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Die Suche nach der Zukunft - Teil 3
Tolos hatte irgendwie gehofft, es wäre anders, aber er fand am Stadttor tatsächlich den breit grinsenden Sheital vor. Wo er am gestrigen Abend dessen weiße Zähne einfach nur als unnatürlich empfand, kamen sie ihm jetzt extrem störend vor. Irgendwie hatte Sheital sie so glatt poliert, dass sich das Sonnenlicht an ihnen spiegelte und dessen Mund wie ein strahlendes Maul erscheinen lies.
Sheital hatte sein eigenes Kamel dabei, das neben Tolos Pferd einfach nur träge wirkte. Tolos bezweifelte, dass man auf einem solchen Tier eine schnelle Reise durch die Wüste bewerkstelligen könnte. Das Tier schien seine zweifelnden Gedanken zu spüren, denn es sah in seine Richtung und spie plötzlich vor Tolos auf den Boden. Am Liebsten hätte Tolos dem Kamel mit einem Fausthieb geantwortet, aber er unterdrückte diesen Drang.
Wider Erwarten hatte Sheital noch einige Sachen dabei, welche die Reise durch die Wüste erleichtern sollten. Darunter waren einige Trinkbeutel mit Wasser, ein weißer Turban für Tolos und eine weiße Robe. Am Seltsamsten war es aber, als Sheital ihm einen kleinen, rundgeschliffenen Stein hinhielt. Fragend blickte Tolos von dem Stein in seiner Hand auf Sheital und wieder zurück.
„Der ist für deinen Mund.“ beantwortete Sheital die ungestellte Frage.
„Für meinen Mund?“ fragte Tolos ungläubig. „Warum sollte ich mir einen Stein in den Mund schieben?“
„Der Stein hilft dir deinen Mund und Rachen feucht zu halten.“ erklärte Sheital, „Wasser kann in der Wüste wegen Durst schnell zur Neige gehen und das kann den sicheren Tod bedeuten. Durch den Stein wirst du nicht soviel Durst haben und unsere Wasservorräte reichen länger.“
„Das klingt wirklich seltsam“ murmelte Tolos.
„Du kannst mir vertrauen.“ entgegnete Sheital, Die Einheimischen machen es auch nicht anders und es ist eine seit Generationen anerkannte Vorgehensweise."
„Und was soll dieses weiße Ding hier?“ fragte Tolos auf den Turban deutend.
„Das ist ein Turban. Er erfüllt gleich zwei Funktionen.“ erklärte Sheital mit erhobenem Zeigefinger, „Zum Einen schützt er deinen Kopf und dein Gehirn vor den Strahlen der Sonne. Das ist wichtig, damit du nicht auf die Trugbilder der Wüste hereinfällst. Zum Zweiten bis du als Barbar eine sehr auffällige Gestalt. Der Turban und die Robe lassen dich unauffälliger erscheinen, wodurch du kein so interessantes Ziel für Wegelagerer abgibst.“
Ich muss zugeben, das ergibt tatsächlich Sinn." sagte Tolos und versuchte unbeholfen sich den Turban auf den Kopf zu setzen. „Gegen etwas körperliche Ertüchtigung hätte ich aber nichts. Man muss ja im Training bleiben.“
Sheital lachte über Tolos Bemerkung, ging zu ihm und half den Turban korrekt aufzusetzen. Anschließend half er auch beim Anziehen der Robe, die für einen Barbaren von Tolos Körperbau aber viel zu klein erschien. Überall spannte sich der Stoff und drohte zu reißen. Tolos überlegte, ob er vorher vielleicht seine Rüstung hätte ablegen sollen, entschied aber, dass ihm der Schutz einer Rüstung wichtiger war.
Bevor sie sich jetzt auf ihre Reittiere schwangen, ergriff Sheital wieder das Wort.
„Ich habe eine Bitte …“ begann er, „bitte mach keine Alleingänge. Wenn wir uns in der Wüste verlieren, kann es für immer sein. Überlasse mir die Führung und ich verspreche dir, dass du sicher bei der Mine ankommst.“
„Also gut.“ antwortete Tolos, „Aber je schneller wir dort ankommen, desto besser.“
Sheital grinste nur auf die angefügte Anmerkung von Tolos und kletterte auf sein Kamel, das extra dafür auf die Knie gegangen war. Tolos beobachtete das schwankende Erheben des Tieres und fragte sich erneut, wie ein solch schlaksiges Wesen für eine Reise in der Wüste geeignet sein soll. Schließlich kletterte auch er auf sein Pferd und die Zwei begannen ihre Reise.
