Es ist ein anschauliches Beispiel für ein vorgeschobenes Argument und verdeutlicht gleichzeitig mal wieder, wie unglaublich heuchlerisch sich der Westen in den internationalen Beziehungen verhält. Es ging nie um die Sicherheit Russlands und es ging nie um die Demokratie in Syrien, sondern schon immer um geopolitische Einflusssphären, die Interessen von Staaten und Unternehmen. Um Macht und um Geld.
Die ukrainische Armee ist der russischen Armee unterlegen. Es ist nicht einmal knapp, das haben sogar die westlichen Medien vor dem Beginn der Eskalation gesagt. Die NATO ist zwar stärker als die russische Armee, aber Putin hat seine Atomwaffen als Trumpf. Bei einem direkten Konflikt zwischen Russland und der NATO würde er diese Karte spielen und wir wären alle hinüber. Das will auch hier im Westen niemand riskieren. Der NATO sind die Hände gebunden. Sie können nur indirekt durch Waffen und Söldnern der Ukraine helfen, die noch kein Mitgliedsstaat ist, weshalb der Bündnisfall nicht greift. Tropfen auf einen heißen Stein. Die Ukraine wird verlieren.
Putin muss also nur noch den ukrainischen Widerstand beseitigen und dann hat er gewonnen. Da die Russen stärker sind, wird ihm das auch gelingen. Das Ganze ist extrem skrupellos und kaltblütig, aber auch strategisch brillant, wenn man die moralische Komponente ausklammert. Es geht hier aber nicht um ethische Bedenken. In der Anarchie der internationalen Beziehungen gilt das Recht des Stärkeren. Eine pseudo-moralische Rechtfertigung finden Großmächte immer, um ihren Imperialismus vor dem eigenen Volk und der Welt zu rechtfertigen und ihnen den Krieg zu verkaufen. Für die Russen ist das in diesem Fall der Schutz der Bevölkerung im Donbass. Die Amerikaner machen doch nichts anderes.
Also bitte, kritisiert Putin als Kriegsverbrecher. Aber wenn ihr das tut, seid wenigstens so ehrlich und kritisiert auch das, was die Amerikaner auf der Welt machen, was die Ukrainer im Donbass 8 Jahre lang gemacht haben und die Nazbattalione in ihrer Nationalgarde. Hört auf, mit zweierlei Maß zu messen.
Und nochmal: Wenn die eigene Seite so chancenlos unterlegen ist wie hier, ist es eine schlechte Idee, die Konfrontation zu suchen und den Forderungen Russlands nicht zumindest in Teilen nachzugeben. Man hat auf Abschreckung durch Wirtschaftssanktionen gesetzt und ist damit gescheitert. Das war dumm. Die ukrainische Seite leistet Widerstand und wird trotzdem verlieren. Die wahre Kunst wäre es gewesen, den Konflikt friedlich zu entschärfen, anstatt zu kämpfen und zu verlieren.
Sollen wir es gutheißen? Nein. Wir sollten aber auf Admiral Schönbach hören und Putin mit dem Respekt behandeln, den er verdient. Nicht unbedingt mit dem Respekt, den du einem geschätzten Kollegen und Freund entgegenbringen würdest, sondern mit dem Respekt, den du einem Mafiaboss entgegenbringen würdest, der dich umbringen lässt, wenn du in seiner Gegenwart etwas Falsches sagst oder einem wilden Bären, mit dem du zusammen in einem Raum eingesperrt bist. Putin ist ein gefährlicher und äußerst mächtiger Mann und ein Teil der politischen Realität, in der wir leben, ob es dir gefällt oder nicht.
Nach dem ganzen Mist, den der Westen in den letzten Jahren in der internationalen Politik abgezogen hat, fehlt uns einfach der „moral high ground“, um jemanden wie Putin glaubwürdig zu verurteilen, so schlimm er auch sein mag. Die Russen hauen uns schon selbst unsere doppelten Standards um die Ohren, so sagt Lawrow zum Beispiel, dass der Euphemismus „Kollateralschaden“ von den Amerikanern erfunden wurde. Mit Recht, muss man teilweise sagen.
Wir sollten anfangen, unsere Werte tatsächlich zu leben und nicht im Glashaus sitzen und mit Steinen werfen. Dann dürfen wir gerne auch jemanden wie Putin verurteilen, davor fehlt uns einfach das Recht dazu!
Es geht nicht um legitime Rechtfertigungen für den Angriffskrieg, die es nicht gibt, sondern um vorgeschobene Argumente. Wie soll Putin den Russen den Krieg verkaufen, wenn der Westen seinen Forderungen entgegengekommen wäre? So haben wir es ihm einfach gemacht.
So lange die Leute hier im Thread Russophobie verbreiten, werde ich ihnen den Spiegel vorhalten. So etwas toleriere ich nicht!