Ihr lieben Leute dort draußen,
ich möchte, als selbsternanntes Urgestein des Rollenspieles in WoW mal ein paar mahnende, aber auch Mut machende Worte loswerden. Wer zu wenig Zeit hat, der sollte jetzt etwas anderes tun, es wird länglich.
Fangen wir vorne an. Ich finde es auch ein wenig schade, dass es keine dedizierten Rollenspielserver gibt. Die Umstände, die dazu führen, kann ich nur herbeivermuten, aber wenn ich mir die zuletzt vorherrschenden Zustände auf meinem RP-Server (RvD) so vor Augen führe, sehe ich wenig bis keine Unterschiede zwischen Lakeshire (dort lungere ich herum) und dem RvD. Gut, vielleicht gibt es auf dem RvD weniger Rap0rkiller und Manabeasts, das wäre ein Punkt.
Worauf ich aber hinaus möchte ist, auch wenn der Spruch sicher etwas abgetragen wirkt: Rollenspiel macht Ihr, nicht Blizzard. Blizzard gibt uns alle nötigen Werkzeuge dafür an die Hand, Ihr müsst es nur tun. Immersion passiert nicht auf dem Bildschirm, nicht in einer Grafikengine, sondern in Eurem Kopf. Sicher, in der aktuellen Situation gehören dazu eine Menge Fähigkeiten: Ignorieren können, Augen zudrücken können, sich einen Ruck geben können.
Ich möchte Euch eine kleine Geschichte erzählen…
Ich lief so am Loch Modan rum und beschloss eines ruhigen Abends, das Bier war sowieso gerade erst dabei, kühl zu werden, ein paar Troggs eine neue Frisur zu verpassen. Die Axt geschliffen, den Schild ausgebeult, die Stiefel geschnürt ging’s los in Richtung Norden, wo von Bergen umgeben üblicherweise ein ganzer Haufen diese Gestalten rumlaufen. Dort angekommen durfte ich zu meiner Freude feststellen, dass außer mir noch ungefähr die Hälfte der Bevölkerung von Ironforge beschlossen hatte, hier eine gewaltige Sause zu veranstalten. Zum Leidwesen der Troggs, deren Zustand nahezu erbarmungswürdig war. Und das lag nicht daran, dass sie zu viel gesoffen hatten. Ich hatte ein wenig Mitleid mit ihnen, wenn ich ehrlich sein soll.
Mit mir aber auch, denn die Aufgabe, an die ich mich eigentlich machen wollte, war so nicht zu erfüllen. Aber he!, ich kenne mich ja hier aus. Geh einfach in eine der Höhlen, da sollten genug rumlungern. Aber weit gefehlt, da waren mehr Zwerge als Troggs. Deutlich mehr und eigentlich gar keine Troggs, jedenfalls keine, die noch atmeten. Schon leicht frustriert setzte ich mich auf einen Stein, packte eines der noch viel zu warmen Biere aus meinem Rucksack aus und wollte gerade ansetzen, als hinter mir eine dieser stinkenden Kreaturen auftauchte und mit dem Knüppel ausholte. Ich sah das nur im Augenwinkel und zog schon die gute Flasche Bier hoch, um meinen Kopf zu schützen, als der Trogg vornüber fiel und mir mit seiner gewaltigen Nase mein Bier aus der Hand schlug.
Das war ärgerlich für die Flasche Bier und für mich, aber vielleicht dann doch wieder ganz erfreulich für meine Gesundheit. Bier soll man ja auch eher in kleineren Mengen genießen sagt Gwenna meistens, wenn ich zu lange im Stonefire gewesen bin. Wie auch immer, der Grund für diesen Umstand stand nun auch vor mir. Er war wenig größer als ich, trug Robe und schwang ein Stöckchen in der Hand. Ich muss allerdings sagen, dass seine Ohren deutlich hässlicher waren als alles andere, was ich je an einem Zwerg gesehen hatte. Offensichtlich tat das seinen Fähigkeiten keinen Abbruch, was erfreulich war für meine Gesundheit.
Der Grund schaute mich kurz an, dann ploppte irgendwas, ein Ton war zu hören. Irgendwas war jetzt anders. “Mir fehlen noch 3 u 6. Du?” fragte mich der Zwerg in blauviolett. Ah, er will mit mir zusammen aufräumen. Gut, warum nicht, ich stimme zu. “K” in blauviolett. Ich seufze lautstark. Es geht dann aber ganz gut voran, die Troggs kriechen in hoher Zahl aus ihren Löchern, manchmal wird es sogar recht knapp. Irgendwer wird wohl vor der Höhle einen Freibierstand aufgestellt haben, so alleine sind wir hier unten. Vielleicht hat Gwenna Mitleid mit mir.
Im Laufe der Gefechte lässt einer der Stinker ein Stück Holz fallen, das der Zwerg gierig anschaut. Das erinnerte mich ein wenig an die Hunde in Ironforge. Die schauen auch immer sehr erwartungsvoll, wenn man ihnen einen Stock vor die feuchte Nase hält. Ich verzichte natürlich und ernte ein dankbares “thx!” in blauviolett. Ich seufze wiederum und beschließe, meinen Verdruss (jetzt theatralische Stimme) ob der Verrohung der Sprache und der Sitten (theatralisch aus) an den Troggs auszulassen, die jetzt wieder auftauchen. Ich beschimpfe sie, haue ihnen meinen Schild mit Absicht gegen die Ohren - sie taumeln dann immer so lustig - und jammere lautstark über mein Bier, das immer noch viel zu warm ist.
