„ Prrrrrrrr…… ,“ erklang das wohlige Brummen des Katers Bigsby. Doch es war blechern, als hätte sich der eigentliche Vierbeiner in einem Stahlrohr verkrochen. So oder so musste Rhumi für sich feststellen, dass der Anblick einer Metallhand, die einen Metallleib streichelte, entgegen der Äußerungen Bigsbys, auf sie einen für alle Beteiligten unangenehmen Eindruck machte. Die Lämpchen die seine Augen darstellten begannen zu flackern und schließlich gänzlich zu erlöschen, was wohl seine liderlose Art war, genüsslich die Augen zu schließen.
Es war im Ordenshaus des Flammenhorts, wo ihr Ordensmitglied Metippany Glittercog aus Mechagon, Rhumi auf deren Vorschlag hin in ihr Zimmer eingeladen hatte, um einen geübten Bestienbändigerblick auf den vollmechanisierten Kater Bigsby zu werfen. Ihr Zimmer war spärlicher eingerichtet, als Rhumi bei der sonst so blumig-überschwänglichen ‚Madame‘ aus Mechagon erwartet hatte – Ein ordentlich gemachtes Bett, ein Schreibtisch mit unzähligen, ordentlichst gestapelten Büchern und Papieren, sowie Tischchen und Schrank voller technischem Krimskrams von dessen Funktion Rhumi nicht den Hauch einer Ahnung hatte.
„ Nun, ich will Euch den Guten anvertrauen, meine werte Rhumi. Erlaubt mir abermals zu betonen, wie gerührt und dankbar gleichermaßen ich ob Eures einfühlsamen Vorschlages bin! Ich muss in der Tat eine ungezügelte Neugier eingestehen, wie es um das seelische Befinden des alten Bigsby steht.“ Rhumis matt glimmende Äuglein blinzelten einige Male, ehe der durchs Zimmer schleichende Blick zurück zu Metippany fand, deren blitzend weiße Beißerchen ihr nach ihrem letzten Wortschwall entgegen glänzten. Einige weitere Augenblicke später fiel ihr dann schließlich auch ein, dass sie Metippany antworten könnte. „‘s mach ich gern, Miss Glittercog. Schon‘m klein‘n Kerlchen selbst zuliebe.“ Rhumi streckte die Arme aus, und ein Paar auf Hochglanz polierte goldfarbene Mechagonierhände überreichten das mechanische Bündel einem mit Staub, eingetrocknetem Schlamm und weiß-schwarzen Sprenklern von Spinnenmist gezeichneten Paar verstärkter Lederhandschuhe. Der Maschinenkater war nicht gerade ein Leichtgewicht, aber Rhumi vermochte ihn nach der ersten Überraschung gut zu heben.
Nun galt es die Frage zu klären, die sie selbst beschäftigte seit Ilsabeta in der Kehle vom Kater sprach. Lavaspinnen wie Lotta waren schon halbe Elementare aus Stein und Lava, und doch ruhte in ihnen die Seele eines Tieres. Ebenso in den Loderhunden wie Ygmars treuem Bael, deren Herkunft Vermutungen zufolge in dämonischer Zauberkunst liegen. Die Wildnis wusste sich zu behaupten, doch konnte sich ihr Geist auch in dieser… Maschine halten? Abermals richtete sie einen genaueren Blick auf das Tier in ihren Armen, welches seine nun wieder aufmerksam leuchtenden Lampenaugen zurück auf sie richtete. Die stählerne Haut war weniger kalt als sie angenommen hatte, sein Motor musste den Kater ein gutes Stück aufheizen. Alles an ihm wirkte falsch wie ein kahlrasierter Zwergenkerl. Vielleicht war dieses ganze Unterfangen doch ein Fehler gewesen.
Rhumi seufzte leise, als sie ihren Blick dabei erwischte abermals weiter zu wandern, zurück zur Zauberhexerin aus Mechagon. „Bitte seid Euch meines vollsten Vertrauens in Eure faszinierenden Fähigkeiten bewusst, verehrte Rhumi,“ meinte diese, munter wie eh und je. „Ich liebe meinen entzückenden kleinen Bigsby, ein Gefühl das zweifellos auf Gegenseitigkeit beruht. Weniger zweifellos jedoch mag ich sagen, wie viel des ursprünglichen Bigsbys es ist, der seine Zuneigung zu mir ausdrückt.“ Rhumi konnte erkennen wie das zuckersüße Gnomenlächeln in sich zusammensackte. Rhumi schluckte. ‚Falsch‘? War sie letztlich selbst eine von jenen geworden, die Bael zum Dämon verteufelten? Stählerne Pfötchen mit quietschfrei geölten Gelenken scharrten an ihrem Brustpanzer. Rhumi schloss die Augen, Entschlossenheit in ihr Gesicht gemeißelt. Nein, auch der Kater im Metallgewand hatte seine Chance, einen genauen Blick hinter die harte Außenhülle verdient.
Kaum war der Beschluss gefasst, schien auch schon ein Damm gebrochen, und der altbekannte Funke strahlte Rhumi entgegen – Nicht die Lampenaugen Bigsbys, sondern was ihn wirklich ausmachte, egal was Ilsabeta von Programmierungen gefaselt hatte – Die Seele tief im Innern. Rhumi spürte vorsichtige Verunsicherung, aber keinesfalls solche die Getriebe und Schrauben am vierbeinigen Leib verursachten, sondern wer dieses unbekannte Zwergenmädel wohl sein mochte. Rhumi gluckste munter grunzend und kraulte Bigsby am Stahlplattenkinn. „Keine Bange, ich bin eine Freundin deiner Metippany. Wir wollten nur mehr über dich rausfinden,“ dachte sie zu sich selbst, und wie auf Kommando begann Bigsby wieder zu schnurren und seine Augenlampen zu löschen. Er fühlte sich immer noch gewöhnungsbedürftig an, aber das war kaum sein Fehler – und soweit Rhumi das verstanden hatte und glauben durfte, auch nicht Metippanys. Metippany… Rhumi spürte die Verbindung, den Platz den sie in Bigsbys Herzen… Speicher? …nein, seinem tiefsten, geistigen Innern einnahm, aller nicht immer positiven Veränderungen zum Trotze, die die Mechanisierung des Katers vor Jahrzehnten mit sich brachte. Bigsby weiter kraulend öffnete Rhumi die Augen und blickte zur erwartungsvoll starrenden Metippany. Zumindest glaubte sie, dass Mund und Brauen erwartungsvoll aussahen, die merkwürdigen leuchtenden Sichtschlitze die ihre Augen darstellten kommunizierten das nicht wirklich. Rhumi lächelte ein warmes, gutmütiges Lächeln und nickte langsam, und ohne ein weiteres Wort von einer der Beiden strahlte auch Metippany von goldenem Hörkasten zu goldenem Hörkasten. Rhumi setzte Bigsby behutsam auf dem Steinboden ab, der langsam zur gnomischen Zauberin tappste und sich brummend an ihre Stahlbeine schmiegte.