Einen schönen guten Tach zusammen!
Das ist gerade ein lustiger Zufall. Ich bin jetzt seit wohl nahezu 10 Jahren raus aus dem WoW-RP, nachdem ich zuvor viele Jahre in das RP auf diesem Server investiert habe.
Ich war jahrelanges, höherrangiges Mitglied der Gossenläufer und danach Mitbegründer und co-Leiter von Münze und Klinge. Ich habe wohl so ziemlich zu den Hochzeiten des Untergrund-RPs gespielt.
Jetzt komme ich hier nach Ewigkeiten in dieses Forum getorkelt, um mal zu sehen, was sich in meiner alten Nachbarschaft so tut, wie es dem Untergrund-RP so geht und stolpere über diesen Thread. Ich denke es wäre gerechtfertigt, zu behaupten, dass das Untergrund-RP zu meinen Zeiten das wohl meist bespielte RP in und um Sturmwind war (Neben Adelshäusern, die gab es auch wie Sand am Meer).
Es macht mich etwas melancholisch und traurig, dass es hier darum geht, dass es offensichtlich zur Zeit kein stabiles Untergrund-RP gibt. Jetzt fühle ich mich wie ein alter Mann (der ich mittlerweile auch tatsächlich bin) der nicht aufhören kann über vergangene Glorien zu schwafeln.
Ich kann mir vorstellen, dass das RP damals enorm anders gespielt wurde, da auch die Engine und Lore-Books die Welt haben anders erscheinen lassen, als heutzutage. Mein Verständnis von Azeroth ist vermutlich völlig veraltet.
Lasst mich euch aus der Brille eines alten Mannes von damals berichten.
Ich versuche mal etwas in meinen Erinnerungen zu schwelgen/wühlen um womöglich nützlichen Input für euch zu finden.
Dinge, die das Untergrund-RP damals womöglich erfolgreich gemacht haben:
- RP-Konzepte haben funktioniert, da sie sehr „konservativ“ bespielt wurden.
Damit meine ich, dass es eine Anhäufung besonders vieler einfacher Konzepte gab. Ich erinnere mich an einen Typen in der damaligen „Zuflucht“ (ehemaliges HQ der Gossenläufer und das Armenhaus der Stadt) der die meiste Zeit des Tages einen Char gespielt hat, der durch Sturmwind gelaufen ist und Möwen mit einer Zwille erschossen hat, um die Zuflucht mit ein bisschen Essen zu versorgen.
Damit will ich sagen, dass Konzepte einfach gehalten wurden. Wir waren ein Haufen nichtsnütziger Halsabschneider. Die Zuflucht (und später die Halsabschneidergasse unter Münze und Klinge) war außerdem Hotspot des damaligen Sturmwinds, neben Kathedralenplatz und Tavernen. Dort als übermächtiger Dractyr, strahlender Paladin oder flammender Hexenmeister hinzukommen, hat einfach wenig Sinn ergeben. Man war dort nicht willkommen und gepasst hätte es auch einfach nicht. 99% der Leute dort haben einfache Menschen gespielt, es gab dort so gut wie keine anderen Rassen. Langfristig hat diese „Menschlichkeit“ (im wahrsten Sinne) einfach am besten funktioniert.
Das hatte folgenden Effekt: Die meisten RP-Neulinge zog es früher oder später in die Zuflucht. Das sorgte dafür, dass sie mit vielen einfachen Konzepten in Kontakt kamen und gesehen haben, dass diese gut miteinander funktionieren. Selbst wenn diese Neulinge mit einem etwas über-ambitionierten Super-Assassinen-Bösewicht-Konzept angefangen hatten, passten sie sich schnell der Umgebung an und vereinfachten ihre Konzepte drastisch. So sah sogar mein eigener Start auf „Die Aldor“ aus.
Dies führte insgesamt dazu, dass sich viele einfache, aber interessante Konzepte anhäuften, was einen hervorragenden Nährboden für Untergrund-RP ergab.
Lange Rede kurzer Sinn: ich glaube einfache Konzepte funktionieren im Untergrund-RP am besten. Wie der Kollege weiter oben schon meinte, es muss ja nicht gleich der neue Pate von Sturmwind sein (Grüße gehen an dieser Stelle raus an Glenn, der das damals hervorragend gemacht hat und damit den wohl größten Einfluss auf mich als damaligen RP-Anfänger hatte). Für den Anfang reicht eine einfache kriminelle Operation. z.B. Halsabschneider die in einer dunklen Gasse auf einfache Opfer für einen Raub warten und die geklauten Taschenuhren wenig später als Ramsch auf einer kleinen Decke verteilt auf dem Kathedralenplatz zum Kauf anbieten. KEEP IT SIMPLE!
- Das wurde zwar auch bereits thematisiert, aber ja, Kooperation zwischen den Verbrechern und den Gesetzeshütern im ooC-Bereich ist leider unabdingbar!
