Auf BĂ€renjagd
Es war schon ein wenig paradox, dass sich Bukara dazu entschloss ausgerechnet einen BĂ€ren erlegen zu wollen, zumal sie selbst von einigen des Klans als âBĂ€renweibâ betitelt wurde. Vielleicht war es aber auch gerade genau dieser Grund, eine Art der SchicksalsfĂŒgung, die sie zu dieser gestellten Aufgabe fĂŒhrte. Sie sollte schlieĂlich ein groĂes Tier erlegen, welches dem ganzen Klan zugutekommen sollte.
Nachdem Bukara ihre Vorbereitungen getroffen hatte, konnte die Jagd im Dschungel beginnen. Gut ausgerĂŒstet begab sie sich auf ihre erste, persönliche Herausforderung. Vom Hörensagen konnte die Orc die ungefĂ€hre Marschroute rasch ausfindig machen. Leise waren die Schritte, um kein GerĂ€usch im Unterholz zu verpassen. Es verging einige Zeit, als sie sich dazu entschloss vom Pfad abzukommen, um auf den modrigen Untergrund hoffentlich irgendwann Spuren zu erkennen. Der Weg fĂŒhrte Bukara immer tiefer in den hitzigen Dschungel.
Stunden vergingen, als es schlieĂlich dunkel wurde und kaum die eigene Pranke vor den Augen noch zu erkennen war. Die JĂ€gerin wusste wie sie sich zu verhalten hatte: unauffĂ€llig. Kein Feuerschein durfte die Nacht erhellen, sie musste in der Dunkelheit verweilen. Die JĂ€gerin kletterte auf einen der BĂ€ume und gönnte sich einige Momente der Ruhe. Als der Mond hoch am Firmament stand ein wenig mageres Licht durch die Wipfel auf den Boden schien, wurde Bukara von einem lauten Knacken im Unterholz wach. Sie öffnete die Augen, ohne sich weiter zu bewegen. Auch ihr Atmen war ganz ruhig, um sich nicht zu verraten.
TatsĂ€chlich bewegte sich eine groĂe Gestalt im Schutze des Schattens sein Unwesen. Da die GerĂ€usche, welche es von sich gab, vertraut klangen, wagte sich die Orc einen genaueren Blick. Es war der gesuchte BĂ€r. Die Wachen hatten also recht. Mit einem zahnigen Grinsen in der Fratze wartete Bukara geduldig ab, ehe das Tier seinen schwerfĂ€lligen Weg fortsetzte. Mit einem kurzen Blick in die Baumkronen konnte sie die Riechrichtung erkennen. Wichtig fĂŒr ihre Jagd war nun, nicht in Reichweite der Witterung zu gelangen. Rasch kletterte sie leise vom Baum, doch anstatt den BĂ€ren zu folgen entschied sie sich fĂŒr eine andere Strategie. Der BĂ€r war OrtsansĂ€ssig und der Mond stand in voller Pracht im Zenit. Dies bedeutete fĂŒr Bukara, dass das Tier schon lĂ€nger seinen nĂ€chtlichen Streifzug machte.
Sie musste schnell sein, um die Spuren des BĂ€ren zurĂŒck zu verfolgen, dorthin wo er seinen RĂŒckzugsplatz hatte. Zum GlĂŒck war der Boden modrig und auch im Moos konnte die JĂ€gerin gut die AbdrĂŒcke der Tatzen und Hinterlassenschaften erkennen und deuten. Wie lang der Streifzug dauerte konnte sie nicht wissen, aber sie hoffte, dass sie schneller war als das schwerfĂ€llige Tier, das offenbar noch fressen musste, denn es gab keine Anzeichen von erlegter Beute auf ihrem Weg.
Der Schlafplatz des BĂ€ren befand sich gut versteckt unter einen Felssprung. Zwischen groĂen BĂŒschen und StrĂ€uchern wĂ€re Bukara der Eingang fast nicht aufgefallen. Kurz machte sie sich einen Ăberblick. Nach der Tiefe der AbdrĂŒcke zufolge handelte es sich um ein krĂ€ftiges MĂ€nnchen. Nachwuchs oder weitere Spuren von anderen waren nicht zu finden. Mit einem entschlossenen Nicken war die Entscheidung gefallen; es sollte genau dieser BĂ€r sein.
Um ihren eigenen Geruch zu verdecken, öffnete die JĂ€gerin ein kleines GefĂ€Ă. Darin befand sich der Urin von ihrer BĂ€renschwester. Bukara verteilte den Geruchsstoff groĂzĂŒgig und versteckte sich selbst in unmittelbarer NĂ€he auf einen Baum. Von dort hatte sie einen guten Ăberblick und war zudem noch sichtgeschĂŒtzt. Schlaf fand sie natĂŒrlich keinen mehr und auch der BĂ€r kehrte nach seinem nĂ€chtlichen Streifzug und erlegter Beute zu seinem Platz zurĂŒck. Noch bevor dieser durch die BĂŒsche ging schnupperte er. Interessiert und neugierig blickte er sich umher; ihm schien der Geruch von der BĂ€rin zu gefallen.
