Grundsätzlich: Klar. Wenn mir ein Charakter in Wachuniform begegnet, behandle ich ihn ja auch erstmal wie eine Wache. So die Basis eines Charakterkonzeptes, sei es nun Titular, Uniform, oder der generelle „Vibe“, den möchte ich doch jedem Spieler erst einmal zugestehen, auch wenn ich eher bevorzuge, wenn der Eindruck nicht durch „Dieser Charakter ist schön“ hervorgerufen wird, sondern durch Umschreibungen und spielerisches Aufgreifen der Aspekte, immer wieder, um es dem Gegenüber schön in die Birne zu hämmern.
Liegt vermutlich auch daran, dass ich das gerne so mache. Ich habe eine Weile das Konzept einer „lächerlich schönen“ jungen Frau gespielt, die darauf ausgelegt war, ihre Schönheit zu ihrem Vorteil zu nutzen (nie sexuell, eher Wimpern klimpern) und statt in meinen Emotes zu schreiben wie butiful sie ist, habe ich mir Mannerismen ausgedacht und immer wieder wiederholt, die ich persönlich mit Eleganz und Femininität assoziiert habe (nicht sagend, dass das die einzigen Aspekte sind, in denen Schönheit liegen kann). Das hat durchaus Spaß gemacht.
Statt also sowas zu schreiben wie:
Die junge Frau knickst würdevoll und elegant. Ihre himmelblauen Seelenspiegel richten sich, umrahmt von langen, geschwungenen Wimpern auf ihr Gegenüber und ihre wunderschönen, vollen Lippen kräuseln sich zu einem süßen Lächeln, während sie ihr seidenglänzendes Haar über eine Schulter wirft.
schrieb ich da sowas wie
Filigrane Finger umfassen den Rocksaum, ohne ihn zu knittern. Die Füße, auf fast pedantische Art parallel zueinander ausgerichtet, verursachen kein Geräusch, nicht einmal, als die Schuhsohle über den Boden gleitet, um den Knicks zu vollenden. Sie sieht ihr Gegenüber an - ganz große Augen und Sonnenschein - und lächelt sachte. Eine fahrige Bewegung befördert die Haare von der Schulter. Selbst deren Flugbahn wirkt kalkuliert, als hätten zuvor komplizierte, mathematische Berechnungen stattgefunden, in welchem Wurfwinkel sie das Sonnenlicht richtig reflektieren.
Das ist jetzt sicher nicht das Schönste, was jemals geschrieben wurde, aber es ist vor allem, um zu verdeutlichen, dass mir das „wie“ und der „Vibe“ gerade bei einem textbasiertem Medium wie Rollenspiel wichtiger ist. Ich kann mir Handlungen vorstellen, ich kann Eindrücke dadurch gewinnen, aber wenn mir jemand sagt „xyz ist schön“, dann haben 10 Leute 15 verschiedene Dinge im Kopf.
Himbo-Riordan ist selbst nun nicht unbedingt hässlich wie die Nacht, hatte ich auch nie Probleme mit, das irgendwie rüberzubringen. Ich schreibe immer gern „konventionell attraktiv aufgrund von dies und jenem“, wenn mein Charakter diese Boxen ticken soll. Es kommt bei mir sehr auf den Charakter an, den ich darstellen möchte und was ich aus den äußeren Merkmalen ableiten will. Riordan ist nicht nur das menschliche Äquivalent eines Labradors, sondern auch der typische „Märchenritter“, und dazu gehört eben auch, dass einem bei seinem Anblick nicht direkt die Retinas verglimmen.
Wenn ein Charakter aber schön ist, weil ich sehe, dass mein Gegenüber einfach gerne ein Topmodel spielt und vielleicht eher andere Dinge im Sinn hat als Dialoge, squinte ich ein wenig. Ich bin mir aber auch nicht zu fein mit Riordan dann zu gucken, mich umzudrehen etc, wenn da das Sturmwinddreieck (Busen, Hüfte, Muskuvös) vorbeitrippelt. Meine Erfahrungen damit einfach aggressiv auf sowas einzugehen sorgten aber auch schon für fiese Whispers, was ich immer sehr unterhaltsam finde.
Mich als „DAS“ Schönheitsideal bezeichnen, fände ich aber ein wenig faul. Lieber recherchieren, was das denn sein könnte und es dann umschreiben. Meiner Erfahrung nach machen Leute einen eh viel schöner, als der Charakter eigentlich ist.
Edith: So viele Posts nach mir. Ich bin alt und war lange außer Gefecht.