Kopfschmerzen
Kopfschmerzen.
Diese elendige Geissel der Menschheit, die bei einigen Individuen nur dazu dient, damit sie zumindest anatomisch gesehen imstande sein sollten einen halbwegs Intelligenten Gedanken zu äussern, falls sie denn die dafür nötige Intelligenz besitzen sollten.
Und da fängt es bei den meisten schon an.
Hamilton hatte Kopfschmerzen, und zwar diejenige, die man normalerweise nur dann hat, wenn man entweder auf Alkoholentzug war, oder als krasses Gegenteil dazu, zuviel gesoffen hatte. Oder wenn man sich im Bauch eines Schiffes auf dem Weg nach Pandaria befand, in dem die Luft auf diese Weise stand wie sie es nur im Keller gewisser zweitklassiger Etablissements tat.
Er lag auf seiner dünnen Matratze auf dem blanken Boden und lauschte dem Rauschen der Wellen und dem knarzendem Schiffsrumpf, welches sich durch den Ozean pflügt. Die Welt könnte so ein schöner Ort sein, umhüllt von diesem beruhigenden Geräusch, würde es nicht in regelmässigen Abständen vom Schnarchen einer Horde Expeditionsteilnehmer und Besatzungsmitglieder äussert lautstark unterbrochen.
Menschen.
Ebenfalls eine leidige Geissel. Zumindest war seine Abneigung gegenüber anderen Personen bisher nicht zum Vorschein gekommen. Zum Glück, musste man sagen, denn auf solchen Expeditionen war man leider gezwungenermassen auf seine Mitmenschen angewiesen. Er wollte doch nur wieder einmal irgendwas so dermassen verprügeln, dass man dessen Existenz nicht einmal mehr im wirbelnden Nether nachweisen konnte.
Aber das würde bestimmt noch kommen. Entweder das, oder das brechen seiner Fassade, die alleine dem puren Egoismus entsprang.
Mit viel Schwung, und etwas Hilfe der schwankenden Betty, richtete er sich auf, schlüpfte in ein bequemes paar Hosen und stampfte an Deck, nachdem er die Taschen nach seinen Kippen durchsucht hatte. Oben angekommen, lehnte er sich an die Reling und lauschte nichts weiter, ausser dem beruhigenden Rauschen des Meeres. Der salzgeschwängerte Wind fuhr durch sein Fell und brannte leicht in der Nase. Als hätte er einen Glutfunken eingeatmet.
Das einzige was die Ruhe für einen kleinen Moment zerriss, war das bekannte Knistern seines Taschenfeuerzeugs als die Flammen die ersten Tabakblätter zerfrassen und die dunkle Nacht mit einem kleinen aufflackernden Lichtpunkt erhellte. Er nahm einen tiefen Zug, raunte und blies den Rauch durch seine Nüstern, wie eine grosse pelzige Dampflok. Ein zufriedenes Brummen drang aus der kohlegeschwärzten Kehle des Schmiedes, gefolgt von einem für ihn typischen tiefen Raunen.
Mit gespreizten Krallen, rieb er sich über die Augenbrauen und lies seine Gedanken schweifen.
Vielleicht war es an der Zeit wieder mehr unter Menschen zu gehen, vielleicht würde dann seine Sozialphobie etwas weniger werden. Vielleicht sollte er auch einfach zurück in seinen Laden kehren und seiner Arbeit nachgehen. Vielleicht wäre es auch eine gute Idee, etwas freundlicher zu den Menschen zu sein, damit… Nein, ach was für eine bescheuerte Idee. Er rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf.
Freundlicher zu den Leuten zu sein, nur damit keine Gefühle verletzt werden? Bei Goldrinn nein, da stirbt er eher an einem stressbedingtem Herzinfarkt, bevor er sich ernsthaft um das Seelenheil seiner Mitmenschen kümmert. Das ist die Aufgabe anderer, er war Schmied und kein Seelsorger und schon gar kein Heuchler. Soweit kommt’s noch, William Hamilton ist freundlich? Nur wenn er muss. Der Erste Eindruck ist schliesslich wichtig, das musste sogar er lernen. War er aufgrund dessen nicht auch ein Heuchler?
Heuchler…
Eine weitere Geissel der Menschheit. Er hatte sie, jeden Einzelnen von Ihnen. Und er schämte sich für jeden Augenblick, an dem er gezwungen war, sich auf dieses Niveau herab zu begeben nur um seinen eigenen Vorteil willen. Diese elendigen Speichellecker, die nur ein Rückgrat besitzen, damit sie beim Akt des in den Hintern kriechens nicht in sich zusammenfallen wie der Haufen Kodomist, die sie nun mal darstellten!
Sein steigender Blutdruck verriet ihm, dass es wohl besser war weniger nachzudenken. Denn immer wenn er zu viel nachdachte, passierte sowas! Er seufzte schwer und zog nochmals an seiner Kippe und wieder leuchtete ein kleiner roter Punkt in der Dunkelheit der See. Wieder rieb er sich mit den rauen Fingerkuppen über die Augenbrauen. Er wusste nicht ob es eine gute Idee war, her zu kommen, alleine schon wegen der Phiole. Insgeheim hoffte er, dass man sich aufeinander verlassen konnte. Aber sicher war er sich nicht.
Was aber fest stand war, dass diese Expedition eine gute Gelegenheit darstellte, sich unter Leute zu bringen. Womöglich hatte die Gesellschaft ja doch noch Platz für einen brummigen, schlecht gelaunten Schmied und eskapistischen Teilzeitsäufer wie ihn. Vielleicht… das wird die Zeit zeigen.
Siehe auch: [A-RP] Jäger des verlorenen Szepters