Es war einmal in Sanktuario... Erzählungen

Die Suche nach der Zukunft - Teil 2

Die Karte, die Tolos von seinem alten Freund und Lehrmeister erhalten hatte, erwies sich nicht als besonders hilfreich. Genau genommen war sie nur ein kleiner Ausschnitt vom riesigen Kehjistan. Tolos brauchte einige Tage um überhaupt erst einmal in Kehjistan anzukommen und anschließend begann eine wochenlange Suche nach der richtigen Region.

Innerlich richtete Tolos einige nicht ganz so ernst gemeinte Flüche an Beltrak. Mehr jedoch verfluchte er seine eigenen mangelnden Kenntnisse über Kehjistan. Hätte er einstmals in Kartographie besser aufgepasst, wäre seine Suche sicher leichter gewesen.

Nach wochenlanger erfolgloser Suche kehrte Tolos in einem Gasthaus des kleinen Nestes Tarsarak ein. Die trockene Wüste um diese kleine Ortschaft herum hatte seine an Kälte gewohnte Kehle ausgedörrt und jetzt musste er sie mit etwas frischem Ale benetzen. Leider war das in Kehjistan übliche Gebräu alles Andere, als sein Geschmack.

Während Tolos so in dem Gasthaus saß und versuchte etwas Gutes an dem kehjistanischen Gebräu zu finden, beobachtete er die Einheimischen und die Reisenden, die einander im Gasthaus die Hand gaben. Die meisten Leute trugen ähnliche Kleidung und nur wenige schienen sich aus anderen Teilen der Welt hier her zu verirren.

Einigen Gesprächsfetzen von den Nebentischen entnahm Tolos, dass es sich meist um Geschäftsverhandlungen zwischen Karawanenführern und ansässigen Händlern handelte. Nicht wirklich interessante Dinge für einen Krieger, wie ihn.

Als er gerade sein Horn leerte, bemerkte Tolos einen Mann an der Bar, der ihn scheinbar schon lange eingehend beobachtete. Die Kleidung des Mannes war an die Kehjistaner angepasst, passte aber trotzdem nicht recht ins Bild. Auch die Haut des Mannes war heller, als er es von den meisten Kehjistanern bisher gesehen hatte. Irgendwie ihm dieser Mann verdächtig vor.

Als der Mann bemerkte, dass Tolos ihn betrachtete, verbreiterte sich dessen Mund zu einem breiten Grinsen und erschreckend weiße Zähne blitzten Tolos an. Als der Mann sich zu allem Überfluss auch noch erhob und direkt auf Tolos zukam, spannte Tolos sich instinktiv an und seine Hand wanderte an seinen Gürtel, wo er die neuen Wurfäxte befestigt hatte, die Beltrak ihm hinterlassen hatte.

„Friede, mein Freund!“ sagte der Mann seine Arme ausbreitend, während er noch näher kam, „Ich habe sicher nicht vor dich mit einem miesen Geschäft über den Tisch zu ziehen.“

„Dann verschwinde lieber.“ knurrte Tolos „Ich habe keine Lust auf Gesellschaft.“

„Ich bin sicher, ich kann deine Meinung ändern.“ lächelte der Mann und bevor er sich uneingeladen setzte, rief er dem Gasthausbesitzer noch zu, „Das nächste Getränk für meinen Freund hier geht auf mich. Ich nehme das Selbe!“

Tolos starrte den Mann wegen dieser Dreistigkeit verblüfft an und dachte sich: ‚Wie kann ein Mensch nur die ganze Zeit ununterbrochen so grinsen?‘

„Jetzt schau nicht so mürrisch drein.“ begann der Mann wieder zu erzählen und seufzte, bevor er Tolos wieder angrinste, „Es scheint, ihr Barbaren habt diesen mürrischen Blick patentieren lassen.“

„Gibt es keinen Anderen, den du belästigen kannst?“ wollte Tolos wissen, dem der ständige Anblick dieser über-weißen Zähne auf die Nerven ging.

Der Mann beugte sich über den Tisch und zu Tolos. Bevor er wieder etwas sagte, schaute er sich im Gasthaus um, ob auch niemand dem Gespräch der Beiden Beachtung schenkte. Dann sprach er mit kaum hörbarer Stimme.

„Zum Schutze bestimmt, doch betrogen sie waren!“

„Was zum …“ begann Tolos zu sagen und starrte den Mann völlig verblüfft an.

„Wir haben einen gemeinsamen Bekannten.“ begann der Mann zu erklären. „Oder sagen wir, er ist ein langjähriger Geschäftspartner von mir. Der gute Beltrak hat dich wirklich gut beschrieben.“

„Du kennst Beltrak?“ fragte Tolos ungläubig.

Der Mann grinste noch breiter.

„Wirklich kennen wäre etwas übertrieben.“ meinte der Mann „Wenn man aber geschäftlich immer wieder mit den selben Leuten zu tun hat, entsteht eine gewisse Vertrautheit. Einauge hat mir schon bei vielen Dingen geholfen, genau wie ich ihm.“

„Also gut.“ meinte Tolos, der sich etwas entspannte und sogar seine Hände jetzt wieder auf den Tisch legte. „Du hast meine Aufmerksamkeit. Wer bist du und was Willst du?“

Bevor der Mann antwortete, wartete er einen Moment ab, weil der Gasthausbesitzer gerade mit zwei frisch gefüllten Hörnern ankam. Eines reichte er an Tolos, der wegen des Gebräus die Nase rümpfte. Das andere Horn reichte er an Tolos Gegenüber, welcher einen begierigen Schluck daraus nahm. Erst als der Gasthausbesitzer sich wieder entfernt hatte, antwortete der Mann.

