Das sollte doch eigentlich ganz normal sein, dass Kinder und Eltern auch mal ihrerseits Zeit für sich verbringen.
Gut, in der heutigen Zeit der Hubschraubererziehung mag das anders sein.
Aber in meiner Kindheit war ich zum Beispiel gerne alleine.
Konnte mich problemlos den ganzen Tag in meinem Zimmer, im Sandkasten oder im Wald aufhalten und mich mit mir selbst beschäftigen.
Im Schulanfangsalter bin ich alleine nach draußen gegangen, wusste, wie man sich an einer Straße zu verhalten hat oder wie ich reagieren müssen würde, wenn mich fremde Personen ansprächen und ich habe pünktlich wieder nach Hause gefunden, auch ohne Smartphone-Ortung, Navigationssystem und sonstige neumodische Überwachungsmethoden.
Heute lassen viele Eltern ihre Kinder frühestens vor dem Eingangstor des Kindergartens oder der Schule mal alleine laufen, bekommen zuweilen sofort einen Kreischanfall, wenn sich der kleine dreijährige Junge beim Herumturnen auf Schaukel oder Klettergerät mal auf die Nase legt und wenn der oder die Kleine mal ein bisschen Schnotten, Sand oder Reste vom Schokobrötchen unter der Nase kleben hat, wuselt Hubschrauberelternteil sofort um das Kind herum und zückt die Babyfeuchttücher.
Ich verstehe nicht, warum das so ein Problem sein soll, mit Kindern weiterhin seinen Interessen nachzugehen und ein Recht auf persönliche Entfaltung, Entspannung und Freizeit zu haben.
Klar, dass man mit einem Neugebohrenen oder Kleinkind im Kindergartenalter nicht einfach mal so nach Lust und Laune den ganzen Tag in WoW hocken und durchzocken kann, dürfte wohl jedem einleuchten.
Und auch die Tatsache, dass man durch die Verantwortung, die man mit Kindern nun einmal trägt, allgemein weniger Zeit zur freien Verfügung hat, als es in der Regel bei Kinderlosen der Fall ist.
Aber ab einem gewissen Alter können und sollten (meiner Meinung nach) Kinder nicht mehr in Watte gepackt und den ganzen Tag von den Eltern beaufsichtigt und bespaßt werden müssen.
Ein gemeinsames Mittagessen nach der Schule, eine liebevolle Umarmung, Hilfe bei den Hausaufgaben, bei Bedarf Beantworten von Fragen, Klären von Problemen, Trösten bei Traurigkeit.
Danach kann das Kind einen Freund besuchen gehen, zum Sportverein oder zum Musikunterricht gehen, einfach nur auf den Spielplatz rennen oder im Zimmer friedlich spielen, lesen oder was auch immer tun.
Und das sollte ein gesundes, normales Kind ab Schulalter auch über ein paar Stunden hinweg alleine hinbekommen, ohne alle zehn Minuten die Aufmerksamkeit seiner Eltern zu beanspruchen.
Und diese Zeit zwischen Mittag- und Abendessen sollte dann die Zeit der Eltern sein, sofern diese nicht ungünstigerweise gerade noch oder wieder arbeiten müssen.
Falls am Nachmittag gearbeitet werden muss, könnte man auch ein Abendritual für die Kinder einführen, nach dem gemeinsamen Abendessen.
Hierbei könnte es eine feste Uhrzeit geben, zu der die Kinder alles vorab bekommen, was sie sonst direkt beim Zubettgehen benötigen.
Dann stellt man ihnen eine Uhr in ihr Zimmer und vereinbart eine Zeit, zu welcher die Kinder dann wirklich ins Bett gehen.
Dies könnten dann auch nochmal 1-2 Stunden sein, welche die Eltern dann zur freien Verfügung hätten.
Papa sitzt dann z.B. entspannt vor dem Fernseher und guckt seine Lieblingsserie, während Mama ein bisschen in WoW Classic questet und Töchterchen oder Söhnchen oben schon bettfertig im Schlafanzug und mit geputzten Zähnen noch ein bisschen spielt oder liest und sich dann zur abgemachten Uhrzeit einfach hinlegt.
Sobald auch Mama und Papa müde sind, wird nochmal ins Kinderzimmer geguckt und geschaut, ob alles in Ordnung ist, Kind kriegt nochmal ein Küsschen auf die Wange und die Eltern gehen selbst ins Bett.
In Notfällen können die Kinder ja immer zu den Eltern kommen und dann spielt man halt mal einen Abend nicht Computer, weil Tochter oder Sohn wegen Zahnschmerzen getröstet werden will.
Aber so allgemein sehe ich da durchaus ausreichend Möglichkeiten, um verantwortungsbewusstes Elternsein und das Ausleben seiner eigenen Interessen miteinander zu vereinbaren.