Moin, ich benötige Rat. Ich habe das „Social-Game“ in WoW verlernt.
Nach mehreren Jahren Pause kehrte ich vor ein paar Monaten zum Spiel zurück. Was tut man auf der Maximalstufe? Genau! Sich eine Gilde suchen, womit der Wahnsinn anfing.
Nun bleibt bitte als Leserinnen und Leser am Ball, während ich euch meine kleine Gildenodyssee in der SL-Edition vorstelle. Am Ende werde ich die Frage stellen, wie ich am besten damit umgehe, weil ich mich wirklich schon gefragt habe, was ich mit meiner Lebenszeit und diesem Zirkus eigentlich anfange.
Kleiner Disclaimer vorab: An jede dieser Gilden bin ich ernsthaft mit dem Gedanken herangetreten, dass es DIE Gilde für das längerfristige Zusammenspiel ist. Das inkludiert auch das respektvolle Ansprechen von Reibungspunkten bis zum Schluss.
Gilde 1: Kleine Gilde im Aufbau, lockeres Miteinander. Der Gildenmeister mit 800 dps beim Sire (normal, to be fair) und seinem Hang zum Einkassieren der BoE-Drops im Raid führten zur Meuterei auf der Bounty. Einer der drei Offiziere war dann der neue Gildenmeister. Der Alte gründete eine neue Gilde mit dem gleichen Gildennamen in wörtlicher englischer Übersetzung und versuchte Mitglieder abzuwerben. Gegangen bin ich dann, weil der Gildenmeister unironisch einem seiner Offiziere hinter seinem Rücken eine Behinderung unterstellte, damit absolut kein Problem sah und Mitglieder
von seiner steilen These per Whisper überzeugen wollte. Der betroffene Offi fand das Ganze nicht so lustig.
Gilde 2: Ebenfalls kleine Gilde und der Inbegriff des Laissez-faire, was die Gildenführung betraf. Dort lief es eigentlich ganz gut, außer dass ein Boss auf heroisch nicht umfallen wollte und nach zwei Wiperaids die Hälfte des Raids einfach nicht mehr aufgekreuzt ist. Käpt’n Laissez-faire von Gildenmeister hat 4 IDs mit 5-10 Leutchen am Raidtag benötigt, um diesen Umstand zu begreifen und endlich aktiv zu werden in Form von Mitgliedersuche. Da war der Drops natürlich schon gelutscht.
Gilde 3: Diese Gilde hatte auch das Problem, dass Raidmitglieder aus diversen Gründen nicht mehr spielen wollten. Die waren wenigstens so nett und haben sich unter Angabe von Gründen für längerfristig abgemeldet. Kollege Raidlead war davon aber anscheinend persönlich getroffen und erklärte folglich jeglichen Grund für das Nichterscheinen im Raid als nicht valide. Gab schon so n bisschen „Albira“-Vibes, falls der euch was sagt. Da wir hier über eine Gilde am unteren Ende der Nahrungskette sprechen, war mir und ein paar Anderen das zu wild und wir sprachen die Problematik an. War nicht gut! Hab mir auf meinen Merkzettel geschrieben, dass man einfach die Klappe hält, wenn man schon merkt, dass jemand auf einem Powertrip ist und das Spiel etwas zu wichtig nimmt. Sollte ich in naher Zukunft Elternteil werden oder doch noch auf der Intensivstation landen, möchte ich allerdings schon irgendwie, dass das valide Gründe sind, um mal länger nicht zu raiden. Letztendlich wurden alle (inklusive meiner Wenigkeit) gekickt, die mit der Attitüde ein Problem hatten.
Gilde 4: Das Drama nimmt kein Ende! Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es das sein könnte, auch wenn die Gilde im Progress wirklich hinterher hing. Joa, falsch gedacht. Es spielten sich Dramen im Raid ab. Raidmitglieder haben vor Wut den Raid verlassen, weil nicht ausschließlich ihr Lieblings-Raidlead im Voicechat gesprochen hat. Es gab Androhungen von Disziplinarmaßnahmen, wenn man nicht endlich mal die Mechaniken richtig spiele. Find ich zwar überzogen, aber könnte funktionieren… wenn da nur nicht das Problem ist, dass auch die Aussprechenden der Disziplinarmaßnahmen absolut keinen blassen Dunst von den Bossmechaniken haben. Es gab dann Krisensitzungen mit der gesamten Gilde im Voicechat. Da durfte sich dann jeder mal aussprechen und direkt waren die ersten wieder voll auf Zinne. Mir persönlich ist es völlig schleierhaft, wie man wegen Nichtigkeiten so derartig vor fremden Menschen im Voicechat entgleisen kann. Ich habe zudem fast eine Stunde Lebenszeit an der Debatte über fehlende Gold-Einzahlungen in den niedrigen Tausendern an die Gildenbank verloren. Ein Teil der Gilde, der höchstens mal einen mythischen Dungeon +5 geschafft hat, beschwerte sich außerdem unironisch, dass sie nie zu den +15ern mitgenommen werden. Geschlossen scheinen sie aber der Meinung zu sein, dass man Gildenmitglied zweiter Klasse ist, wenn man nicht seine gesamte Online-Zeit im Voicechat verbringt. Leuten im Gildenchat „komm in den Voicechat“ zu antworten, obwohl sie ständig entgegnen, dass das außerhalb der Raidzeiten meist nicht geht, ist in meinen Augen auch ein ziemlich unnötiger Powertrip. Man verbringt schon 2-3 Abende die Woche vor, während und nach den Raids dort, darf ich vielleicht an den anderen Abenden mal gar nicht oder mit wem anders sprechen?
Generelle Gildensuche: Während meines Aufenthaltes in den letzten drei Gilden, habe ich stets versucht mich bei anderen Gilden zu bewerben, die einen stabileren Eindruck machten. Die meisten haben meine Talentspezialisierung nicht gesucht, ein anderer Großteil der Rekrutierungsoffiziere antwortete nie auf meine Nachrichten. Zwei mal löste sich die Gilde noch am Tage des Testraids auf und ich stand mit meinen Fläschchen ziemlich allein und sprachlos am Portstein. Zwei weitere Rekrutierungsoffiziere haben sehr unangenehme Fragen zum Privatleben gestellt und waren eher am schönen Lederwams meiner Orcin interessiert. Bei der einen Gilde, die ich zum Testraid beehrte, hat das erste mal nach drei Stunden Raid jemand sich getraut im Discord zu lachen. Das Gespräch danach mit dem Raidleiter erinnerte an eine Stunde psychosoziale Beratung.
Wie bette ich so einen Zirkus in ein normales, aber auch oft stressiges RL ein? Wie ertrag ich das, wenn ich absolut keinen Nerv mehr auf Gilden-Seifenopern hab? Ich lese auch gern eure Leidensgeschichten, um möglicherweise das Gefühl zu bekommen, dass es nicht nur mir so geht.
Beste Grüße!
Meine längere Antwort auf die netten Zuschriften und Reaktionen. Danke!