[RP] Shandris‘ Jagdtagebuch – Kapitel 1: Teldrassil

Hallo liebe Mitspieler!

Ich habe beschlossen, die Abenteuer meiner Jägerin als kleine Schreibübung in Form eines Tagebuchs zusammenzufassen. Hier sind die Einträge der ersten drei Tage. Wenn ich Zeit und Muße habe, folgen vielleicht irgendwann weitere Kapitel. Viel Spaß beim Lesen, über Feedback freue ich mich natürlich.

Tag 1

Vier Jahre ist es her, seit meine Mutter bei der Schlacht um Berg Hyjal fiel. Sie opferte ihr Leben, damit es für uns Nachtelfen eine Zukunft gab. Kurz darauf zog mein Vater mit mir nach Darnassus. Unter den Ästen des neu gepflanzten Weltenbaums seien wir sicher vor Dämonen, Orcs und anderen Bedrohungen, beteuerte er immerzu. Das mag stimmen, doch das behütete Leben in der Hauptstadt ödete mich vom ersten Tag an. Monat um Monat verstrich und einer glich dem anderen. Als kleines Mädchen durchstreifte ich die Wälder von Ashenvale, ging mit meiner Mutter auf die Jagd. Nun bin ich 370 – alt genug, um selbst eine Familie zu gründen – und hatte bis vor Kurzem das Gefühl, dass mein Leben an mir vorüberzieht.

Mein Vater muss es gespürt haben. Das Verlangen in mir, hinaus in die Welt zu ziehen, die Sehnsucht etwas Aufregendes zu erleben. Gestern überreichte er mir, ohne viele Worte zu verlieren, ein längliches Bündel. Als ich die Decken zurückschlug, vollführte mein Herz einen Freudensprung. Es war der Bogen meiner Mutter! Ich verschwendete keine Zeit. Kaum da ich ihn neu bespannt hatte, packte ich das Notwendigste zusammen und sagte allen Lebewohl. Beunruhigende Gerüchte aus den Wäldern Teldrassils machten seit einigen Wochen die Runde: Die Tiere verhielten sich ausgesprochen aggressiv, fast tollwütig. Den Soldaten der Schildwache gelang es kaum, die Straßen sicher zu halten. Sie waren dankbar für jede helfende Hand. Sollte es mir gelingen, mich zu beweisen, würden sie mich vielleicht sogar als Rekrutin aufnehmen!

Als ich ins abgelegene Dorf Shadowglen gelangte, stellte ich fest, dass ich nicht die Einzige war, die dem Ruf gefolgt war. Sie teilten die freiwilligen Helfer in regelrechte Bürgerwehren ein, um den Wildtierbestand auszudünnen. Offensichtlich hielten sie mich für einen dieser Anfänger und schickten mich mit den anderen auf Eberjagd. Nun ja, um ehrlich zu sein, konnte ich ein bisschen Übung gut gebrauchen. Mein Bogenarm war nach all der Zeit tatsächlich ein wenig eingerostet, dennoch erschien mir die Arbeit als unter meiner Würde.

Als Gilshalan Windwalker, der die Waldweberspinnen studiert, einen Freiwilligen suchte, um ihm ein Ei aus der nahen Spinnenhöhle zu beschaffen, meldete ich mich sofort. Endlich eine Aufgabe, die meinen Fähigkeiten angemessen war, so frohlockte ich. Bei Elune – Überheblichkeit ist ein tödlicher Feind, wie ich bald darauf feststellte. Ich schlich mich allein in die Höhle, erledigte problemlos ein paar der kleineren Waldweber – die immerhin die Größe eines Hundes erreichten – und kämpfte mich so zu dem riesigen Muttertier vor, welches das Gelege bewachte. Ich legte einen Pfeil auf die Sehne, schlich mich lautlos näher heran und … stürzte in einen Abgrund, den ich, fixiert auf meine sichergeglaubte Beute, im Dunklen glatt übersehen hatte!

