kopf gerade so weit, dass er in ihren Halbprofil die himmelwärts zuckende Braue sehen konnte. „Möchtest du die Frage bezüglich der Entfernungen vielleicht nochmals sehr kurz überdenken?“
Seine Hände fuhren den Nacken hinauf, bis an den Haaransatz, erwischten die rote Pracht jedoch nicht. Sanfter Druck lag auf Daumen und Zeigefinger, massierte die Haut und die Muskeln, bevor er wieder zu den Schultern abdriftete. „Hast bestimmt ne Menge Bücher dafür wälzen müssen. Gut, anders gefragt. Was macht eine edle Lady, kratzbürstig hin oder her, hier in diesem Piratenkaff am Ende der Welt. In einem Puff. Außer Portalbettlern Minimalstbeträge abzunehmen, die sie nicht nötig hat?“
„Es gab Unregelmäßigkeiten im Leygefüge“, erzählte sie der Luft vor sich, beiläufig und unintentioniert, „nichts wichtiges. Wahrscheinlich. Das ein oder andere Protokoll. Will ich wissen, was DU in einem Piratenkaff am Ende der Welt in einem Puff zu tun hattest?“

Serathis lachte leise und es klang ziemlich herzlich, als er das erste Mal Wasser schöpfte und ihre Schultern abspülte. „Willst du?“, fragte er dann. „Tu dir keinen Zwang an“, gab sie zurück und drehte die Augen nach rechts oben. Ungesehen. Dem Tonfall hörte man es nicht an. Er war sachlich und neutral und wertungsfrei.
„Ich hab ein bisschen Freizeit“, gestand Serathis ein. „Bin beurlaubt worden, weil’s ein Gerangel im Ordenshaus gab. Unschöne Sache und ich bin sicherlich auch zum Teil schuldig, aber najaaaa…“ Man konnte ihm den jugendlichen Schalk an der Stimme anhören und das Bild von einer ausgearteten Kneipenschlägerei drängte sich auf. „Dann dachte ich, kann ich auch meine Sachen packen und dem Hohen Reich für ne Weile den Rücken kehren. Und was man im Puff macht, muss ich dir nicht sagen. Ich mag’s, macht den Kopf frei.“ Das kommentierte sie nun so gar nicht. Sie saß mit geradem Rücken, obwohl ihre Bewegungen gerade noch so weich und anschmiegsam gewesen waren und der blasse, milchhelle Schwanenhals hätte einer Tänzerin gut zu Gesicht gestanden. War vollkommen verschwendet an einen Bücherwurm. Aus ihrem Halbprofil ließ sich keine emotionale Regung ablesen.

„Ich kann ziemlich gut kochen“, fuhr er fort. „Die haben nen Koch gesucht.“ Achso, die Geschichte ging noch weiter. Serathis griff erneut nach der Seife, schäumte sie auf und griff dann unter ihren Armen hindurch, verteilte den Schaum auf ihrem Bauch und dem hellen Oberkörper. Die Arme schlicht zu heben kam ihr gar nicht in den Sinn. Wie eine Vogelscheuche. Nein. Sie legte sie nebensächlich und in einer eleganten Geste ein wenig weiter auf den Rand der Kupferwanne ab, ließ sich waschen, als sei es das selbstverständlichste der Welt und fragte: „Und? Kommt sich das nicht ins Gehege mit deinem Orden? Oder bezieht sich das beurlaubt auf eine längere Suspension.“ Das war scharfsinnig gefragt gewesen. „Halbes Jahr“, brummte er. „Und den Meister kann ich mir vermutlich abschminken. Aber was will man machen.“ Wenn er darüber betrübt war, verbarg er es gut, vielleicht war es ihm auch nicht so wichtig. „Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen. Etwas von der Welt zu sehen, für die man sich den Ar.sch aufreißt, schadet nicht. Und dabei ein bisschen Spaß haben auch nicht.“ Wie auch immer er es tat, er reizte den Moment des Waschens nicht aus, selbst wenn er sie an delikaten Stellen berührte. Vorerst zumindest.