„Mein Name ist Sheital und ich bin nur neugierig.“ antwortete der Mann wieder breit grinsend „Beltrak hat dich sehr gut beschrieben und ich vermute, du bist wegen der Karte hier in Kehjistan, die ich für ihn vor Monaten besorgt habe. Ist das so?“

„Sheital,“ wiederholte Tolos murmelnd „Den Namen habe ich noch nie gehört. Selbst Beltrak hat ihn nie erwähnt.“

Sheital grinste noch breiter, was Tolos kaum für möglich gehalten hatte.

„Es wäre schlecht für mein Geschäft, wenn mein Name in aller Munde wäre.“ entgegnete er, „Mein Geschäft sind Informationen über Orte, an die normale Leute üblicher Weise nicht kommen sollen. Auch handle ich mit Informationen über Leute und deren tägliche Angewohnheiten.“

„Du bist ein Spion!“ sagte Tolos etwas lauter, als er es vorgehabt hatte.

„Schh!“ Nicht so laut!" zischte Sheital und blickte sich eilig im Gasthaus um.

Niemand schien auf die Bemerkung von Tolos zu reagieren, weshalb Sheital sich wieder sichtlich entspannte. Bevor er aber wieder das Wort ergriff, nahm er einen weiteren kräftigen Schluck aus dem Horn.

„Also liege ich richtig mit meiner Vermutung über die Karte?“ fragte Sheital nach „Ich habe nie verstanden, warum sie unserem gemeinsamen Freund so wichtig war. Diese Mine ist kein Ort, wo man freiwillig hin möchte.“

„Was kannst du mir über die Mine sagen?“ wollte Tolos wissen, „Kannst du mir genau sagen, wo ich sie finde?“

„Ich könnte dir sagen, wo du sie findest, doch was hätte ich davon?“ grinste Sheital, „Wie gesagt, ich handle mit Informationen.“

Knurrend griff Tolos an seinen Gürtel und löste einen kleinen Beutel. Mit einem missmutigen Blick warf der den Beutel vor Sheital auf den Tisch, wodurch der Inhalt metallisch klimperte. Sofort öffnete Sheital den Beutel und holte ein paar Goldmünzen, sowie einen prächtigen Edelstein heraus.

„Das sollte für den Anfang genug sein!“ grinste Sheital und lies den Beutel unter seiner Robe verschwinden. „Ich merke, du lernst genauso schnell, wie unser Freund Beltrak.“

„Jetzt komm endlich auf den Punkt!“ knurrte Tolos zurück. „Ich suche schon seit Wochen und habe wirklich keine Lust auf irgendwelche Spielchen!“

„Ist ja gut! Ist ja gut!“ grinste Sheital und hob abwehrend die Arme „Ich mache dir ein Angebot. Ich werde dir nicht sagen, wo du diese Mine findest, ich werde dich persönlich dort hin führen. Es kann nicht schaden, wenn so ein grimmiger Kerl eine Frohnatur als Begleitung hat.“

„Du willst mich dort hin führen?“ fragte Tolos verdutzt, „Nimm es mir nicht übel, aber du siehst nicht so aus, als würdest du in einer gefährlichen Situation von wirklichem Nutzen sein. Warum also würdest du mich dort hin führen wollen?“

„Informationen, mein Freund.“ grinste Sheital und Tolos hasste diese weißen Zähne immer mehr „Ich würde sehr gerne erfahren, warum die Karte so wichtig für dich und Beltrak ist. Die meisten anderen Barbaren, die ich kenne, haben … sagen wir andere Interessen. Was also könnte in dieser Mine so wertvolles für einen Barbaren sein? Ein alter Kopf? Alte Köpfe von alten Statuen gibt es überall zu finden.“

„Es ist … eine Barbaren-Angelegenheit.“ antwortete Tolos vorsichtig.

„Ich sage dir etwas.“ begann Sheital zu erzählen, „Ich führe dich zu der Mine und wenn wir dort etwas finden, das auch für mein Geschäft von Nutzen ist, bekommst du sogar dein Gold und die Edelsteine zurück. Ich bin ein Mann von Ehre und das ist ein Zeichen meines guten Willens. Was sagst du?“

„Wenn ich zustimme, habe ich den Rest des Abends Ruhe vor dir?“ fragte Tolos.

„Versprochen!“ grinste Sheital.

„Also gut!“ meinte Tolos und atmete noch einmal tief durch, bevor er fortfuhr, „Ich will gleich Morgen Früh aufbrechen. Und noch eine Warnung! Wenn du mein Vorhaben in irgendeiner Weise störst, lernst du meine Faust von Nahem kennen!“

„Ganz wie der alte Beltrak!“ lachte Sheital, „Am Anfang war er genauso, wie du. Ich verspreche dir nicht im Weg zu stehen. Dann treffen wir uns in den Morgenstunden am Stadttor.“

Tolos nickte nur als Antwort. Er war sichtlich erleichtert, als Sheital sich vom Tisch erhob und sich umdrehte, um das Gasthaus zu verlassen. Auch hatte Tolos das Gefühl nach der wochenlangen Suche endlich Fortschritte zu machen. Mit Beltrak würde er aber noch ein Wörtchen zu wechseln haben, weil dieser einem Fremden eine zu gute Beschreibung gegeben hatte.


To be continued …

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