Ich denke eine perfekte Antagonistengilde kann es nicht geben, nicht wenn sie aus normalen Spielercharakteren besteht.
Was mir bei einer bösen Figur wichtig wäre, wäre dass sie ein Grund hat so zu handeln wie sie handelt.
Ein Spieler macht sich einen bösen Charakter weil er eben mal Lust hat was böses zu spielen. Warum genau, das ist wieder ein anderes Thema. Meistens wird man vermutlich Gründe genannt bekommen wie „ich bin so erfahren und suche mal eine neue Herausforderung“, aber meiner Erfahrung nach ist es fast immer ein „ich will einfach mal konsequenzlos mies zu anderen sein“ oder ein „ich will schon vom Konzept her was besseres sein als die anderen aber hab keine Lust auf Elfen- oder Adels-rp“.
Der Charakter innerweltlich wird sich aber nicht entscheiden dass er mal böse sein will. Jemand der böses tut, tut das aus Gründen und genau die fehlen mir sehr oft.
Das ist schade, weil genau das auch erst den dramatischen Reiz ausmacht: der Böse zeigt dem Helden einen Spiegel auf, was aus ihm werden könnte wenn er vom Weg abkommt. Oder er bringt den Helden in ein Dilemma, weil seine Beweggründe vollkommen nachvollziehbar sind und nur die Mittel falsch.
Um den Bogen zu schlagen zum Anfang: So etwas entsteht aber meiner Erfahrung nach nur, wenn der Konflikt schon teil des Prozesses zum Gestalten der Charaktere ist, also genau genommen dann wenn einer (der Bösewicht) eine Funktion hat, also ein NPC ist.
Ich gehe davon aus, dass es auch so funktionieren müßte, wenn man einen Schurken erschafft mit Agenda, mit Gründen und mit einem nachvollziehbaren Handeln. Wenn man das tun würde, dann würde man sich auch automatisch Grenzen setzen, in wie weit der Charakter bereit ist böse (unmoralisch, skrupellos) zu handeln.
- Ein Korrupter Wächter, der sich bestechen läßt? Kein Problem.
- Ein Magier der keine Grenzen kennt um sein Wissen zu erweitern? Auch kein Problem.
- Ein Krieger der die andere Fraktion so sehr hasst dass er ohne zu zögern tötet? Auch kein Problem.
Das wären alles Charaktere die fragwürdig und moralisch falsch handeln, aber die im rp vollkommen verträglich, vielleicht sogar bereichend wären. Selbst wenn sie auf andere treffen, die das was sie tun verurteilen, gibt es keine einfache Lösung es zu beenden. Im Gegenteil fordert das eher dazu heraus sich damit auseinander zu setzen, die eigenen Grenzen zu hinterfragen oder vielleicht sogar zu versuchen sie auf den rechten Weg ™ zurück zu bringen.
Und nun die Realität (wie ich sie mehrfach wahrgenommen habe): Böse Charaktere sind böse und deswegen dürfen sie auf offener Straße morden, öffentlich Würdenträger beleidigen und am Ende machen wir knallharte Folterparties in Instanzen bis es langweilig wird.
Oder weniger überspitzt gesagt: Wenn das Handeln eines Bösewichts derart falsch ist, dass es Reaktionen provozieren muss, dann kann das nicht lange so gehen ohne dass man sich irgendwann in eine Blase zurück zieht. Auch weil dadurch die Chance steigt, dass nicht der Paladin sich zum handeln gezwungen sieht sondern der Spieler dahinter (passiert natürlich nicht, wir haben ja alle im flag stehen dass wir das trennen).
Jetzt könnte man auf die Idee kommen, dass es doch klappt, wenn einfach geheim bleibt was da passiert. Das stimmt, entspricht aber auch nicht meinen Erfahrungen.
Nur weniger haben Spaß daran, die Ränke ihren Charakters im Geheimen zu verfolgen, die meisten spielen gerade um ihr Spiel und besonders ihre Erfolge öffentlich zu präsentieren. Und da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz.
Erfolgreich und es macht keinen Spaß vs Ich habe Spaß und nach einer Woche wird mir das Konzept zerballert.
Bei einer Antagonisten-Gilde sehe ich zusätzlich das Problem, dass Bösewichte normalerweise miese Teamplayer sind. Man kann natürlich eine strikte Hierarchie aufbauen, sowas wie ein Kultführer und seine Anhänger. Das beißt sich aber unter Umständen wieder mit der Idee dass der eigene Charakter der evil Overlord sein soll und nun muss er buckeln. Außerdem steigt natürlich mit jedem der etwas weiß das Risiko dass einer nicht dicht hält und irgendwann, selbst wenn es nicht so gedacht war, öffentlich seine Taten verübt (weil das mehr Spaß macht).
tldr:
Eine perfekte Antagonistengilde ist eine Gruppe von NPCs.
Bösewichte und Gruppen davon müssen Gründe haben warum sie tun, was sie tun.
Der Spieler und der Charakter sollten sich entweder sozialverträgliche Grenzen setzen was sie bereit sind zu tun oder es konsequent gut verborgen halten.
Beides entspricht leider nicht den meisten der Erfahrungen sie ich mit
Charakteren oder Gilden, die sich selbst als böse definieren, gemacht habe (vielleicht gibt es aber auch dutzende hammergeile böse Gilden, bei denen ich es nur nicht mitbekomme).
Oh und noch zum Abschluss: Der Charakter ist halt wahnsinnig war schon immer ein extrem unbefriedigender Grund für irgendwas.