Jedoch war zunĂ€chst einmal der Hunger wichtiger. So zog sich der BĂ€r in seinen Unterschlupf zurĂŒck und verspeiste seine erlegte Beute.
Am Tage schlief der BĂ€r tatsĂ€chlich, so hatte Bukara genug Zeit um in der NĂ€he ihren Plan vorzubereiten. Die JĂ€gerin beobachtete zwei Tage das Verhaltensmuster des Tieres. Der PelztrĂ€ger startete immer mit derselben Route. Etwas Abseits hob die Orc ein tiefes Loch aus, das zwar nicht ĂŒbergroĂ breit, aber dafĂŒr tief war. Da der BĂ€r tagsĂŒber seinen Verdauungsschlaf hielt, konnte sie ungestört arbeiten. Selbst fĂŒr sie war es nicht leicht aus der Grube zu gelangen, zum Schluss musste sie immer wieder aus GeĂ€st und Lianen eine Art Leiter erweitern, sonst wĂ€re sie wohl selbst Opfer ihrer eigenen Falle geworden.
Nach getaner Arbeit wurde dieses Konstrukt wieder aufgelöst und diente zum Verstecken der kleinen Grube. In jener Nacht sollte es soweit sein. Bukara legte mit ihrem flĂŒssigen Lockmittel und BĂŒscheln von KoshÂŽkas Fell eine interessante Geruchsspur, abseits des regulĂ€ren Pfades des BĂ€ren. Sie war gespannt, ob sich die feine Nase des Tieres austricksen lieĂ. Um dem ganzen eine Gestalt zu geben rieb sich die JĂ€gerin selbst ebenfalls mit den Resten der gelben Tinktur ein und versteckte sich hinter einem GebĂŒsch. Als sie ein Knacken vernahm begann die Orc einige GerĂ€usche und Laute ihrer BĂ€renschwester zu imitieren.
Durch das GeĂ€st konnte sie zunĂ€chst die schattigen Umrisse erkennen, die immer nĂ€her und nĂ€her kamen. Wo genau die Grube lag konnte sie selbst nicht erkennen und hoffte innerlich, dass sie nicht scheitern wĂŒrde, denn mit einem ausgewachsenen, verĂ€rgerten BĂ€ren mochte sie sich nicht mit bloĂen HĂ€nden anlegen. Ihr Blick ging zu den geschmiedeten Speeren und ehe sie sich versah, hörte Bukara ein lautes Krachen und Poltern. Die Falle hatte funktioniert.
Ohne zu zögern schnappte sie sich ihre Speere, huschte aus dem GebĂŒsch und trat zu den BĂ€ren voran. Er hatte die perfekte Position. Trotz lautem Zetern und BrĂŒllen kam das Tier nicht mehr heraus. Er steckte mit den breiten Schultern fest, nicht in der Lage seine Vorderpfoten zur benötigten Hilfe zu benutzen. Der BĂ€r war nicht panisch vor Angst, sondern stink sauer und erbost. Beruhigende Worte hĂ€tten nichts gebracht und je lĂ€nger er Bukara anschaute, desto mehr geriet er in Rage, willens die Orc selbst zum Mitternachtsmahl zu verspeisen.
Dennoch nahm sich Bukara kurz die Zeit, um sich fĂŒr die Jagdbeute zu bedanken. Auch wenn sie den BĂ€ren nun erlegen wĂŒrde, sie empfand groĂen Respekt und Dankbarkeit fĂŒr das Tier. Mit zwei gezielten und schwungvollen Speerhieben hatte der BĂ€r auch kein langes Leiden erfahren mĂŒssen.
Ihre erlegte Beute ins Lager zu bringen war eine ganz andere Aufgabe, denn der BĂ€r war nicht gerade ein Leichtgewicht. Aber auch dies schaffte die Orc unter gröĂten Anstrengungen, schweiĂtreibendem Körpereinsatz, blutigen, aufgerissenen HandflĂ€chen und zittrigen Leib. An der groĂen Flamme konnte Bukara neue Kraft schöpfen und auch die GesprĂ€che mit den Klanmitgliedern , die fast schon wie eine Familie fĂŒr sie waren; und des HĂ€uptlings taten ihr sehr gut. SelbstverstĂ€ndlich freute sie sich auch ihre BĂ€renschwester wieder nach stĂŒrmischer BegrĂŒĂung in die Arme schlieĂen zu können.
Auf Nachfrage des HĂ€uptlings, ob sie Hilfe bei der Verarbeitung der Beute brĂ€uchte schĂŒttelte sie energisch, schnaufend den SchĂ€del. Es war ihre Aufgabe das Tier komplett und im Sinne des gesamten Klans zu verwerten und das wollte sie sich nicht nehmen lassen. Bukara war stolz nach dieser ersten bestandenen PrĂŒfung und es sollten noch weitere folgen; denn je mehr Aufgaben sie von den anderen erhielt, desto sinnbildlicher schweiĂte sie das mit jeden einzelnen enger zusammen.