In der ersten Stunde in der Wüste hatte Tolos das Gefühl, dass es viel langsamer voran ging, als er es sich gewünscht hätte. Immer wieder wies Sheital ihn zum Warten an, während er mit seinem Kamel zum nächsten Dünenkamm voraus ritt, um von dort das Dünental dahinter auszuspähen. Mal winkte Sheital zu Tolos, er solle ihm folgen, andere Male deutete er in eine alternative Richtung. Tolos erkannte immer mehr die Qualitäten eines Spions in Sheital und begann sie wirklich zu schätzen, als er in einem umgangenen Dünental einige riesige Skorpione erblickte, die mit Sicherheit eine Verzögerung ihrer Reise bedeutet hätten.
Mit der Zeit erkannte Tolos auch die Vorzüge eines Kamels in der Wüste. Während die Hufe seines Pferdes immer wieder in dem weichen Wüstensand einsanken, waren die breiten Füße des Kamels wie ein Kissen, wodurch es mit behäbiger Leichtigkeit und auch beachtlicher Geschwindigkeit über den Wüstensand gleiten konnte.
Als die gnadenlos herab scheinende Sonne sich langsam dem Zenit näherte, stellte Tolos fest, dass Sheital sogar mit dem Stein im Mund Recht hatte. Seit sie aufgebrochen waren, hatte er nicht einmal das Bedürfnis nach einem Trinkbeutel zu greifen, um eine trockene Kehle zu benässen.
Selbst der Turban schien seinen Zweck zu erfüllen. In seinen ersten Wochen in Kehjistan hatte Tolos immer wieder das Gefühl die Sonne würde seinen Kopf zum Kochen bringen. Mit dem weißten Turban wirkte die Reise jetzt wirklich viel angenehmer, weil das Weiß die Strahlen der Sonne abzuschirmen schien.
Einmal stutzte Tolos, weil er glaubte in der Ferne eine grüne Oase mit einem glitzernden See zu sehen. Während er dann aber die Flanke einer Düne hinab ritt, veränderte sich dieses Bild auf magische Weise. Plötzlich schienen die Palmen und der See einige Meter über dem Boden zu schweben, was eigentlich völlig unmöglich war. Das musste eines dieser Trugbilder der Wüste sein, die Sheital am Morgen noch erwähnt hatte. Als Tolos einen kräftigen Schluck aus seinem Trinkbeutel genommen hatte, begann die Oase langsam zu verschwimmen und verschwand schließlich.
Gegen Mittag war in der Ferne noch die Silhouette von hohen Bergen zu sehen. Erst dachte Tolos noch, dass auch die Berge ein Trugbild der Wüste wären. Je weiter er und Sheital aber voran kamen, desto deutlicher wurde der Anblick der Berge. Als die Sonne sich schließlich wieder dem Horizont näherte, hatten die Zwei den Fuß der Berge erreicht.
„Hier ist die Mine?“ fragte Tolos.
„Nicht hier.“ erwiderte Sheital „Sie ist aber nicht weit weg. Ganz in der Nähe ist ein guter Lagerplatz, wo wir die Nacht verbringen werden.“
„Ich will aber lieber schnell zur Mine.“ murrte Tolos.
„Das glaube ich dir.“ nickte Sheital „Aber du musst mir glauben, dass der Ritt durch die Wüste deinem Körper mehr zugesetzt hat, als du es jetzt merkst. Wir wissen nicht, was uns bei der Mine erwartet, und du möchtest dich sicher nicht geschwächt in einen Kampf stürzen?“
„Du hast Recht.“ entgegnete Tolos knurrend und ärgerte sich innerlich über die gute Menschenkenntnis von Sheital.
„Jetzt sei mal nicht so mürrisch.“ grinste Sheital „Ich bin auf deiner Seite, falls du es noch nicht gemerkt haben solltest. Komm! Ein guter Lagerplatz ist nicht weit und ein Lager lässt sich bei Tageslicht leichter errichten.“
Wieder übernahm Sheital die Führung. Langsam schlängelten sie sich durch ein Meer aus scharfkantigen Felsen, die mit der Zeit immer höher wurden. Schließlich erreichten sie eine kleine Senke, die von allen Seiten durch hohe Felsen eingerahmt waren.
„Ja, das ist ein guter Platz.“ bemerkte Sheital nickend, lies sein Kamel in die Knie gehen und stieg ab. „Wenn wir hier ein Feuer machen, kann es kaum von unerwünschten Beobachtern entdeckt werden. Hilf mir mal mit dem Zelt.“
Während Sheital die Seile von einem Bündel auf dem Rücken seines Kamels zu lösen begann, stieg Tolos von seinem Pferd ab. Dann half er Sheital das Bündel, das sich überraschend schwer anfühlte, vom Kamel herunter zu hieven. Einmal mehr war Tolos von den Qualitäten eines Kamels überrascht.
Sobald das Bündel auf dem Boden lag, begann Sheital weitere Seile zu lösen, faltete das Bündel auf und enthüllte mehrere Stangen. Mit Tolos Hilfe begann Sheital jetzt die Stangen miteinander zu verbinden und aufzustellen, bis am Ende eine Art Gerüst entstanden war. Schließlich nahmen die Zwei das Leinentuch, mit dem die Stangen gebündelt waren, und spannten es über das Gerüst.