Sie nahm das alles vollkommen zur Kenntnis. Was sie darüber dachte, blieb dahingestellt. Ihr Kinn senkte sich, bevor sie den Kopf ein wenig weiter drehte und die Schultern der Drehung folgten. Ihr Blick im Augenaufschlag, der ihn von unten nach oben maß, war kein bisschen netter geworden. Er schnitt immer noch durch Mark und Bein. „Was genau hast du angestellt?“ Das Bengel musste sie gar nicht sagen. Es lag in der Luft. „Wirst du mich jetzt übers Knie legen?“ Die Worte waren so einfach und kamen doch spitzzüngig, als würde er ihr unterstellen, doch seine Mutter zu sein. „Kennst du diese Familie, ehm…“ er schnipste mit den Fingern. „Zornsänger? Altes Haus. Der Sohn ist ein echtes Ar.schloch. Wollte sich an einer meiner Freundinnen vergehen, nach einer Feier im Orden. Sagen wir, ich hab dafür gesorgt, dass er die nächsten Wochen nur noch Brei schlucken kann. Und seine Familie hat dafür gesorgt, dass mir nicht geglaubt wird. Zeugen hin oder her. Ist ein Sch.eiß mit dem Adel. Nichts gegen dich.“ Sie dachte ernsthaft über seine erste Frage nach - zumindest legte das die lange und betonte Pause nahe, in der sie ihn mit einem sehr fragwürdigen Blick betrachtete. Ohne das geringste Bisschen Anzüglichkeit in ihrem Gesicht. Stattdessen sagte sie dann: „Zornsänger, verstehe.“ Was genau, ließ sie dahingestellt. „Oh, nein, nein, tu dir keinen Zwang an. Wettere nur drauflos. Besser es äußert sich verbal, denn in einem Aufstand.“ Das letzte Wort begleitete ein spöttisches Kräuseln des Mundwinkels.

„Man kann über mich ja sagen was man will. Aber jemanden gegen seinen Willen zwingen ist nicht.“ Serathis winkte mit der Hand ab. „Ist jetzt so. Wird lustig, wenn wir uns wiedersehen. Der wird mich sicher leiden lassen wollen, nur weil er heulend zu seiner Mutter rennen musste.“ Serathis legte die Handflächen flach auf sie und ließ sie dort, ohne sie weiter zu bewegen oder anderweitig abzuschweifen. Die Magierin schlug die Hände nicht weg, rührte sich aber auch nicht weiter, sondern sah ihn weiterhin auf diese durchleuchtende Art und Weise an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dir meinen Namen so genau gemerkt hast“, sagte sie. „Wieso? Denkst du ich bin ein hohler Typ?“ Sein Kopf näherte sich ihrem. „Nuianna dath’Arathi, ich mag vielleicht bürgerlich sein und ein suspendierter Blutritter, aber nicht blöd.“ Und weil ihm der Schalk dennoch im Nacken saß, gab er ihr einen unverschämten Kuss auf die Wange. Sie ließ sich beides gefallen, saß unbewegt und unbeweglich vor ihm in der Wanne und die Augen waren der raschen Bewegung gefolgt. Unvermittelt stand sie auf. Es oblag ihm, ob er seinen Kopf aus dem Geltungsbereich ihres Hinterteils rechtzeitig entfernte - und stieg aus der Wanne. Ein Wirbel warme Luft trocknete den Körper und aus dem Nichts legte sich ein seidiger Schimmer über ihre helle Haut. „Das Portal“, erklärte sie und war mit wenigen Schritten aus dem Zimmer verschwunden. Das letzte was er von ihr sah, war ein Stiefel, der sich um ihre Ferse materialisierte. Dann fiel die Tür ins Schloss.

Arctic Monkeys - Do I Wanna Know?
https://www.youtube.com/watch?v=bpOSxM0rNPM

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