Die Sicht des Jägers
Der Wind pfeift durch die kaputten Fenster und Wände in das dunkle Zimmer in Lohenscheidt. Ellerey Whiteye liegt darin, in auf einem Holzverschlag, den wohl niemand als Bett bezeichnen würde. Die Wunden am Rücken waren tief, das verabreichte Gift machte Probleme beim Verschluss des toten Gewebes. Auch wenn die junge Apothekerin ihr bestes gab, die eher bescheidene Wirkung des Gegengifts brachte nicht den erwünschten Erfolg. Die leeren Augenhöhlen des Schützen starren an die Decke, als er von der vertrauten, ruhigen Stimme aus Gedanken gerissen wird.
„Was ist passiert? Wie du weißt habe ich ja nichts davon mitbekommen…“
„Es war ein seltsamer Abend, der noch viel seltsamer begann.“, antwortete Ellerey, ohne seinen Blick von der Decke abzuwenden. „Zu Beginn kam Jarad Drughn zu mir. Er fragte wie er mein „wertes Unleben verbessern könne“, pah, er ist weich geworden.“
„Meinst du nicht, er meinte es nur gut?“
„Nur gut? Was sind wir, ein Gebetskreis in Sturmwind? Den Schatten sei Dank wurde dieses peinliche Gespräch durch den Antrittsappell des Kommandanten beendet.“ Ellerey macht eine kurze Pause, er wirkt nachdenklich. „Einen kurzen Moment fühlte es sich wie früher an. Ein Mann, ein Kommandant, ein Befehl. Auch wenn Sagosh Maladan sichtlich geschwächt ist - er hinkt ein wenig, mir scheint er hat die Rüstung an den Gelenken verstärkt, um überhaupt stehen zu können – dachte ich, der Klerus würde sich wieder besinnen. Doch nicht nur sein Körper ist geschunden, auch sein Geist. „Laront ist zu trauen, er spricht die Wahrheit“, sagte er.“ Ellerey verzieht verächtlich das Gesicht. „Der Geist des Kommandanten ist wohl noch immer vernebelt, wenn er dieser Person vertraut. Der Kommandant vertraut jedenfalls zu vielen… In Wirklichkeit kann man Niemandem trauen…“
„Meinst du nicht, du bist ein wenig paranoid?“
„Nein. Ihnen ist nicht zu trauen. Wir haben zu viele Neuzugänge, ein jeder von ihnen könnte ein Scherge des Predigers sein. Dieser Laront ist ein Lügner. Dem Kommandant ist nicht zu trauen, wenn er dem Lügner traut. Fräulein Milya Ebenholz könnte genauso gut in Orgrimmar die Situation des Klerus herumbrüllen, es würde keinen Unterschied machen. Jarad Drughn ist weich geworden. Und all diese Neuzugänge… alles Lügner, Betrüger und Intriganten. Mir scheint, und ich kann es kaum glauben, dass ich das sage, aber Walkot Stubbens ist wohl der einzige, der noch bei Verstand ist und die Ziele und Aufgaben des Klerus verfolgt.“
„Du tust Ihnen Unrecht. Sagosh ist ein bemühter Kommandant, wenngleich geschwächt, aber er ist es in seiner wahren Gestalt, nicht der Prediger in Verkleidung. Und Sagosh´s Wort ist zu trauen, wenn er sagt, dass Laront kein Lügner ist, wird das so stimmen. Fräulein Ebenholz ist dem Kommandanten verfallen, dass weißt du, sie würde alles für ihn tun, und will auch nur das Beste für ihn. Und Jarad, er sorgt sich um dich, er weiß, was er an dir hat. Die Neuzugänge, nun, es sind eben Adepten, solange sie keine eingeschworenen Kleriker sind, sind sie kein Problem.“
„Du verblendeter Narr! Im jetzigen Zustand ist der Klerus dem Untergang geweiht! Und diese Adepten… Vor allem diese Adeptin, diese ungewaschene Tochter einer billigen Gossen-Konkubine, mit ihren vergifteten Klingen! Und das alles wegen der Aufgabe des Kommandanten… Ich denke, dass war geplant… „Ein Versehen“, hieß es, eine Lüge, sage ich! Sie ist eine Gefolgskreatur des Predigers, das war ein feiger Angriff auf mein Leben! Doch ich werde ihr zuvorkommen, sie wird noch früh genug den Tod finden, dieser vermaledeite, elende…“, schimpft Ellerey ehe er durch die ruhige Stimme unterbrochen wird.
„Du solltest dich beruhigen und versuchen die Sache etwas….“
Die alte Tür zum Zimmer geht plötzlich auf. In der Tür steht Maria Brink, langsam blickt sie durch den Raum. „Ist alles in Ordnung bei Euch? Ich hörte Euch fluchen.“
„Alles in Ordnung.“, wird die Frage kurz und knapp von Ellerey quittiert.
„Nun gut, wenn Ihr Gesellschaft wollt, gebt Bescheid. Ihr müsst nicht die ganze Zeit alleine hier verbringen.“