„Wozu brauchen wir eigentlich ein Zelt?“ wollte Tolos wissen.
„In dieser Gegend gibt es viele Sandwespen.“ erklärte Sheital, „Das sind wirklich lästige kleine Biester, die von Licht und den Gerüchen von Schweiß und Blut angelockt werden. Sie sind äußerst giftig und du kannst mir glauben, dass ein Stich von ihnen selbst einen so kräftigen Barbaren, wie du es bist, ohne Behandlung schnell töten würde. Das Zelt wird uns schützen, während wir schlafen.“
„Du kennst dieses Land wirklich sehr gut.“ bemerkte Tolos „Aber du stammst nicht von hier. Deine Haut ist viel heller, als die der Einheimischen.“
„Du hast Recht, ich bin hier nicht heimisch.“ grinste Sheital „Ursprünglich komme ich aus Scosglen, wo das Klima weit angenehmer ist. Das Land kenne ich durch meinen Beruf. Viele Aufträge hatten mich hier her geführt.“
Sheital begann etwas trockenes Holz aus der Umgebung zu sammeln, das er vor dem Zelt anhäufte. Unter Tolos aufmerksamen Blicken nahm er zwei Feuersteine und entfachte ein kleines Feuer. Während das Feuer langsam wuchs, entfernte Sheital hier und da ein Stück Holz, damit es nicht zu groß werden würde.
„Darf ich dich etwas fragen?“ begann Tolos und ließ sich neben dem Feuer nieder.
„Natürlich. Wir sind doch schon Freunde.“ entgegnete Sheital und grinste wieder.
„Du bist also ein Spion.“ bemerkte Tolos und fuhr nach einem tiefen Atemzug fort, „Ich meine, du handelst mit Informationen, wie du es selbst sagst. Mich würde interessieren, ob du im Rahmen deiner Tätigkeit schon Leute getötet hast?“
„Nein, das habe ich nicht.“ antwortete Sheital, holte zwei Stücken Fleisch aus einer Tasche, spießte sie auf und steckte die Stöcke so in den Sand, damit das Fleisch über den Flammen hing. „Ich kümmere mich nur um die Beschaffung von Informationen über Orte und Leute. Dabei achte ich sehr darauf nicht entdeckt zu werden. Was meine Auftraggeber mit den Informationen machen, ist mir egal. Die Hauptsache ist, dass sie gut dafür zahlen.“
„Du hast also noch nie gekämpft?“ hakte Tolos nach.
„Das habe ich nie behauptet.“ lachte Sheital „Natürlich habe ich schon gekämpft. Es gibt überall Banditen, die sich auch gut auf Tarnung verstehen und da muss man sich verteidigen können. Ich ziehe es aber vor einem Kampf aus dem Weg zu gehen.“
„Gut!“ bemerkte Tolos darauf. „Jetzt weiß ich, dass wenn es zu einem Kampf kommt, ich nicht zusätzlich auf dich aufpassen muss.“
„Oh! Ein Barbar in Sorge um mein Wohlbefinden!“ lachte Sheital erneut. „Dein Volk ist immer wieder für Überraschungen gut.“
Tolos runzelte knurrend die Stirn.
„Schon gut.“ meinte Sheital und hob beschwichtigend die Arme. „Ich wollte nur das Eis weiter brechen. Natürlich bist du nicht der einzige Barbar mit Sorge um seine Gefährten. Selbst Beltrak hat diese Angewohnheit und das habe ich während unserer Zusammenarbeit zu schätzen gelernt. Ich hoffe die Zusammenarbeit mit dir wird sich als genauso fruchtbar erweisen, wie die mit Beltrak.“
„Wir werden sehen.“ antwortete Tolos nur.
Sheital schien zu merken, dass Tolos nicht auf weitere Gespräche erpicht war. Schweigend wartete er ab, bis das Fleisch durch geröstet war, nahm sich dann einen Spieß und stand auf.
„Ich gehe die Gegend etwas erkunden.“ sagte er. „Wenn du müde bist, kannst du dich ruhig schon ins Zelt legen. Morgen erreichen wir die Mine und vielleicht findest du dort, was du suchst.“
Mit diesen Worten drehte Sheital sich herum und stapfte in die Dunkelheit hinaus.
Tolos aß seinen Anteil an dem Fleisch, wobei seine Gedanken sich nur noch um die Mine und den angeblich dort versteckten Kopf drehten. Noch lange nach der Mahlzeit kreisten seine Gedanken darum, bis die Müdigkeit ihn tatsächlich zu überwältigen drohte. Er krabbelte in das Zelt und schon kurze Zeit, nachdem er sich hingelegt hatte, hatte der Schlaf ihn auch schon geholt.
To be continued …