Hilflos mit den Armen rudernd stürzte ich in die Tiefe und verfing mich hoffnungslos in dicken klebrigen Fäden. Die modrigen Netze bremsten zwar meinen Fall, doch die Bewegung lockte dutzende Spinnen an! An gezieltes Schießen war nicht mehr zu denken. Ich zog mein Jagdmesser, befreite mich so gut es ging aus dem Gespinst und kämpfte um mein Leben. Wieder und wieder stieß meine Klinge zu, bohrte sich wie ein Stachel in die achtbeinigen Leiber. Als ich zur Kante emporblickte, sah ich sie: die Mutterspinne. Viermal so groß wie ihre Brut mit Fängen lang wie Dolche. Giftiger Geifer tropfte auf mich herab, als sie sich zum Sprung bereitmachte. Ich hätte gern berichtet, wie ich dem Biest furchtlos entgegentrat und es bezwang, doch die Wahrheit ist, dass meine Knie so stark zitterten, dass ich mich kaum bewegen konnte. Vermutlich hätte ich diese Zeilen nicht niederschreiben können, wenn nicht in diesem Moment ein Suchtrupp aufgetaucht wäre. Es waren die von mir geschmähten Anfänger, die ihre Wildschweinjagd beendet hatten und die Riesenspinne nun mit Pfeilen spickten.

Über und über mit grünem Spinnensaft bekleckert und dem unbeschädigten Gelege in Händen kehrte ich nach Shadowglen zurück. Obwohl meine Kameraden mich für meinen Mut lobten, schüttelten die älteren Elfen missbilligend den Kopf. Der Druide Tenaron Stormgrip bestellte mich zu sich und wies mich an, eine Phiole mit Mondbrunnenwasser zu füllen, die anschließend in Dolanaar abzuliefern sei. Ich bin ziemlich sicher, dass er einen Vorwand suchte, mich loszuwerden aber ich fügte mich mit vor Scham gesenktem Haupt. Auf der Straße besserte sich meine Laune indes schnell. Mein erstes Abenteuer war vielleicht weniger ruhmreich verlaufen, als erhofft, dafür hatte ich seit mindestens 15 Jahren nicht mehr so viel Spaß!

Notizen:

Waldweber sind eine echte Landplage, doch ihre Beine, über dem offenen Feuer gebraten ergeben eine haltbare Wegzehrung.

Tag 2

Während meiner ersten Nacht in Dolanaar träumte ich von der heroischen Jagd auf Drachen, Riesen und gewaltige Bestien. Am morgen brach ich in strömendem Regen auf, um Nachtsäbler, Waldweber und anderes Kleingetier zu erlegen, das sich zu nah an die Siedlung gewagt hatte. Als ich am Mittag klitschnass zurückkehrte, machte eine furchtbare Neuigkeit die Runde: Auch die bärenartigen Furbolgs waren der Verderbnis anheimgefallen und hatten den Ban’ethil-Grabhügel besetzt, wo die erwürdigen Druiden in ihrem magischen Schlaf ruhten!

Eines war klar: Auf die Schildwache zu warten, würde zu lange dauern. Die Druiden mussten schnellstmöglich geweckt werden doch die Relikte, die für das entsprechende Ritual benötigt wurden, befanden sich ebenfalls im Inneren des Grabmahls. Aus der schockierten Menge trat eine mutige Frau heraus und an, die gefährliche Aufgabe zu übernehmen. Zu meiner Überraschung war sie kein Nachtelf, sondern ein Mensch! Ich hatte noch nie einen Menschen aus der Nähe gesehen und musterte sie deshalb neugierig. Sie war klein, fast wie ein Kind, und hatte kurze Stummelohren, aber sie trat mit einer Selbstsicherheit auf, die mich beeindruckte. Ihr Name lautete Sharlies und sie bezeichnete sich selbst als Paladin, als Streiterin des Lichts. Sofort erklärte ich mich bereit, sie zum Grabhügel zu führen.