Während einer dieser Kämpfe falle ich rücklings ins Wasser des Tümpels, das wirklich eisekalt, dafür aber erstaunlich sauber ist. Und - meinem Genie sei Dank - kommt mir in diesem Moment die so gar nicht nahe liegende Idee, das Bier im Wasser zu kühlen, bis wir mit den Troggs fertig sind. Gedacht, getan und vor allem! gesagt lege ich ein paar Flaschen in den Tümpel, während ein Trogg damit beschäftigt ist, seinen Knüppel auf meinem Rücken zu zerkleinern. Ich ignoriere ihn, bis ich fertig bin, drehe mich um und ernte ein Lachen des blauviolett sprechenden Zwerges “hehe”. Na, immerhin!
Weiter passierte wenig von Interesse, das Euch mitzuteilen die Worte wert wäre. Wir waren irgendwann soweit, die Höhle war gut aufgeräumt und wir beschlossen, unsere hart erarbeitete Belohnung abzuholen. An der Station Algaz wartete eine sichtlich unaufgeregte Wache darauf, die frohe Kunde abzunehmen. Zur Belohnung gab es - und jetzt stellt Euch ein Orchester vor, bestehend nur aus Gnomen, die im Suff vergessen haben, welches Instrument sie spielen können - wenn sie jemals eins beherrschten -, das einen lauten, kakophonischen Tusch spielt - DREI! lausige Reagenzgläser mit Heiltrank. Drei! Heiltränke! Wer braucht denn bitte sowas? Meine leichte Unzufriedenheit ließ ich dann am vermutlich unschuldigen Wachmann aus und ich muss im Nachhinein gestehen, dass meine Wortwahl ein wenig zu wünschen übrig lässt, selbst wenn man die Maßstäbe einer lauten Nacht im Stonefire ansetzt.
Der Zwerg neben mir aber machte etwas, mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte. Er sprach, nicht mehr in blauviolett sondern in weisen (oder heißt das weiß?) Worten: “Lass gut sein, der steht doch auch nur hier rum, weil er Befehle entgegen nimmt. Was soll er denn tun?”. Ich gestehe, ich war sprachlos. Wirklich sprachlos, aber erfreut sprachlos. Der Zwerg konnte reden und das in richtigen Worten an der richtigen Stelle. Ich unterdrückte den heftigen Wunsch, auf der Stelle einen Tanz zu vollführen und nickte nur grimmig.
Wir nahmen dann noch einen weiteren Auftrag (“Noch mehr von den Stinkern? Kann das jetzt nicht mal jemand anderes übernehmen?”) entgegen und führten diesen noch gemeinsam aus. Und das machte einen Heidenspaß! Der Zwerg steht nun in meiner Rolle der Freunde und wir haben geplant, demnächst gewaltig einen bei Gwenna zu heben, wenn wir wieder in Ironforge sind.
Ende der Geschichte. Ob sie wahr ist, in Teilen korrekt oder völlig herbeigeflunkert, kann nur der Zwerg beurteilen, mit dem ich unterwegs war. Wenn es ihn denn überhaupt gibt…
Auf den Wahrheitsgehalt aber kommt es gar nicht an. Es kommt darauf an, dass “wir” Rollenspieler ein wenig in Vorleistung gehen müssen. Und das nicht nur einmal für den ganzen Realm, sondern für jeden einzelnen Spieler und jede einzelne Spielerin die hier rumlaufen und kein Rollenspiel machen. Im schlimmsten Falle wird man ignoriert. Im besten Falle hat man einen Freund gewonnen, der dann eben nicht mehr “kkthxbye” (tun die das?) rumbrüllt. Versucht Eure Mitspieler an die Hand zu nehmen. Wenn sie die ausschlagen, könnt Ihr immer noch weitergehen.
Am Ende hat niemand verloren, aber viele ein klein wenig gewonnen. Alles was Ihr dafür tun müsst, ist an der richtigen Stelle mal den Verdruss runterschlucken, die Ansprüche für ein paar Augenblicke herunterschrauben und den verdammten Stock aus dem… hust Fangt unten an, arbeitet Euch hoch. Erwartet auf einem PvE-Realm, auf dem wir bestenfalls rumlaufen, nicht, dass das Hohelied des Rollenspiels gesungen wird. Helft den vielleicht schlicht unwissenden Spielerinnen, indem Ihr einfach mal nur singt. Wenn das Gegenüber besoffen genug ist, wird es irgendwann mitsingen.
Und wenn Du, liebe Leserin, eigentlich gerne mal deine neugierige Nase in dieses Rollenspiel stecken würdest, dich aber nicht traust und glaubst, du könntest das nicht und wirst dann ausgelacht: Schreib mir doch einen kurzen Brief (bitte Porto entrichten, ich bin nicht eben reich. NOCH NICHT!), dann weiß ich um Dich und bei nächster Gelegenheit gehen wir beide einfach mal eine entspannte Runde angeln. Oder wozu auch immer Dir gerade die Nase rät.
Fein, das wollte ich mal loswerden. Das Bier ist jetzt ausreichend kühl und ich kann mich endlich wieder anderen Dingen zuwenden. Angeln zum Beispiel.