Ja, ich fände es auch viel nicer wenn das alles organisch im iC einfach funktioniert, tut es meiner Erfahrung nach aber leider zu oft nicht. Damals gab es regelmäßige ooC-Meetings zwischen allen prägenden Figuren beider Parteien, um gemeinsam darüber zu sprechen, wie man das gemeinsame RP für alle Beteiligten am besten gestalten kann. Das ging von Fragen wie „wie hoch ist eigentlich der ungefähre Wert einer Goldmünze verglichen mit unserer realen Währung? Damit jeder eine ungefähre Vorstellung davon hat“ über „Wie spielen wir Gefängnisstrafen aus, wenn wir geschnappt werden?“ bis hin zu „Wie vermeiden wir Meta-Nutzung auf beiden Seiten, damit das RP fair und spannend bleibt?“. Dies führte dazu, dass Gildenleitungen an einem gemeinsamen Strang zogen und diese Regeln auf beiden Seiten durchgesetzt wurden. Hat also z.B. ein Krimineller im RP unbedacht gehandelt und sich dummerweise schnappen lassen, oder sein Gesicht nicht verdeckt, weshalb Zeugen ihn wiedererkennen konnten, musste er mit den Konsequenzen leben! Dann gab es kein „ich renne zu meiner Gildenleitung und weine mich aus, damit ich das nicht ausspielen muss“, nein, dann wurde man geschnappt und kam ins Gefängnis, oder schlimmeres. Manchmal haben die korrupten Wachen einen auch „nur“ aufs übelste verprügelt und dann schon wieder gehen lassen.
Ich erinnere mich noch daran, dass wir uns damit abgewechselt haben, die geschnappten Leute in ihren Gefängniszellen zu besuchen, damit ihnen nicht langweilig wird.
Lange Rede kurzer Sinn: Untergrund-RP funktioniert am besten in Kooperation mit der Gegenseite, sodass man sich auf gemeinsame Regeln einigen kann und Situationen vermeiden kann, um die sich von jemand anderem hier weiter oben gesorgt wurde („Person sieht 3 Gestalten und sorgt dafür, dass Wachen in einen Plot reinplatzen der seit 5 Min. läuft“).
Es klingt so simpel Leute, aber redet einfach kontinuierlich miteinander und vergesst nie, dass wir alle hier sind um Spaß zu haben.
- Konsequenzen im RP
Meine Meinung dazu ist ziemlich einfach, Untergrund-/Kriminelles-RP ohne wirkliche mögliche Konsequenzen ist absolut langweilig. In unseren Bandenkriegen damals haben wir viele Leute verloren, wortwörtlich. Ich kann mich an viele Charaktertode erinnern, allesamt waren sie es wert und haben das RP vorangetrieben. Aber es muss ja nicht immer gleich ein Tod sein. Ich kann mich z.B. an einen von mir geleiteten Raubüberfall erinnern (im open-RP, also ohne vorherige Absprache zwischen Opfer und Täter). Wir raubten IC eine Frau in einer dunklen Gasse aus und ich habe nach solchen Aktionen immer kurz mit den Leuten ooC gechattet, um mich für die RP-Interaktion zu bedanken. Dieses erwähnte Opfer hat mir dann ooC erzählt, dass wir die Dame zufällig auf dem Weg zu einem Hauskauf abgefangen haben und ihr deshalb ein halbes Vermögen abgeknüpft haben. Für sie war das ein einschneidendes Erlebnis in ihrer Charakter-Story und sie hat die Konsequenzen einfach so hingenommen und hervorragend ausgespielt. Ich erinnere mich auch daran, dass ein Wachthauptmeister unserer Bande mal über Wochen besonders übel zugesetzt hatte, viele mussten immerwieder im Lazarett versorgt werden, da sie verprügelt wurden, wenn die Wachen sie alleine auf der Straße gesehen haben (damals wurde dauerhaft ein Lazarett bespielt, weil es im RP tatsächlich zu vielen Verletzungen kam). Eines Nachts haben wir alle Mann versammelt und sind zum Haus dieses Wachtmeisters hin. Wir haben ihn umzingelt und ihm klargemacht, dass dies der Moment unserer Rache wird. Damit unterbrachen wir einen romantischen Moment in trauter Zweisamkeit mit seiner Geliebten. Der Hauptmann nahm sein Schicksal an, wusste was folgen würde, zog eine Kanone und erschoss sich damit selbst, um uns als letzten Akt des Trotzes unsere Gelegenheit zur Rache zu nehmen. Hervorragende Momente, die tatsächlich ohne vorherige Absprachen so passiert sind.
Wie war das möglich? JEDER Beteiligte dieser Situationen war sich der möglichen Konsequenzen innerhalb dieses RPs bewusst. Ohne diese, kommt es nicht zu solchen Denkwürdigen Situationen.
Weiter oben meinte ein Kollege, ob man sich nicht z.B. in einem Discord zusammentun möchte, um über ein gemeinsames Vorgehen zu sprechen. Falls das getan wird, beteilige ich mich sehr gerne, um weiteren Input zu bieten.
Ich bin ehrlich, über all diese alten Schosen nachzudenken, sorgte jetzt ein wenig dafür, dass es mir tatsächlich in den Fingern juckt. Vielleicht entscheide ich mich ja dazu, mehr als nur etwas Input zu bieten, mal sehen.
Wenn mir noch mehr wichtige Punkte einfallen sollten, werde ich sie in einer weiteren Antwort in diesem Thread hinzufügen.
- Liebste Grüße aus der Zeitkapsel,
euer Untergrund-RP-Opi, Gallus
„TLDR“ gibt’s von mir nicht, seid gefälligst nicht so lesefaul, ihr jungen Leute!
PS: Ja, ich verherrliche das alles natürlich in meinen Erinnerungen vermutlich sehr. Es hat nicht ALLES so hervorragend geklappt. Aber das was gut funktioniert hat, habe ich versucht hier aus meinen Erinnerungen zu kramen.
Was ihr daraus macht, ist euch überlassen. Ich bin nur ein altes Relikt, das in Erinnerungen schwelgt. Ich denke, dass fast keine Spieler aus meiner Zeit hier noch übrig sind. Ich bin nur der alte Hausgeist, der hier spukt.