Furbolgs, das muss man wissen, sehen von weitem zwar zum Knuddeln aus, doch ihre Zähne und Pranken sind scharf. Und der Grabhügel wimmelte nur so von ihnen. Ich konnte Sharlies unmöglich allein in seine labyrinthischen Gänge hinabsteigen lassen, das erkannte ich, nachdem wir die Wachen ausgeschaltet hatten. So leise wie möglich stiegen wir hinab. In den düsteren, nur schwach von Feenfeuer erhellten Gängen las ich die Spuren, was es uns ermöglichte, auf wenig benutzte Gänge auszuweichen. Wir hatten die Relikte bereits in unseren Besitz gebracht, als sie uns entdeckten und es zum Kampf kam. Scharlies schwang ihren Hammer in weitem Bogen, ich ließ einen Pfeil nach dem anderen von der Sehne schnellen. Rücken an Rücken kämpften wir und irgendwie gelang es uns, die Oberhand zu erringen. Als der letzte pelzige Angreifer fiel, blieb uns keine Zeit zu verschnaufen. Aus allen Gängen um uns herum vernahmen wir das bedrohliche Knurren weiterer Furbolgs. Wir sahen uns an, nahem die Beine in die Hand und rannten zurück zum Ausgang. Wir spürten den Atem unserer Verfolger im Nacken, als wir zurück ans Tageslicht gelangten und regelrecht die Böschung hinabrutschten. Zum Glück machten die Furbolgs keine Anstalten, uns in die Wälder zu folgen und so entkamen wir mit ein paar Schrammen und Abschürfungen.

In Dolanaar hatten sich inzwischen die Schildwache sowie zahlreiche Freiwillige eingefunden, bereit, den Grabhügel zurückzuerobern. Wir übergaben die Relikte in ihre Obhut und verbrachten den Abend gemeinsam im Gasthaus. Scharlies hatte viele Geschichten aus den Ländern der Menschen zu erzählen und befeuerte damit mein Verlangen, die Welt da draußen endlich selbst zu bereisen. Leider führen ihre Pflichten sie am morgigen Tage bereits zurück in ihre Heimat, während ich weiterhin hier gebunden bin, doch ich bin sicher, wir werden uns wiedersehen.

Notizen:

Nachtsäbler sehen harmlos aus, sind aber im Unterholz hervorragend getarnt und können kräftig zubeißen. Meine rechte Pobacke musste mit sechs Stichen genäht werden. Ich konnte einen ganzen Tag nicht richtig sitzen.

Tag 3

Der in Dolanaar ansässige Druide hatte inzwischen das Mondbrunnenwasser untersucht, das ich ihm aus Shadowglen gebracht hatte und Spuren der Verderbnis darin gefunden. Um ganz sicherzugehen, bat er mich, weitere Wasserproben von anderen Mondbrunnen zu sammeln und zu Erzdruide Fandral Staghelm in Darnassus zu bringen.

Da ich inzwischen gelernt hatte, wie gefährlich es war, Teldrassil allein zu durchstreifen, ließ ich mir von den erfahrenen Jägern vor Ort beibringen, die Tiere des Waldes zu zähmen und abzurichten. Ich erprobte meine Künste an einer großen Säbelkatze, die mir aufgrund ihres wunderschönen gescheckten Fells aufgefallen war. Behutsam näherte ich mich ihr und lockte sie mit einem selbstgefangenen Fisch an. Als sie nah genug war, warf ich mich auf sie und rang mit ihr, bis sie erschöpft aufgab und mich als ihren Rudelführer akzeptierte. Ihre Krallen richteten meine Lederrüstung dabei ganz schön zu.

Gemeinsam zogen wir los. Erst folgte mir das Tier nur widerwillig. Doch als sich ein Jagderfolg nach dem anderen einstellte, und es reichlich saftiges Fleisch zu beißen bekam, wurde es allmählich zutraulicher. Mit der Raubkatze an meiner Seite sammelte ich Wasserproben aus praktisch allen Mondbrunnen Teldrassils. Mächtig stolz auf deise Leistung brachte ich die Phiolen noch am selben Abend zum Erzdruiden. Liebes Tagebuch, ich glaube, ich habe in meinen 370 Jahren noch nie so einen unhöflichen, griesgrämigen Mann getroffen, wie diesen Staghelm. An allem hatte er etwas auszusetzen. Warum ich solange gebraucht hatte, wollte er wissen, ob ich nichts Besseres zum Anziehen besaß und wessen Schuld dieser ganze Schlamassel eigentlich sei. Nun, ich war nicht diejenige, die einen neuen Weltenbaum ohne den Segen der Götter mitten in den Ozean gepflanzt hatte … Elune steh uns bei, falls dieser Kerl einmal an Tyrandes Stelle unser Volk führen sollte!

