Hallo, liebe Freunde und Feinde.
Anlässlich der jüngsten veranschlagten Änderungen stelle ich mir persönlich die Frage: Liegst du mittlerweile falsch?
Um es zu erklären: Ich war immer der Meinung, ich spiele noch das Spiel wie es damals geschaffen wurde. Heißt; dreckig, kriegerisch, rassistisch und heftig vorurteilsbelastet. Das war ja die Welt. Man war einfacher Abenteurer, der die Welt erkundete und dabei ihre Schwächen und Stärken entdeckten musste. Egal ob einem die Tatsache gefiel, es war trotzdem so.
Es hieß Orks gegen Menschen, Trolle gegen Elfen, Defias gegen Sturmwind, die Lebenden gegen die Toten, Tauren gegen Zentauren, Wildtiere gegen Zivilisation, Licht gegen Schatten. Doch wie viel davon ist wirklich geblieben, gab es gesellschaftlichen Wandel?
Bleibt Lore für immer Lore, weil wir mit ihr großgeworden sind und müssen wir uns dem vorgeschriebenem Wandel verschreiben? Bei harten Retconns ist das ja bereits üblich, aber gilt das im selben Maße auch für Darstellungen, die im aktuellen Zeitgeist als ungebührlich oder gar falsch gesehen werden?
Unsere Darstellungen der Welt beziehen sich zum Teil zwar auf Einzelfälle, aber im großen und ganzen sollte Rollenspiel dem Regelfall folgen. Das regt bei mir die Frage an, ob alles die Richtigkeit besitzt, die man Einzelfällen zu deutet. Es gilt nicht weniger als die Frage zu klären, ob kulturell unliebsame Darstellungen im Rollenspiel dem Zeitgeist zum Opfer fallen sollten und ob gewisse Dinge ewig ihre Relevanz besitzen können.
Dabei spielt die Frage nach dem Recht eine große Rolle. Ist es also recht die Welt zu einer anderen Welt (durch seine eigene Darstellung) zu machen, weil es subjektiv so passt? Und wer bestimmt, was kulturell möglich ist und was nicht? Das Grundgesetz, die Spieler, „Experten“ oder aber nur der Betreiber selbst, der sich aber zugebenermaßen nicht um alle Lore-Aspekte so kümmert, wie es manchmal vielleicht gewünscht werden würde.
Für das Rollenspiel ergeben sich so oder so Probleme dadurch. Ein Beispiel: Damals wurde unteranderem in Büchern die Rolle der Frau als durchaus herausfordernd beschrieben. Ich kann kein genaues Zitat geben, aber mir drängt sich die Erinnerung einer Frau auf, die sich den Männern zum Trotz im Militärdienst bewies. (Ich weiß, dass ich das gelesen habe, sonst würde ich das nicht erwähnen. Sorry für den fehlenden Quellennachweis, aber vielleicht kann ja wer helfen.)
Dennoch sieht man heutzutage übererfolgreiche Frauen in entscheidenden Positionen innerhalb der menschlichen Gesellschaft. Es gibt nicht mal Debatten darüber oder Positionen, die selbiges anzweifeln würden. Woher kommt also die Darstellung im Buch und sollte man sie verwenden, wenn es viele Gegenbeispiele gibt?
Ein ähnliches, vielleicht prominenteres Beispiel findet man bei den Nachtelfen, wo Geschlechterbeziehung nicht nur klar definiert war, sondern auch rigoros umgesetzt - bis man ein liberales MMO schaffen wollte, das beide Geschlechter anzieht. Da waren Herrenelf und Damenelf plötzlich gleich, ohne Debatte. Ohne Vorurteile, nicht mal schiefe Blicke. Heute findet man weibliche Erzdruiden, die scheinbar in kürzester Zeit auf das Niveau ihrer männlichen Kollegen kamen. Ein Zeichen für eine kulturelle Darstellung, die man lieber vergessen will?
Mir persönlich ist das eigentlich nicht so wichtig, aber dennoch fühlt es sich wie erzwungene Gleichmacherei an, die die Feinheiten des eigentlichen Szenarios ignorieren, um den Streitpunkt der kulturellen Darstellung zu minimieren.
Ich habe bisher eigentlich immer die Position bezogen, dass jede Meinung innerhalb der Welt valide sein kann, höchstens entschieden werden kann, ob es eher zutrifft oder nicht. Aber angesichts der aktuellen Umbrüche muss ich mir die Frage stellen, ob diese tatsächliche Diversität wirklich gewollt ist.
Als Lorespieler habe ich den Anspruch die Welt darzustellen, wie sie durch Quellen zu belegen ist. Doch wie viel Lore liegt in der Annahme, dass Meinungen in einer Welt frei sind, wenn der Betreiber derartig willkürlich mit der Struktur der Welt umgeht? Kann ich dann wirklich sagen, dass ich nach Lore spiele, wenn ich beispielsweise einen Frauenheld spiele, der beispielweise Frauen einen anderen Status zuschreibt, als es in der nun scheinbar gleichberechtigten WoW der Fall wäre?
Ist also überhaupt noch Platz in einer rundgeschliffenen Welt für Wesen, die in unserer jetzigen Gesellschaft für einige Menschen wohl das treffendste Feindbild ausmachen?
Bin ich der Failbob, weil ich mich an Lore und Darstellungen festklammere, die im gesamten Schaffensbild mittlerweile vielleicht aus dem Raster fallen?
Ich habe neulich mit einem Freund diskutiert und wir haben gemeinsam das Resümee gezogen, dass wir wohl diejenigen sind, die mittlerweile einem Traum nachjagen, der zwar einmal Realität war, aber nun nicht mehr.
Wie seht ihr das?