Der Erzdruide gab mir einen Brief mit, den ich zum Hain der Uralten an der Dunkelküste bringen soll. Für einen Botengang war ich ihm wohl gerade noch gut genug! Am liebsten hätte ich ihm an den Kopf geworfen, dass er sich doch selbst bequemen soll, doch andererseits könnte dies endlich die Gelegenheit meinen Wert als Jägerin zu beweisen. Immerhin handelte es sich um einen Auftrag von höchster Stelle. Meine Mutter wäre bestimmt stolz auf mich.

Notizen:

Der glänzende Kleinfisch aus dem Al‘Amethsee beißt gut an und ist gekocht wie roh eine Delikatesse.

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Zunächst mal vielen Dank für deine(n) Bericht(e) - fand ich sehr schön zu lesen.
Ich mag vor Allem auch deinen Schreibstil - echte Wortkunst.

Nun zu etwas, was mir hier mal wieder ins Auge gesprungen ist und was mich schon immer sehr irritiert hat:

Das Thema Alter bei Völkern, die sehr alt werden.

Ich habe mir gerade das Addon “MyRoleplay” installiert - und beim Reiter Alter steht geschrieben: “Bitte beachte, dass Nachtelfen erst mit ca. 300 Jahren volljährig sind.”

Ei Potz, ei Blitz - was machen denn Elfen dann bitte 300 Jahre lang, bis sie endlich erwachsen sind?

Erst 30 Jahre lang auf dem Boden herumkrabbeln, in die Windeln machen und wirre Laute von sich geben, danach jahrelang mühsam laufen und sprechen lernen und schließlich noch 100 lange Jahre pubertieren?

Ich fand diese Sichtweise schon immer befremdlich, weil das würde ja implizieren, dass diese Völker in ihrer Entwicklung irgendwie… rückständig sind.

Ich sehe es dagegen so:
Völker, die sehr alt werden (z.B. Elfen), durchlaufen die “Erwachsenwerdung” ähnlich schnell wie Menschen, sind also in einem ähnlichen Alter körperlich und geistig erwachsen - nur dass sie dann einfach viel, viel älter werden können.

Bitte entschuldige, wenn ich deinen lyrischen Bericht mit derartig profaner Prosa kapere, aber das brennt mir doch unter den Huf… äh… Nägeln…

Zunächst einmal danke für das Lob! Ich bin nebenberuflich Autor und habe das als kleine Schreibübung verfasst, um nicht einzurosten :slight_smile:

Tja, ich weiß auch nicht so recht, was ich davon halten soll. Bei meiner Recherche bin ich über widersprüchliche Angaben gestoßen, die jeweils auch mit Quellen belegt waren. Vermutlich wissen es die Autoren bei Blizzard selbst nicht so genau.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Elfen eine sehr ausgedehnte Kindheit haben. Menschen haben z.B. im Vergleich zu anderen Primaten auch eine solche. Ein Schimpanse könnte sich also fragen: „Was macht ein Menschenkind denn bitte 20 Jahre lang…“

Es wäre aber genauso plausibel, dass sie ähnlich schnell erwachsen werden, wie Menschen und dann einfach sehr viel langsamer altern. Das gilt insbesondere wenn die Langlebigkeit magisch hervorgerufen wird und gar nicht der natürlichen Lebensspanne entspricht.

Aus Sicht des Rollenspielers würde ich, wenn die Quellenlage uneindeutig ist, ebenfalls eher im Vagen bleiben oder eben eine Zahl nehmen mit der man auf der sicheren Seite ist.

Ja, der Vergleich mit den Schimpansen leuchtet ein - wobei die Menschen von Azeroth vermutlich heftig protestieren würden, wenn sie in eine Evolutionsreihe

Alter Nebeltalgorilla - Mensch - Kaldorei gestellt würden… schmunzel